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Presonus AudioBox 96 Studio Test

Praxis

Benutzung des Bundles in der Praxis

Wie funktioniert das Presonus AudioBox 96 Recording-Set in der Praxis? Dazu will das System erstmal eingerichtet werden. Dafür liefert Presonus eine gedruckte Kurzanleitung in mehreren Sprachen bei. Für meinen Apple-Rechner benötige ich keine weiteren Treiber, da das Interface class compliant ist und unter MacOS als Audio-Hardware erkannt wird. Windows-User benötigen noch die Universal Control Software um das Interface zum Laufen zu bringen. Die erreichten Latenz-Werte liegen bei meinem Setup bei knapp über 6 Millisekunden, das passt!

Latenz
Latenz

Erste Schritte

Presonus möchte es dem Recording-Anfänger so einfach wie möglich machen, seine erste Audio-Aufnahme auf den Rechner zu bannen und erklärt in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung den Ablauf einer Aufnahme. Dass in dieser Anleitung der Hinweis fehlt, dass bei Nutzung des Bundle-Mikrofons M7 die Phantomspeisung aktiviert werden muss, ist lediglich nachlässig, die Anweisung, den Lautstärkeregler des Kopfhörers vor der Aufnahme auf die 12h-Position einzustellen, ist dagegen fast schon fahrlässig.

Seltsame Gain-Struktur

Die Anordnung der beiden Gain-Regler auf der Frontplatte der AudioBox finde ich etwas verwirrend: Der Drehregler für Kanal 2 ist der Drehregler, der den XLR-Buchsen am nächsten ist und prompt drehe ich erstmal am falschen Gain-Regler und wundere mich, warum Kanal 1 stumm bleibt. Das mit dem Wundern geht weiter, jetzt über die nicht leicht zu verstehende Beschriftung des Gain-Reglers: Links-Anschlag ist mit „0“ beschriftet, die 12h-Position mit der Kanal-Nummer und der Rechtsanschlag mit 50… In der Anleitung zur AudioBox USB 96 wird ein maximaler Gain-Wert von +60 dB genannt, ich überprüfe das mit einem kleinen Test und schicke einen 1kHz-Testton in die Vorstufe und messe, was zurückkommt. Dabei komme ich auf den (für ein USB-Interface) realistischen Wert von +52 dB maximaler Verstärkung und das passt dann wiederum ganz gut zur Beschriftung mit der „50“ auf der Frontplatte. 50 dB Gain sind ausreichend, wenn man zum Beispiel Gesang oder Sprache mit dem Bundle-Kondensatormikrofon M7 aufnimmt, für Instrumentalaufnahmen mit mehr Abstand muss man den Gain-Regler schon weit aufreißen und ein Bändchenmikrofon mit seinem schwachen Ausgangspegel wird an der Presonus AudioBox USB 96 verhungern.
Abgesehen von der Beschriftung stört mich am Gain-Regler noch etwas anderes: das Regelverhalten des Potentiometers. Laut Spezifikation soll das gerasterte Poti mit jedem Klick +1 dB mehr verstärken. Auf den ersten Millimetern des Regelweges passiert dabei gar nichts, erst ab etwa der 9-Uhr-Position höre ich eine erste Signalverstärkung. Am Ende des Regelwegs steigt die Verstärkung-pro-Klick dann sprunghaft an, dann reden wir von +4 oder gar +6 dB pro Rasterpunkt. Spielt das in der Praxis eine Rolle? Ja, weil man mit dynamischen Mikrofonen und der Nutzung der AudioBox für Sprachaufnahmen tatsächlich in diesen letzten Regelbereich des Gain-Potis vordringt und man dann das Problem hat, dass das Signal von etwas zu leise nur einen Klick von verzerrt entfernt ist.
Generell muss man sich übrigens bei Einstellen des Gain-Reglers auf die Pegelanzeige der Aufnahme-Software verlassen, es gibt nur eine Clip-LED auf der Vorderseite der AudioBox. Im Zusammenhang mit Nicht-Musik-Anwendungen, zum Beispiel als Sprachmikrofon für Videokonferenzen wäre zumindest eine Ampel-LED-Kette am Interface ein hilfreiches Feature.

Die für mich unverständliche Beschriftung des Gain-Reglers
Die für mich unverständliche Beschriftung des Gain-Reglers

Latenzfreies Old-School Monitoring

Das Monitoring ist klassisch mit einem Balance-Regler gelöst: Das Eingangssignal wird noch vor der AD-Wandlung im Interface wieder an den Ausgang geschickt und mit dem Mixer-Drehknopf regelt man das Verhältnis aus dem Playback-Signal aus der DAW und dem Eingangssignal. Das ist die Old-School-Art, ein latenzfreies Monitoring zu realisieren und auch wenn die Routing-Möglichkeiten ziemlich beschränkt sind, ist es eine äußerst einfache und praktische Umsetzung des Direkt-Monitorings.
Der Line-Out und der Kopfhörerausgang geben ein identisches Signal wieder, getrennte Mixe sind nicht möglich. Dafür geht der Kopfhörer-Ausgang bis elf! Mit dieser kleinen Hommage an den legendären Musikerfilm „Spinal Tap“ zeigen die Presonus-Entwickler auf sympathische Weise Humor!

Kleine Hommage an „Spinal Tap“: Der Kopfhörerausgang geht bis 11!
Kleine Hommage an „Spinal Tap“: Der Kopfhörerausgang geht bis 11!

Kein Line-In!

Das Presonus AudioBox USB 96 besitzt keinen Eingang, der Line-Pegel verarbeiten kann! Für die beiden Mikrofon- und Instrumenten-Eingänge ist das Line-Signal zu laut, die Folge sind verzerrte Signale. Ein einfaches -20 dB-Pad vor der Vorstufe hätte dieses Problem behoben. So muss man sich anders behelfen: Wer Keyboards und E-Pianos, eine Groovebox oder einen CD-Player anschließen möchte, muss entweder auf eine DI-Boxen zurückgreifen (die den Pegel heruntertransformiert), oder den Ausgangspegel auf Seite des Soundlieferanten runterregeln.

Wie klingt´s?

Das Bundle-Mikrofon hört auf den Namen M7 und das sofort Assoziationen: Die Mikrofonkapsel im wohl berühmtesten Mikrofon der Welt, dem Neumann U47, hörte auf den Namen M7 – sicherlich kein Zufall, dass Presonus sein Mikrofon so nennt. Wer sich mit teuren Namen schmückt, weckt aber nicht nur Assoziationen, sondern auch Erwartungen, die werden — soviel sei vorweggenommen – nur bedingt erfüllt.

Der Instrumenteneingang

Als erstes schließe ich meinen Jazz-Bass an den Instrumenteneingang an, mich interessiert wie die Vorstufen generell klingen. Erfreulich gut, wie ich nach den ersten Tönen sagen kann. Die Mikrofonvorstufen klingen sauber und verfälschen das Signal nicht, sind also auf der neutralen Seite. Ich vermisse lediglich etwas Höhen, den Sound meines Basses kenne ich spritziger. Und mir fällt auf, dass die unteren Mitten recht dominant sind, was den Sound etwas mulmig macht. Eine paar Takes mit der Stahlsaiten-Gitarre und einem Piezo-Pickup bestätigen den Klangeindruck vom E-Bass. Tragisch ist das nicht, zur Behebung solcher Probleme gibt es ja den Equalizer.

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E-Bass Slaplick über AudioBox USB 96 Akustik-Gitarre mit Piezo-Pickup

Das M7 Kondensator-Mikrofon

Weiter geht es mit dem M7 Mikrofon und einer Akustikgitarren-Aufnahme. Ich wähle eine gängige Mikrofonposition bei Stahlsaitengitarren: In einem Abstand von etwa 30 Zentimetern wird das Mikrofon auf den Halsübergang in Höhe des zwölften Bundes gerichtet. Auch hier zeigen sich recht ausgeprägte Mittenfrequenzen, die den Klang etwas nasal machen. Der Sound hat zudem eine gewisse Schärfe, während ich mir am Ende des Frequenzspektrums in den obersten Höhen wieder etwas mehr wünschen würde. Als Instrumental-Mikrofon wäre das M7 nicht meine erste Wahl, aber für Sprachanwendungen passt diese Klangabstimmung allemal. Dennoch: Man sollte von einem Mikrofon, dass Presonus im Prinzip als Zugabe in den Karton packt (das M7 ist nicht einzeln erhältlich) keine Wunder erwarten.

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Akustikgitarre und M7-Mikrofon Klassik-Gitarre und M7-Mikrofon

Die Raus-Qualität

Neben der Qualität der aufgenommen Signale interessiert mich noch die Qualität der Digital/Analog-Wandlung der AudioBox USB 96. Dazu lade ich ein paar meiner Referenztracks in Pro Tools und nutze die Fähigkeit meiner DAW, zwei Interface gleichzeitig zu beschicken. So kann ich während der Wiedergabe mit dem Monitor-Controller nahtlos zwischen der Audiobox USB 96 und meinem Studio-Interface, einem Universal Audio Apollo, hin- und herschalten. Dabei zeigt sich ein deutlicher, wenn auch nicht massiver Klangunterschied: Die AudioBox bietet in allen Belangen etwas weniger. Das will heißen: Sie spielt nicht so tief, in den Höhen ist früher Schluss, die Stereobreite ist enger und die Tiefenstaffelung flacher. Dennoch: Der Klangeindruck ist gut und zeigt mir auf eine neues, dass die Audioqualität selbst am unteren Preisspektrum inzwischen wirklich passabel ist. Anders ausgedrückt: Auch mit der günstigen AudioBox USB 96 lässt sich hochwertiger Audio-Content produzieren, sei es Musik, ein Hörspiel oder ein Podcast.

Der Kopfhörer HD7

Der HD7 Kopfhörer spielt recht bassstark auf, die unteren Frequenzen drücken ganz schön aufs Trommelfell. Wo ich beim M7 eben noch dominante Mitten bemängelt habe, muss ich jetzt die Abwesenheit derselben beim HD7 monieren: Im Grundtonbereich passiert recht wenig, dadurch klingt die Musik im positiven Sinne unaufgeregt, im negativen Sinne könnte man den Sound mangels Mittenfrequenzen aber auch leblos nennen. Erst in den Höhen passiert wieder mehr und spätestens hier kommt mir der Begriff HiFi-Badewanne in den Sinn. Die Qualität der Stereoabbildung hat dann mich überrascht: Der HD7 gibt sauber getrennte Signalquelle wieder, die sich auf der Klangbühne sehr gut lokalisieren lassen – das mir Klassik-Hören auf einem derart günstigen Kopfhörer Spaß machen würde, hatte ich nicht erwartet. Für den HD7 gilt ähnliches wie für das M7 Mikrofon: Bei dem Preis muss man an gewissen Stellen Abstriche machen: Der HD7 ist sicherlich nicht der ausgewogenste Kopfhörer, aber als Monitor-Kopfhörer bei Aufnahmen erfüllt er seinen Zweck vollkommen.

Studio One 5 Artist

Ein echtes Highlight im Presonus Bundle ist für mich die Studio One Artist Software und im Prinzip ist alleine das Software-Paket schon den Gesamtpreis wert! Die Software lässt sich dank Ein-Fenster-Konzept einfach bedienen und die mitgelieferten Sounds und Effekte sind richtig gut! Als Musiker oder Podcaster dürfte es dank der umfangreichen Sounds, Samples und Effektsammlung sehr lange dauern, bis man Funktionen der Vollversion Studio One benötigt. Alleine die Software-Zugaben kosten als einzelne Plug-ins mehr als das gesamte Presonus AudioBox Bundle!

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