Praxis
Flexibel, aber etwas unintuitiv – Die Universal Control Surface
Das Presonus Studio 192 ist ein schönes Beispiel für die fortschreitende Annäherung von Hardware und Software. Dass sich die Preamps eines Audio-Interfaces über den zugehörigen virtuellen Mischer steuern lassen, mag mittlerweile nicht mehr so außergewöhnlich sein. Der Punkt, dass Anwender von Studio One das direkt aus der DAW heraus tun können und sich die entsprechenden Einstellungen sogar abspeichern lassen, ist aber durchaus ein tolles Feature. Weiterhin können aus den Eingangskanälen bis zu acht unterschiedliche Kopfhörer-Mixes für Musiker erstellt werden (ebenfalls direkt aus Studio One heraus möglich), die sich dank des internen DSPs quasi latenzfrei mit grundlegenden Effekten bearbeiten lassen – inklusive WLAN-Fernsteuerung über das iPad und Support von Multi-Touchscreens.
All das klingt aus der Theorie heraus sehr vielversprechend. Die Software ist nach der Installation nur leider recht praxisfern konfiguriert, was im Test für mehrere Frustmomente sorgte. So ist der interne Signalfluss standardmäßig so geregelt, dass bei ausschließlicher Adressierung des Main-Outs wie von Geisterhand eine Kopie des anliegenden Signals auch aus allen Line-Outs ertönt. Wenn man die Ausgänge aus der DAW heraus (getestet mit Studio One und Cubase) separat ansprechen will, muss man erst die entsprechenden Kanäle im Mischer der Universal Control Surface stumm schalten. Weiterhin werden die Kopfhörerausgänge in der DAW zwar angezeigt, wenn man sie verwendet, verschwindet das zugewiesene Signal aber spurlos, und das Studio 192 bleibt stumm wie ein Fisch, solange der Mixer der Control Surface nicht deaktiviert wird. Bei dem Punkt, dass der Talkback-Kanal standardmäßig auch dem Main-Out zugewiesen ist, musste ich mich schon etwas wundern. Die wenigsten Anwender werden sich selbst über die Studio-Monitore sprechen hören wollen, und bei erhöhtem Gain des Talkbacks handelt es sich hier um eine fiese Feedback-Falle, die dafür sorgt, dass man beim Druck auf den Talk-Button von einer Rückkopplung begrüßt wird.
Wenn man bei alledem einen kühlen Kopf bewahrt, sich ein wenig in die Software einarbeitet und die grundlegenden Einstellungen anpasst, funktioniert das System aber sehr gut. Wer öfters mehrere Musiker gleichzeitig aufnimmt, wird die UC Surface sicher zu schätzen wissen, und auch wer keine umfangreicheren Sessions plant, findet höchstwahrscheinlich Verwendung für die DSP-Effekte. Diese basieren auf dem aus Studio One bekannten Fat Channel, der eine Dynamik-Sektion mit Gate, Kompressor und Limiter und einen EQ mit vier vollparametrischen Bändern und einem High-Pass-Filter bietet. Zusätzlich stehen zwei Send-Wege für Hall und Delay bereit.
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All diese Effekte greifen global zu. Wenn man also beispielsweise einen Gesangskanal komprimiert, dann ist er in allen Monitor-Mixes in gleicher komprimierter Form zu hören. Mit aufgenommen werden die Effekte dagegen nicht, und das ist auch gut so, denn trotz des ordentlichen Klangs hebt man sich solche Maßnahmen in der Regel für einen späteren Zeitpunkt auf. Anwendern von Studio One bietet sich allerdings die Möglichkeit, den Fat Channel direkt aus der DAW zu konfigurieren und die Einstellungen nach der Aufnahme zu übernehmen. Bei Bedarf kann der DSP im Studio 192 auch in diesem Fall die Berechnung weiter übernehmen.
Hochwertige Vorverstärker
Klanglich geben sich die XMAX Preamps angenehm luftig und modern, ansonsten neutral und absolut hochwertig. Im direkten Vergleich mit dem RME Fireface UC zeigt die Gesangsaufnahme, die mit dem Studio 192 gemacht wurde, einen leichten Glanzpunkt in den Höhen, ohne dabei aufdringlich zu wirken.
Für die Schlagzeugaufnahme wurden alle acht Kanäle des Studio 192 genutzt. Bei drei Toms und einem Paar Overheads blieb neben einer doppelt mikrofonierten Snare leider nur ein Kanal für die Bassdrum übrig. Mit dem Digimax DP88 habe ich im Zuge des Tests aber auch eine umfangreichere Aufnahme mit zwölf Kanälen gemacht, die es im zugehörigen Artikel zu hören gibt.
Erhöhte Latenz trotz USB 3.0
Da es sich beim Presonus Studio 192 um ein USB3.0-Interface handelt, hatte ich recht hohe Erwartungen an die Performance, doch die vermeintlich latenzfreien DSP-Effekte scheinen ihren Tribut an der allgemeinen Leistung zu fordern. Bei der minimalen Buffersize von 64 Samples kommen viele hochwertige Interfaces auf eine Gesamtlatenz unter 5 Millisekunden. Das Studio 192 schafft es dagegen nicht, die magischen 10 Millisekunden zu knacken, und auch bei höheren Einstellungen kann es im Verhältnis nicht bedeutsam aufholen.
Wer beim Monitoring nur die Effekte verwenden will, die auf dem internen DSP berechnet werden, hat damit kein Problem, denn Latenz ist in diesem Fall in der Tat nicht spürbar – auch bei einer höheren Buffersize. Wer dagegen mit einer Amp-Simulation im Rechner Gitarre spielen will oder einen Software-Synthesizer über ein externes MIDI-Interface ansteuern möchte, für den bieten sich bessere weil schnellere Alternativen.
Tommy Bassalot sagt:
#1 - 01.06.2016 um 15:49 Uhr
Presonus sind im generellen anscheinend Midi/Hardware User egal. Fehlender Midiport am Interface, keine Sysex unterstützun in Studio One.. etc...
Patrick sagt:
#2 - 07.09.2016 um 09:20 Uhr
Aus irgendwelchen Gründen haben es die Tester von Amazona allerdings geschafft die Karte bis auf 2,5ms Latenz zu bekommen...
https://www.amazona.de/test...
Alexander Aggi Berger (bonedo) sagt:
#2.1 - 08.09.2016 um 08:22 Uhr
Hallo Patrick, danke für deinen interessanten Beitrag! Die im Test genannten Latenzwerte gelten für eine Samplerate von 44,1 kHz. Bei 96 kHz wird dieser Wert natürlich geringer. Trotzdem reicht das nicht aus, um einen so markanten Unterschied zu rechtfertigen. Möglicherweise haben die Kollegen bei Amazona die internen Mixing-Funktionen deaktiviert und sind damit auf so gute Werte gekommen. Das ist aber nur reine Vermutung. Ich habe das Interface leider nicht mehr hier, um das zu überprüfen.
Antwort auf #2 von Patrick
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