Hier bei bonedo gibt es den ausführlichen Testbericht zum neuen Presonus StudioLive 32.4.2AI! Auf das Review des Digitalpults haben wir uns ganz besonders gefreut, kann Presonus doch oft mit innovativen, aber gleichzeitig preiswerten Lösungen aufwarten. Vor allem die DAW-Software Studio One wusste zu überzeugen, doch schon das erste Presonus-Gerät, was ich in den Händen halten konnte, hatte diesen Spirit des Besonderen (wenn auch des etwas Eigensinnigen): Der DCP-8, ein achtkanaliger Kompressor auf nur einer Rack-Höheneinheit war anno 1998 ein praktisches Brot- und Butter-Dynamiktool, welches mit einer Meterbridge im separaten Gerät aufgerüstet werden konnte/musste. Sicher, im Digitalmixer 32.4.2AI, um den sich dieser Test dreht, findet man auch Dynamikbearbeitungen, doch naturgemäß noch eine ganze Menge mehr.
Heutzutage geht es bei vielen Produkten nicht nur darum, “besser” zu klingen (was immer der Einzelne genau darunter versteht), sondern schlicht und einfach auch mehr Möglichkeiten zu liefern – das Ganze bedienbar zu halten und den Preis nicht explodieren zu lassen, ist eine der wesentlichen Aufgaben eines Herstellers. Preislich wird man sich kaum richtig beklagen können, liegt doch die UVP des 32.4.2AI bei 4495,– Euro, was angesichts des Funktionsumfangs und der Einsatzmöglichkeiten typisch für Presonus ein wirklich angemessener Betrag ist. Ebenfalls um Kunden buhlende Digitalpulte, etwa von Behringer, Soundcraft, Tascam oder Yamaha, sind mit durchaus unterschiedlichen Feature-Sets ausgestattet und zielen auf etwas andere Anwender-Profile.
Details
Fettes Pult und “fetter Kanal”
Einem so umfangreichen Gerät wie dem Presonus StudioLive 32.4.2AI nähert man sich möglichst langsam und vorsichtig. Und wenn man noch nicht die Nase in der Oberfläche vergraben hat, werden die Dimensionen deutlich. 80,2 Zentimeter ist das Gerät aus Stahlblech breit, mit einer Tiefe von knapp 57 Zentimetern und einer Höhe von 18,2 Zentimetern bis zu den Potikappen erscheint es durchaus tragbar – mit 23 Kilogramm ist das zwar zu handlen, aber kein wirkliches Vergnügen. Betrachtet man die grobe Unterteilung der Bedienoberfläche, fällt die schmale, geradezu an den Rand gedrängt wirkende Mastersektion auf. Allerdings bildet links davon der Bereich von der Hälfte an bis zum Beginn der obersten Sektion mit den Gain-Potis eine besondere Abteilung, in welcher Aux-Levels gesetzt, verschiedene Meterings eingestellt, besonders aber selektierte Kanäle in ihren genauen Settings bearbeitet werden können. Blau hinterlegt ist der “Fat Channel”: Selektierte Kanalzüge können dort mit Kompressor, Gate/Expander, Limiter, Hochpassfilter, einem vierbandigen vollparametrischen EQ und einem Limiter bearbeitet werden. Die Bezeichnungen der Parameter stehen über den jeweiligen Reglern, in der kompletten Sektion gibt es optische Rückmeldung durch LED-Ketten.
14 Auxe, 4 Busse, 4 interne Effektblöcke
Channels selektieren kann man mit dem dem obersten der drei beleuchtbaren Soft-Buttons (Mute, Solo und eben Select) über den 100mm-Fadern, doch auch beispielsweise die 14(!) pre/post schaltbaren Aux-Sends können selektiert und im Fat Channel bearbeitet werden – schließlich verfügen auch diese über EQs, Dynamics und die anderen Bearbeitungsschritte. Das 32.4.2AI bietet vier interne Effektblöcke an, die FA, FB, FC und FD abgekürzt werden. Zusätzlich stehen noch vier Subgruppen bereit. Neben den Aux- und Effektschienen zeigt das Blockschaltbild noch logischerweise einen Main- sowie einen Stereo-Solobus. Letzterer kann an verschiedenen Punkten im Signalweg abgegriffen werden und auch destruktiv auf die Hauptschiene angewendet werden. Mit den sicher bekannteren Abkürzungen ausgedrückt: Das Pult bietet PFL, AFL und Solo-In-Place. Wie selbstverständlich hat Presonus dem AI-Pult ein Solo Clear mitgegeben, welches alle gesetzten Solo-Status zurücknimmt. Ebenso sehr praktisch ist, dass das Presonus über sechs Mute-Groups verfügt. Gemeinsam mit diversen Speichermöglichkeiten, darunter Szenenspeicher und “Fat Channel”-Presets, lassen sich auch komplexe Livesituationen sicher gut und schnell bedienen. Zudem wartet die Kanalzugbearbeitung mit einer A/B-Vergleichsmöglichkeit auf – sehr gut!
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Effektiv
Die Channel-EQs sind vierbandig, vollparametrisch und liefern bis zu 15 Dezibel Gain Change. Die oberen und unteren lassen sich von Bell zu Shelf umschalten und – keine Selbstverständlichkeit – neben dem globalen hat jedes Band einen eigenen Bypass. Die vor den Aux Send Outs und dem Main-Out angesiedelten grafischen EQs sind Terzbandfilter, haben also 31 Bänder.
0,2 Millisekunden ist die kürzestmögliche Attackzeit des Kompressors, der in Hard- oder Soft-Knee-Charakteristik verwendet werden kann. Einen Auto-Modus gibt es ebenfalls. Die Gate-/Expandersektion hat den Vorteil, ihr Key-Signal aus einem anderen Kanalzug erhalten zu können, für die feinere Einstellung stehen Sidechain-Filter parat, eine Hold- oder Hystereseschaltung gibt es jedoch nicht.
Monitoring und Talkback
In dem Bereich unter dem Display haben es sich neben der Solo-Sektion die Bedienelemente für Aux-Inputs, das Monitoring und, am rechten Rand, Talkback gemütlich gemacht. Letztgenanntes verfügt zwar nicht über ein eingebautes Mikrofon, kann aber flexibel geroutet werden – auf Main-Outs und verschiedene Auxe. Bedenkt man, dass das StudioLive-Pult zunächst den Begriff “Studio” und nachfolgend “Live” im Namen trägt, erscheint die Monitoring-Sektion doch recht mager: Dim, Mono, Alt Speakers? Fehlanzeige.
Das wichtigste Metering ist immer aktiv
Nicht gesondert zu aktivieren muss man – ganz im Gegenteil zum Metering im “Fat Channel”-Bereich – das Metering rechts oben in der Ecke des Pultes. Dort wird das Main-Level und das der Subs angezeigt, zudem für den selektierten Kanalzug das Level und – sehr praktisch – die Gain-Reduction der Dynamikbearbeitung. Räumlich in der Nähe, doch mit gänzlich unterschiedlichen Aufgaben finden sich der BNC-Lampenanschluss und eine USB-Buchse, die einen Speicherstick oder den WiFi-Adapter aus dem enthaltenen Zubehörpaket aufnehmen kann.
Wo viel reingeht, kommt auch viel raus
Sehen lassen können sich offenbar die 1Ohm-Mikrofonvorverstärker, die in einem nur einem dBu breiten Toleranzbereich von 20 Hz bis 40 kHz übertragen und bei Messung am Direct-Out dem 1kHz-Testsignal 0,007% THD+N hinzufügen – für ein Digitalpult dieser Preiskategorie sind das gute Werte! Sämtliche Channel-Inputs sind auf der Bedienoberfläche recht spartanisch durch den Mic-/Line-Gainregler und die zuschaltbare Phantomspeisung repräsentiert, dazu gesellt sich noch der ominöse “D”-Button, dessen Funktion ich gleich noch beleuchten möchte. Sieht man auf die Rückseite des Gerätes, erkennt man, dass alle Channel-Inputs zusätzlich zum Mikrofon- auch einen Line-Eingang aufweisen und einen Insert-Send-Return. Es steht eine hohe Anzahl (Gruppenausgänge und Aux-Sends) Outs zur Verfügung, die sich auf verschiedene Arten erreichen lassen. Als XLR und als symmetrische Klinken stehen die Main-Outs zur Verfügung, über einen Mono-Main lassen sich beispielsweise Subwoofer bequem anschließen. Sowohl Mono- als auch XLR-Main-Outs sind mit einem Mini-Poti im Level regelbar, ein Bauteil, das sich nicht umgehen lässt. Live wie im Studio würde man Tape In-/Out vermissen, doch sind diese in Form eines Cinch-Doppelpärchens ebenfalls auf der Rückseite auffindbar.
“D” wie “Digital”
Die Channels 1-32 werden vor dem Insert abgegriffen und stehen symmetrisch über DB25 zur Verfügung. Dazu sind vier dieser Anschlüsse notwendig, die sich unten rechts am Rückpanel befinden. Ein Stück weiter links ist eine Karte installiert, welche weitere Anschlüsse erlaubt. Zum einen wäre da der koaxiale S/PDIF-Ausgang sowie die RJ45-Buchse, um einen Transfer für Steuerungsdaten im Netztwerk zu ermöglichen. Zum anderen findet man auf der Karte zwei FireWire-s800-Ports. Auxes, Subgroups, ja sogar interne FX-Sends, der Solo-Bus und Channel-Signale vor der Bearbeitung können 32-kanalig auf die Reise zum Host-Rechner geschickt werden. Auch zurück geht es, und hier kommt der ominöse “D”-Button ins Spiel, den man an vielen Stellen auf der Bedienoberfläche des StudioLive sieht. Das “D” unter dem Gain im Channel 1 beispielsweise erstetzt das analoge Eingangssignal mit einem der 32 Channels, die man in der DAW über den Firewire ausgeben kann – somit kann man im Falle der Verwendung einer DAW im Pult zwischen Record- und Mix-Status umschalten, kann also ein wenig Inline-Luft schnuppern.
Burr-Brown
Die digitale Domäne folgt entweder einer 48kHz- oder einer 44,1kHz-Samplerate, Double- oder gar Quad-Rates werden nicht unterstützt. Dass dies besonders im Livebetrieb nicht negativ sein muss, sollte bekannt sein. Natürlich stehen Datenwörter mit 24 Bit Länge zur Darstellung eines Spannungswertes zur Verfügung, intern wird wie üblich mit 32Bit-Fließkomma gearbeitet. Als Chiplieferant für die A/D- und D/A-Stufen wird Burr-Brown genannt. Die aktuellen Wandler der längst in Texas Instruments aufgegangenen Company könnten mit mindestens 96 kHz geclockt werden, doch müsste dafür natürlich die gesamte Pult-Architektur bereit sein (und die entsprechende Rechenpower bereitstellen). Immerhin gelten die aktuellen Wandler auf Basis der BB-Chips als zuverlässig, gut klingend und sind nicht als umfangreiche Multiplex-Chips erhältlich, die direkt Achter- oder Sechzehnerblöcke an Signalen wandeln.
AI
“AI” steht im Presonus-Sprech für “Active Integration”. Hm, auch “Active Integration” ist nicht gerade ein fleischiger Begriff, könnte er doch alles mögliche beschreiben. AI ist Prsonus’ Ansatz einer möglichst engen Verbindung diverser Hard- und Software. Im Falle des StudioLive 32.4.2AI bedeutet das, dass über LAN und WiFi umfangreiche Steuerungen möglich sind. So lassen sich Pultfunktionen via SL Remote-AI auf dem iPad und QMix-AI auf dem iPhone/iPod Touch steuern. Das Pult wird zudem mit einem großen Software-Paket ausgeliefert, darunter “Capture 2”, ein einfaches, aber dafür schlankes und einfach zu verstehendes Recording-Tool. Virtual StudioLive-AI ist das, was der Name vermuten lässt, nämlich eine Fernsteuerung für das Pult – aber noch einiges mehr: So ist es möglich, die “Smaart Audio Analysis”-Funktionen zu nutzen, die neben dem Metering auch Korrekturen ermöglichen, also als Einmesswerkzeug dienen können. Und nicht zuletzt ist die etwas abgespeckte “Artist”-Version von Presonus’ hervorragender DAW Studio One dabei!
Markus Galla sagt:
#1 - 28.02.2014 um 17:03 Uhr
Vielen Dank für den Testbericht. Was mich an dem PreSonus-Pult sehr stört (ich bin Nutzer der ersten SL-Serie), ist, dass es kaum Änderungen gegeben hat. Natürlich: Never change a winning team. Aber es gibt eben auch den Ausspruch: Never change a running system. Ob PreSonus mit diesem Pult die Nutzer der älteren SL-Pulte zum Wechseln bewegen kann? Gut, man benötigt keinen Rechner für die Fernsteuerung per iPad mehr. Doch ist dieser nicht eh immer an jedem FoH-Platz am Start? Und für das Recording wird er auch benötigt. Also kaum ein Pluspunkt. Statt vier Effekt-Prozessoren zu integrieren, wäre eine feinere Parametrisierung schön gewesen oder ein Upgrade der Algorithmen, die, wie im Testbericht ja auch gesagt, sehr altbacken wirken. Selbst dann, wenn man diese Parameter nicht am Pult direkt zugänglich machen möchte, wäre dies doch für die VSL Software ein Kinderspiel gewesen. An die fehlenden Motor-Fader hat man sich bei PreSonus mittlerweile ja schon gewöhnt. Der laute Lüfter ist ein K.O.-Kriterium - nicht nur im Studio. Auch in einem beliebten Einsatzbereich der alten SL-Serie: in Kirchen! Wer möchte schon beim Gebet den Fön aus dem Off hören?Weiterhin fehlen Möglichkeiten, mit einem digitalen Multicore zu arbeiten. Das wird immer wichtiger. Natürlich verspricht PreSonus hier das Nachrüsten über Erweiterungskarten. Doch diese kosten Geld. Und auf welche Features muss man verzichten, wenn man diese installiert?Ein entfallenes Feature ist die Möglichkeit, zwei Pulte zu kaskadieren. Dies wurde von vielen Anwendern, insbesondere vom SL16.4.2, ausgiebig genutzt. So kommt man ebenfalls auf 32 Kanäle und kann diese sogar noch per FireWire mitschneiden.Insgesamt muss man sich angesichts der Konkurrenz, gerade durch Behringer, fragen, ob der Preis gerechtfertigt ist. Die Smaart Integration allein rechtfertigt diesen nicht (die gab es auch schon bei den alten Mixern - und ist nur sehr eingeschränkt im Vergleich zur Software!).Unterm Strich würde ich deshalb die Contra-Liste ergänzen um:- Effekte-Parametrisierung nur eingeschränkt
- Effekte sehr altbacken
- keine Motor-Fader
- zur Zeit keine Möglichkeit, ein digitales Multicore zu nutzen.
- kein Quantensprung im Vergleich zur alten SL-Serie
- Preis-Leistungsverhältnis