Praxis
Beim ersten Anspielen präsentiert sich die Gitarre mit einer guten Grundeinstellung. Die ab Werk aufgezogenen relativ dünnen Saiten finde ich allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Auch wenn dieser Umstand natürlich Geschmacksache bleibt und die Saitenwahl weite Bendings zweifelsfrei erleichtert, würde dieser Archtop, für mein Gefühl, eine etwas höhere Saitenstärke deutlich besser stehen.
Der ansonsten in der Tendenz schlanke Hals erlaubt eine leichte Bespielbarkeit, die 20 eher kräftigen Bünde wurden zudem tadellos eingesetzt und abgerichtet. Akustisch gespielt tritt die Gitarre dann mit einem recht spritzigen Ton aufs Parkett.
Mit ihren etwas über 3,9 kg ist sie allerdings kein Leichtgewicht, woran der Sustainblock und das Bigsby-Tremolo nicht ganz unschuldig sein dürften. Interessanterweise fällt mir dieser Umstand im Stehen am Gurt dann aber gar nicht weiter negativ auf, hier hängt die Gitarre gut ausbalanciert. Im Sitzen spielt sie sich dann aber aufgrund des hohen Korpusgewichts etwas weniger komfortabel und tendiert dazu, leicht vom Bein zu rutschen. Ein Umstand, den man auch von schweren Les-Paul-Modellen kennt.
Nun wollen wir aber endlich hören, wie sich unser Testmodell elektrisch verstärkt schlägt. Für den heutigen Praxischeck stehen dabei unterschiedliche Amps bereit.
Für die Cleansounds kommt ein Ibanez TSA 15 Amp zum Einsatz. Die Zerrfraktion wird sowohl von einem Vox AC15 Topteil als auch später von einem Marshall 2525H Mini Silver Jubilee bedient. Alle Amp-Signale gehen an eine 1×12 Box mit einem Celestion G12 Greenback Speaker und werden von einem SM57 abgenommen.
Wir starten natürlich wie immer im Clean-Channel mit einer Bestandsaufnahme des Sounds aller drei Pickup-Positionen. Los gehts!
Der P90 in der Halsposition präsentiert sich mit einem voluminösen, runden und glockigen Sound. Der leicht silbrige und twängige Charakter, den ich beim Umschalten der Mittelposition zu hören bekomme, gefällt mir ebenfalls.
Der Steg-Pickup ist höher justiert, was sich in einem etwas lauteren Output niederschlägt, der aber keinesfalls negativ auffällt. In einer Solo-Situation hätte man hier beispielsweise gleich etwas mehr Schub parat und auch die Mittelposition steht mit dieser Abstimmung sehr gut da. Wie zu erwarten, ertönt der P90 in dieser Position außerdem mit mehr Mitten, was im Zusammenspiel mit einem heißeren Amp-Signal ebenfalls Freude bringen dürfte. Doch dazu später mehr.
Insgesamt geben sich die Pickups mit einem in der Tendenz recht frischen Sound zu erkennen, der aber keineswegs schrill wirkt, sondern für eine gesunde Präsenz sorgt.
Dreht man das Tone-Poti des Halspickups zurück, lassen sich die Höhen gut dosieren. Im folgenden Beispiel habe ich es etwas zurückgenommen und gebe ein paar jazzige Akkorde zum Besten. Auch wenn die dünnen Saiten diese Spielweise nicht gerade unterstützen, präsentiert sich die Archtop klanglich auch hier absolut überzeugend.
Moderat eingesetzt, arbeitet das Bigsby-Tremolo übrigens recht stimmstabil, solange man es nicht übertreibt – eine Tatsache, die zu diesem System gehört. Für mein Empfinden könnte es allerdings etwas leichter laufen. Schimmernde Akkordsounds sind auf jeden Fall problemlos realisierbar, wie die beiden vorangegangenen Hörbeispiele ja schon demonstrieren konnten.
Die Pickup-Mittelposition sorgt für einen gewissen Twäng und macht mir beispielsweise bei Spielweisen absolut Freude, wie das nächste Beispiel zeigt.
Wir satteln um auf den Vox AC 15, der schon einen leichten Crunchsound erzeugt, mit dem Steg-Pickup der Gitarre gut harmoniert und griffige Rhythmusgitarren-Sounds produziert. Im ersten Beispiel hören wir dabei nur das Signal des Amps, anschließend habe ich den Sound mit einem Maxon OD-808 Pedal noch etwas angeblasen.
Für dich ausgesucht
Wie man bis hierhin hört, gibt sich diese Gitarre durchaus flexibel und weiß sich sowohl clean als auch mit mehr “Dirt” im Sound gekonnt in Szene zu setzen. Wie also schon im Design propagiert, dürfte auch die Rockabilly- und Rock’n’Roll-Fraktion mit diesem Modell absolut auf ihre Kosten kommen.
Und mein abschließender Check am Marshall untermauert, dass der Gitarre auch satte Overdrive-Sounds gut stehen! Ich bleibe auf dem Steg-Pickup und drehe das Volume-Poti in drei Schritten auf.
Wie man hören kann, lässt sich der Zerrgrad gut dosieren, genau wie die gleichzeitige Unterfütterung der Amp-Mitten.
Zu guter Letzt möchte ich euch die Gitarre auch im Bandkontext nicht vorenthalten. Hier sorgt der P90 am Steg ebenfalls für ein durchsetzungsfähiges Signal. Sehr schön!
Norbert Weich sagt:
#1 - 27.02.2019 um 15:27 Uhr
Dieses Instrument erinnert mich doch mehr als zufällig an meine Samick Greg Benneth Royal mit weitestgehend gleicher Ausstattung. Es gibt den Sustainblock, die Grover Mechaniken und das Bigsby Tremolo. Lediglich die Pickups sind andere, nicht die P90, sondern Seymour Duncan SH-1 59 Humbucker. Dann ist noch die Steckerbuchse anders angeordnet. Ansonsten alles baugleich! Ich habe den Verdacht "Prestige Guitars Kanada" läßt in Korea vorfertigen. Im Link weiter unten ein Foto meiner Samick.Die mit P90 Singlecoils auszustatten, scheint mir eine gute Idee zu sein. Die Original verbauten Humbucker klingen doch etwas muffig.https://www.gitarre-bestell...