Beim Thema „Bassspielen mit dem Plektrum“ scheiden sich seit Jahrzehnten die Geister. Manche Tieftöner:innen winken sofort ab, wenn sie nur daran denken, die Saiten mit einem Stück Plastik anzuschlagen. Andere wiederum können sich ein Leben ohne Plektrum (auch: Plektron, Plek oder Pick) gar nicht mehr vorstellen. Eigentlich könnte man das Thema ja ganz entspannt sehen, denn letztendlich ist jede Spieltechnik ja in erster Linie ein Sound, der mal besser oder schlechter passt. Und Sounds kann man doch niemals genug im Repertoire haben, oder? Dennoch wird das Thema „Plektrumspiel“ leidenschaftlich diskutiert. Um etwas Sachlichkeit ins Spiel zu bringen, wollen wir heute auf die Pros und Cons des Bassspielens mit einem Pick eingehen.
- Plektrumspiel auf dem Bass – ein paar Grundlagen
- Plektrumspiel auf dem E-Bass – Pro
- Plektrumspiel auf dem E-Bass Contra
- Plektrum-Bass – Berühmte Player und Sounds
- Plektrum-Bass – Sounds
- Plektrum vs. Finger: Rock
- Plektrum vs. Finger: Progressive Metal
- Plektrum vs. Finger: Funk
- Plektrumspiel auf dem Bass – Fazit
Plektrumspiel auf dem Bass – ein paar Grundlagen
Plektren bestehen zumeist aus Kunststoff, seltener aus Stein, Knochen, Leder oder Metall. Sie sind wenige Zentimeter groß und entweder tropfenförmig oder dreieckig. Man hält sie in der Regel zwischen Daumen und Zeigefinger und schlägt mit dem spitzen Ende die Saiten an. Die Bewegung kommt dabei entweder aus dem Handgelenk, dem Unterarm oder dem ganzen Arm – je nachdem, wie viel Energie man einsetzen möchte. Durch diese großen Hebel (Arme) und Bewegungen ist ein kraftvolles Spiel mit einem breiten Dynamikspektrum möglich. Genaue Anleitungen zum Plektrumspiel gibt es in diesem Videoworkshop unseres Autoren Oliver Poschmann.
Man hat beim Pick-Spiel die Wahl zwischen dem Anschlag nach unten (Downstroke) oder dem Wechselschlag, welcher auch noch den Anschlag nach oben (Upstroke) beinhaltet. Selbst hier trennen sich die Meinungen, denn in einigen Szenen ist sogar der Wechselschlag verpönt. Im Punk-Rock gibt es das geflügelte Wort: „Upstroke is for P…ies“! Das ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, aber erwischen lassen sollte man sich in einer Punk-Band mit dem Wechselschlag lieber (erstmal) nicht.
Das Plektrum wird meist mit aggressiveren Stilstiken wie Rock, Hardrock oder Heavy Metal verbunden. Aufgrund seines großen dynamischen Spektrums und des perkussiven Sounds passt es aber auch gut in andere Gefilde, zum Beispiel Funk. Ein eindrucksvoller Vertreter ist der US-Bassist Bobby Vega, der sein Publikum mit seinen Pick-Grooves immer wieder begeistert. Wer mehr über „Funky Pick Bass“ lernen möchte, findet hier eine dreiteilige Workshopreihe zu diesem spannenden Thema!
So, nun aber zu den Vor- und Nachteilen des Plektrumspiels auf dem Bass.
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Plektrumspiel auf dem E-Bass – Pro
Die Pros und Cons sind natürlich wie immer sehr subjektiv – was manch eine(r) als Nachteil empfindet, ist unter anderen für den oder die nächste(n) ein Vorteil. Wir werden versuchen, uns der Sache so neutral wie möglich zu nähern:
- Durch das im Vergleich zu Fingern härtere Material entsteht beim Anschlag viel Attack, dadurch klare Definition der Töne
- Große Hebelwirkung beim Spiel aus Handgelenk, Unterarm oder dem ganzem Arm, dadurch großer Dynamikspielraum
- Durch größere Bewegungen sehr physisches Spiel, das mehr „Rückmeldung“ als nur das Fingergelenk ermöglicht
- Perkussive Effekte (Dead Notes) sind dank des härteren Materials dynamischer und wirkungsvoller als mit den weicheren Fingerkuppen
- Schneller Wechsel zwischen „normalem“ und mit dem Handballen gemutetem Spiel erweitert ebenfalls den Dynamikspielraum
Plektrumspiel auf dem E-Bass Contra
- Das gesteigerte Attack und die perkussiven Anteile können mitunter zu viel des Guten sein (z. B. bei Balladen!), daher gibt es klare stilistische Einschränkungen
- Kein direkter Kontakt mit Fingern der Schaghand zur Saite – weniger „Gefühl“ möglich
- Weiche Sounds sind schwierig umzusetzen
- Die eigenen Finger hat man immer dabei, Plektren werden schnell vergessen
Plektrum-Bass – Berühmte Player und Sounds
Hier ist eine kurze Liste mit Bassist:innen, die für das Plektrumspiel in ihrer Stilistik bekannt sind:
Hardrock / Heavy Metal:
- Cliff Williams ‑ AC/DC
- Lemmy ‑ Motörhead
- Justin Chancellor ‑ Tool
- John Paul Johnes ‑ Led Zeppelin
- Jason Newsted – Ex-Metallica
- David Ellefson – Ex-Megadeth
- Paul Gray ‑ Slipknot
- Roger Glover ‑ Deep Purple
Rock / Pop:
- Mike Dirnt ‑ Green Day
- Gene Simmons ‑ Kiss
- Glenn Hughes – Ex-Deep Purple, Ex-Black Sabbath
- Chris Squire ‑ Yes
- Bill Wyman ‑ Rolling Stones
- Roger Waters ‑ Pink Floyd
- John Deacon ‑ Queen
- Paul McCartney ‑ The Beatles
- Pete Trewavas ‑ Marillion
Soul / R&B:
- Carol Kaye ‑ Session Artist
- Joe Osborn ‑ Session Artist
Funk:
Plektrum-Bass – Sounds
Hier sind drei Soundbeispiele, in denen entweder die Variante mit Pick tatsächlich besser ist oder zumindest eine interessante Alternative darstellt. Negativ-Beispiele wie Balladen mit einem aggressivem Plektrum-Sound kann sich vermutlich jeder selbst vorstellen, daher erspare ich euch Varianten dieser Art.
Plektrum vs. Finger: Rock
Dieser Achtelrock-Groove erlangt durch das Plektrum mehr Attack, Definition und Aggressivität. Klar, das ist wie immer Geschmackssache, aber auf jeden Fall stilistisch wunderbar authentisch. Hier der Vergleich:
Plektrum vs. Finger: Progressive Metal
Für meine Ohren stellt in dem nachfolgenden Progressive-Metal-Riff das Plektrum eine eindeutige Verbesserung im Vergleich zu den Fingern dar. Zum einen werden vor allem die tiefen Noten viel klarer. Zum anderen „kitzelt“ das zusätzliche Attack beim Pick-Spiel auch die Bass-Verzerrung etwas mehr. Unterm Strich ergibt sich durch das Plektrumspiel ein wesentlich aggressiverer Sound als mit dem Anschlag durch die Finger. Interessant: Bei beiden Beispielen sind natürlich sämtliche Gain- und Equalizer-Einstellungen absolut identisch. Trotzdem meint man, man habe es hier mit zwei grundsätzlich unterschiedlichen Setups zu tun.
Plektrum vs. Finger: Funk
In diesem Funk-Groove liefert die Pick-Version eine interessante perkussive Alternative, da sie durch den Wechselschlag sehr dynamische Dead Notes ermöglicht.
Plektrumspiel auf dem Bass – Fazit
Nimmt man den Wechselschlag mit Fingern als „Standard“ für E-Bass, so ist das Spiel mit dem Plektrum eine interessante Alternative bzw. Erweiterung, ganz sicher aber auch kein „Muss“. Klanglich bereichert es das Spektrum und ist in einigen Situationen sogar die authentischere Wahl. Grundsätzlich erweitert man natürlich mit jeder weiteren Spieltechnik das eigene Spektrum als Musiker:in.
Ein durchaus gut nachvollziehbarer Vorbehalt gegenüber dem Pick-Spiel sind die Themen „Spielgefühl“ und „Kontrolle“. Man berührt eben nicht mehr mit den eigenen Fingern und deren Tastsinn die Basssaiten, sondern stattdessen mit einem Stück Plastik.
Dieser Punkt mag auch einer der Gründe sein, warum viele Tieftöner:innen anfangs nicht den richtigen Zugang zum Plektrumspiel auf dem Bass bekommen. Aber wie die Liste an prominenten Beispielen zeigt, kommt man auch über diesen Punkt durchaus hinweg, wenn man die nötige Zeit investiert.
Wer bislang noch nicht mit dem Plektrum gespielt hat und auch keine Notwendigkeit dafür gesehen hat, dem kann ich nur dazu raten, sich einmal eine gewisse Zeit näher damit zu beschäftigen. Schon klar: Häufig wird man durch beeindruckende YouTube-Videos eher abgeschreckt, da sie einen mit dem Gedanken „Das schaffe ich eh nicht!“ zurücklassen. Es geht aber bei keiner Technik vorrangig darum, besonders virtuose Fähigkeiten zu erlangen, sondern einen neuen Sound in sein Arsenal zu integrieren. Schon einfache Rockgrooves nur mit Downstrokes gespielt, können mit vergleichsweise wenig Aufwand eine große klangliche Bereicherung darstellen, die einen auf dem eigenen musikalischen Weg weiterbringen!
Bis zum nächsten Mal,
euer Thomas Meinlschmidt
Philipp Voser sagt:
#1 - 23.12.2022 um 10:46 Uhr
Für mich gibt es weder pro noch kontra. Es ist abhängig vom Sound der gefragt ist, ganz unabhängig vom Stil. Das einzige pro ist, wenn man beides beherrscht und anwenden kann.
Andi sagt:
#2 - 28.12.2022 um 10:38 Uhr
Hi, ihr verlinkt in eurem Artikel auf den Workshop von Oliver Poschmann https://www.bonedo.de/artikel/bass-videoworkshop-plektrumspiel/ . Leider funktionieren da die Videos nicht mehr, an denen ich sehr interessiert wäre. Könnt ihr das wieder "richten"? Guten Rutsch und vielen Dank!
Lars Lehmann sagt:
#2.1 - 28.12.2022 um 11:35 Uhr
Moin Andi! Bitte check doch mal deine Internet-Einstellungen und ob das Abspielen der Clips geblockt wird oder Ähnliches ... ich habe es eben mal bei mir gecheckt, und hier funktionieren sie wunderbar. Viele Grüße, Lars
Antwort auf #2 von Andi
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenAndi sagt:
#2.1.1 - 01.01.2023 um 14:58 Uhr
Hallo Lars, danke fürs Probieren. Habs versucht auf 2 Rechnern und 2 Android Handys, aber geht leider nicht. Bei allen anderen Bonedo-Workshops funktionieren eure Videos. Egal, Gutes Neues!
Antwort auf #2.1 von Lars Lehmann
Melden Empfehlen Empfehlung entfernendoe sagt:
#3 - 06.01.2023 um 15:57 Uhr
ich spiele hauptsächlich mit plektrum, eben des attacks wegen, sollte mal ruhiger werden und der ansxhlag weicher sein, nehm ich ein anderes plektrum, zb eines aus gummi, oder verlagere den anschlag richtung halsansatz, ich kann aber auch mit finger bzw daumen spielen, je vielfältiger man ist, je mehr sounds bekommt man raus
Peter Rosenegger sagt:
#4 - 08.01.2023 um 18:15 Uhr
Ein für mich wichtiger Aspekt, ob ich mich für Pelc oder dagegen entscheide ist, ob ich zum Bassspiel singen muss. Mit Plec fällt mir das Singen viel leichter. Hängt vermutlich mit meiner jahrelangen Praxis von Gesang mit Rhythmusgitarre zusammen, evtl. aber auch an der unterschiedlichen Art der Bewegung. Wäre interessant, wie es anderen dabei geht, ob jemand die gleiche Erfahrung gemacht hat.