Arrangement (Refrain)
Eine Wand aus Sound
In den Refrains besteht das Arrangement des One-Republic-Hits im Wesentlichen aus einer breiten Sound- „Wand“, in der kaum rhythmische Elemente vorkommen. Die Bewegung und der Groove kommen von den Drums und vom Gesang. Fast alle anderen Elemente machen es wie der Bass und beschränken sich darauf, auf der „1“ einen Akkord zu legen.
Orgel
An erster Stelle ist hier die Orgel zu nennen, die über weite Strecken des Songs ein tragendes Element ist. Nach einigen Versuchen mit Native Instruments’ Software-Orgel „B4“ habe ich mich schließlich für den guten alten Clavia Nord Electro entschieden. Der Sound wird bereits hardwareseitig durch den eingebauten Verzerrer des Nord Electro etwas aufgeraut. Streckenweise habe ich im Mix mit einem Logic-Verzerrer-Plugin noch etwas mehr Schmutz hinzugefügt.
Wichtig bei der Orgel ist natürlich der Leslie-Effekt. Wer kein echtes Leslie-Cabinet herumstehen hat, wird sich wie ich mit einer der zahlreichen Simulationen zufriedengeben müssen. Durch das ständige Umschalten der Rotorgeschwindigkeit wird der Orgelsound erst interessant. Das Auf- und Abschwellen der Leslie-Geschwindigkeit erzeugt eine Wellenbewegung, die dem Sound Spannung und Ausdruck verleiht.
Gitarren
Die „Soundwand“ wird durch eine gedoppelte Gitarre vervollständigt, die mit Powerchords ein breites und druckvolles Fundament legt. Allerdings steht sie nicht wie bei einer klassischen Rockproduktion im Vordergrund, sondern bildet mit den anderen Elementen der „Wand“ eine Einheit. Auch die Gitarre spielt – wie sollte es anders sein – nur auf den Einsen.
Pad
Als Füllelement kommt noch eine unauffällige Synth-Streicher-Fläche hinzu, die nicht weiter auffällt, aber den Gesamtsound dichter und breiter macht. Meine stammt aus dem in Logic enthaltenen Software-Synth ES2.
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Bells
Nach oben hin wird das Frequenzspektrum im Refrain von einem digitalen Glöckchen-Sound abgerundet, der direkt aus den 80ern zu stammen scheint. Dieser spielt ein ostinates Pattern und fügt sich mit seiner ziemlich langen Decay-Zeit nahtlos in die „Soundwand“ ein. Ich habe zu diesem Zweck den Software-Synth „FM8“ von Native Instruments verwendet, der immer erste Wahl ist, wenn es um die metallisch-digitalen Glocken und E-Pianos der 80er à la Yamaha DX-7 geht.
Arrangement (Strophen)
Weniger ist mehr
Wie bereits erwähnt, sind viele aktuelle Chart-Titel – vor allem in den Hip-Hop- und R&B-Genres – relativ sparsam instrumentiert und beschränken sich überwiegend auf Beats und Vocals. Der Hit von One Republic folgt diesem Trend, obwohl die Band sich selbst als Rockband bezeichnet. In den Strophen wechseln sich verschiedene sparsame Elemente ab und ergänzen das Grundgerüst, das vom Schlagzeug gebildet wird.
Cello
In der ersten Strophe übernimmt ein Cello die Aufgabe, etwas Abwechslung in das Arrangement zu bringen. Da mir für diesen Workshop leider ein geringfügig kleineres Budget als One Republic zur Verfügung steht, habe ich mir mit der Vienna Symphonic Library Special Edition beholfen. Das Cello spielt gebrochene Akkorde und lockert damit den etwas statischen Orgelteppich auf. Im letzten Refrain erscheint das Cello übrigens wieder – hier unterstützt es die Gesangsmelodie.
Piano
Spätestens zur zweiten Strophe hat man den allgegenwärtigen Orgelsound satt. Aus diesem Grund werden die Akkorde nun von einem Klavier übernommen. Das Piano greift das Pattern wieder auf, das im Refrain von den Glöckchen eingeführt wurde. Ich habe hierfür die East West Quantum Leap Pianos (siehe Testbericht) verwendet. Mit einer Mischung aus Close- und Room-Mikrofonen fügt sich der Steinway-D-Flügel gut in den sehr räumlichen Gesamtsound ein. Unterstützt wird er von einer chorartigen Fläche aus dem Access Virus TI.
„Warp Cello“
Die zweite Hälfte der zweiten Strophe wird von einem nicht ganz alltäglichen Sound getragen. Erneut dient hier ein Cellosound aus der Vienna Symphonic Library als Basis. Diesen schicken wir jedoch durch eine ganze Reihe von Effekten, sodass er kaum noch als Cello erkennbar ist und fast ein mellotronartiges Flair bekommt. Zunächst durchläuft der Sound das „Scanner Vibrato“, ein Modulationseffekt, der eigentlich eher für Orgelsounds gedacht ist. Danach fügen wir eine ordentliche Portion Federhall hinzu, der dem Cello eine charmante Retro-Räumlichkeit gibt. Durch das Freeware-Plugin „iZotope Vinyl“ verstärken wir diesen Retro-Effekt, wobei das Plugin bewusst hinter dem Hall zum Einsatz kommt, um diesen gleich mitzubearbeiten. Zu guter Letzt schneiden wir mit einem ziemlich drastischen EQ noch oben und unten eine Menge Frequenzen weg. Durch diese Schmalbandigkeit wirkt das Cello ein bisschen wie ein Sample von einem alten Tonband.
All Together Now
Jetzt können wir alle Elemente zusammensetzen und den Hit von One Republic in seinen Grundzügen nachbauen. Das klingt dann so:
Und damit kommen wir schon zum Ende dieser Folge unseres Workshops. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr seid nächstes Mal wieder dabei, wenn wir aktuelle Chart-Produktionen in ihre Einzelteile zerlegen!
Stay tuned!
glofi sagt:
#1 - 28.02.2012 um 18:23 Uhr
Super klasse, vielen Dank!!!
Ich liebe die Produce-alikes, sie sind höchst aufschlussreich. Persönlich würde ich mich über ein weiteres Produce-alike aus der Rock-Ecke freuen, beispielsweise etwas wie "Time Won't Let Me Go" von The Bravery, was von Placebo oder eben auch was Aktuelles von den Black Keys.
Frage mich zudem oft, wie die Bands ihre Produktionen dann wieder live umsetzen. Hat der Mixer für jeden Song eigene Pre-Sets oder kommt doch ein Teil des Songs vom Play-Back? Ist sicher auch ein umfangreiches Thema. Vielleicht habt Ihr Lust, das mal aufzugreifen...
Viele Grüße, ich freue mich schon auf die nächste Folge!!!