Refrain
Im Refrain ändert sich das Feel des Grooves komplett. An die Stelle des federnden Strophengrooves tritt ein schweres Halftime-Feeling, das durch fette Drums markiert wird. Auch für die Refrain-Drums habe ich den Stylus RMX genommen. Der Kickdrum aus der Strophe wird eine zweite, mächtigere Kick beigemischt:
Die Snare habe ich mit einem EQ etwas bauchiger gemacht und von störenden Mitten befreit. Die EQ-Einstellung hängt aber natürlich ganz vom Ausgangssample ab – EQ-Presets taugen meist nichts, besser ist die Einstellung nach Gehör. Zusätzlich bekommt die Snare einen leichten Bitcrusher-Effekt.
Der beliebte Rückwärtshall-Effekt kommt auch bei diesem Song wieder zum Einsatz. Dafür wird die Snare durch einen großen Hall geschickt. Die Hallfahne wird gesampelt und rückwärts abgespielt vor die Snare gesetzt. Dadurch wird der Groove quasi in die Zählzeiten 2 und 4 „hineingezogen“. Das Ganze hört sich dann so an:
Die Kick und Snare habe ich zusätzlich über Sends auf einen Bus geschickt, auf dem ein weiterer, heftiger Bitcrusher arbeitet. Das „zerstörte“ Signal wird dann dem Mix leise beigemischt. So klingt der fertige Refrain-Groove:
Für dich ausgesucht
Kommen wir zum Bass. Der E-Bass sitzt genau auf der Kickdrum:
Das ist für den Refrain aber viel zu zahm. Deshalb habe ich einen gedoppelten Synth-Bass dazugemischt, der aus dem Minibrute stammt. Der Sound ist so programmiert, dass die Attackzeit der Filterhüllkurve in etwa einer Viertelnote entspricht. Auf diese Weise unterstützt der Sound das „Hineinziehen“ in die Zählzeiten 2 und 4. Da der Minibrute keine Speicherplätze hat, muss man sich die Settings anders merken, zum Beispiel mit verwackelten Handyfotos (früher waren Polaroids beliebt):
Hier hört ihr den Minibrute-Bass erst einzeln und dann gedoppelt. Im zweiten Klangbeispiel ist die Kombination aus E-Bass und Synth zu hören.
Auch die beiden Gitarren ordnen sich diesem schweren Groove unter. Sie werden überwiegend rückwärts abgespielt, wodurch auch sie einen ziehenden Effekt hin zur 2 und 4 bekommen. Ich habe die Spuren mit den liegenden Akkorden aus dem Prechorus kopiert, zerschnitten, umgedreht und rhythmisch so arrangiert, dass sie genau auf der Kick und den Bässen liegen. Dabei ist es ratsam, rückwärts abgespielte Passagen aus dem Ausklang der Akkorde zu nehmen und das, was vorwärts einmal das Anschlaggeräusch war, auszuklammern. Es kann sonst störend wirken. Außerdem bekommen beide Gitarren ein leichtes Achteldelay. So klingt die E-Gitarre im Refrain:
Wie auch der E-Bass werden die Gitarren im Refrain von einem Synth unterstützt. Der unspektakuläre Sägezahn-Flächensound aus meinem Korg Poly 61 macht für sich genommen nicht viel her, liefert aber genau das Füllmaterial, das wir noch brauchen. Wie beim Synth-Bass öffnet sich das Filter per Hüllkurve, was zum Bass und zu den rückwärts abgespielten Gitarren passt. Der Sound bekommt noch einen Chorus verpasst und das gleiche Delay wie die Gitarren:
In Kombination mit den Gitarren klingt das dann so:
Die Bässe, Gitarren und der Synth (also eigentlich alles außer den Drums) durchlaufen einen Bus, in dem ein Sidechain-Kompressor arbeitet. Dieser wird diesmal von der Kick und der Snare gespeist und drückt den Pegel der Instrumente bei jedem Drum-Hit nach unten. Da wir es hier ja nicht mit einer regelmäßigen Viertel-Bassdrum zu tun haben, sondern mit einem komplexeren Rhythmus, müssen die Kompression und vor allem die Release-Zeit mit Bedacht und nach Gehör sehr genau justiert werden, damit das Ganze in Kombination funktioniert. Richtig eingestellt verbindet sich die Kompression elegant mit den Rückwärts-Effekten und schafft gleichzeitig Platz für die Drums.
Für sich genommen, passiert im Refrain im Arrangement gar nicht viel. Kick und Snare sowie alle Instrumente spielen genau den gleichen Rhythmus, wobei ein treibendes, durchgehendes Element wie etwa eine Hi-Hat im ersten Refrain noch fehlt. Das übernimmt der Gesang mit den markanten Melodiesprüngen: „I knew you were…“
Aurel sagt:
#1 - 16.04.2013 um 22:15 Uhr
Hammmer ich war schon am verzweifeln danke für die professionelen tipps :D
micha sagt:
#2 - 18.04.2013 um 00:52 Uhr
Könntest du vielleicht den rückwärts hall besser beschreiben bin ein Anfänger wäre super
Lasse Eilers (bonedo) sagt:
#3 - 18.04.2013 um 20:37 Uhr
Hi micha, danke für deinen Kommentar! Ich schicke die Snare durch einen großen Hall, wobei der Hallanteil recht weit aufgedreht ist (schließlich geht es hauptsächlich um die Hallfahne). Das Ergebnis bounce ich als Audiofile und schneide in einem Sample-Editor den Anfang weg (also den eigentlichen Snare-Sound), so dass nur der Ausklang des Halls übrig bleibt. Dieses Hall-Sample wird dann umgedreht (rückwärts) und auf einer Audiospur an die gewünschten Stellen gesetzt. Mit der Länge kann man dann direkt auf der Audiospur noch experimentieren. Manchmal hilft auch ein Fade-In dabei, den gewünschten Effekt zu erzielen. Viel Spaß beim Basteln! Viele Grüße, Lasse
micha sagt:
#4 - 22.04.2013 um 03:15 Uhr
Danke Lasse super erklärt :D
Fenox sagt:
#5 - 15.05.2013 um 19:16 Uhr
Verdammt gut erklärt!
wahnsinn das du dir die mühe machst das ganze nachzubauen und vorallem so teteiliert zu erklären!
Hilft SEHR wenn man im Pop genre produziert und muss unbedingt verbreitet werden!
lg
eardrop sagt:
#6 - 26.06.2013 um 01:33 Uhr
Hallo Lasse und micha,
ich habe eine andere Vorgehensweise für "heranfliegende" Snares oder Samples: Zuerst kehre ich das Sample um, mische dann einen großen Hall dazu, bounce das Ergebnis und kehre es wieder um.
Ist der Übergang zwischen Hallfahne und Sample zu fließend (Snares sollen ja immer noch perkussiv klingen), kann man hier hinterher den "Heranflug" kürzer schneiden.
Viele Grüße!