Mit „Feel It Still“ landete die nicht etwa aus Portugal, sondern aus Portland, Oregon stammende Band „Portugal. The Man“ im Jahr 2017 einen weltweiten Hit. Der Ohrwurm mit dem Retro-Sound platzierte sich weit oben in den Airplay- und Streaming-Charts und wurde frisch mit einem Grammy ausgezeichnet. Das nehmen wir zum Anlass, den Titel in seine Einzelteile zu zerlegen.
Außer im Retro-Sound, der mit vielen 50er- und 60er-Klischees spielt, ist der Schlüssel zum Erfolg sicher in der in der catchy Hook zu suchen, die durch die markante Falsettstimme von Sänger John Gourley zusätzlich hervorgehoben wird. Ich kenne mehrere Leute, die beim Hören im Radio zunächst fest davon ausgingen, dass der Titel von einer Frau gesungen würde. Solche unscheinbaren Besonderheiten sorgen immer wieder dafür, dass sich ein Titel aus der Masse abhebt und wahrgenommen wird, was der Grundstein für den Welterfolg sein kann.
Intro
„Feel It Still“ beginnt mit der Bassline, die fast den gesamten Song trägt. Hier hören wir zunächst einen recht mittigen, bassarmen Sound mit deutlich hervorgehobenem Attack, der später durch einen fetteren Bass ergänzt werden wird. Ich habe den passenden Sound in der Sample Library meines Nord Stage 2 gefunden: Das Sample „Hofner 500-1 Pick Bass“ trifft es recht gut.
In der DAW kommt ein EQ zum Einsatz, der dem Sound fast alle Bässe nimmt: Unter 150 Hz kommt nicht mehr viel durch. Das schafft Raum für den Hauptbass, der später folgt. Außerdem durchläuft der Sound das Pedalboard von Logic Pro X mit einer Federhall-Emulation, sowie eine Bass-Ampsimulation.
Dazu spielt eine Hi-Hat, die recht verrauscht und „lo-fi“ klingt – als wäre sie von einer alten Platte gesampelt:
Strophe 1
In der ersten Strophe geht es zunächst so weiter. Allerdings kommt ein zweiter Bass hinzu, der den mittigen Basssound nach unten hin ergänzt. Ich habe dafür einen E-Bass genommen, den ich vor vielen Jahren mal selbst gesampelt habe, und der einen sehr dumpfen, mumpfigen Sound hat. Auch hier darf Logics Bass-Ampsimulation den Sound noch etwas veredeln.
Eine zweite Hi-Hat kommt auch hinzu. Das sehr helle, kurze Sample fungiert von nun an als Timekeeper.
Nun brauchen wir noch einen Clap. Das Sample habe ich mit etwas Distortion bearbeitet und es bekommt etwas Federhall spendiert. Den Federhall brauchen wir später noch für einige andere Elemente (er trägt mit zum Retro-Sound bei), daher wird er als Send-Effekt realisiert.
So klingen Intro und erste Strophe bis hierhin:
Chorus 1
Danach starten wir in den ersten Chorus, in dem zum ersten Mal die ohrwurmtaugliche Gesangsmelodie auftaucht. Die Bassline bleibt hier unverändert. Es kommt aber eine Bassdrum hinzu. Ihr habe ich mit einem EQ etwas tiefe Mitten herausoperiert, um den Sound weniger „dosig“ zu machen und Platz für den mittigen Pick Bass zu lassen.
Mit der Snare müssen wir noch warten, aber es wird ein Schellenkranz hinzugefügt. In der ersten Hälfte des Chorus spielt er einfach auf 2 und 4, während er in der zweiten Hälfte zwei Achtelnoten auf jede 2 spielt.
Ein leises Becken sorgt gelegentlich für einen Akzent.
Eine leise, gezupfte Gitarre ergänzt die Bassline und umspielt sie einfach. Im Original klingt das fast so, als hätte jemand eher beiläufig mit dem Daumen auf einer Gitarre herumgezupft. Ich habe es mit einem Gitarrensound aus der Kontakt-5-Factory-Library, der Logics Amp-Simulation durchläuft, in Ansätzen nachgebaut. Die Gitarre steht nicht im Vordergrund, sondern dient eher als Füllmaterial.
Kommen wir nun zu den prägnanten Bläsersamples, die entscheidend zum Retro-Feeling des Songs beitragen. Ich habe dafür mehrere kurze „Stabs“ von Posaunen und Saxofonen aus einer älteren, eigentlich total überholten Sample Library auf insgesamt vier Spuren übereinandergelegt, etwas auseinander gepannt und gemeinsam durch einen Bus geschickt. Hier arbeitet ein EQ, der den Frequenzbereich recht stark einschränkt und mittig macht. Das sorgt für den Retro-Faktor, der durch einen Federhall noch verstärkt wird.
Gelegentlich hört man in den Bläsersamples im Original-Track eine Art metallisches Geräusch, das wohl gemeinsam mit den Bläsern dort gesampelt wurde, wo „Portugal. The Man“ ihre Bläsersamples her haben. Dafür habe ich ein Sample genommen, das in etwa so klingt, als würde jemand mit einem Hammer auf einen Amboss schlagen, und es gemeinsam mit den Bläsern weiter bearbeitet.
Alle acht Takte gibt es außerdem ein kleines Lick, das von mehreren Saxofonen gespielt wird. Ich habe zwei Tenorsaxofone und ein Bariton genommen und sie mit durch den gemeinsamen Bläserbus geschickt.
Jeweils auf der 4 des zweiten und vierten Taktes gibt es einen prägnanten Sound. Ich habe keine Ahnung, was das im Original ist, aber für meine Ohren klang es etwas nach Hundegebell. Gesagt, getan – ein Hund war in einer kostenlosen Online-Soundlibrary schnell gefunden und trifft es tatsächlich recht gut. Das Sample bekommt ordentlich Hall:
In der Mitte des Chorus lockert ein Percussion-Fill den Groove auf. Es besteht aus einem Floor Tom und ein paar Bongos:
Und am Ende des Chorus setzt für einen Takt außer der Bassdrum und dem Clap alles aus. Ein Fill aus Bassdrum und Floor Tom leitet in den nächsten Teil über.
Damit haben wir alles beisammen, was wir für den ersten Chorus brauchen. So klingt er:
Strophe 2
Auch in der zweiten Strophe geht die Bassline unverändert weiter. Im Unterschied zur ersten ist hier aber der komplette Groove (mit Bassdrum, Hi-Hats, Clap, Schellenkranz) am Start und nun zum ersten Mal auch mit einer Snare. Es kommt außerdem eine weitere, live gespielte Hi-Hat hinzu, für die ich Logics „Drummer“-Plugin benutzt habe:
So klingt der Drumgroove in der zweiten Strophe komplett:
Im ersten Takt der Strophe spielt auf der 2-und ein prägnanter Synthesizer-Sound. Ihn habe ich mit dem Sequential Prophet-6 gebaut. Der Flattersound bekommt Hall und ein Stereodelay:
Außerdem unterstützt eine leise Hammondorgel die Akkordfolge. Der Sound mitsamt Leslie-Simulation kommt aus dem Nord Stage 2. In der DAW habe ich mit einem EQ die Bässe stark zurückgenommen und etwas Hall hinzugefügt. Per Spurautomation wird die Orgel langsam ein- und wieder ausgeblendet.
Nun fehlt noch ein kleines Tomfill, das den nächsten Chorus einleitet, und damit ist die zweite Strophe fertig.
Chorus 2
Der 2. Chorus beginnt mit einem Break, in dem alles außer der Gesangsstimme aussetzt. Auf der 4 des zweiten Taktes geht es mit dem Hundegeräusch und einem Tomfill weiter. Danach kommt der komplette Groove zurück, inklusive der Snare und der Hi-Hat, die in der 2. Strophe neu dazugekommen waren. In der Mitte des Chorus gibt es eine kleine Gitarrenmelodie, die ich mit einem Sound aus dem Sampler und etwas Delay natürlich nur ungefähr andeuten konnte.
In der zweiten Hälfte des Chorus ist die Orgel wieder da, die hier allerdings etwas anderes spielt als in der zweiten Strophe:
Und am Ende des Chorus begegnet uns wieder das Tomfill mit den Bongos, um die Bridge einzuleiten. Das war’s schon – hier ist der zweite Chorus:
Bridge
In der Bridge ändert sich endlich die Bassline. Die beiden gelayerten Basssounds bleiben erhalten, wechseln hier jedoch auf andere Töne und halten ihre Noten etwas länger. Dazu spielt der komplette Drumgroove, wie er seit der zweiten Strophe besteht.
In der Mitte des ersten Bridge-Teils tauchen kurz einige Ausschnitte der Bläserfigur auf:
Zum Ende dieses Teils bauen drei Saxofone einen Akkord auf. Ein Tenor spielt die Quinte des Akkords und zwei Altsaxofone kommen mit der Septime und der None hinzu. Auch diese Bläsersounds durchlaufen den gleichen Bus und damit den gleichen Lo-Fi-EQ wie die restlichen Bläser, damit es soundmäßig zueinander passt.
Danach folgt ein weiterer Bridge-Teil, in dem die Drums und die Bässe sehr dumpf gefiltert sind. Die Bassline bleibt die gleiche. Dazu habe ich die betreffenden Spuren gebounct und durch das Filter meines Moog Sub 37 geschickt:
Darüber sorgen einige spacige Wah-Wah-Gitarrenakkorde für das harmonische Gerüst. Hier stammt der Sound aus NI Kontakt und durchläuft eine Ampsimulation. Dann folgt ein Federhall aus Logics Pedalboard und erst dann das Wah-Wah. Dadurch geht der Reverb mit durch das Wah.
Hier kommt die komplette Bridge:
Chorus 3
Nun fehlt nur noch der letzte Chorus, dessen erste acht Takte ohne Drumgroove stattfinden. Es spielt die altbekannte Bassline. Die Überleitung zum nächsten Teil wird von der Melodiegitarre und einem Tomfill übernommen:
Danach folgt der eigentliche Schlusschorus, in dem wir wie üblich alles auspacken, was wir haben. Die Bläserfigur wird etwas verdichtet, vor allem die Saxofone dürfen etwas mehr spielen. Ansonsten kennen wir alles schon aus dem zweiten Chorus:
Und damit haben wir alles fertig, um den Song in voller Länge zusammenzubauen und anzuhören. Ich hoffe, dass euch diese Folge Spaß gemacht hat. Bis zum nächsten Produce-alike!