CHORUS
Kommen wir nun zum eigentlichen Chorus, der auf jeglichen Text verzichtet und mit seiner simplen Hookline stattdessen zum Fußballchor-artigen Mitsingen animiert.
Hierfür brauchen wir zunächst eine neue, fette Kickdrum. Diese stammt mal wieder aus dem Stylus RMX von Spectrasonics. Dazu gesellt sich auf der 2 und 4 ein Clap, der durch einen Bitcrusher ziemlich stark zusammengequetscht wird und daher sehr digital-kaputt daherkommt. Die erste Hälfte des Refrains findet ohne Hihat statt. Später kommt dann zur Steigerung noch eine simple 16tel-Hihat dazu. Außerdem sorgt ein stark verhallter und dann gefilterter zweiter Clap für eine größere Räumlichkeit in der zweiten Hälfte des Refrains.
Genre-typisch wird der Groove durch verschiedene Extras unterstützt. Sie bauen an den Übergängen Spannung auf und ersetzen so die klassischen Drumfills. Hier kann man sich kreativ austoben. Klassisch sind Reverse-Cymbals und -Claps, stark verhallte Drums und diverse Synth-Effekte. Es gibt reichlich Samplematerial zu dem Thema, aber Selbermachen macht natürlich viel mehr Spaß. Dazu kann man mit einem einfachen Sample anfangen, es dann zum Beispiel durch einen großen Hall schicken, filtern, rückwärts abspielen, es mit weiteren Sounds kombinieren, etc. – alles ist erlaubt. Ich schicke solche Sachen, wie auch Crashbecken, zusätzlich immer gerne durch einen leichten Flanger-Effekt.
Hören wir uns den Refrain-Groove einmal an:
Dieser simple Beat bildet die Grundlage. Alle anderen Elemente ordnen sich dem Rhythmus der Gesangslinie unter. Fangen wir mit dem Bass an.
Dafür habe ich den Strophen-Basssound etwas abgewandelt. Der Oszillator-Sync ist jetzt aus – stattdessen darf der zweite Oszillator den ersten in der gleichen Oktave unterstützen, um den Sound fetter zu machen. Die weiteren Parameter bleiben weitestgehend unverändert. Im Verlauf des Refrains wird das Filter dann aber auch mal relativ weit aufgerissen, um für eine Steigerung zu sorgen.
Dieser Bass wird von einem Synth gedoppelt, der sich klanglich an den legendären Bass-Synth Roland TB-303 anlehnt. Ich habe dafür den Logic-eigenen, monophonen ESM benutzt, der sich für solche Aufgaben gut eignet und viel zu oft übersehen wird. Der Sound ist schnell gemacht: Decay-Zeit der Hüllkurven eingestellt, Resonanz aufgedreht und Cutoff sowie die Filter-Hüllkurven-Intensität per Spurautomation reingemalt – fertig. Mit einem EQ klauen wir dem Sound dann noch jeglichen Bassanteil, denn davon haben wir vom Moog ja schon genug.
Dazu kommt ein weiterer Synth-Sound. Hierfür verwenden wir zur Abwechslung den Pro-53 von Native Instruments. Der drahtige Sound basiert auf zwei Sägezahnwellen. Oszillator 2 steuert zusätzlich noch eine Pulswelle bei. Im Verlauf des Refrains habe ich eine leichte Filterbewegung automatisiert.
Damit der Sound im Mix nicht matscht, durchläuft er außerhalb des Instruments noch ein resonantes High-Pass-Filter. Zusätzlich bekommt er etwas Chorus und Delay. Im Klangbeispiel hört ihr zunächst den nackten Sound aus dem Pro-53 und dann die bearbeitete Spur.
Gleichzeitig mit der Hihat setzt zu guter Letzt noch eine kleine Sequenz ein. Diese soll man fast nicht wahrnehmen – sie dient dazu, gemeinsam mit der Hihat in der zweiten Hälfte des Refrains subtil Tempo zu machen. Für diesen Sound habe ich das Freeware-Plugin Togu Audio Line U-NO-62 benutzt, das die analogen Klassiker aus Roland´s Juno-Reihe für eine Umsonst-Software recht überzeugend emuliert. Pulsbreitenmodulation und der interne Chorus sorgen für einen leicht schwebenden Klangcharakter, und das fast ganz geschlossene High-Pass-Filter ist dafür zuständig, die störenden tiefen Frequenzen zu eliminieren. Analog zum Rhythmus der übrigen Elemente spielt der Sound ein Dreier-Pattern, das sich quasi durch den Viervierteltakt „fräst“.
Für dich ausgesucht
Das zentrale Element des Chorus ist aber natürlich die zerstückelte Gesangslinie. Dafür habe ich den Gesang mit reichlich Dopplungen aufgenommen, die Einzelspuren recht rabiat durch Logic´s Pitch-Correction-Plugin geschickt, im Panorama verteilt und dann zu einer Stereospur zusammengemischt.
In diesem Stadium klingt der Gesang erst mal so:
Diese Stereospur habe ich dann zerschnitten und zum Teil abgehackt, kopiert und vertauscht – und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Das rabiate Vorgehen wird hier ganz bewusst eingesetzt – wir machen ja Elektropop. Die Spur durchläuft dann noch einen Vocal-Transformer-Effekt, einen brutalen Limiter und zum Schluss einen Enveloper, der die Einschwingphasen der kurzen Schnipsel betont. Zusätzlich habe ich das Signal durch einen Pre-Fader-Send noch einmal abgegriffen, auf einem Bus leicht verzerrt und dann wieder hinzugemischt. Das Ergebnis klingt für sich genommen natürlich ziemlich krank, aber das ist ja auch Sinn der Sache…
So, jetzt sind wir soweit, dass wir den Song im Rohbau zusammensetzen können. Viel Spaß!
Und damit kommen wir dann auch schon zum Ende dieser Folge. Ich hoffe, ihr seid wieder dabei, wenn wir dem nächsten Hit auf den Zahn fühlen!
Timmy sagt:
#1 - 27.05.2011 um 15:37 Uhr
Ich finde diese Workshop Reihe sehr gut. Danke dafür! :-*
BonedoAlex sagt:
#2 - 27.05.2011 um 16:56 Uhr
Freut uns :)
Markus sagt:
#3 - 12.11.2011 um 22:38 Uhr
Auch ich finde die Workshops prima - und gut, dass ich echte Hits aus den Charts analysiert und nachbaut. Weiter so!!
Mace sagt:
#4 - 24.02.2013 um 21:04 Uhr
Ein wirklich SEHR gutes Tutorial! Aber ich muss sagen, dass ich daran verzweifel den Moog Little Fatty so zu programmieren, wie du Ihn als Bass hinbekommen hast :( Ich benutze das LittleOne VST PlugIn welches den LittleFatty nachbildet (selbst mit den gleichen Presets). Ich würde mich sehr freuen, wenn Du darauf noch einmal eingehen könntest. Vielen Dank für den tollen Workshop
Anonymous sagt:
#5 - 16.04.2013 um 21:47 Uhr
Wow die workshops sind der hammer