PRAXIS
Ein Aufkleber warnt mich, erst Reason Essentials zu installieren, bevor ich das Interface anschließe. Dem leiste ich brav folge, klick mich durch einen kurzen und verständlichen Installer, und et voilà – alles startet sehr einfach und ohne Probleme. Ein weiterer Assistent hilft bei den obligatorischen Audio- und MIDI-Einstellungen und führt logisch zur ersten Demo-Session. Das ist alles sehr übersichtlich und unkompliziert gelöst.
Wissen sollte man, dass Balance auch als Dongle fungiert. Ist das Interface also angesteckt, läuft Reason ohne Einschränkungen. Ist die Hardware einmal nicht zur Hand, kann man sich auch online verifizieren.
Als erstes probiere ich das Direct-Monitoring aus. Es heißt also Mikro und Gitarre in die Hand genommen und Kopfhörer aufgesetzt. Ich drück den Mute/Direct Monitoring-Knopf etwas länger, und schon erleuchtet die benachbarte LED in Weiß. Beide Mono-Signale höre ich so auf beiden Seiten des Stereoausgangs, so sollte das sein. Die Line-Eingänge sind hingegen stereo und werden auch dementsprechend so umgesetzt, sprich links rein bedeutet auch links raus und nicht gleichzeitig links und rechts raus. Kurz gedrückt ermöglich der Mute/Direct Monitoring-Schalter hingegen ein Stillschalten des Main-Outs und signalisiert dies dann entsprechend mit einer rot-leuchtenden LED. Schick und praktisch.
Da probier ich doch auch gleich noch mal den Meter/Tuner-Knopf aus. Schon geht ein halbtransparentes Fenster mit Pegelanzeige und Stimmgerät auf, allerdings tut sich nicht gleich auf Anhieb was. Logisch, man muss zuerst eine Audiospur erstellen und eventuell einen Eingang auswählen (Cmd/Strg+T). Eingang 1 (Links) in Mono ist beim Balance voreingestellt und auch die Aufnahmebereitschaft wird automatisch mit dem “Audiospur erstellen”-Befehl aktiviert. Jetzt zeigt auch die weiße LED neben den Gain-Poti “Ready” an. Das geht sehr flink und sollte andere DAW-Nutzer schon ein wenig neidisch machen.
Blöd nur, wenn man jetzt immer noch Direct-Monitoring an hat, denn so hört man sich doppelt. Also noch schnell Track-Monitoring in der Software oder aber Direct-Monitoring am Gerät ausschalten. Ich entscheide mich für ersteres, finde es aber trotzdem unglücklich, dass der Schalter am Gerät diese beiden Funktionen nicht im Wechsel beschaltet, sprich: Schalter an gleich Direct Monitoring an und Track Monitoring aus bzw. umgedreht. Einen Umweg gibt es aber über die Audioeinstellungen unter dem Menüpunkt “Monitoring”, hier kann man “Manuell” einstellen und zumindest das automatische Zuschalten des Track-Monitorings deaktivieren.
Jetzt kann es aber wirklich auch schon los gehen. Cmd/Strg + Enter startet die Aufnahme und ab die Post!
Auch das Balance-exklusive „Clip Safe“-Feature ist eine gute Sache. Man kann zwar nur noch ein Mono-Signal gleichzeitig aufnehmen, das liegt in der Natur der Sache, dennoch ist die Aufzeichnung eines alternativen Gain-Settings besser als die nichtvorhandene Alternativ-Aufzeichnung im Übersteuerungsfall. In der Software kann man sich später entscheiden, welche Version die bessere war.
Die Ausstattung der mitgelieferten Version Reason Essentials ist recht stattlich und gegenüber dem alten Record auch gewachsen. Dennoch muss man natürlich auf einige Features der großen Reason 6 Version verzichten, sollte man nicht schon vorher Reason/Record-Kunde gewesen sein und somit von der kostenlosen Update-Möglichkeit profitieren können. Logisch. So fehlt es dem SSL-Klone-Mischpult in der kleineren Version im Vergleich an ein paar EQ-Bändern, dem Channel-Kompressor, Gate und Hi/Lo-Pass, wie auch einigen der Kreativ-Instrumente komplett, namentlich Kong, Thor, Malström und NN19, sowie einigen Effekten, u.a. der alten und neueren Machart à la Alligator, Pulveriser, The Echo, Neptune, usw. Auch der Block-Modus zur Pattern-orientierten Produktion fehlt der kleinen Version. Auch das mitgelieferte Samplematerial der “Factory Sound Bank” fällt etwas kleiner aus. Die Orkester Sound Bank fehlt Essentials hingegen gänzlich.
Für dich ausgesucht
Die Feature-Auswahl von Essentials orientiert sich insgesamt stark am alten Konzept “Record”, was mit seiner Auswahl an Instrumenten und Effekte vor allem Singer/Songwriter ansprechen sollte. So gibt es unter anderem Chorus, Flanger, Delay, Distortion, Reverb und die Line 6 Gitarrenamp-Emulationen an die Hand bzw. Klampfe. Diese Effekte gehören zwar nicht zur Crème de la Crème des FX-Processings, liefern aber dennoch recht erstaunliche Ergebnisse, vor allem in Anbetracht der resultierenden, geringen CPU-Last. Außerdem ist nun Redrum für das Drumsequencing, Subtractor als subtraktiver Synth sowie ID-8, Dr. Octo Rex und NN-XT als Sampler und ROMpler auch in der kleinen Version mit an Bord. All das bietet insgesamt immer noch genügend Spielraum auch für ambitioniertes Schraubereien!
Folgende Audiobeispiele hat mein Kollege Bassel el Hallak direkt in Balance mit den entsprechenden Line-6 Presets der Reason Essentials Version eingespielt. Angeschlossen war eine HSS Strat.
Der mitgelieferte “Baukasten” ist also mehr als reichlich bestückt. Es gibt zwar nach wie vor keine Möglichkeiten, VSTs oder Ähnliches einzubinden, dank Rewire stehen dennoch genügend Routing-Möglichkeiten zur Verfügung. Ich verweise an dieser Stelle ausdrücklich auf unseren Test von Reason 6 und einen zukünftig folgenden Test von Reason Essentials. Allen Ungeduldigen empfehle ich bis dahin, anstatt auf den Test von Reason Essentials zu warten, sich unseren Record 1.5 Test anzuschauen, da sich trotz unterschiedlicher Namen, nicht allzu viele Unterschiede offenbaren und das Gesamtkonzept gut erklären.
Doch zurück zum Interface: Der Kopfhörerausgang ist laut, allerdings nicht unbedingt laut genug, um “sicher ausgesteuerte” D.I.-Signale entsprechend laut zum Playback hinzuzumischen. Ein Umweg wäre es, auf das Direct-Monitoring zu verzichten und über Reason das Signal beim Einspielen zu hören, was zwar wiederum Latenzen mit sich bringt, diese aber auf Grund der guten Performance von Reason dennoch akzeptabel sind. Auf meinem gut zwei Jahre alten MacBook Pro 2,4 GHz Core 2 Duo, 2 GB RAM liefen die üppigeren Demo-Songs bei 512 Samples knackfrei. Bei kleineren Aufnahme-Projekten kann man auch mit 64 Samples knackfrei arbeiten. Das ist okay.
Aufpassen sollte man nur, welchen USB-Anschluss man benutzt. Gerade bei Laptops hängt an manchen USB-Eingängen intern auch gerne mal noch andere Peripherie, wie Kameras, Mäuse oder Tastaturen mit am Controller dran. Das muss man ausprobieren. An meinem MacBook hatte ich mit der zu mir geneigten USB-Buchse mehr Erfolg, als andersherum. Bemerkbar macht sich das ganze durch Aussetzer bei geringen Samplepuffer-Settings zur Verringerung der Latenz.