Einen kleinen Trend erleben im Moment DI-Boxen, bei denen eine Röhre mithelfen soll, dem Ton in Sachen Fülle und Wärme etwas unter die Arme zu greifen. Folgt man der Philosophie von Denis Rozon, dass seine Firma Radial Engineering schlicht und einfach die besten und innovativsten Produkte der Welt bauen möchte, sollte man auch von seiner Firefly einiges erwarten können. Dass das nicht allzu abwegig ist, zeigen viele andere Produkte der Kanadier, die sich in den letzten Jahren äußerst respektabel im Markt etabliert haben.
Röhren-DI-Boxen gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen, sowohl für die Standardanwendung Akustikgitarre als auch speziell für den Bass. Die übliche Aufgabe einer DI-Box besteht bekanntlich darin, das ankommende unsymmetrische Signal symmetrisch an Mischpult und Co weiterzugeben. Ist eine Röhre mit im Spiel, soll die bei der Direktabnahme im Studio oder auf der Bühne für einen obertonreichen vollen Ton sorgen, der sehr gerne mit dem Attribut “Wärme” versehen wird. Aber wenn man einigen bereits etablierten Röhren DI-Boxen das Wasser reichen will, dann ist es nicht genug, einfach nur ein weiteres Produkt dieser Gattung auf den Markt zu werfen, in dem ein Glaskolben glimmt. Innovation ist also gefragt, und tatsächlich kann die Firefly mit einigen erstaunlichen Überraschungen aufwarten. Obwohl unsere Kandidatin nicht speziell für den Einsatz mit dem Bass gedacht ist, wollen wir in erster Linie wissen, wie sie sich in dieser Disziplin schlägt.
Details
Design, Design, Design. Zunächst brüllt einem ein schwarz-gelbes Metallgehäuse entgegen, das auch auf der dunkelsten Bühne ganz bestimmt noch sichtbar bleibt. Auf der Gehäuseoberseite befinden sich Schlitze zur Belüftung der Röhre, die galant von einem breiten, schwarzen, brückenartigen Metalltragebügel überspannt werden. Gehäuseober- und Unterseite sind nach vorne hin verlängert, sodass sie überlappen und die vorstehenden Regler auf der Frontseite schützen. An der Rückseite steht nichts über, alle Bedienelemente und Anschlüsse sind bündig oder versenkt. Und last, but not least, sorgen vier Gummifüße für einen festen Stand.
Für eine Röhren-DI-Box ist nicht nur das Format mit 146 x 210 x 45 mm (BxTxH) sehr handlich, auch das Gewicht zeigt sich mit lediglich 1,8 kg ungewöhnlich transportfreundlich. Das wird dadurch erreicht, dass man die Stromversorgung über ein externes Schaltnetzteil bewerkstelligt. Diese Variante ist zwar nicht neu, aber im Tube-DI-Bereich selten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Neben der Vermeidung von Brummgeräuschen und der Gewichteinsparung ist das externe Schaltnetzteil, so wie man es von Laptopnetzteilen kennt, nahezu überall kompatibel. Von 110 bis 240 Volt kommt man mit der Firefly rund um die Welt, ohne irgendwelche manuellen Anpassungen am Gerät vornehmen zu müssen. Auch exotische Anschlüsse fernab der Heimat sind kein Problem, denn ein Netzkabel mit landesspezifischem Stecker versorgt den Adapter, der die benötigte Energie aufbereitet und per solidem 5-Pol-Stecker dann an die Firefly DI weitergibt. Der wird dort an der Rückseite angeschlossen und ist mit einer Steckraste gegen ungewolltes Abziehen gesichert.
Vorderseite
Auf der Vorderseite befinden sich drei optisch voneinander abgesetzte Sektionen, die man als Eingangslautstärke/Kanalauswahl, Filtersektion und Ausgangslautstärkenkontrolle bezeichnen kann. Die beiden Regler Trim A und Trim B auf der linken Seite beziehen sich auf die Eingangskanäle A und B, die auch schon die erste Besonderheit der Firefly darstellen. Sie kann nämlich mit zwei getrennten Instrumenteneingängen aufwarten, die darüber hinaus unabhängig voneinander in ihrer Lautstärke geregelt werden können. Ein echtes Schmankerl, denn normalerweise erhält man diese Option nur durch die Verwendung von zwei einzelnen DI-Boxen oder einem mindestens doppelt so teuren Stereo Tube-Preamp, muss dann aber den Bass auch auf zwei getrennte Pult-Kanäle routen. Ein Problem, wenn Mischpultkanäle knapp werden oder man nach der DI-Box in den einzigen Verstärkereingang seiner Bassanlage gehen muss. Mit der Firefly hat man also gezielt versucht, diesem Dilemma auf den Leib zu rücken und DI-Box und Router zu kombinieren.
Die Eingangskanäle lassen sich mittels eines kleinen Druckschalters auswählen. Welcher der Kanäle gerade aktiv ist, wird sehr deutlich durch eine grüne LED unter dem jeweiligen Lautstärkeregler angezeigt. Die Kanäle können nur alternativ (A oder B) und nicht simultan (A und B) betrieben werden. Das ist auch sinnvoll und erspart zusätzliches Stummschalten eines Kanals beim Instrumentenwechsel. Das Umschalten kann auch mit dem optional erhältlichen Fußschalter (JR-2) erfolgen. Zusätzlich bietet dieser noch die Option, alle Ausgänge der Firefly mit Ausnahme des „Tuner Out“ stummzuschalten. Auch dieses Feature kennt man normalerweise ausschließlich von aufwändigen Vorstufen oder speziell dafür konzipierten Bodengeräten. Ein Manko zeigt sich darin, dass diese Möglichkeit tatsächlich nur per Fuß abrufbar ist und nicht am Gerät selbst. Dieser Kritikpunkt wird allerdings dadurch relativiert, dass die Firefly meines Wissens die einzige Röhren DI-Box auf dem Markt ist, die das überhaupt ermöglicht! Um den Kanalwechsel komfortabel und praktikabel zu gestalten, ist die Anschaffung des Fußschalters absolut zu empfehlen. Ganz rechts befindet sich der Master-Lautstärkeregler, der den Pegel des Ausgangsignals bestimmt.
Die Mitte des Frontpanels wird von einer ganz besonderen Sektion besetzt, die grau unterlegt ist und unter anderem einen Regler mit der Bezeichnung Low Cut beheimatet. Dabei handelt es sich um ein regelbares Hochpass-Filter (von 25 Hz bis 500 Hz), mit dessen Hilfe man sehr schnell wummernde Bassfrequenzen entfernen kann. Hilfreich ist das insbesondere bei der Verwendung der Firefly mit Akustikgitarre oder anderen akustischen Instrumenten, die mit Magnet- oder Piezotonabnehmer arbeiten und besonders live sehr anfällig für Bassfeedbacks sind.
Neben der stufenlos regelbaren Low Cut-Funktion bietet die Firefly noch eine weitere Besonderheit, nämlich ein Feature mit der Bezeichnung “DRAG”. Laut Radial verändern passive Tonabnehmer ihr Soundverhalten je nach Impedanz des Verstärkereinganges, an den sie angeschlossen sind. Sie werden sozusagen ein Teil des elektrischen Stromkreises und reagieren entsprechend. Diese Eigenschaft führt oft dazu, dass sie anders klingen, wenn man Sendersysteme oder Effektgeräte mit integrierten Buffern verwendet. In diesem Fall herrschen andere Impedanz- und Kapazitätsverhältnisse, als wenn ein Instrument mit passiven Magnettonabnehmern per Kabel direkt an einen Röhrenverstärker angeschlossen ist. Bei aktiven Tonabnehmern/Klangregelungen ist dieser Effekt weniger bis gar nicht spürbar, weil das Signal dort das Instrument in der Regel bereits vorverstärkt verlässt.
Mit der DRAG Control der Firefly DI kann man dem passiven Tonabnehmer quasi vorgaukeln, an einen Röhrenamp angeschlossen zu sein und so seinen Klangcharakter beeinflussen. Mittels Druckschalter wird die DRAG-Funktion eingeschaltet. Rechts neben diesem Schalter befindet sich eine kleine eingelassene Schraube in dem Frontpanel, die mit einem handelsüblichen Schraubendreher oder aber auch zur Not mit dem Fingernagel verstellt werden kann. Hier muss man einfach das Ohr entscheiden lassen, es gibt keine Skalierung oder Soundempfehlung. Dazu mehr im Praxistest.
Rückseite
Auf der Rückseite, links beginnend, befinden sich der Anschluss für das externe Schaltnetzteil und der XLR-Ausgang zum Mischpult. Während der XLR-Anschluss, wie üblich, dreipolig ausgelegt ist, benötigt der Netzanschluss einen fünfpoligen Stecker. Das hat man bewusst so gemacht, um fatalen Fehl-Steckversuchen auf dunklen Bühnen von vornherein einen Riegel vorzuschieben. Das Netzteil selbst sollte man so sorgsam wie das vom eigenen Laptop behandeln, denn ohne geht nichts!
Als Nächstes folgen drei kleine, versenkte Druckschalter:
1) Polarität 180 Grad: Ein Phasenumkehrschalter, der Auslöschungen korrigiert, die durch gegenläufige Phasen beispielsweise zwischen PA und Bassanlage oder im Studio bei gleichzeitiger Verwendung von DI- und Mikrofonsignal auftreten können.
2) Groundlift: Trennt die Masseverbindung des XLR-Ausgangs und vermindert so die Gefahr von Brummschleifen.
3) Thru/Pre: Hier kann man wählen, ob der Signalverlauf an der weiter rechts sitzenden Klinken-/Thru-Buchse vor oder hinter dem Röhrenschaltkreis abgegriffen wird. Auch dieses Feature ist neu, denn normalerweise wird bei Tube DI-Boxen das Signal am Thru-Ausgang vor der Röhre abgegriffen, was zur Folge hat, dass ein durchgeschleiftes trockenes Signal im Bassverstärker anders klingt als das Röhrensignal, das vom XLR-Out an das Mischpult geht. Eine sehr lobenswerte Einrichtung, denn so kommt man auf der Bühne selbst dann in den Genuss des Röhrensounds, wenn man beispielsweise einen Transistoramp verwendet. Da es mitunter durch die Verbindung des Thru-Out mit einem Verstärker zu Brummschleifen kommen kann, hat man in den neueren Versionen der Firefly zusätzlich einen Schalter eingebaut, der diesen Ausgang bei Bedarf galvanisch trennt – sozusagen einen zusätzlichen Groundlift-Schalter an der Seite des Gerätes mit der Bezeichnung “Aux Thru direct/isolate”. Näheres weiter unten bei der Beschreibung des Thru-Ausgangs.
Zuletzt folgen sechs Klinkenbuchsen, die in drei Zweierreihen angeordnet sind:
1) Tuner-Out: Hier liegt ein Ausgang für den Anschluss eines Stimmgerätes, der immer aktiv ist, auch wenn die Firefly über den optionalen Fußschalter stummgeschaltet wird. Der Tuner-Out ist gebuffered und elektronisch isoliert, damit Stimmgeräte nicht unliebsame Nebengeräusche übertragen können. Dieser Ausgang lässt sich auch im Studio als zusätzlicher zweiter Parallelausgang neben dem Thru-Out nutzen, um ein trockenes Signal an einen weiteren Verstärker zu senden.
2) Remote JR-2: An diese Buchse wird der optional erhältliche Fußschalter JR-2 angeschlossen. Mit seiner Hilfe kann man zwischen den Kanälen A und B hin- und herschalten und die Ausgänge der Firefly muten, mit Ausnahme des Tuner-Out. Verbunden wird der Fußschalter mit der Firefly über ein dreiadriges Kabel mit normalem Stereo-Klinkenstecker, über das auch die Schalter-LEDs mit Strom versorgt werden. Da er sowohl über eine Klinken- wie über eine XLR-Buchse verfügt, kann dort am Ende des Kabels statt eines Stereo-Klinkensteckers auch ein XLR-Stecker verwendet werden.
3) Thru: Von hier kann das Bass-Signal über ein Standard-Instrumentenkabel abgenommen und beispielsweise zum Verstärker geleitet werden. Wie bereits erwähnt, bietet die Firefly die Möglichkeit, das Signal an diesem Ausgang vor oder hinter der Röhre abzugreifen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass dieser Ausgang über einen versenkten “Isolation”-Schalter an der Seite des Gehäuses zusätzlich galvanisch getrennt werden kann. Dieses Feature wurde erst nach der Markteinführung der Firefly geschaffen, ältere Modelle besitzen diese Möglichkeit also noch nicht. Auch in den Bedienungsanleitungen taucht dieser Schalter noch nicht auf (Oktober 2012). Man sollte beim Kauf also darauf achten, dass beim ausgewählten Modell diese außerordentliche sinnvolle Einrichtung mit an Bord ist.
4) Insert: Eine weiteres außergewöhnliches Ausstattungsmerkmal ist der serielle Effekt-Einschleifweg. Zwar könnte man beim ersten Hinschauen annehmen, dass ein solcher bei einer DI-Box nicht unbedingt etwas verloren hat, aber das stellt sich spätestens auf den zweiten Blick völlig anders dar: Weil wir es nämlich mit einer zweikanaligen Konstruktion zu tun haben, kann man auf diese Weise mit beiden an den Eingängen A und B angeschlossenen Instrumenten auf die gleiche Effektkette zugreifen. Hierfür benötigt man lediglich ein Y-Kabel. Das kann zwar im Livebetrieb auf größeren Bühnen unter Umständen ein wenig unhandlich werden, ist aber durchaus ein Kompromiss, mit dem man leben kann. Zwei getrennte Anschlüsse statt der Insertbuchse hätten das Gehäuse der Firefly wachsen lassen, etwas, das man aber unter allen Umständen vermeiden wollte.
5&6) Input A/Input B: Hier werden die beiden Instrumente angeschlossen. Die Lautstärkeunterschiede können über die Trim-Regler an der Vorderseite angeglichen werden, die Gesamtausgangslautstärke am Levelregler.
Radial hat bei der Entwicklung der Firefly auch sehr viel in die Forschung investiert. So begab man sich zum Beispiel extra nach Nashville, um Soundingenieuren in Tonstudios auf die Finger zu schauen. Dabei stellte sich heraus, dass man zugunsten einer besseren Instrumententrennung häufig sehr gezielt und auch sehr drastisch Hochpass-Filter einsetzt – einer der Gründe, warum gerade Nashville-Produktionen so sauber und differenziert klingen. Je nachdem, welches Instrument also an die Firefly angeschlossen wird, kann man sehr einfach bestimmen, ab welcher Frequenz der Bassanteil des Signals begrenzt werden soll. Eine Mandoline wird beispielsweise sehr hoch angesetzt, ein Kontrabass im Klangspektrum sehr niedrig. Perfekt wäre es natürlich, wenn man beide Kanäle getrennt regeln könnte, aber ich kenne sonst keine DI-Box, die überhaupt solche Möglichkeiten anbietet.
Eine weitere sehr wichtige Überlegung war die Wahl der Röhre. Man hat sehr viele unterschiedliche Röhren getestet, darunter auch hervorragende und seltene Exemplare aus den 50er und 60er Jahren. Aufgrund der allgemeinen Problematik der Verfügbarkeit, auch unter Berücksichtigung von Wartung und Austausch, hat man sich für die populäre 12AX7 entschieden. Bei dieser Röhre geht man davon aus, dass sie auch in ferner Zukunft noch verfügbar sein wird.
Pat sagt:
#1 - 11.10.2012 um 23:02 Uhr
Ein Vergleich mit der REDDI wäre sehr interessant :-)
Oliver (Bonedo) sagt:
#2 - 12.10.2012 um 03:35 Uhr
Der klangliche Unterschied zur REDDI ist nicht gross. Die Reddi liefert etwas mehr Tiefbass, das war es dann auch schon. Ich bin ein bekennender REDDI Fan, die Firefly hat mich dennoch ebenso überzeugen können.
Kaeptn Hirni sagt:
#3 - 14.10.2012 um 13:36 Uhr
Vielen Dank für den Testbericht, sehr interessant!Allerdings finde ich persönlich Klangbeispiele, die mit einem Beat hinterlegt sind tendenziell immer eher absolut unbrauchbar. Wär cool, da noch die reine Bassspur mitzugeben :)
BonedoMalte sagt:
#4 - 17.10.2012 um 12:32 Uhr
Hallo Käptn Hirni! Freut uns, dass dir der Testbericht gefällt! Und danke für deinen Input!
Oliver (Bonedo) sagt:
#5 - 26.10.2012 um 16:38 Uhr
@ Kätn Hirni: Danke für Deinen Kommentar. Die Kritik kann ich nachvollziehen. Ein einsames, isoliertes Bass-Signal klingt in den meisten Fällen allerdings relativ unspektakulär, manchmal sogar "eklig", gewinnt aber im Playback plötzlich an Wirkung and Charakter. Bestes Beispiel sind "Precision" Bässe, die als isolierte Spur oft dünn vor sich hin scheppern, aber sobald das Playback (oder auch nur ein Drumbeat) hinzukommt so klingen, als wären plötzlich EQs, Kompressoren und Preamps dabei, ihre Magie zu entfalten. In einem Test mit Solospuren müsste man dann die Bewertung abgeben: "klingt dünn und neigt zum Scheppern". Das wäre zwar faktisch korrekt, würde aber nicht den wahren Wert des Soundcharakters abbilden.Ich präsentiere in den Tests oft ein bis zwei isolierte Spuren, wo es sinnvoll erscheint. Eine Bewertung ausschliesslich nach dem Klangverhalten in einer isolierten Spur auszurichten, wäre natürlich möglich. Wäre das aber auch repräsentativ? Der Bass findet ja zu 95% innerhalb von Musik statt und nur sehr selten als Soloinstrument. Es ist mindestens genau so interessant zu hören, wie sich ein Instrument im musikalischen Kontext verhält.Ich werde Deine Anregung aufgreifen und bei künftigen Tests auch isolierte Signale zusätzlich zu den Playbackversionen anzubieten.
SteveFromBerlin sagt:
#6 - 02.11.2012 um 20:23 Uhr
Ich finde die Beispiele mitsamt Groove schön, allerdings muss ich zugeben, dass mich diese merkwürdig antik angehauchten "Beats" eher weniger ansprechen.
Paul Tietze sagt:
#7 - 18.11.2012 um 15:46 Uhr
Hallo,wollte nur mal anmerken, das Oliver Poschmann die besten Testberichte schreibt. Absolut kompetent.
Und spielen kann der Mann auch! Weiter so!