Praxis
Das Einrichten
Drückt man Shift und danach Tap, öffnen sich in dem kleinen Bildschirm die Settings, die folgende Einstellungen zulassen:
- Masterausgabe (mono/stereo, Balance)
- Kanalausgabe (Phono-Empfindlichkeit, EQ-Crossover, Balance)
- Filter-Resonanz, Low-Pass-Minimum und High-Pass-Maximum
- Pad-Empfindlichkeit, User-Modes und Daytime-Modus
- Kopfhörer-Klang
- Mikrofon (Echo-Feedback, Talk Over-Empfindlichkeit, Dämpfungslänge, Clean Feed)
- Instant Doubles (wahlweise auch mit Sync und Silent Cue, mit dem das Deck stummgeschaltet wird, belegbar)
In einem weiteren Reiter verändert man den Cut-In für alle Fader. Minimal ist 0,1 mm, was die ultraschnellen Cut-Nerds erfreuen wird. Auch fast jedem Onboard-Effekt steht eine zusätzliche individuelle Modulation in drei bis vier Parametern zu. Unter den Software-FX kann ich auch die Option Mix FlexFX aktivieren.
In dem Device-Setting-Panel auf dem Laptop könnt ihr einen Großteil dieser Parameter ebenfalls einstellen, dazu drei Fußshalter aktivieren und alle Fader kalibrieren.
Die Haptik und Robustheit
Da der Seventy aus dem gleichen Chassis wie mein eigener Seventy-Two geschmiedet ist, kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen: Mit dem mattgebürsteten und äußerst robusten Stahlgehäuse samt Griffen trotzt der Mixer den Blessuren des harten DJ-Alltags. Mit meinem eigenen Rane Pult toure ich seit zwei Jahren und es sieht immer noch fast wie neu aus.
Sicherlich ist es auch eine Frage des Umgangs und der Pflege, aber das Chassis nimmt nicht jeden leichten Kratzer gleich wörtlich. Lediglich bei etlichen Cuts wird das Faceplate auf Dauer leicht glänzend, was man aber nur bei Gegenlicht sieht.
Die übersichtliche und geräumige Oberfläche zahlt sich auch beim Handling aus. Die Knobs sind wie gewohnt sehr griffig, die Räume dazwischen sehr geräumig. Man stößt nicht mit dem Finger beim Nachbar-Regler an. Besonders lobenswert: Die beim Seventy-Two kritisierten grauen Regler-Kappen wurden größtenteils gegen schwarz-weiße und damit besser auffallende Caps ausgetauscht.
Der Klang
Wie beim Seventy-Two schlummert im Seventy ein AKM High-Definition Audio-Converter mit 24 Bit PCM und 48 kHz Abtastrate. Das Digital-Sound-Processing arbeitet mit 32 Bit. Entsprechend liefert der Mixer einen sehr klaren, hochauflösenden und knackigen Sound. Sein Grundrauschen beim Phonosignal kann man selbst mit vollaufgedrehtem Regler, Gain und Master vernachlässigen, unter Line/Aux herrscht absolute Stille.
Die EQs greifen sofort und killen in der minimalen Einstellung das jeweilige Frequenzband. Die Hoch- und Tiefpassfilter wurden im Vergleich zum Seventy-Two überarbeitet, indem sie unabhängig der eingestellten Resonanz jetzt noch homogener arbeiten. Mit anderen Worten: Nach der 12-Uhr-Position verändert sich der Sound und die Lautstärke sehr gleichmäßig.
Auch vom Kopfhörerausgang gibt es nichts zu meckern: Mein Sennheiser HD-25 klingt sehr laut, dazu natürlich. Je nachdem, ob ich mich mehr an der Bassdrum oder den HiHats im Mix orientieren möchte, passe ich den Kopfhörer-Sound mit entsprechend mehr Bass oder Höhen über das Setting an.
Für dich ausgesucht
Ein kurzer Mikrofon-Check: Obwohl für Bass und Höhen keine getrennte, sondern eine gesamte Klangregelung vorliegt, hört sich mein Shure SM58 erstaunlich gut und sehr verständlich an.
Halte ich die On-Taste des Mikrofons zwei Sekunden lang gedrückt, blinkt sie und bestätigt die Talkover-Funktion, mit der sich alle anderen aktiven Kanäle automatisch um 10 dB dem Mikrofonsignal unterordnen. Dank der einstellbaren Dämpfungslänge auf 0,5 Sekunden und hohen Empfindlichkeit reagiert das Talkover sehr schnell.
Die Fader
Bereits die MAG THREE des Seventy-Two begeisterten die Turnablisten und Cut-Nerds. Jedoch um ihren Gleitwiderstand einzustellen, ist die Faceplate abzuschrauben. Zu Hause, kein Problem, aber beim Gig unmöglich. Denn mitunter muss man beim Gig vor allem den Crossfader der Situation anpassen. Scheppert der Bass zu sehr, sodass sich der extrem leichtgängige Crossfader durch Vibrationen von allein öffnet, sollte er etwas schwerer eingestellt werden.
An dem neuen Seventy ein Kinderspiel! Die an der Frontseite angebrachte Tension-Schraube einfach nach links/rechts für einen leichteren/schwereren Gleitwiderstand drehen.
Aber auch haptisch fühlen sich die Fader noch besser an und gleiten noch geschmeidiger. Bei der vorherigen Generation musste ich bisher gelegentlich die Fader-Bahn reinigen und mit Waffenöl schmieren. Bei den neuen MAG FOUR ist das völlig überflüssig. Auch sind sie nicht mehr so gewichtig, was ich allerdings neutral bewerte. Denn diese gefühlte Masse der MAG-THREE-Fader bringt bei den Cuts ordentlich Schwung in die Kiste.
Meine Plattenspieler angeschlossen und als DVS mit Serato DJ Pro betrieben, beweist der Seventy, dass er eine wahre Battle-Waffe ist. Denn mit dem Crossfader schieße ich die Scratch-Cut-Salven sehr schnell aus dem Mixer. Da zahlt sich auch der extrem kurz einstellbare Cut-in aus.
Die Perfomance-Pads
Wie beim Seventy-Two kommt der Seventy in den Genuss der RGB-illuminierten Akai MPC-Pads. Mit der höchst einstellbaren Empfindlichkeit reagieren sie wirklich sehr sensibel und dynamisch, ein Vorteil für extrem schnelles Triggern. Dazu leuchten sie auch sehr hell, was sich vor allem bei Gigs unter Tageslicht auszahlt. Allerdings unter greller Sonneneinstrahlung werden sie wohl auch verblassen. Im Club hingegen darf es ruhig etwas weniger RGB-Licht sein, damit die Pads nicht blenden. Deswegen in diesem Fall besser den Day-Mode ausschalten.
Die Pads messen 2 cm im Quadrat, eine mittlerweile etablierte Größe unter Battle-Mixern. Nur Reloops Elite legt noch 0,5 cm drauf. Die Matrix ist damit recht kompakt, aber dennoch großflächig genug, um nicht versehentlich das Nachbar-Pad zu erwischen. Dank der gummierten Pad-Oberfläche rutscht man nicht ab, bleibt aber auch nicht gefühlt kleben. Beim Triggern geben die Pads im Vergleich zu denen des DJM-S9 mit einem kleinen Hub leicht nach, kein Vor- oder Nachteil, sondern einfach Geschmackssache.
Neben dem üblichen Besteck an Trigger-Möglichkeiten hält neuerdings auch das Plug-in Serato Sample Einzug. Über die sechzehn Pads des Mixers erstellt und aktiviert man Hotcues des Plug-ins. Natürlich verzichtet Rane nicht auf die schon beim Seventy-Two gelobte Transportebene mit Fader-Pitch und Pitchbending, Keylock/Intern-Relativ, Sync, Cue und Play, um intern und damit ohne Plattenspieler oder Controller aufzulegen.
Der Workflow
Zu den Alleinstellungsmerkmalen des Seventy gehört laut Rane auch sein verbesserter Workflow. Dazu fällt mir auf Anhieb die neue dedizierte Loop-Sektion ein. Rane dachte in diesem Fall vor allem an die DJM-S9-User. Die Loop-Buttons erklären sich von allein, allerdings muss man für die aktuell aktive Beatlänge immer einen Blick auf den Laptop riskieren. Für mich der einzige Nachteil gegenüber der Auto-Loops auf den Performance-Pads, wie beim Seventy-Two. Wer nicht darauf verzichten mag, der mappt sich einfach die Auto-Loops auf eine der beiden freien Pad-Ebenen.
Die Effekteinheit reduziert Rane auf sechs Onboard-Effekte, die von der Intensität und Beatlänge sogar für beide Kanäle getrennt geregelt werden können. Mittels horizontaler Bewegung am FX-Joystick wechsele ich zwischen den beiden Decks, um anschließend mit dem Turn/Push-Endless-Encoder die Zeit für die beiden Decks einzustellen. Den Joystick vertikal bewegt, wähle ich die Beats aus. Mit gedrückter Shift-Taste und bestätigtem FlexFX gelangt man in ein Untermenü, um weitere Parameter der Effekte einzustellen.
Zwar lassen sich nicht zwei unterschiedliche FlexFX unabhängig auf die Kanäle routen, aber der Mixer bedient schließlich auch die Serato DJ Pro Effekte. Bis zu drei Software-Effekte kann ich pro Kanal verketten. Möchte ich die Serato-FX austauschen, geht selbst das direkt über den Mixer. Wem dies nicht reicht, der aktiviert im Setup das Mix-FlexFX-Future, um die Onboard- und Software-Effekte zu kombinieren. Mit der vorliegenden Beta-Version funktionierte dieses Feature allerdings noch nicht.
Natürlich verzichtet Rane nicht auf die robusten FX-Hebel aus Alu, die in der einen Richtung einrasten, in der anderen nicht, um den Effekt länger oder nur kurz zu aktiveren. Eine grün blinkende LED bestätigt den aktiven Effekt.
Vor allem bei den Effekten zahlt sich die Devise „weniger ist mehr“ aus, denn jeder DJ fokussiert sich auf eine handvoll FX. Zwei unterschiedliche Effekte auf beide Kanäle legen zu können, muss nicht zwingend sein, wie auch die Sub-Parameter während des Sets zu ändern. Schließlich beschränkt man sich meistens nur auf Beats und die Intensität. Damit ist meines Erachtens das Handling der Effektsektion effizienter.
Dass Rane das Instant-Doubles-Feature jetzt direkt neben die Fader anordnet, spricht nicht nur die Beatjuggling-DJs an, die damit in ihrer Routine schneller die Tracks auf beide Decks legen können. Auch „herkömmlichen“ DJs geht es einfacher und durchdachter von der Hand, wenn sie beispielsweise gänzlich nur mit einem Plattenspieler oder CDJ auflegen möchten.
Mixer im Battle
Mit dem Seventy zieht ein weiterer Gegner in den Battle-Ring, der vor allem dem DJM-S9 preislich und ähnlichen Workflow zu nahe kommen könnte. Stellt man beide Mixer direkt gegenüber, liegt der Seventy nach meinem Geschmack vorn. Schließlich lässt er bei den Performance-Pads getrennte Modi pro Deck zu, auch können drei Serato DJ Pro Effekte verkettet werden, was beides der DJM-S9 nicht erlaubt.
Dem Pioneer-Mischer fehlen zudem eine Session-Schleife wie auch Split-Cue für den Kopfhörer, sofern man darauf besteht. Obendrein punktet der Seventy mit einem Stahl-Chassis und drei kontaktlosen, vom Gleitwiderstand einstellbaren Fadern der neuesten Generation. Natürlich ist der im DJM-S9 verbaute verschleißfreie Magvel Fader Pro mit Tension-Management ebenbürtig, aber leider nur als Crossfader an Bord. Zudem kontert er mit zwei etwas kleineren Displays, 15 internen Effekten, fünf weiteren für den Filter-Knob und der exklusiven Option, neben den Software-Decks 1&2 auch 3&4 dual bedienen zu können. Preislich liegen beider Mixer ungefähr auf gleicher Höhe.
Steht man vor der Entscheidung Seventy oder Seventy-Two, sollte man sich überlegen, wie wichtig einem das Touch-Display ist. Die angezeigten Wellenformen helfen zwar beim Agieren an den Decks, aber ich persönlich nutze sie eher selten, wie auch die etlichen Effekt-Modifikationen samt Touch FX. Dem gegenüber steht ein abgespeckter, damit sehr aufgeräumter und mehr intuitiv bedienbarer Seventy, dessen neue Fader und Effekt-Sektion vor allem begeistern. Obendrein spart man 300,- Euro.