RANE Twelve Test

Praxis

Zunächst ist der zweiteilige Controller zu montieren. Dazu führt man den schweren Plattenteller in den Dorn der Basis ein. Drüber legt man die tuchartige Filzmatte samt Vinylplatte, die anschließend mit dem Schlüssel am Dorn befestigt wird. Das ist nötig, damit die Platte alle Bewegungen direkt und ohne Driften auf die Spindel, somit auch auf die Software überträgt.
Die Platte flutscht mit der Slipmat wirklich gut über den Teller, wobei es zum Beispiel mit den Butter-Rugs noch besser geht. Wahlweise tauscht man auch die Vinyl-Platte aus, wobei der Spindel-Adapter und Positionssticker anzubringen sind.
Da sich der Twelve ausschließlich Serato DJ Pro unterwirft, dient mein 15-Zoll-MacBook Pro, Baujahr 2016, mit der aktuellsten Version der Software als Wirt. Er setzt weiterhin einen zertifizierten DJ-Controller, Mixer, Interface oder das Serato Club-Kit einschließlich davon unterstützter Hardware voraus. Bei dem recht stolzen Preis des Twelve wäre ein kostenloses Upgrade von der Light-Version oder eine Club-Kit-Lizenz in meinen Augen angebracht.
Als komfortabelste Serato DJ Pro Hardware-Lösung bietet sich der Mixer Rane Seventy-Two an, da er zwei USB-Ports exklusiv für den Twelve reserviert. Auch der Mixars Duo verfügt über einen Dual USB-Hub. Alternativ schließt man die Twelves jeweils an einen USB-Port des Laptops an.
Da der MIDI-Controller nur über eine USB-Schnittstelle verfügt, ermöglicht er leider kein Durchschleifen zweier Twelves. Serato DJ Pro erkennt den angeschlossenen und am Backpanel eingeschalteten Twelve automatisch als MIDI-Controller und dieser ist auch im Setup gelistet und bestätigt. Der eingeschaltete Motor bestätigt mit der rot blitzenden Stroboskoplampe wie auch mit der zunächst in gedämpften grün umrandeten Start-Stopp-Taste seine Bereitschaft. Beim Drücken der Start-Taste leuchtet diese kräftig auf. Der Plattenteller legt sofort mit dem höchstmöglichen Drehmoment von 5 kg/cm förmlich einen Kick-Start aus dem Stand hin. Wer es sanfter mag, der wählt am rückseitigen Drehmomentschalter Low, womit er aber spürbar unterhalb vom Technics-Niveau fährt.

Audio Samples
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Rane Twelve Start Stopp Low

Robust gegen Stöße

Mit dem Twelve und Seventy-Two fühlt sich das Setup wie die Kommandobrücke eines Flaggschiffs an. Übersichtlich, hochwertig und vor allem massiv. Sein entsprechendes Gewicht kommt der Unempfindlichkeit gegen Stöße zu Gute. Die Füße halten die Stellung dazu starr, schlucken aber keine Vibrationen. Wozu auch, wenn es nur um eine per Sensor digital übertragene Drehbewegung geht.

Workflow

Der Twelve fährt generell stets im internen Modus von Serato DJ Pro. Ist dem Twelve eines der vier bereits abspielenden Decks zugewiesen, dreht sich sofort der Plattenteller. Stimmt dessen momentane Pitchfader-Position nicht mit dem Deck im Serato DJ Pro überein, zeigt mir der Twelve die notwendige Korrekturrichtung per Pfeil an. Solange der Pfeil aufleuchtet, reagiert der virtuelle Pitch-Control der Software nicht auf Tempoänderungen am Controller. Bei einem Match hingegen erlöscht der Pfeil und der Fader übernimmt die Kontrolle.
Der Touchstrip zeigt wahlweise die aktuelle Spielposition im Track an, um eine gewünschte Stelle schnell aufsuchen zu können. Oder ich triggre damit die acht belegten, farblich RGB-illuminierten Cuepoints. Das geht auf der harten Oberfläche erstaunlich gut und ohne Latenz von der Hand. Obwohl die Trigger-Fläche nur durch die LEDs markiert ist, trifft man den jeweiligen Hotcue präzise.
Mit einem Deck aufzulegen, kam für mich bisher nie in Frage. Zu riskant, die Decks im Arbeitseifer zu vertauschen. Jedoch mit dem Twelve geht das sehr intuitiv und übersichtlich von der Hand, auch weil die jeweilige Deck-Taste aufleuchtet. Die Pfeiltasten am Pitch-Control bestätigen zudem auch nochmals, dass ein neues Deck in der Mache ist, sofern die Pitch-Position nicht übereinstimmt.
Egal, welcher Modus gerade bei welchem Deck aktiv ist, beim Switchen zwischen den Decks merkt sich der Twelve den jeweils gewünschten Mode des Touchstrips. Befindet sich ein Deck im Abspielmodus, läuft der Teller. Beim Wechsel auf ein anderes inaktives Deck stoppt er hingegen sofort. Eine weitere sehr gute Gedankenstütze, um beim ständigen Wechsel zwischen mehreren Decks die Übersicht zu behalten. Letztlich ist der Twelve damit eine durchdachte und effiziente One-Player-Lösung, wenn man:

  • sich das Geld für einen zweiten Player sparen möchte
  • es nur begrenzten Platz am DJ-Pult gibt
  • als Rechtshänder ein Handicap mit der Bedienung des linken Players hat

Gleichlauf

In dieser Disziplin punktet der Rane Twelve abermals. Denn es gibt keinerlei Gleichlaufschwankungen mit einhergehender BPM-Toleranz und folglich auseinanderlaufende Blenden. Ist ein Tempo am Pitch-Control eingestellt, verharrt das Deck auf diesem. Bei wirklich identischen BPM-Zahlen zweier Tracks kommt der Mix ohne Korrekturen am Plattenteller aus. Die Kehrseite des Ganzem: Legt man mit nur einem Twelve auf, wechselt von einem Deck zum anderen und fängt adhoc die laufende Platte auf oder triggert einen Hotcue des aktiven Decks, spüre ich eine kurze Verzögerung, eh Serato DJ Pro darauf reagiert.

Haptik

Sowohl ultraschnelle kurze Moves als auch vibrierende Sounds überträgt der Controller sehr real. Lediglich im Vergleich mit analogem Vinyl, selbst zu Serato DJ Pro als DVS, fehlt mir das allerletzte Quäntchen Direktheit. Dennoch kommt der Twelve als motorisierter Controller dem Plattenspieler-Feeling momentan am nächsten. Für Drops ist der auf High-Torque eingestellte Plattenteller prädestiniert. Mit ihm manuell die Phase zweier Tracks im Mix zu korrigieren, erfordert jedoch schon einen  gewissen Kraftaufwand. Beim schwächeren Drehmoment läuft der Teller deutlich langsamer an und bremst bei etwas mehr ausgeübten Druck auf den Teller. Ein stufenlos einstellbares Drehmoment wäre die optimale Lösung gewesen. Rane verzichtete leider auch auf die individuelle Bremsenanpassung. Denn für mein Empfinden stoppt der Teller vor allem mit High-Torque einfach zu schnell und stark. Öfters pendelt er sogar durch den abrupten Stopp ein paar Mal hin und her.

Unter extremen Lautstärke- beziehungsweise Staubsituationen auf wackligen Bühnen bietet der Twelve eine sichere Controller-Lösung für Scratch-Enthusiasten. Da aber der Twelve ausschließlich auf Serato DJ hört und vor allem Turntablists anspricht, wird er sich trotz seiner überzeugenden Features vermutlich nicht als Standard-Setup in der DJ-Kanzel etablieren. Letztlich bleibt es wohl wie mit jedem anderen ausgefallenen Controller-Modell einem selbst überlassen, ob man mit seinen eigenen Twelves zum Gig anreist.

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