Praxis
Es ist ja außer Windows ASIO-Treibern und dem anzustoßenden LE-Download keine weitere Software dabei, was einerseits bedeutet, dass sich der Installationsaufwand in Grenzen hält: Am Mac beispielsweise reicht es, das Beatpad über das mitgelieferter Netzteil mit Strom zu versorgen und an einen freien USB-Port anzuschließen, das autokonfigurierende Djay aufzurufen und loszulegen, woraufhin sich das integrierte Audiointerface als 16-Bit-Lösung zu erkennen gibt, die mit einer maximalen Samplingfrequenz von 44,1 Kilohertz arbeitet. Wer mit der Djay-Vollversion, Traktor, Mixvibes oder auch der iPad-App spielen will, muss allerdings sein virtuelles Portemonnaie zücken und sich sein Programm aufs iPad oder den Rechner schaufeln. Doch Moment mal, gab es da denn nicht auch eine kostenlose Djay-App fürs iPad? – Korrekt, Djay LE (for iPad) heißt diese. Mal sehen, ob sie mit dem Beatpad funktioniert, doch werfen wir vorher einen Blick auf die Software-Dreingabe.
Djay LE steht auf der Website des Herstellers zum kostenlosen Download bereit und bietet, bis auf die Auswahlmöglichkeit verschiedenster Quellen für die Aufnahme und den Automixer, die gleichen (!) Features wie die Vollversion. Wer die zuvor genannten Funktionen benötigt und nachrüsten möchte, ist mit moderaten 17,99 Euro dabei. Doch um vorschnellem Freudentaumel entgegenzuwirken: Das LE-Programm funktioniert nur in Kombination mit einer kompatiblen Hardware – aktuell zum Beispiel von Numark, Pioneer oder eben auch Reloop. Der grafische Aufbau der Software orientiert sich am Industrie-Standard, also Deck-Mixer-Deck im Norden und der Browser im unteren Teil. Oberhalb der Coverart-fähigen Teller sind die Wellenvorschau nebst Titelinformationen zu finden, unterhalb davon die Kreativsektionen. Ansonsten habe ich den direkten Zugriff auf zwei Decks inklusive beladen, vorhören, mixen, abspielen und cuen. Zur Frequenzmanipulation dient ein „Dreibänder“ (+6/-24 dB) und ich kann mich für automatisches oder manuelles Gain entscheiden. Soviel zu den Basics …
Autosync, Quantize und Harmonic-Mixing
Eine Software, die was auf sich hält, kommt heutzutage ohne Autosync nicht aus. Ein Beatgrid oder Quantisierungsfunktionen bietet Djay leider nicht, allerdings funktioniert die automatische Synchronisation recht ordentlich und bleibt im Takt, solange man sie nicht mit wilden Bounce-Sprüngen aus dem Tritt bringt. Dann lässt sich dies aber mittels Tastendruck schnell wieder richten. Natürlich macht es absolut Sinn, seine Musik-Library im Vorfeld analysieren zu lassen, was für sämtliche Einträge im iPad-Dateibaum separat erfolgen kann. Djay ermittelt Tags, BPM und Tonart mit einem Prozess pro CPU-Core und zeigt die nach Tonart sortierten Tracks für Freunde des Harmonic-Mixingauf Wunsch gemäß Quintenzirkel an. Im Übrigen lassen sich die Tracks nicht nur automatisch Beatmatchen, sondern auch „Keymatchen“. Wir wollen hier aber keinen Djay-Test vom Zaun brechen, sondern weiter mit dem Beatpad machen.
Aufbau, Performance und kreatives Arsenal
In der Summe überzeugt das Zusammenspiel von Software und Controller. Das beginnt beim grundlegend klassischen Aufbau, der einen schnellen Einstieg auch für Frischlinge gewährleistet. Ferner decken sich die aufgedruckten Funktionen weitgehend mit den Befehlsaufrufen in Djay, was ebenfalls dem Workflow sehr dienlich ist. Das Kreativarsenal beinhaltet hier sechs Samples, vier Cuepoints, vier INST-FX (ohne Software-Statusfeedback) dazu Autoloops, einen steuerbaren Standard-FX und das Kombifilter. Dazu gesellt sich iCut, eine automatische Scratch-Routine, die den Crossfader wie von Geisterhand hin- und herbewegt. In der Transportsektion sind noch die „Shift“-Funktionen „Brake“, „Censor“ und „Keylock“ versteckt. Prima! Das Handling ist auch bei zeitkritischeren Aktionen verzögerungsarm, nur schade, dass Algoriddim keine Quantisierung für Cuepoints implementiert hat. Zudem finde ich es unschön, dass der AUX-Weg und der Mikrofonkanal nicht vorhörbar sind. Zum Klanggeschehen komme ich nach dem nächsten Abschnitt, der da heißt:
Beatpad und iPad
Zunächst also ein erster Testlauf mit der kostenlos aus dem App-Store beziehbaren Djay LE für iPad. Diese erkennt sofort den Reloop-Controller, nachdem ich das Lightning-Kabel mit beiden Geräten verbunden und die App gestartet habe und weist auch gleich auf die Erwerbsmöglichkeit einer Vollversion hin. Intuitiv ist die erste Handlung die Betätigung des Push-Encoders zur Titelauswahl, gefolgt von der Ernüchterung, dass sich die App daraufhin eigenmächtig 15 Tracks aus meiner Musiksammlung pickt, die ich daraufhin mixen darf – mehr Titel sind in dieser Version nicht möglich. 15 Zuffi-Titel? Wow, eine Herausforderung der besonderen Art – aber Spaß beiseite, das reicht, um die App kennen zu lernen und bei Gefallen die knapp 9 Bucks für die Vollversion zu investieren. Ist ja nun auch keine Unsumme.
Djay LE bedient die grundlegenden Funktionen inklusive automatischem Beatmatching, Equalizing und Effekten, muss jedoch auf die innovativen Waveform-View und den Sampler sowie diverse Features, wie den Automixer und den Session-Recorder verzichten. Für einen ersten Einblick in Djay reicht es aber allemal. 8,99 Euro und eine Installation später wäre dann die Vollversion am Start, die neben besagten Funktionen vor allem auch eines bringt: die vollständige Musikbibliothek. Im Übrigen brauchte ein aktuelles iPad 4 für die Analyse meiner knapp 250 dort befindlichen Titel keine halbe Stunde. So ändern sich die Zeiten. Die ausgewerteten Daten speichert Djay wohlgemerkt intern und sie stehen dann bei jedem erneuten Laden des Musikstückes zur Verfügung. Cue-Punkte und BPM-Angaben können zudem über iCloud ausgetauscht werden. Auch der Austausch von Playlisten mit Titeln, die nicht im iTunes-Store erworben wurden über sämtliche Systeme ist möglich, wofür jedoch ein iTunes-Match-Account mit 25 Euro Jahresgebühr anfällt. Und natürlich sollte die Musik in der „Wolke“ schlummern …
Grundsätzlich gelten hinsichtlich der Hardwaresteuerung auch bei Djay2 die gleichen Regeln wie bei LE, nur kann ich mir nun die volle Bandbreite (inklusive des Record-Buttons) der Software-Features zunutze machen, zumindest wenn ich sowohl Controller als auch iPad als Eingabemedien nutze. Wieso? Gemach, gemach, befördern wir erstmal zwei Tracks aus der Library auf die virtuellen Tellern, die innerhalb kürzester Zeit mit dem präzisen Pitch und dem Jogwheel (oder wer mag: mittels Pitchbend) in Kombination mit der praktischen Cuemix-Funktion aufeinander abgestimmt sind. Schneller geht’s natürlich über die „Autosync“-Taste.
Folgende Funktionen kann ich dabei direkt vom Controller auslösen:
– Durchsuchen und Beladen der Decks
– Einstarten, Pausieren und Cuen der Titel
– Manuelles Beatmatching via Pitch (Bend) und Jogwheel-Schubsen inklusive Keylock
– Automatische Titelsynchronisation
– Einpegeln, Vorhören, Lautstärkefaden, Überblenden
– Frequenzmanipulation via EQ
– Master- und Kopfhörerlautstärke und Mix festlegen
– Scratchen und Spulen
– Beatjumping und Cuejuggling (nicht quantisiert)
– Vier Instant FX und einem Standard-FX dirigieren
– Autoloops setzen und faktorisieren
– Bounce-Looping von 2-1/16 Beats
– Samples abfeuern (ohne Lautstärke-Zugriff)
In der Transportsektion sind noch die „Shift“-Funktionen „Brake“, „Censor“ und „Keylock“ versteckt und auch die automatische Scratch-Routine iCut ist hier zu finden. Funktionen, die der Controller nicht bedienen kann, dirigiere ich einfach über das Tablet … mhm … Moment, Funktionen, die der Controller nicht bedienen kann? Ja, ihr habt richtig gelesen! Der Platz auf der Bedienoberfläche einer real existierenden Steuerzentrale ist nun mal limitiert, wohingegen die Features einer Applikation in Dateimenüs, auf anwählbaren Reitern oder hinter Dropdown-Menüs übersichtlich verteilt werden können, wofür der Sampler das beste Beispiel ist, denn dieser bietet 2×6 Pads, der Controller hingegen 2×4. Macht aber nichts, dann benutzt man halt „das Beste aus beide Welten“. Nur dass der Slicer bedauerlicherweise nicht von der Hardware aus zugänglich ist, will mir nicht in den Kopf, denn die vier Pads wären dazu eigentlich perfekt geeignet. Mal sehen, ob ein zukünftiges Update hier Verbesserungen einbringt. Nun erstmal was zum Anhören …
Mit einem aktuellen iPad, wie meinem iPad 4, möchte ich die Performance unterm Strich als beachtlich einstufen und sie wird zudem durch das visuelle Farbfeuerwerk noch um Einiges „geheckspoilert“. Allerdings steckt der Teufel wie so oft im Detail. Zwar ist das Beatpad wirklich vorbildlich beleuchtet, wenn man ihm auf die Tasten oder Teller haut und es lässt sich zudem über den Dimm-Regler noch in der Helligkeit justieren. Allerdings entspricht die Farbgebung nicht immer exakt der in Djay, was ich nicht ganz so dramatisch finde, wie das Ausbleiben des bidirektionalen Feedbacks bei manchen Funktionen. So werden EQ- und Fader-Bewegungen in der Software dargestellt, Tastenhiebe auf FX oder Samples aber nicht, ganz gleich, ob sie am Controller oder Tablet ausgelöst werden. Bouncing am iPad beispielsweise lässt die Jogwheels kunterbunt im Takt illuminieren, nicht aber die Buttons. Auch der Sampler zeigt keinen „Play“-Status am Controller an. Ob man nun aber den schwarzen Peter an Reloop vergibt? Mitnichten, es scheint sich dabei wohl eher um die konzeptionelle Natur der Software zu handeln. Dort, wo es wichtig ist, also bei den „Toggle“-Funktionen, wozu auch „Sync“, „Preview“, „Keylock“ und „FX-On“ gehören, erfolgt ja sehr wohl ein Status-Feedback. Bei „Push“ oder „Gate“-Befehlen eben nicht – sie sind ohnehin nur temporär, kein Grund für mich, dem Beatpad ein Blatt vom Lorbeerkranz zu pflücken. Was ich da schon etwas bedauerlicher finde: Die Tasten „Shift „ + „Sampler“ öffnen das Sampler-Panel, „Shift“ + „Bounce“ oder „Shift“ + „FX“ aber nicht das Bounce- oder gar das Effektpanel. Für den Loop-Encoder gilt das Gleiche. Vorsicht ist zudem geboten, wenn man bei gedrückter „Shift“-Taste an einem Regler oder Fader tweakt, denn dann erfolgt keine Werteänderung bis man wieder loslässt – oder andersherum: Mittels „Shift“ lassen sich effektartige Wertesprünge am EQ, Filter oder der Effektsektion erzielen. Tja, das Glas ist entweder halb voll oder halb leer!
Klang
Der Klang der Wandler ist als sehr solide zu bewerten. Vor allem, wenn man seine PA über XLR anfährt, kommt ordentlich Druck rüber, was man dieser Form an einem „iPad DJ-Controller“ nicht erwarten würde. Dabei neigt der Reloop, vorausgesetzt die Kanäle liegen im grünen respektive hier blauen Bereich, auch bei hoher Lautstärke nicht zum Verzerren und im MIDI-Controller-Modus ist nicht die Spur von Rauschen zu hören. Einzig der Kopfhörerausgang könnte für meinen Geschmack noch einen Tick lauter sein, wenngleich ich auch diesem unter Verwendung eines Ultrasone DJ Pro einen sehr ausgeglichenen Sound attestieren möchte. Ob phatte Bässe, minimalistische Beats oder breit produzierte Rock-Nummern, hier dürfte jeder auf seinen Geschmack kommen, wobei die EQ-Simulationen natürlich auch eine Frage des persönlichen Geschmacks sind. Hier sagt mir der Boost in den tiefen Frequenzen bei Djay nicht zu, weil es mir zu schnell zerrt und auch matscht. Ich finde es zudem schon ein wenig schade, dass es sich hierbei nicht um Kill-EQs handelt. Aber gut, das mag mancher anders sehen. Und wo wir schon einmal beim Klang sind, heißt es auch gleich noch einmal das Mikrofon und einen Turntable anzuklemmen, deren Signale unabhängig davon, ob eine Software im Spiel ist, auf den Masterbus geführt werden. Überraschend gut klingt das Phono-Signal und auch das Mikrofonsignal erweist sich als rauscharm und durchsichtig. Wer mag, kann CD-Player oder andere Line-Zuspieler in seinen Mix integrieren, jedoch lassen sich diese, genau wie das Mikrofon, nicht auf dem Kopfhörer vorab prüfen und sind mangels Peak-Anzeige etwas schwieriger in den Mix zu integrieren. Aber um hier im Vorfeld ein Warmup-Player laufen zu lassen, Durchsagen und kurze Moderationen zu realisieren oder einen Notfall-Player anzuschließen, falls der iPad-Akku seinen Geist aufgibt, ein hilfreicher Eingang. Dass dem Tablet der Saft ausgeht, wird aber wohl kaum vorkommen, denn im Gegensatz zu manchem Konkurrenzmodell darf ich hier Respekt-zollend feststellen: Ja, das iPad lädt sich auf, während es am Beatpad angeschlossen ist. Gut so, denn wer will schon sein Set wegen Akku-Notstand abbrechen und … ein weiterer Pluspunkt für das Beatpad!