Praxis
Obwohl jeder der vier Haupteingänge des RMX-95 vier mögliche Quellen bietet, muss beim Anschluss doch etwas geplant werden, denn nur die beiden mittleren Kanäle weisen Eingänge mit Phono-Vorverstärker auf. Folgende Aufteilung liegt vor:
Eingänge | Kanal 1 | Kanal 2 | Kanal 3 | Kanal 4 | Aux | Mikro 2 |
Phono | ✖ | ✖ | ||||
CD | ✖ | ✖ | ✖ | ✖ | ||
Line | ✖ | ✖ | ✖ | |||
USB A | ✖ | ✖ | ✖ | ✖ | ||
USB B | ✖ | ✖ | ✖ | ✖ | ||
Mikrofon | ✖ | ✖ | ||||
Fader Alert
Der Crossfader flutscht wunderbar leichtgängig und ist innoFader-kompatibel, kann also bei Bedarf ausgetauscht werden. Die Kanal-Fader sind schwergängiger, beim Testgerät leider in verschiedenen Widerstandsstufen. Die Fader 1 und 2 bieten mehr Widerstand als die Fader 3 und 4, was sicher nicht so beabsichtigt ist. Hier fällt der im Vergleich zu teureren Mixern vergleichsweise günstigere Preis am meisten auf. Zumindest besteht die Hoffnung, dass sich die Kanalfader bei fleißiger Nutzung „eingrooven“ und im Widerstand angleichen.
Eingänge des Reloop RMX-95
Die Schalter für die Quellenwahl pro Kanal sind sehr kurz geraten. Das ist einerseits hilfreich, um sie nicht versehentlich umzuschalten. Andererseits sind die Abstände zwischen den einzelnen Stellungen sehr eng, im dunklen Club kann das schon mal zur Geduldsprobe werden, wenn DJs den Mixer schnell umkonfigurieren wollen. Gut dagegen gefällt mir, dass die rückseitigen Anschlussbuchsen exakt unter den jeweiligen Beschriftungen auf der Oberseite liegen. Dadurch ist zielgenaues Verkabeln auch ohne Blick auf die Rückseite möglich.
Effekte des Reloop RMX-95
Der RMX-95 bietet massig Effekte, die ganz „Pioneer-mäßig“ mit einem Drehschalter entweder einem Kanal, einer der beiden Crossfaderpositionen oder dem Masterausgang zugeordnet werden können.
Die Effektauswahl selbst erfolgt mit einem Endlos-Dial, der Effektname taucht beim Suchen jeweils kurz blinkend im Display auf und wird dann mit beherztem Druck auf den Regler geladen. Ist es dieser zusätzliche Schritt, ist es das leichte Flackern der Namen beim Suchen durch die Effektbänke oder ist es das aus schrägem Winkel eher schwer ablesbare Display?
Für dich ausgesucht
Mir gefällt die direkte Anwahl per Drehschalter bei den Mixern der Konkurrenz einfach besser. Noch mehr nervt das Blinken bei der Parametereingabe jedoch im Settings-Menü, das ebenfalls über das blaue Display dargestellt wird.
Ich führe die träge Darstellung auf die Qualität des Display zurück, denn das zweite Display mit den Effektparamatern gefällt mir sehr viel besser: krispe, klare Darstellung aller Einträge. Der zugewiesene FX-Channel, der Time/Length-Parameter und die beiden BPM-Einträge (Channel/FX und Cue) sind alle sehr übersichtlich und gut ablesbar gestaltet.
Die Effekte selbst
… klingen gefällig, aber nicht so effektiv wie bei den üblichen Premium-Club-Mixern. Immerhin gehen Echo und Delay von 4 s bis auf 2 ms herunter, Ping Pong, Loop Roll und Tape Delay von 4 s auf 10 ms. Spektakuläre Delaypitch-Effekte darf man beim Tape Delay aber nicht erwarten. Die gibt es hingegen bei Pitch und Vinyl Brake, letzteres simuliert den Klangeffekt der Stopptaste auf einem Plattenspieler. Wer’s mag …
Wo andere Hersteller pro Kanal noch mehrere „Sound Colour FX“ oder „Mixer FX“ zur Verfügung stellen, bietet der RMX-95 lediglich ein bipolares Tiefpass/Hochpassfilter. Das kommt allerdings mit einem schön griffigen Resonanzregler und sweept geschmeidig durch die Frequenzen, wie in unteren Klangbeispielen gut zu hören ist.
Auf der 12-Uhr-Position des Reglers ist das Filter inaktiv. Es gibt keinen separaten Button, um das Filter auszuschalten. Leider fehlt auch die Möglichkeit, eigene Effekte über einen Send/Return einzuschleifen.
Aber hört am besten einmal selbst rein:
Filter und EQs
Neben der Funktion als Controller für Algoriddim djay Pro AI’s Stem Separation, können die Equalizer auch als „normale“ EQs genutzt werden und leisten dabei einen tadellosen Job. Sie werden entweder global auf klassischen Modus mit -26 dB Dämpfung oder auf Isolator-Modus mit -90 dB Kill-EQ geschaltet, bei jeweils +9 dB Boost.
Das bipolare Tief-und Hochpassfilter profitiert sehr von dem Resonanzregler. Damit macht das Schrauben Spaß, wie in den Klangbeispielen zu hören ist.
Mikrofon
Die Funktionalität der Mikrofoneingänge gefällt mir. Beide klingen gut mit einem Shure SM58, aber auch mit einem Kopfhörer kann man damit schnell mal eine Ansage machen. Der 2-Band-Equalizer reicht für leichte Klanganpassungen aus und die Feedback-Gefahr ist sowieso schon minimiert, weil die Mikrofonkanäle standardmäßig nicht auf den Booth-Ausgang geroutet sind. Das lässt sich in den Settings aber ändern.
Effekte wie Delay, PingPong aber auch Pitch klingen auf dem Mikrosignal ebenfalls gut. Und Achtung: Der rote Knopf mit dem Mikro-Icon ist kein Cue-Button, sondern dient zum Einschalten der beiden Mikrofonwege.
Bei den folgenden vier Klangbeispielen habe ich ein Shure SM-58 über Mikrofon-Eingang 1 in die Effekte Pitch, Vinyl Break, Loop Roll und Tape Delay geroutet.
Haptik & Feel
Abgesehen von den schwergängigen Kanal-Fadern und der etwas unintuitiven Effektanwahl gefällt mir die Haptik des RMX-95. Das Teil wirkt sehr stabil, die Bauqualität lässt auf viele Jahre störungsfreien Betrieb hoffen und wer Mixer von Pioneer gewohnt ist, findet hier zumindest bei den Grundbedienelementen nahezu identische Positionen vor. Die Potis fühlen sich griffig an, die hintergrundbeleuchteten Headphone-Cue-Buttons wackeln zwar etwas, lassen sich aber zielsicher bedienen und insgesamt vermittelt der fett gebaute RMX-95 ein solides Wohlfühlgefühl.
USB
Mit geöffnetem Algoriddim djay Pro AI wird beim Verbinden mit dem Mixer sofort angeboten, den RMX-95 für den DVS-Betrieb zu konfigurieren – praktisch.
Durch die doppelte USB-Soundkarte können zwei Laptops oder iOS-Geräte synchron am RMX-95 betrieben und über die Kanaleingangswahlschalter USB-A und USB-B individuell den Kanälen zugeordnet werden. Auf welchen Kanal des RMX-95 die Ausgänge des jeweiligen Laptops verweisen, muss natürlich in der Software voreingestellt werden.
Weil dem RMX-95 trotz Neural Mix-EQs dann doch die Funktionselemente für Laden, Hot Cues, Loops etc. fehlen, schloss ich dafür meinen hochgeschätzten kleinen Reloop Mixtour Controller an den Hub des RMX-95 an.
Der wurde ebenfalls sofort erkannt und funktionierte Plug-and-Play. Sogar die Equalizer des Mixtour griffen auf die Neural Mix EQs in djay Pro AI zu, gleichzeitig mit denen des RMX-95. Also, der kleine Mixtour kann auch solo zum Betrieb von djay Pro AI genutzt werden.
Neural Mix
OK, das ist schon krasse Technologie. Mal eben mit dem EQ die Drums rausziehen, die Stimme nach vorne holen oder einfach verschwinden lassen – mit Neural Mix ist völlig neues Mixen machbar. Dafür muss nichts exportiert oder importiert, gewandelt oder sonstwie gemagiced werden, das geht einfach so, mit jedem Stereofile, direkt nach dem Laden in djay Pro AI.
Ja, die Qualität ist noch nicht Goldstandard, es geht nicht ohne Artefakte und Glitches. Aber im Mix schon mal eine Gesangsphrase oder Melodie ohne die Musik drumrum aufblitzen lassen oder einen Track, der zu busy ist, nur auf die Drums reduzieren, das klappt schon wirklich ausgezeichnet.
Wir sind hier gerade am Anfang der Stem-Separation-Technologie. Wer sich noch an die gequält klingenden Timestretch-Algorithmen der frühen Nuller-Jahre erinnert, kann erahnen, wie lässig und selbstverständlich Stem-Separation im Jahre 2030 klingen wird. Also: Play with the future!
Für diese Neural Mix-Demo habe ich den gleichen lizenzfreien Track wie bei den übrigen Effektdemos gespielt. Alle Klangmanipulationen sind ausschließlich Neural Mix im Modus Drums – Bass – Melodie.
DVS
Leider standen mir für den Test keine Algoriddim-Vinyls zur Verfügung. Djay erkannte auf meinen Traktor Scratch Vinyls zwar den Timecode, spielte die Tracks jedoch mit doppelter Geschwindigkeit ab. Deshalb habe ich zum Testen der DVS-Funktionalität Traktor Pro 3 mitsamt Traktor Control Vinyl verwendet. Auch das funktionierte nach Zuordnung der Ein- und Ausgänge in den Traktor-Einstellungen tadellos.
Für wen ist das?
Der Reloop RMX-95 ist für alle Fans von Algoriddims Neural Mix-Technologie ein Must-have. Nachdem ich Neural-Mix Demos mit dem Reloop Buddy gesehen hatte, erwartete ich mir einen „richtigen“ Mixer für dieses abgefahrene Feature. Und hier ist er. Schwarz, robust, stabil. Nutzbar mit Laptop, iPad, iPhone, DVS.
Aber auch für User anderer DVS-Systeme oder Ableton Live ist der neue Reloop ein sehr brauchbares Mischpult für weniger als den halben Preis eines „Clubstandardmixers“. Natürlich erkennt man hier und da Argumente für den großen Preisunterschied. Aber der robuste RMX-95 verrichtet seinen Job mit angeschlossenen Plattenspielern, CD-Playern und Computern mit verlässlichem Layout und solider 24 Bit Klangqualität.
Dieser Mixer macht Spaß und kann mit einigen Abstrichen auch im professionellen Bereich eingesetzt werden. In Clubs und im Verleih wird man ihn dennoch selten antreffen, denn lasst uns ehrlich sein: Zwischen die Phalanx aus Allen & Heath und Pioneer passt kaum ein anderer Mixer rein.
Reloop RMX-95 Clubmixer – mögliche Alternativen
Produkt | Reloop RMX-95 | Pioneer DJM-900nexus2 | Allen & Heath Xone.96 | Behringer DJx 900 USB |
Phono-Inputs | 2 | 4 | 4 | 3 |
CD-Inputs | 2 | – | – | 2 |
Line-Inputs | 2+1 | 4 | 4 | 3 |
Mic-Inputs | 2 | 2 | 2 | 1 |
USB-Inputs | 2 | 2 | 2 | 1 |
Sonstiges | Digitaler Multieffekt mit Filter, bipolares Tief-/Hochpassfilter pro Kanal | Sound Color FX, 4 digitale Eingänge, 1 digitaler Ausgang, Send/Return, Pro-Link | analoge Filter, MIDI-Out, Send/Return | Digitaler Multieffekt |
Preis | 1.099,00 Euro | 2.495,00 Euro | 2.349,00 Euro | 289,00 Euro |