Praxis
Für die erste Kennenlernrunde lassen sich die zum Lieferumfang gehörenden Sample-Packs nutzen. Sie enthalten jeweils 96 Samples und sind sehr gut aufeinander abgestimmt, sodass man mit diesen sehr einfach gut klingende Phrasen und Pattern generieren kann. Wer keine eigenen Samples besitzt oder nutzen möchte, kann zusätzliche Sample-Packs ab einem Preis von 2,29 Euro direkt in der App erwerben. Die Auswahl ist groß und deckt zahlreiche aktuelle Dance-Styles ab, wie Trap, Grime, aber auch Hardcore Techno, Latin House und Psytrance.
Eigene Packs können durch die Samples aus den erworbenen Packs zusammengestellt werden, aber natürlich auch durch Importe aus iTunes, AudioCopy und AudioShare oder via Drag&Drop aus einem iPad-Ordner. Interessant finde ich zudem die Option, Loop-Samples direkt aus der DJ App Cross importieren zu können. Dieses gelingt über Hotcue-Punkte und auf Wunsch auch im laufenden Betrieb – klasse! Die extrahierten Loop-Samples werden von Remixlive an das aktuell gewählte Tempo in der App angepasst, sodass sich die neu kreierten Samples direkt nutzen lassen.
Weitere Alternativen zur Generierung neuer Inhalte stehen durch verschiedene Aufnahmeoptionen zur Verfügung. Zum einen können Samples per Mikrofon aufgezeichnet werden, hier lassen sich interessante Field-Recording-Mitschnitte zur Untermalung nutzen und zum anderen können auch Pattern per Fingerdrumming aufgezeichnet werden.
Für dich ausgesucht
Einsatzszenarien
Wie eingangs erwähnt, kann Remixlive in verschiedenen Szenarien genutzt werden. Verwendet man diese „standalone“ zu Hause oder im Studio, lassen sich variantenreiche musikalische Phrasen oder abwechslungsreiche Drum-Pattern erzeugen und mit der internen Recording-Funktion aufzeichnen. Die Aufnahmen können per E-Mail verschickt oder zu Soundcloud hochgeladen werden. Die auf diese Weise generierten Inhalte lassen sich in Remix-Decks in Traktor Pro, in den Sampler von Serato DJ Pro oder ein anderes DJ-Programm laden und zur Ergänzung eines DJ-Sets nutzen.
Alternativ lässt sich Remixlive aber auch direkt als ergänzender Zuspielspieler in ein DJ-Set einbinden. Zur Synchronisation dient die System- und Software-übergreifende Funktion Ableton Link, die per Netzwerk mit den verschiedenen Programmen und Apps agiert. Sobald Ableton Link in allen beteiligten Programme und Apps aktiviert wird, synchronisieren sich die Tempi von selbst.
Die Liste der Ableton-Link-fähigen Programme wächst kontinuierlich, sodass sich hier eine große Auswahl bietet. Für macOS und Windows kann man die DJ-Programme Traktor Pro, Serato DJ Pro, Cross, VirtualDJ 2018 oder natürlich Ableton Live für eine gemeinsame Session auswählen.
Theoretisch lässt sich Remixlive auch mit einem klassischen Plattenspieler- oder CD-Player-Setup kombinieren, sofern man die aktuelle Track-Geschwindigkeit ermittelt hat, doch leider fehlt es hier an einer Nudge-Funktion, um das Pattern passgenau anschieben oder abbremsen zu können – vielleicht kommt dieses Feature ja noch.
Ganz gleich ob man Remixlive standalone oder synchronisiert nutzt, lassen sich kreative Pattern mit Leichtigkeit generieren. Die fertigen Packs sind dazu perfekt zusammengestellt, sodass Fehlbedienungen kaum möglich sind. Neben den tonalen Abstimmungen sorgen die Start-Quantisierungen dafür, dass das musikalische Ergebnis immer stimmig ist. Bei eigenen Sample-Zusammenstellungen sollte man hier entsprechend sorgfältig vorgehen, denn ein Vorhören von Samples ist nicht möglich. Die Samples lassen sich mit den Bordmitteln der App bequem bearbeiten und in Echtzeit mit den gut klingenden Effekten modifizieren.
Step-Sequenzing
Durch die Implementierung des Step-Sequenzers, wurden die kreativen Optionen von Remixlive noch einmal deutlich erweitert. Mit wenigen Handgriffen lassen sich Drumpattern im Sechzehntel-Beatraster programmieren und per bildschirmfüllender Darstellung editieren und modifizieren. Um gezielt zu arbeiten, kann man zudem den Verfolgermodus deaktivieren, was gerade bei längeren Pattern zu empfehlen ist.
Die Justierung der Parameter Velocity, Offset, Duration, Roll und Pitch erfolgt nach „Gehör“, da auf Skalen oder andere Einblendungen von Einheiten verzichtet wurde. In der Praxis fand ich das vor allem für die Parameter Pitch und Duration störend, da man keine gezielten Tonhöhen und Notenlängen wählen kann und zudem die jeweiligen Auswahlraster sehr engmaschig sind.
Zum Kreieren tonaler Inhalte empfiehlt sich daher das Ausweichen auf die Einspielmöglichkeiten. Hierzu wählt man im Recording Menü die Option „Drums&Sounds“ und aktiviert die Aufnahmefunktion. Nach der Selektion des gewünschten Aufnahmeslots im Step-Sequenzer-Arbeitsbereich wird automatisch das Drum-Grid eingeblendet und der gewünschte Sound und die Aufnahmelänge in Beats lassen sich selektieren.
Für tonale Einspielungen kann eine Klaviatur eingeblendet werden. Die Klaviatur umfasst im Modus „Keys“ die Tonlagen C1 bis H4 und kann alternativ auch auf Tonarten in Kombination mit den Skalen Major, Minor, Harmonic minor, Melodic minor, Dorian, Phrygian, Mixolydian und Locrian reduziert werden, um das Einspielen zu erleichtern. Einspielfehler sind mit „Undo“ korrigierbar und durch Selektion von „Clear“ wird das gesamte Pattern gelöscht.
Aktiviert man die Quantisierungsfunktion für „Drum“, landen die aufgenommen Noten (auch die von nicht perkussiven Instrumenten) mehr oder weniger passgenau auf dem voreingestellten Wert, eventuelle kleinere Abweichungen lassen sich durch Auswahl des Parameters „Offset“ im Step-Sequencer einblenden und bei Bedarf korrigieren. Aktiviert man zudem die Option „Enable drums keyboard velocity“ lassen sich auch lautstärkedynamische Pattern erzeugen – nice!
Songs aufnehmen
Der neue Song-Modus in Remixlive erlaubt das Arrangieren von Songs am Reisbrett oder im Recording-Verfahren. Wählt man die klassische Arrangiermethode, lassen sich die Loop-Samples und Drum-Grid-Pattern in einem seitlich angeordneten Menü aus einer spurenspezifischen Auswahl selektieren und untereinander auf der Timeline anordnen. Das Auswahlmenü zeigt an, wie viele Elemente pro Spur zur Verfügung stehen, allerdings funktioniert diese Einblendung nur für Loop-Samples und für Grid-Pattern, die ab Werk erstellt wurden.
Kreiert man eigene Pattern, erhöht sich die Anzahl nicht. Insgesamt wirkt die aktuelle Version 6.0.5. noch nicht ganz ausgereift, das es immer mal wieder zu Abstürzen kommt oder sich die App „verschluckt“, in dem Befehle deutlich verzögert, falsch oder gar nicht ausgeführt werden – ich gehe mal davon aus, dass ein Bugfixing des Herstellers in naher Zukunft erfolgt. Das Arrangieren funktioniert recht ordentlich, hier kann per Zoomfunktion ein detailliertes Bearbeiten erfolgen und durch ein längeres Drücken auf den Bildschirm spannt sich ein Lasso auf, um mehrere Spuren parallel modifizieren zu können.
Da es kein Handbuch gibt lassen sich Funktionen wie die eben genannte allerdings nur durch Zufall oder akribisches Ausprobieren herausfinden, was ich als echten Minuspunkt notieren möchte.
Nutzt man die Recording-Funktion und wählt die Option „Song“, protokollierte die App das Starten und Stoppen von Samples in der Loop- und der Sequencer-Sektion. getriggerte Samples im Drum-Grid dagegen finden keine Berücksichtigung und Parameteränderungen im Mixer- und Effektbereich werden ebenfalls nicht aufgezeichnet. Ein wenig Luft nach oben ist also noch.
MIDI-Controller in Remixlive programmieren
Für meinen Praxischeck habe ich einen IK Multimedia iRig Pad-Controller an das iPad angeschlossen, der von den App identifiziert, aber nicht automatisch gemappt wird. Der Controller hat allerdings nur 16 Pads, hier empfehle ich, wenn möglich die Nutzung eines Geräts mit einer größeren Pad-Ausstattung, damit die Steuerung umfassend und ohne lästiges Umschalten gelingt. Alternativ zu einem Pad-Controller lassen sich auch MIDI-Keyboards nutzen, um musikalische Phrasen einfacher einspielen zu können.
Nach der Verkabelung kann der Controller im Einstellungsmenü programmiert werden. Hierzu wird eine Liste mit App-Bereichen aufgelistet:
- Panels
- Live Set
- Grids
- FX
- Mixer
- Song
- Projekt
App-Bereiche und Programmiervorgang
Die App-Bereiche beinhalten die Funktionen, die sich mit der Hardware steuern lassen. So findet man globale Ansichtsumschalter unter Panels, Auswahloptionen für Projekte unter Live Sets und zahlreiche Möglichkeiten Loops, Drums etc. direkt anzusteuern, wenn man Grids selektiert. Des Weiteren sind Effekte per XY kontrollierbar sowie Mixerparameter. Unter dem Bereich Song gibt es Start- und Stopp-Befehle und Projekt ermöglicht Zugriffsteuerungen auf die Projektbibliothek.
Der Programmiervorgang erfolgt recht unaufgeregt und fix durch die Auswahl der zu steuernden Funktion auf dem iPad und dem Drücken eines Pads, einer Taste oder einem anderen Bedienelement am Controller. Beleuchtungen für Pads oder andere Feinheiten lassen sich aktuell nicht zuweisen.
Remixing
Ausgangspunkt für einen Remix ist das Projektfenster in Remixlive 7. Hier gibt es den neuen Menüpunkt „AI Remix Project“. Nach dessen Selektion öffnet sich ein Fenster das den Zugriff auf Songdateien erlaubt, die sich im Speicher des iPads oder der iCloud befinden.
Nach der Selektion eines Songs startet der Analysevorgang, der mit einem iPad Air 3 im Modus „Precise“ für einen vierminütigen Track ca. eine Minute und vierzig Sekunden dauert. Im Modus „Fast“ waren es ca. drei Sekunden weniger, nun ja.
Der in vier Stems zerlegte Song wird von der App in sechs gleichmäßige Bereiche unterteilt. Um brauchbare Loops für einen Remix zu erzeugen, lassen sich die Bereiche individuell verschieben, löschen, neu anlegen und auch benennen, damit die Übersicht gewahrt bleibt. Beim anschließenden Sichern erfolgt eine Übertragung auf das Loop-Grid (6×8 Matrix). Dies bedingt, dass sich maximal sechs Bereiche anlegen lassen. Die Einordnung der erzeugten Loops erfolgt farblich und inhaltlich getrennt nach Drum, Bass, Instrumente und Vocals.
Beatgrids
Diese vorbereitenden Schritte sind bei machen Songs durchaus etwas aufwändig, da die von der App platzierten Beatgrids nur am Anfang des Songs exakt sitzen. Und sich (Stand 07/2022) auch nicht manuell nachbearbeiten lassen. In meinem Test trat dieses Phänomen leider nicht nur bei Songs auf, die mit „echten“ Instrumenten eingespielt wurden, sondern auch bei elektronisch programmierten Techno- und House-Tracks. Hier hoffe ich mal auf eine baldige Performance-Verbesserung oder einer Möglichkeit das Beatgrid per Hand setzen zu können.
Loop-Samples
Mit den Loops startet der eigentliche Remix-Vorgang. Die Loop-Samples lassen sich umfassend bearbeiten und beliebig miteinander kombinieren und austauschen. Möchte man beispielsweise einen Pop-Song mit House-Beats und einer elektronischen Bassline unterlegen, so löscht man die Samples des Originals und selektiert neue aus dem großen Samplevorrat der App. An dieser Stelle kann man sich von dem neuem Vorschlagssystem unterstützen lassen, das die passenden Samples aus der Sammlung recht treffsicher heraussucht.
Ist man mit seinen Remix-Parts zufrieden, kann eine Aufzeichnung und anschließende Nachbearbeitung im Song-Modus erfolgen. Der neue Remix ist als Datei auf dem iPad speicherbar, kann aber natürlich auch exportiert und danach in ein DJ-Set integriert werden.
Klangqualität der Stems
Bezüglich der Klangqualität der Stems habe ich ein paar Audiobeispiele aufgenommen, die einen kompletten Song und seine einzelnen Stems umfassen. Hier darf man keine Studioqualität erwarten, da ja aus einem komplexen Audiofile Extrakte erzeugt werden und sich hier immer Überlagerungen ergeben. Die gebotene Qualität entspricht in etwa der, die man aus den DJ-Programmen kennt, sodass man Remixe für den DJ-Gebrauch durchaus damit machen kann. Große Klangunterschiede zwischen den beiden Modi (Auto, CPU&GPU) konnte ich nicht feststellen.
Tronmusik sagt:
#1 - 20.09.2024 um 19:13 Uhr
Diese App Remixlive ist einfach der Hammer Samplepacks noch und nöcher bald jede Woche neue Samplepacks das für 9,99 im Monat ein Traum. Da kann sich ja Bandlab ne Scheibe von abschneiden.