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Retro Instruments OP-6 Test

Den Retro Instruments OP-6 Test wollte ich eigentlich anders überschreiben. Und zwar „Gott (einkanalig)“ oder so. Aber das hätte zu viel verraten. Clones des Röhren-Preamps von RCA sind selten, da recht aufwändig. Von Retro – bekannt nicht zuletzt für Nachbauten des legendären Sta-Level gibt es jedoch eine Wiederauflage des Mic-Pre-Klassikers.

RCA OP6 Clone

Details

Retro Instruments OP-6: Nicht der teuerste Preamp pro Kanal 

Ich hatte den OP-6 einmal als teuersten Preamp bezeichnet. Zugegeben, über 4000 Euro ist geradezu wahnwitzig viel Geld, bedenkt man, dass die wesentliche Aufgabe auch von kleinen Chips erledigt werden kann, die in der Herstellung Bruchteile von Centbeträgen kosten. Doch es geht noch teurer, denn eine Spitzenposition belegt der in Pro Audio wie HiFi aktive Hersteller EAR/Yoshino („Esoteric Audio Research“) mit seinem EAR 824M. Auch LaChapell, D.W. Fearn und weitere sind keine Schnäppchen. Gesuchte Vintagegeräte übersteigen diese Preise noch mit Leichtigkeit. Für ein gut gewartetes Modell eines echten RCA OP-6 zahlt man ebenfalls Preise, die über dem des Reissues liegen.

Meter

“Portable Amplifier” – Echt jetzt?

Aber bei einem solchen Test ist wohl weniger wichtig, was ein Gerät kostet, sondern, was es kann. Und im Falle eines Clones auch, wo es herkommt. Also: Radio Corporation of America, vielleicht bekannter unter dem Kürzel RCA, war auf vielen tontechnischen Geräten zu lesen, die sie entwickelt oder beauftragt haben. So auch beim RCA OP-6. Mit dessen Hilfe war es möglich, auch vor Ort Radioübertragungen zu ermöglichen. Schlielich ist der OP-6 ein sehr mobiler Mikrofonpreamp. Mobil? Richtig gehört: Das Gerät wurde explizit für seine Mobilität gerühmt, denn mit einem Metallcover für die Vorderseite und einem Griff an der Oberseite ließ es sich transportieren – anders als einige andere aus dieser Zeit. Das vielleicht etwas merkwürdig, ist aber schlichtweg eine Frage der Epoche. 

Housing OP-6
Fotostrecke: 3 Bilder Klappe vorne installiert – schon…

Sinvolle Erweiterungen des RCA-Originals

Originale OP-6 gibt es durchaus zu kaufen. Allerdings haben sie viele Betriebsjahrzehnte auf dem Buckel, doch sind manche durchaus gut gewartet. Retro haben den Clone zum Anlass genommen, ein paar heute sinnvolle Erweiterungen zu implementieren, so wie auch Melodium im 42Bn einige sinnvolle Änderungen vorgenommen haben. 

Wer einen RCA OP-6 nutzt, wird in heutigen Umgebungen einige Dinge vermissen, die heute typisch für Preamps sind. Dazu zählen heute übliche Features wie XLR-Anschlüsse, 48V-Phantomspeisung, Polaritätsinvertierung, Vordämpfung und ein DI-Input. Die Impedanz ist bei Originalen ebenfalls umschaltbar, aber das ist nicht wie beim Retro OP-6 mit einem Dreh am Schalter erreicht, sondern benötigt das Öffnen des Gehäuses. ganz praktisch ebenfalls: Das große, stilbildende VU-Meter erlaubt auch die Spannungsanzeige für die Röhren! Stimmt irgendwo etwas nicht, ist das damit schnell zu erkennen. Trotz dieser vielen Änderungen bleibt der klassische Look bestehen.

Pad, 48V, Phase
Diese Standards eines Mic-Preamps gab es beim RCA-Original nicht. Beim Retro schon, gemeinsam mit anderen Erweiterungen.

Fünf NOS-Stahlröhren

Im Retro OP-6 arbeiten geschlagene fünf 6J7-Pentoden. Diese auch als VT91 bekannten Röhren sind wie im OP-6 oft als Stahlröhren ausgeführt und besitzen zusätzlich zum Oktalsockel einen Kopfkontakt. Gebaut wurden diese Röhren von 1935 bis 1945. Derartige NOS(„New Old Stock“)-Röhren sind im OP-6 verbaut. Bei wem die Alarmglocken schrillen: Die Versorgungslage mit NOS-Röhren gilt als durchaus ok. Ein Set mit in einem OP-6 geprüften 6J7 kostet derzeit unter 200 Dollar. Zum Vergleich: Das Set für den Sta-Level-Kompressor kostet 300. Die Übertrager sind keine alten Originalen. Der durchaus nicht übliche Aufbau vor allem des wichtigsten Trannys hat zur Folge, dass man nicht einfach irgendwo ins Regal greifen konnte: Retro hat die Übertrager bei Cinemag in Auftrag gegeben. 

Stahlröre Verstärker
Diese NOS-Pentode ist Jahrzehnte alt: 6J7 wurden von 1935-1945 gebaut.
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