Beginnt ein Schüler ein neues Stück im meinem Klavierunterricht, sehe ich oft folgendes Bild. Der Schüler schaut sich das Stück kurz an und spielt dann einfach gleich mit beiden Händen drauf los. Meistens kommt er oder sie bis in den zweiten Takt, dort beginnen die Probleme, und spätestens im dritten Takt muss dann abgebrochen werden. Grund dafür ist die falsche Vorgehensweise beim Klavier üben. Genau hier setzt unser Workshop „Rhythmus und Takt lernen beim Klavierspielen“ an, um die Probleme beim Erkennen von mit Noten geschriebener Rhythmik auszumerzen.
Welche Fehler man beim Klavier üben machen kann und warum die in der Einleitung beschriebene Vorgehensweise nie funktioniert, kannst du in diesen Artikeln nachlesen:
- 8 Tipps zum Üben wie die Profis
- Die 7 häufigsten Anfängerfehler beim Klavier lernen
- Darum machst du beim Klavier üben keine Fortschritte mehr
Dort lernst du, was beim Klavier üben wirklich wichtig ist, wie Lernen überhaupt funktioniert und wie genau du am besten beim Einstudieren neuer Stücke vorgehst.
Interessant bei dem oben beschriebenen Unterrichts-Szenario ist für mich aber noch eine weitere Beobachtung. Das Noten lesen macht den meisten Schülern eher weniger Probleme. Selbst vom Blatt werden die Töne meist recht schnell erfasst und auch auf den Tasten gefunden. Womit allerdings fast jeder Schüler sehr große Schwierigkeiten hat, ist der Rhythmus, also wann welche Note wie lange gespielt werden muss.
Sehr selten höre ich schon beim ersten Mal den richtigen Rhythmus, meistens klappt es ohne fremde Hilfe überhaupt nicht. Besonders schwer wird es, wenn kleinere Notenwerte wie Achtel oder Sechzehntel im Spiel sind und zudem Haltebögen vorkommen. Erkennst du dich darin wieder? Kannst du Rhythmen wirklich exakt lesen? Oder rätst du dabei eher?
Gleich zu Anfang ein bisschen Praxis:
Schau dir mal dieses Notenbeispiel an und sei ganz ehrlich? Könntest du es auf Anhieb spielen?
Zu welchem Ergebnis bist du gekommen? Warst du erfolgreich?
So hätte das Ganze klingen müssen.
Falls du zu einem anderen oder gar keinem Ergebnis gekommen bist, solltest du unbedingt weiter lesen. Denn in der Musik ist der Rhythmus ja bekanntlich sehr wichtig, für jedes Instrument. Beim Schlagzeug spielen kommt man zum Beispiel ganz ohne „herkömmliche“ Töne aus. Ein Instrument, das ohne Rhythmus gespielt wird, gibt es allerdings nicht.
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In dem oben bereits erwähnten Artikel 8 Tipps zum Üben wie die Profis lernst du, dass man das zu übende Stück am besten in dessen Einzelteile zerlegt. So kann man sich auf ein Problem konzentrieren und wird nicht von anderen Dingen abgelenkt.
Unser Workshop führt dich Schritt für Schritt daran einen notierten Rhythmus richtig zu verstehen und zu spielen. Um dir diese Materie so verständlich wie möglich nahe zubringen, haben wir den Workshop in sechs Themenblöcke untergliedert, die dir helfen sollen, schnell zum Ziel zu kommen.
1. Töne und Rhythmus getrennt betrachten
2. Rhythmus lesen und verstehen
3. Rhythmus klopfen
4. Töne spielen statt klopfen
5. Nach unterschiedlichen Pulsrastern üben und Tempo steigern
6. Lernerfolg durch verstehen
Los geht’s!
1. Töne und Rhythmus getrennt betrachten
Wie ist eine Melodie eigentlich aufgebaut?
Eine Melodie besteht immer aus zwei Komponenten, nämlich aus Tönen und dem dazugehörigen Rhythmus. Trenne am Anfang die Töne vom Rhythmus.
Töne lernen
Um die Melodie später richtig spielen zu können, a) mit den richtigen Tönen und b) mit dem richtigen Rhythmus, werden wir sie am Anfang nach getrennten Gesichtspunkten betrachten. Zunächst betrachten wir nur die darin verwendeten Töne, ohne auf den Rhythmus selbst zu achten, der mit den unterschiedlichen Notenwerten vorgegeben wird. Wie man sich diesen Gedankengang bildlich vorstellen kann, zeigt die nachfolgende Grafik.
Spiele also im ersten Schritt einfach die Töne der Melodie um diese kennen zu lernen und vernachlässige den Rhythmus.
Rhythmus lernen
Diese Technik machen wir uns auch im nächsten Schritt zu Nutze: Dieses Mal ist der Rhythmus im Fokus, um uns ihm ganz widmen zu können und um nicht von Tönen abgelenkt zu werden. Schau dir dazu einmal diese Melodie an.
Den Rhythmus der Melodie getrennt betrachten.
Keine Angst, du musst das nicht sofort spielen können. In einem Beitrag auf ARTE über den russischen Star-Geiger Maxim Vengerov verriet der Violinist ganz offen, dass er nicht in der Lage sei neue Partituren nur mit seinem Hauptinstrument einzustudieren. Er setze sich dazu an sein E-Piano und spiele sich Stelle für Stelle auf der Klaviatur vor und anschließend mit der Geige nach. Du siehst, selbst Profis verwenden Tricks. Dann darfst du das auch.
Wir ziehen jetzt den Rhythmus aus der Melodie um ihn im Detail zu betrachten. Wenn du also deine Noten betrachtest, achte nicht auf die unterschiedlichen Tonhöhen, sondern konzentriere dich lediglich auf ihre Position im zeitlichen Verlauf. Umgesetzt in eine Grafik, sieht das dann so aus:
2. Rhythmus lesen und verstehen
Wie wird Rhythmus richtig gelesen?
Wie du in diesem Beispiel siehst ist es hier durchaus sinnvoll, die Taktangabe als Hilfe zum Verstehen des notierten Rhythmus zu nutzen. Die Striche unter den Noten stehen für die vier Zählzeiten, die wir in einem 4/4-Takt vorfinden. Allerdings wollen wir in unserem ursprünglichen Beispiel ja viel kleinere Notenwerte lesen, deshalb brauchen wir ungeachtet der Taktangabe eine feinere zeitliche Unterteilung. Hierzu untersuchen wir die zu lesende Stelle auf den kürzesten Notenwert. Das ist in unserem Fall die sechzehntel Note.
3. Rhythmus klopfen
Wie lerne ich den Rhythmus richtig?
4. Töne spielen statt klopfen
Rhythmus üben mit den Tönen der Melodie
Jetzt, da wir wissen, wie das Ganze rhythmisch klingen muss und wir auch schon die Motorik durch das Klopfen geübt haben, verwenden wir nun die zuvor gelernten Töne der Melodie und spielen sie in der korrekten Rhythmik bei ganz langsamem Tempo. Erst dann, wenn die Melodie tonlich und rhythmisch sauber im langsamen Tempo gespielt werden kann, wird das Tempo langsam gesteigert.
Das hat folgende Gründe: Erstens müssen wir irgendwann wieder zu unserem ursprünglichen Takt zurückkehren, und das bedeutet dann ein schnelleres Tempo. Zweitens können wir durch das langsame und gleichmäßige Steigern der Geschwindigkeit alles, dass wir lernen sicherer machen. Und drittens wiederholen wir dadurch alles sehr oft und das ist für einen positiven Lerneffekt wichtig. Nicht umsonst nennt man die Wiederholung auch die Mutter des Lernens.
5. Nach unterschiedlichen Pulsrastern üben und Tempo steigern
Was passiert, wenn das Pulsraster verändert wird?
Im nächsten Schritt verändern wir nun den Notenwert unseres Pulses zu einer Achtel.
Dadurch werden wir automatisch wieder schneller, da wir die Anzahl der Taktgeber-Schläge ja halbiert haben.
Zum Schluss ändern wir nun unseren Takt auf die ursprüngliche Taktangabe, also Viertel.
Damit werden wir noch einmal schneller.
Worauf muss ich achten?
Das “schneller” werden ist eine tückische Phase, in der du dich gut konzentrieren solltest. Kommt es zu Problemen, zähle einfach wieder den kleineren Notenwert als Puls und nimm später einen neuen Anlauf. Irgendwann wird es dann klappen.
6. Lernerfolg durch verstehen
Was hast du gelernt?
Anfangs konntest du mit dem präsentierten Notenbild rhythmisch nicht viel anfangen, erinnerst du dich? Aber jetzt, da du die Stelle schon so oft geklopft hast, erst ganz langsam mit Übersicht und Kontrolle und inzwischen sogar im Originaltempo, ist das nicht mehr schwer. Selbst das Spielen der gerlernten Melodietöne zur vorher geklopften Rhythmik fällt dir jetzt schon viel leichter, da du den Rhythmus verstanden hast
Jetzt ist es an der Zeit, dich noch mehr auf dein Gehör zu konzentrieren. Die Motorik läuft inzwischen quasi schon von alleine, ohne, dass du daran denken musst. Also klopfe die Stelle noch ein paar Mal und höre dir ganz genau zu, schließe dazu auch gerne die Augen. Höre erst damit auf, wenn du den Rhythmus völlig verstehst und er dir so geläufig ist, wie der eines Songs, den du schon sehr lange kennst. Erst dann hast du die Stelle rhythmisch wirklich gelernt und kannst die Töne der Melodie richtig umsetzen.
Nehmen wir zum Schluss diesen Song. Brauchst du dazu noch Noten, um den Rhythmus klopfen zu können?
Queen – We Will Rock You
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Mehr InformationenLernschritte durch Wiederholung verinnerlichen
Wenn du dir etwas am Klavier erarbeitest, solltest du immer auf das Gefühl warten, dass alles ganz leicht ist. Und danach noch ein paar mehr Wiederholungen spielen oder klopfen, bei denen du ganz genau auf den Klang achtest. So entsteht die perfekte Symbiose aus Bewegung, Gefühl, Visualität und Klang. Ohne diesen Vorgang musst du jede neue Stelle immer wieder mühsam lesen und hast dabei das Gefühl, dich überhaupt nicht zu verbessern.
Das ist auch das offene Geheimnis aller hochkarätigen Musiker. Ein bestimmtes Notenbild wurde so oft geübt und auch als Klang abgespeichert, dass ein Blick auf die Noten reicht, um ein Stück sofort spielen zu können. Auch wenn das nicht dein Ziel sein sollte, langfristig verbessert sich nur so dein eigenes Klavierspiel.
Praktische Hilfsmittel zum Rhythmus lernen
Das Smartphone als unbestrittene Nummer Eins in der Rangliste der permanenten Alltagsbegleiter ist überall dabei und lässt sich auch neben seinen sonstigen Aufgaben als echter Rhytmustrainer verwenden.
Mit der DM1 App aus dem Hause Fingerlab erhält man z. B. für wenig Geld eine gut funktionierende IOS-App, die sich – vielseitig ausgestattet – an alle Musiker richtet. Wie sie funktioniert, und welche Erfahrungen damit gewonnen wurden, kann man unter diesem Artikel nachlesen.
Fazit
Du kennst jetzt eine einfache Methode, jeden Rhythmus zu verstehen und ihn dann auch klopfen und spielen zu können. Jetzt bist du wieder gefragt. Sei fleißig und stürze dich am besten auf jeden Rhythmus, der dir über den Weg läuft. Besorge dir viele Noten und klopfe täglich zehn Minuten nur den Rhythmus verschiedenster Stellen, dann werden sich deine rhythmischen Probleme bald völlig in Luft auflösen.
Tipp: Weitere interessante Themen rund um das Klavier lernen und spielen findet ihr in unserem Artikel: Klavier lernen – Tipps für Anfänger und Profis