Praxis
Im Live-Betrieb ist der Fußschalter zur Steuerung der Sounds sehr hilfreich, hier können die Kanäle umgeschaltet, der Boost (Preamp Gain Boost) aktiviert und der Effektloop ein- und ausgeschaltet werden. Wir starten unseren Rundgang erst einmal mit den Sounds des “normalen” Amps, angeschlossen an meiner Marshall 4×12 Box und mit einem Neumann TLM103 abgenommen. Die Sounds über den Direct Out kommen später an die Reihe.
Channel 1
Die neutrale Einstellung generiert einen sehr ausgewogenen Sound, es gibt keine Überbetonung eines bestimmten Frequenzbereiches. In Beispiel 1 hört ihr die neutrale Einstellung der Klangregelung mit einer Strat. Mit der Bright Funktion (Bsp. 2) werden die Höhen angehoben, etwas muffigere Gitarren erhalten damit einen frischeren Sound. Wenn es richtig knackig klingen soll, ist das die richtige Wahl, auch bei höheren Settings des Treble-Reglers im Bright Mode wird der Ton in den Höhen nicht allzu bissig. Der Wechsel der Mittenfrequenz eignet sich ganz gut, etwas kräftigere Gitarren im Sound schlanker zu machen. Ich habe in Beispiel 3 und 4 die Les Paul im Einsatz. Obwohl ich die Mitten schon etwas abgesenkt habe, klingt die Gitarre vor allem im unteren Mittenbereich noch recht wuchtig. Durch die Veränderung der Mittenfrequenz (Ziehen des Mittenreglers) wird der Sound wesentlich schlanker. Etwas dreckiger wird das Ganze, wenn der Gain-Regler über die 12-Uhr-Marke wandert. Je nach Ausgangsleistung der Pickups sind dann Overdrivesounds im Angebot (Bsp. 5, 6).
Bsp. | Gain | Treb | Mid | Bass | |
---|---|---|---|---|---|
1 | Clean – Alle Regler auf 12 Uhr (Strat) | 12 | 12 | 12 | 12 |
2 | Clean – Alle Regler auf 12 Uhr & Bright On (Strat) | 12 | 12P | 12 | 12 |
3 | Clean – Mid-Regler normal (Les Paul) | 12 | 14 | 10 | 14 |
4 | Clean – Mid-Regler herausgezogen (Les Paul) | 12 | 14 | 10P | 14 |
5 | Crunch – leichte Übersteuerung (Jaguar P90) | 14 | 17 | 14 | 10 |
6 | Crunch – Max. Gain (Tele) | 17 | 14P | 14P | 11 |
Channel 2
Der Channel 2 sorgt für die Zerrsounds, und da geht es auch schon recht früh zur Sache, ab Gain auf 10 Uhr wird ein ordentliches Brett gefahren. Während Channel 1 in punkto Dynamik noch recht gut mitarbeitet, ist beim zweiten Kanal ein erhöhtes Kompressionsverhalten angesagt. Die Variationen des Grundsounds mit dem Voicing-Regler bewegen sich eher in einem kleinen Bereich, aber man kann mit ihm den Klang recht gut an die angeschlossene Gitarre anpassen. In Beispiel 7 hört ihr alle sechs Möglichkeiten bei neutraler Klangeinstellung. Das Zerrverhalten hat in diesem Kanal keine große Bandbreite, es geht bei ca. 10 Uhr mit Mid-Gain-Sounds los, dann nimmt der Zerrgrad bis ca. 13 Uhr zu und in den höheren Settings wird der Sound etwas dichter und komprimiert stärker. Die Extrem-Einstellungen des Gain-Reglers könnt ihr in Beispiel 8 hören. Dynamische Spielereien und die Regelung des Zerrgrades mit dem Volume-Poti an der Gitarre sind beim Channel 2 nicht unbedingt angesagt, man muss das Volume-Poti schon sehr weit zurücknehmen, um den Sound zu “entzerren” (Bsp. 10). Dafür gibt es aber ein kerniges Brett und einen sehr standhaften Ton mit gutem Sustain. Die Klangregelung hat einen hohen Wirkungsgrad, hier lassen sich viele Facetten der Zerrsounds einstellen, und wem das nicht reicht, der schaltet einfach den graphischen EQ so, dass er Einfluss auf den Lautsprechersound hat, zum Beispiel ganz gezielt für Mid Scoop Sounds d(Bsp. 10).
Für dich ausgesucht
Bsp. | Gain | Bass | Mid | Treb | Mas | Pres | Voic | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
7 | Voicing – alle Einstellungen (Les Paul) | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 | 1-6 |
8 | Gain – versch. Einstellungen (SG) | 8-12-17 | 10 | 14 | 14 | 12 | 15 | 3 |
9 | Volume an der Gitarre zuerst auf 2, dann 10 (Les Paul) | 13 | 11 | 14 | 14 | 12 | 14 | 1 |
10 | Einsatz des Graphic EQ – zuerst aus- dann eingeschaltet (Les Paul) | 14 | 12 | 14 | 10 | 12 | 14 | 4 |
Direct Recording
Die Marshall Box wird jetzt vorzeitig in den Feierabend geschickt und der Venus Recording Head direkt an das Audio-Interface angeschlossen. Die Speakersimulation übernimmt nun der interne 11-Band-EQ. In Beispiel 11 geht es erst einmal nüchtern los und ihr hört den klanglichen Unterschied zwischen purem Preamp-Signal und aktiviertem EQ in der neutralen Stellung. Der EQ hat schon in der neutralen Mittelstellung eine Höhenabsenkung, die ab 4 kHz greift und dann recht linear die weiteren Frequenzen absenkt. Mit dem Equalizer kann nun Feinarbeit in der Klanggestaltung vorgenommen werden und da lohnt sich ein Blick in die Bedienungsanleitung, denn hier sind einige Settings abgebildet, bei denen verschiedene nachgebildete Klangcharakteristika von Lautsprecherboxen mit Mikrofonabnahme angeboten werden. In Beispiel 12 hört ihr das Setting eines Creamback Speakers mit SM57 und in Beispiel 13 ist ein simulierter Blue Alnico zu hören. Mit dem Equalizer kann der Sound sehr feinfühlig eingestellt werden, ihr hört in Beispiel 14 und 15 zwei leicht unterschiedliche Settings des EQs bei gleicher Einstellung der Preamp-Regler. Allerdings haut mich persönlich der Sound in dieser Disziplin nicht vom Hocker. Bei den Cleansounds in Channel 1 klappt es recht gut, man erhält einen knackigen und präsenten Ton, der sich auch gut im Mix durchsetzen kann, aber mit den Zerrsounds bin ich nicht hundertprozentig zufrieden. Da habe ich schon Amps mit Speakersimulationen im Test gehabt, die einen besseren Zerrsound lieferten, der zudem schneller einzustellen und einfacher reproduzierbar war. Natürlich spielt dabei auch der eigene Geschmack und die Soundvorstellung eine Rolle, deshalb wird diese Anmerkung nicht in die neutrale Endbewertung einfließen.
Bsp. | Gain | Bass | Mid | Treb | Mas | Pres | Voic | |
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11 | Channel 2 – ohne und mit EQ (Les Paul) | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 | 2 |
12 | Channel 1 – Clean (Strat) | 12 | 14 | 14P | 13P | – | – | – |
13 | Channel 1 – Dirty (Tele) | 13 | 15 | 14 | 15P | – | – | – |
14 | Channel 2 – Mid Gain – EQ Setting A (Les Paul) | 14 | 15 | 13 | 13 | 13 | 15 | 3 |
15 | Channel 2 – Mid Gain – EQ Setting B (Les Paul) | 14 | 15 | 13 | 13 | 13 | 15 | 3 |