Der ADI-2 Pro ist ein weiteres Geschenk von RME an sich selbst, denn gefeiert wird das zwanzigjährige Bestehen. Und das nicht zu knapp: Nachdem vor kurzem erst das RME UFX+ vorgestellt wurde, kündigte man bereits das UFX2 an. Beide sind die konsequente Fortsetzung der äußert beliebten Fireface-Serie, welche RME zu dem Ruhm führte, den sie heute genießen.
Der ADI-2 Pro hat auch einen Vorfahren, den ADI-2. Dieser war noch als reiner AD/DA konzipiert – kam also ohne Computeranbindung aus – und ist mittlerweile sieben Jahre alt. Kinder, wie die Zeit vergeht!
Details
Kein Audiointerface
Der RME ADI-2 Pro ist ein High-End-AD/DA-Wandler inklusive USB-2-Schnittstelle. Natürlich könnte man ihn auch als Audiointerface bezeichnen, das würde dem Gerät aber irgendwie nicht gerecht werden, zumal „Interface-Basics“ wie ein Mikrofonvorverstärker, ein DI-Eingang oder Direkt-Monitoring nicht vorhanden sind. Das braucht es aber auch nicht, ich wollte es nur bereits an dieser Stelle erwähnt haben.
2-In/2-Out und Class Compliant
Der ADI-2 Pro arbeitet durchaus auch als gewöhnliches 6-In/8-Out-, 24Bit/192kHz-Audiointerface (32 Bit intern), dazu verbindet es sich „class compliant“ via USB 2.0 mit OS X, Linux und natürlich auch mit iOS, also iPhone und iPad. Besondere RME-Treiber braucht es nur unter Windows (WDM und ASIO), wobei der ADI-2 Pro den Treiber der MADIface Serie nutzt.
Ein Software-Mischpult wie Total-Mix gibt es nicht, das stört das Konzept des Geräts aber nicht. Je nach Format arbeitet das Interface mit bis zu 768 kHz Samplerate (Stereo-Mode). Dank einer solch hohen Auflösung ist es auch als Edelmessgerät für allerlei anderes Audioequipment prädestiniert – selbstverständlich aber als High-Resolution-Recorder/Wiedergabe-Device für PCM, DXD und DSD geeignet. Auch als DSP-Prozessor für analoge Signale (PCM oder DSD wählbar!) ist der ADI-2 Pro geeignet. Ferner verfügt der RME ADI-2 Pro auch über Direct DSD Playback mit bis zu 11,2 MHz, was bedeutet, dass der DAC nicht erst den Umweg über PCM gehen muss.
Für dich ausgesucht
Analoge I/Os
Eingangsseitig steht ein servosymmetrischer, analoger Stereo-Eingang mit Combo-Buchsen (XLR-TRS) bereit. Nochmal: Es handelt sich hierbei nicht um Mic-Preamps!
Analog raus geht es via Line-Out auf der Rückseite, wobei dieser über XLR- und 6,35mm-T(R)S-Buchsen („große Klinke“) verfügt, die sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch belegt werden können. Verschiedene Bezugspegel können diskret via Relais geschalten werden (+4, +13, +19, +24 dBu), hinzukommt ein digitaler Gain in halben dB-Schritten für den Feinabgleich bis +6 dB.
Leistungsstarker, symmetrischer Kopfhörerausgang
An zwei Kopfhörerausgänge wurde auch gedacht, wobei nur der zweite getrennt adressierbar ist. Kopfhörer 1 erhält hingegen dasselbe Signal wie der Main-Out. Es können aber auch symmetrische Kopfhörer an beide Stereo-Outs angeschlossen werden.
Ferner verfügt die Kopfhörersektion über allerlei andere, coole Spielereien wie Mute/Fade-In und automatischer Wechsel der Lautstärkeregelung auf den entsprechenden Kopfhörerausgang, sobald ein Kopfhörer eingesteckt wird. Auch hier wird geklotzt statt gekleckert, sodass der HP-Amp bis zu 10 V Ausgangsspannung (+22 dBu!) und 1,5 Watt an 0,1 Ohm Ausgangsimpedanz liefert. Zudem kommen Überlast-Schutzschaltungen und eine Gleichspannungserkennung hinzu, um entsprechend hochwertige und teure Kopfhörer vor dem unfreiwilligen Tod zu schützen.
Virtuelles Crossfeed
Auch eine „binaural Crossfeed“-Technologie ist am Start, welche einen natürlicheren Klangeindruck, ähnlich dem von Lautsprechern im Raum, auf die Kopfhörern zaubern soll. Das kennt man eventuell bereits von SPLs Phonitor (Phonitor mini, Phonitor 2 und Pro-Fi Phonitor X). Ganz so komplex geht es beim ADI-2 Pro zwar nicht zu, dennoch gibt es insgesamt vier verschiedene Stufen.
Digitale Vielfalt via Peitsche
Digital geht es neben USB auch über alle anderen üblichen Digital-Schnittstellen rein und auch wieder raus. Direkt am Gerät steht eine optische Schnittstelle bereit, welche S/PDIF und Zweikanal-ADAT bis 192 kHz beherrscht. Es stehen ein Eingang und ein Ausgang zur Verfügung, wobei an dieser Stelle mit Hinblick auf den „Front-End“-Verwendungszweck durchaus zwei Inputs praktischer gewesen wären.
Die restlichen digitalen I/Os liegen an der mitgelieferten Kabelpeitsche an, welche vom allseits bekannten RME-Kabellieferanten ALVA stammt. Mit etwa 0,2 m Länge ist diese etwas knapp bemessen, allerdings lassen sich längere Varianten nachkaufen. Es findet sich hier ein AES/EBU I/O an XLR und ein S/PDIF I/O an RCA, also vier weitere digitale Kanäle rein und raus.
Kompaktes Gehäuse mit Studio-Genen
Ehrlich gesagt bin ich kein Fan von Kabelpeitschen, es sei denn sie heißen Sub-D-25. Mir ist allerdings auch klar, dass man anders nicht die Vielzahl an Anschlüssen in die kompakte Kiste gequetscht bekommen hätte, die sich zumindest grob an den größentechnischen Audiostandards orientiert. So ist der ADI-2 Pro ohne vorinstallierte Gummifüße eine HE groß und eine halbe Rackbreite breit
Edles Display, viel Menü, dicker Encoder
Die Optik orientiert sich stark an dem neuen RME-Design, welches mit Alu-Look und blau-eingefassten Display deutlich weniger technisch wirkt. Genau wie bei meinem UFX+ flankieren das Display vier Taster inklusive zwei kleinen Push-Encodern und einem großen „Main“-Push-Encoder. Im Unterschied zum UFX+ zieren den ADI-2 Pro die weiß beleuchtete Beschriftung sowie ein LED-Ring um den Haupt-Encoder. Auch die Beschriftung der Taster selbst ist nun anders. Das IPS-Display ist außerdem einen halben Zentimeter breiter und deutlich feiner auflösend als bei meinem RME UFX+.
Selbst die Menüs sind beim RME ADI-2 Pro anders, was nicht überrascht, da sich die zum Einsatz kommenden Features deutlich vom restlichen recordingorientierten RME-Portfolio unterscheiden. Bereits an dieser Stelle der Hinweis: So richtig intuitiv war die Menüführung an der Hardware bei RME noch nie und auch der ADI-2 Pro macht da leider keine Ausnahme.
Integrierter EQ, Analyzer und sonstige Spielereien
Das Display zeigt im Default einen schicken 30-Band-Frequenzanalyzer, Peak-Werte und auch Sync-Statistiken an – wem das zu nervig wird, für den gibt es einen „Black and White“-Mode.
Wird der große Encoder (meist als Volumeregler verwendet) gedreht, werden Lautstärke (in halben dBs) und Referenzpegel angezeigt. Mit den beiden kleinen Encodern und ihren Push-Befehlen kann durch allerlei weitere „Statistics“ geblättert werden. Durch Rotation kann man wiederum Bass und Treble im Bereich von +/- 6 dB in halben dBs anpassen – losgelöst vom eigentlichen EQ, quasi als grobe Anpassung von Musikmaterial.
Eine Loudness-Funktion ist ebenfalls am Start – und dieses Feature hat RME besonders detailliert umgesetzt. So kann der Punkt, an dem die Regelung maximal arbeitet, selbst bestimmt werden (20 dB sind voreingestellt). Das bedeutet: Wird die Lautstärke erhöht, reduziert sich der zuvor gewählte Bass- und Höhen-Boost sukzessive bis Null, um den Verlust des Klangs nach Fletcher-Munson (frequenzabhängige Hörempfindlichkeit bei geringen und hohen Pegel) entgegenzuwirken. Nerd-Level = Maximum.
Losgelöst von der Bass-/Treble-Funktion gibt es noch einen richtig umfangreichen, parametrischen Fünfband-EQ, der für alle I/Os individuell und sogar für L/R getrennt einstellbar ist.
Presets und weitere Extras
Natürlich stehen Presets zu Verfügung, um alle Einstellungen speichern und unkompliziert aufrufen zu können. Profi-Features wie Phasenumkehr, MS-Processing, Mono-Funktionen und Stereo-Width dürfen ebenfalls nicht fehlen. Außerdem lassen sich die Rekonstruktionsfilter wählen, die Emphasis definieren und, und, und…
Einige Funktionen verlieren bei deutlich erhöhten Samplerates aufgrund der begrenzten Leistungsfähigkeit eines jeden DSPs ihre Funktion. Ohne auf alle Besonderheiten einzelnen Modes eingehen zu wollen, der Hinweis, dass bis 192 kHz alles am Start ist – und erst darüber hinaus individuelle Einschränkungen zum Tragen kommen.
Auch DSD und DSD direct unterliegen einigen „Processing-Einschränkungen“, die hausgemacht sind, wie beispielsweise bei den EQs. Wer dazu mehr erfahren möchte, sollte sich das Handbuch zu Gemüte führen, was daraus keinen Hehl macht oder gar versucht, dies geschickt mit Marketing-Phrasen zu vertuschen. Ja, bei RME schreibt der Chef noch selbst das Handbuch!
Technische Daten – und was für welche!
Im Folgenden möchte ich einige der äußerst beeindruckenden technischen Kennzahlen des Wandlers nennen. Vollständig findet ihr diese im Handbuch. Aber um es für den nichtversierten Anwender knapp zu halten: Alles State-of-the-Art, genau wie die Bauteile!
Reden wir zunächst über den analogen Ausgang, dessen Rauschabstand mit 117 dB RMS unbewertet angegeben ist, also faktisch rauschfrei ist. Der Frequenzgang ist ebenfalls glatt und innerhalb der -0,1dB-Marken von 0 Hz – 20,2 kHz für 44,1 kHz beziffert. Ebenfalls auf Top-Niveau: die geringen Verzerrungen, welche mit THD @ -1 dBFS: -112 dB, 0,00025 %, THD @ -3 dBFS: -116 dB, 0,00016 % unglaublich gering sind.
Die Kopfhörerausgänge machen da kaum eine Ausnahme. Ihr Klirr ist mit 0,001% selbst bei der maximalen Ausgangsleistung von 1,5 Watt pro Kanal sehr gering. Bei 1,2 Watt beträgt der Klirr sogar nur 0,0003 % (THD @ +18 dBu, 32 Ohm Last, -110 dB).