Praxis
Das Rode M3 gibt sich als Arbeitstier
Im Praxiseinsatz zeigt sich schnell, dass sich mit diesem „Riesenbaby“ erstaunlich gut arbeiten lässt. Der einzige – offensichtliche – Nachteil ist seine Größe. Dort, wo es enger zugeht, muss teilweise ordentlich gezirkelt werden, um das gute Stück in die gewünschte Position zu bringen. Ist es dort aber erst einmal, verrichtet es respektabel seinen Dienst. Die erste Hälfte des Tests habe ich mit eingesetzter Batterie absolviert, die zweite dann per Spannungsversorgung vom Preamp. Als Testschallquellen kamen verschiedene Positionen am Drumset sowie die akustische Gitarre zum Einsatz und überall hinterlässt das M3 mindestens einen zufriedenstellenden Eindruck. Insgesamt klingt es lebendig und tendenziell höhenbetont, wirkt dabei aber nicht britzelig-aggressiv, wie so viele andere Kandidaten in dieser Preisklasse. Im Bass geht es schlank zu, die Mitten werden gut aufgelöst. In Sachen Tiefenstaffelung und Detail darf man natürlich nicht zu hohe Ansprüche haben, im Vergleich mit teureren Kleinmembranern kann das M3 seine preisgünstige Herkunft dann doch nicht verleugnen.
Über dem Schlagzeug als Mono-Overhead
Als erste Amtshandlung positioniere ich das Testgerät als Overhead über meinem Drumset, denn dort fühlen sich Kleinmembran-Kondensatormikros nunmal meistens recht wohl. Als Vergleich kommt eines meiner Oktava MK012 zum Einsatz, welches mit guten 150 Euro allerdings teurer ausfällt. Der Vergleich zeigt, dass das M3 deutlich höhenbetonter klingt, die Becken kommen präsenter rüber, ebenso der Attack der Snaredrum. Scharf und klirrend wird es allerdings nicht, bei dickeren Becken mit viel „Ping“ im Klang dürfte jedoch zumindest die Tendenz vorhanden sein. Im Test habe ich Paiste Traditionals verwendet, die Hi-Hat entstammt der K-Serie von Zildjian. Generell wirkt das M3 etwas distanzierter als das Oktava, welches die Toms besser „heranholt“ und auch über eine natürlichere räumliche Abbildung verfügt.
Rode M3 an der Snaredrum
Wo wir gerade am Schlagzeug sind, bietet sich als nächste Schallquelle die Snaredrum an, schließlich besitzt das M3 eine Pegelabsenkung, welche ich auf -10 dB schalte. Dass dafür das Mikrofon aus der Halterung genommen, auf- und wieder zusammengeschraubt werden muss, finde ich nicht optimal. Zwei Vergleichsmikrofone ziehe ich heran, zunächst wieder das MK012, anschließend das bekannte Tauchspulenmikrofon Shure SM57. Wie erwartet liefert das M3 von allen die meisten Höhen und den geringsten Körper. Übersprechungen von Hi-Hats und Becken klingen weniger „dosenartig“ als beim Klassiker SM57, allerdings wirkt das M3 eben auch dünner in den Mitten. Stehen rockige Stile auf dem Programm, dürften die meisten Tonleute wohl zum EQ greifen und ein bisschen Bumms zwischen 80 und 120 Hz addieren. Andererseits dürfte es eben dort gut funktionieren, wo die Snaredrum transparent und offen klingen soll.
An der Hi-Hat eingesetzt Rode M3
Ein klassisches Einsatzgebiet für Kleinmembranmikros ist natürlich auch die Hi-Hat und hier gefällt mir das M3 besser als das Oktava. Meine alte Zildjian-Hi-Hat profitiert von den brillanteren Höhen, gleichzeitig lässt sich mit dem Low Cut das typische Brummen der Becken gleich am Beginn der Aufnahmekette eliminieren. Übersprechungen von Bassdrum und Snaredrum klingen schön straff, was sich dann auch im Kontext mit den anderen Mikros zu einem klaren, fokussierten Hi-Hat-Sound mischt.
Rode M3 zum Aufnehmen einer Akustikgitarre
An der akustischen Gitarre macht das M3 eine ebenso brauchbare Figur wie im perkussiven Teil des Tests. Es klingt klar und transparent, bildet die Anschläge plastisch ab und vermittelt einen relativ guten räumlichen Eindruck. Als Vergleichsmikrofon kam wieder das Oktava MK012 zum Einsatz, welches jedoch deutlich mehr Substanz in den Mitten liefert und besser auflöst. Nicht umsonst wird es schließlich immer noch als günstige Geheimwaffe insbesondere an der Akustischen gehandelt. Allerdings hängt es immer davon ab, was man möchte und wenn man bedenkt, dass das M3 etwa die Hälfte des Oktava kostet, schlägt es sich doch wirklich gut. Zudem ist es besser ausgestattet. Mein Kollege Miachael Krummheuer hat euch die Soundfiles eingespielt.
Matthias sagt:
#1 - 18.10.2022 um 17:44 Uhr
Ich verstehe nicht, wieso man nicht drauf hinweist, dass es eine ziemlich eindeutige Kopie des AKG C1000S in seiner ursprünglichen Gestalt aus den 1980er ist. Form, 9V-Batterie + Phantom, 1/2“ Elektret-Kapsel und sogar Details wie der Drahtkorb sind identisch. Auch der Preis. Wieso testet man es nicht gegen seinen direkten Konkurrenten? Das wäre spannend gewesen.