Praxis
Pad beim NT1000 meist nicht nötig
„Ein schlichtes Werkzeug“ kommt mir beim ersten Handling mit dem Rode NT1000 während des Tests in den Sinn. Den ersten Pluspunkt heimst das Großmembran-Kondensatormikrofon dafür ein, dass es geradlinig ist: Wer ein Mikrofon haben will, das für wenig Geld gut klingt, der verzichtet möglichst auf alles, was nicht zwingend nötig ist (hier im Kaufberater für sehr preiswerte Mikros dargestellt). Ein Pad wäre nur beim Einsatz vor der Bassdrum, anderen Schlaginstrumenten oder (zu) nah an der Trompete nötig, aber da reicht oft schon ein Mikrofonvorverstärker, der sich auf 0 dB Gain einstellen lässt – es ist eher schwer, den JFET des NT1000 so zu treten, dass die Verzerrungen allzu fies werden. Und zum „fehlenden“ Hochpassfilter komme ich gleich noch.
Das Rode NT1000 ist nicht nur auf dem Papier rauscharm
Das Rauschen ist vorbildlich. Nicht nur, dass es tatsächlich gering ist, was nicht zuletzt auf den kurzen, einfachen Signalpfad zurückzuführen ist. Es ist auch schön homogen und „analog“, es spielen keine Einstreuungen oder Signalabhängigkeiten mit hinein.
Leichte Höhenanhebung des NT1000 sorgt für Frische
Im Betrieb zeigt das Rode NT1000, dass es nicht auf absolute Natürlichkeit getrimmt ist, sondern durch eine leichte Höhenanhebung Frische ins Signal bringt. Das absolute Höhenband um die 20 kHz kommt nicht mehr so extrem in diesen Genuss, dazu wäre ein Kleinmembranmikrofon auch besser geeignet. Glücklicherweise wirkt der Boost recht vorsichtig und ist nicht auffällig gehypt – er wird als Signalbestandteil wahrgenommen, nicht als aufgesetzte Korrektur. Das gelingt vielen preiswerten Mikrofonen nicht. Das leichte „Sparkling“ auf den Höhen macht Signale wichtig und lässt das NT1000 eher modern klingen. Das passt nicht immer zu allen Signalen, es ist daher durchaus ratsam, ein dunkleres Mikrofon im Fundus zu haben – ich denke an dynamische Tauchspulen- oder Ribbon-Mikrofone.
NT1000: Frisch, wenig bissig – aber nicht mix-ready
Zwar ist der Klangcharakter des Rode „frisch“, aber gleichzeitig auch durchaus sanft: Die Präsenzen sind etwas zurückgefahren. Der Vergleich mit dem (teureren) Mojave MA-201FET offenbart, dass dieses gar nicht so extrem anders, vor allem aber bei gleichen Besprechungsabständen etwas „fleischiger“ klingt und dem Signal mehr Körper verleiht. Das Audio-Technica AT5045 zeigt deutlicher seine höhere Qualitätsklasse, denn dieses ist vor allem in den Mitten und den Höhen deutlich natürlicher und zeichnet das Signal auch zackiger.
Obwohl das Rode NT1000 keinen Übertrager besitzt, meint man eine feine Körnigkeit wahrnehmen zu können. Diese ist wohl eher in der Art und Weise begründet, wie im Bereich zwischen 2 und 10 kHz mit Pegel und Phase umgegangen wird. Besonders die S- und T-Laute von Stimmen, aber auch Anblas- und Anschlaggeräusche verschiedener Instrumente werden etwas „größer“, die Bissigkeit mancher Signale wird gleichzeitig etwas genommen. Das Mikrofonsignal ist insgesamt zwar in dem Sinne etwas „vorbereitet“, als dass es schon ein wenig in die Richtung geschoben wird, die man im Mix mit dem Equalizer, dem EQ und auch einem De-Esser XLINKX wahrscheinlich einschlagen wird. Diese vorgegebene Richtung passt nicht immer zu allen Situationen, aber kein Mikrofon passt zu allen Aufgaben.
Polar-Pattern des Rode NT1000 ist in gewisser Hinsicht interessant
Das Polar-Pattern bricht bei 45 Grad schon etwas ein: Der Höhenhype ist weg. Bei manchen Mikros kann man diesen Umstand für die Klangbalance missbrauchen, indem man die Aufsprechrichtung etwas versetzt. Aber die Nutzbarkeit für das Direktsignal ist beim Rode NT1000 etwas geringer, weil schon leichte Phasigkeiten zu erkennen sind. Das bedeutet auch, dass bei sehr räumlichen Signalen oder beim Aufnehmen allzu ausgedehnter Klangkörper besonders darauf geachtet werden sollte, was das Rode mit dem nicht komplett frontal eintreffenden Signal anstellt. Ich schreibe „darauf achten“ und meine damit nicht, dass es nicht geeignet sei: Nicht automatisch ist das „schlecht“. Und dass das Rode NT1000 nicht selten bei der Mikrofonierung von Klavieren und Flügeln, aber auch als Overhead- oder Front-of-Kit-Mikro verwendet wird, spricht eine klare Sprache. Interessant: Während im Direktvergleich das MA-201FET in kontrollierter Umgebung bei aus einem Winkel kommendem Schall deutlich kompletter klingt, ist auch das NT1000 dann gut aufgestellt, wenn wesentliche Signalanteile aus so gut wie allen Richtungen auf die Kapsel treffen.
Trittschall- und Poppempfindlichkeit des Rode NT1000
Nah besprochen, beginnt das NT1000 nicht stark zu wummern. Damit ist es für nahe Instrumentenmikrofonierung geeignet, besonders aber für die Nutzung in akustisch nicht idealen Umgebungen, in denen eher sehr geringe Abstände verwendet werden, also vor allem im Homerecording. Was die Poppempfindlichkeit angeht, kann ich ein schnödes „OK“ notieren. Das Metallmesh hinter dem Grill ist recht dicht, Trittschallstöße im Signal recht gering. Ich habe das nicht nur mit einem Triad-Orbit-Stativ getestet, das fast so viel kostet wie das Rode NT1000 selbst, sondern auch mit einem normalen, einfachen Stativ.
Michael Schmidt sagt:
#1 - 06.12.2022 um 18:13 Uhr
Ich nutze dieses Mikrofon schon eine ganze Weile für Gesang und finde es ausgesprochen angenehm. Jetzt hab ich es mal als Front-of-Kit-Mikro für's Drum benutzt und bin begeistert, dass ich es hier vorgeschlagen kriege. Das Mikro klingt echt gut, als nächstes stell ich es vor einen Gitarrenamp, mal sehen, wie das so wird.