Praxis
Anschließen und Einrichten des Rode Rodecaster Pro II
Da alle Kanäle des Rode Rodecaster Pro II frei konfigurierbar sind, können im Grunde erst einmal alle Geräte verkabelt werden, die direkt mit dem Gerät verbunden werden sollen. Die Zuordnung der entsprechenden Eingänge zu den Kanalzügen kann dann im Nachhinein geschehen. Wer regelmäßig mit identischen Setups arbeitet, kann hier aber leider keine Scenes anlegen. Das wäre für Vielnutzer mit wechselnden, aber wiederkehrenden Setups eine echte Erleichterung. Zu den Kleinigkeiten, die Rode sich für eine einfachere Bedienung haben einfallen lassen, gehört eine doppelte Beschriftung der vier Combo-Eingangsbuchsen. Ihre Nummerierung ist zusätzlich auf dem Kopf stehend angebracht, was das Ablesen tatsächlich erleichtert. Als Freund von Rückhaltesicherungen an XLR-Buchsen schaue ich hier zwar in die Röhre. XLR-Stecker sitzen in den Neutrikbuchsen allerdings so fest, dass nicht so schnell mit einem Herausrutschen zu rechnen ist.
Beim ersten Einsatz des Geräts hilft ein Setup-Assistent durch die erforderlichen Schritte. Zum Einrichten des Rode Rodecaster Pro II gehört auch das Setup seines Touch-Displays. Hier kann beispielsweise ein haptisches Feedback aktiviert werden. Jeder ausgeführter Befehl wird dann mit einem leichten Vibrieren der Oberfläche quittiert. Auch das ist wirklich praktisch. Die aktuelle Faderposition wird im Level-Metering der Kanäle angezeigt. Hilfreich zum Justieren der Unity-Position ist dabei, dass sie auf Software-Seite einrastet.
Was weniger gut gelöst ist, ist die Verteilung der Auflösung für die Fader. Hier kann es fürs Mixen sinnvoll sein, wenn der Bereich eines Mixers um die Unity-Position herum feiner aufgelöst ist, für den Bereich also ein länger Regelweg zur Verfügung steht als beispielsweise für den wenig genutzten Bereich in zwischen -45 und -60 dBFS. Das ist beim Rodecaster Pro II allerdings nicht der Fall. Hier ist die Fader-Auflösung über den gesamten Regelweg linear. Sicher ließe sich das für Pro-User mit einem Firmware-Update noch weiter verbessern. Hinsichtlich der Level-Meter haben Rode diese Nutzer jedenfalls schon im Blick gehabt, als sie dem Rodecaster Pro II neben einer Standardansicht ohne Dezibelangaben auch noch eine Broadcast/Rundfunk-Ansicht spendiert haben. Sie stellt nicht nur dBFs-Angaben bereit, sondern zeigt auch noch individuell für jeden Kanal die in ihm arbeitende Signalkompression an. Wer noch detaillierter einsteigen möchte, kann auch noch die Position des Listen-Buttons festlegen. Neben einer klassischen PFL-Abhöre, die vor dem Fader stattfindet, ist auch noch ein AFL-Monitoring möglich, das hinter dem Fader erfolgt.
Bedienung des Rode Rodecaster Pro II
Man muss kein Mathegenie sein, um zu sehen, dass der Rodecaster Pro II nur noch sechs statt wie sein Vorgänger acht Fader bietet. Doch was auf den ersten Blick wie ein Rückschritt erscheint, ist in Sachen Flexibilität tatsächlich ein Schritt nach vorne. Denn zuvor ließen sich lediglich vier Kanäle frei zuordnen. Vier weitere Fader waren dagegen fest für den USB-, den Smartgeräte-, den Bluetooth- und den SFX-Kanal reserviert. Die nun zur Verfügung stehenden sechs Kanalfader lassen sich dagegen frei zuweisen. Inklusive weiterer drei virtueller Fader stehen deshalb nun sogar insgesamt neun Kanäle bereit. In jedem der Kanäle lassen sich Voreinstellungen für neun verschiedene Mikrofontypen wählen. Auch Voreinstellungen für Line- und Instrumentensignale sind am Start. Dabei schlägt das Rodecaster Pro II auch jeweils einen passenden Gain-Pegel für die Vorverstärkung vor. Damit können auch absolute Einsteiger auf Anhieb gute Ergebnisse erzielen.
Die Vielzahl der Features ist bei der ersten Bedienung noch eine kleine Herausforderung. Wer den Rode Rodecaster Pro II aber länger im Betrieb hat, wird seine Signalbearbeitungen gezielt ansteuern können. Dazu zählt in jedem Kanal ein Kompressor, ein Noise Gate, ein High-Pass-Filter, ein De-Esser und ein dreibandiger EQ. Um so schnell wie möglich zu einem guten Stimm-Sound zu gelangen, gibt es ein Feature, das Rode “VoxLab” getauft haben. Mit seiner Hilfe können Einsteiger und Eilige anhand von nur drei Parametern einen optimalen Stimmklang zaubern. Die Bezeichnungen der drei Parameter sind dabei recht blumig: “Tiefe”, “Funkeln” und “Durchsetzungskraft”. Mit ihnen lassen sich Fülle im Bassbereich, Klarheit in den Höhen und Kompression regeln. Wer genauer eingreifen möchte kann auf eine erweiterte Signalbearbeitung zugreifen. Hier lassen sich dann diverse Parameter von Hochpassfilter, De-Esser, Noise Gate, Kompressor, Equalizer, Exciter und Panning per Jogwheel feinjustieren.
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Praktisch ist, dass beide Ebenen Hand in Hand arbeiten. Es ist also möglich, grobe Einstellungen per VoxLab einzustellen und sie dann im erweiterten Zugriff zu verfeinern. Was mir bei der Bedienung auffällt, ist dass die Übersetzung aus dem Englischen nicht immer gelungen ist. So wurde zum Beispiel “Processing” mit “Verarbeitung” übersetzt, wenngleich der Begriff “Signalbearbeitung” gebräuchlich ist. Und beim Kompressor heißt es dann tatsächlich “Angriff” statt “Attack” und beim Exciter wird aus “Drive” die Bezeichnung “Laufwerk”. Hier sollte dringend nachgebessert werden.
Wer die PX-Pads mit eigenen Sounds belegen möchte, kann das vollständig im Rodecaster Pro II erledigen. Sound lässt sich von eingehendem Audio auf ein Pad aufzeichnen und die Start- und Endpunkte nachträglich anpassen und sogar mit einem Fade versehen. Noch dazu kann ausgewählt werden, ob der Sound im Toggle-, One Shot- oder Hold-Modus abgespielt werden soll. Auch für die über die FX-Pads abrufbaren Stimmeffekte stehen etliche Parameter bereit. So kann beispielsweise per Latch- beziehungsweise Einrasten-Funktion ein Effekt auch dauerhaft angewendet werden, bis das entsprechende Pad erneut gedrückt wird. So muss nicht die ganze Zeit über ein Finger das Pad gedrückt halten, um den Effekt hörbar zu machen. Als Effekte stehen hier Reverb, Echo, Megaphone sowie die Stimmbearbeitungen Roboterstimme, Tonhöhen- und Formantänderung und Pitchshifter zur Verfügung. Unter den Shot-FX gibt es auch einen Zensurton. Damit lassen sich, wie im Audiobeispiel zu hören, Texte wirklich witzig garnieren, wenn einem der Schalk im Nacken sitzt. Praktisch sind auch das Ducking-Feature, das alle anderen Kanäle jenseits von Kanal 1 automatisch leiser regelt, und eine Master-Fade-Funktion. Mit ihrer Hilfe lässt sich etwa das Ende einer Show oder Episode elegant ausblenden.
Computer-Anbindung beim Rode Rodecaster Pro II
Um mit dem Rode Rodecaster Pro II an einem Rechner zu arbeiten, müssen weder Treiber noch eine andere Software installiert werden. Die Kanäle der Audiostation tauchen automatisch in der DAW eurer Wahl auf und lassen sich dort auswählen. Wer auf Details Zugriff haben und das Gerät intensiv nutzen möchte, sollte aber die Software “Rode Central” installieren. Hier können dann nicht nur Audiosetup und Konfiguration des Geräts mitsamt seiner Pads durchgeführt werden. Auch das Übertragen von SD-Card-Aufnahmen zum Computer ist hier möglich. Dazu steht eine Vorauswahl bereit, die automatisch für verschiedene Dienste, wie Spotify, iTunes oder LibSyn, das passende Format für den Audioexport vorschlägt.
Richtig praktisch ist, dass sich im Rodecaster Pro II gleich zwei USB-Interfaces befinden. Wird ein zweiter Rechner angeschlossen, können Signale von ihm per Secondary-Inputs eingespeist werden. Selbstverständlich lässt sich der zweite USBC-Anschluss aber auch nutzen, um eine externe Festplatte anzuschließen, auf die dann aufgezeichnet werden kann.
So klingt das Rode Rodecaster Pro II
Das alles ist schön und gut, aber “was zählt ist auf’m Platz”. Deshalb darf natürlich auch ein Klang-Check nicht fehlen. Damit er nachvollziehbar ist, könnt ihr in die Audiobeispiele reinhören. Widmen wir uns als erstes dem Grundrauschen des Rodecaster Pro II. Ich habe dazu alle Standardeinstellungen des Geräts belassen und seine sechs Fader auf Unity Gain gestellt. Hier fällt auf, dass das Grundrauschen gerade durch die Summe der Mikrofonkanäle recht hoch erscheint. Empfehlenswert ist es deshalb, ungenutzte Kanäle stummzuschalten oder herunterzuregeln. Eine weitere, elegante Lösung besteht darin, die Standardeinstellungen des Noisegates in jedem Mikrofonkanal anzupassen. Ich habe im Test gute Erfahrungen damit gemacht, wenn ich den Range-Wert, der den Umfang der negativen Aufholverstärkung regelt (und am Gerät fälschlicherweise mit “Bereich” statt “Umfang” übersetzt wurde), von 10 dB auf mindestens 25 dB ändere.
Weitere Hörbeispiele habe ich für euch von den Voreinstellungen der Mikrofonkanäle aufgenommen sowie zum Vergleich vom trockenen Sound eines Shure SM7B. Das Setting “Neutral” bietet ein leicht gezähmtes Signal, bei dem Bässe und Höhen nur minimal bearbeitet werden. Heftiger geht es da schon bei der Einstellung “Podcast Studio” zur Sache. Hier werden Bässe und Höhen sehr deutlich angehoben und das Signal auch durch wesentlich mehr Kompression fetter gemacht. Das Preset ist ein guter Kompromiss zwischen den Presets “Neutral” und “Broadcast”. Bei Letzterem ist die Signalbearbeitung am krassesten. Denn hier werden die Parameter Bass- und Höhen-Enhancement sowie Kompression fast vollständig ausgereizt. Das Ergebnis ist ein voller, satter Sound, wie er Radiomoderatoren gut zu Gesicht steht.
Der Echo-Effekt der kanalweiten FX-Sektion ist eher etwas für den gelegentlichen Gebrauch. Eine praktische Einsatzmöglichkeit fällt mir an dieser Stelle nicht ein. Falls Ihr eine Idee habt, in welchen Situationen er sich sinnvoll einsetzen lässt, schreibt das gern in den Kommentaren zum Artikel. Wesentlich praktischer ist da das Reverb. Da sämtliche Parameter justierbar sind, können hier auch sehr dezente Hallräume geschaffen werden, die Signale ein wenig lebhafter gestalten können. Außerdem habe ich für Euch noch Audiobeispiele der verschiedenen Stimmbearbeitungs-FX aufgenommen, die per Pads abrufbar sind. Ob man sie nun nützlich findet oder nicht: Sie machen definitiv deutlich, mit welcher hohen Qualität das Gerät intern agiert. Mein persönlicher Favorit ist dabei der Zensurton.
Daniele Corciulo sagt:
#1 - 22.12.2022 um 07:55 Uhr
Danke für den Test. Kann man das Gerät auch als klassischen Stand-alone Multitrackrecorder nutzen? Kann ich beispielsweise zuerst Keyboard aufnehmen, dann das aufgenommene Keyboardspielen wiedergeben und auf einer anderen Spur Gesang aufzeichnen? Ich weiss, es ist nicht der Hauptanwendungszweck, aber es wäre einer für mich.