Praxis
Aufbau & Einrichten
Die knapp 2 kg des Rode Rodecaster Pro wirken bei seiner Größe überraschend leicht. Aufgrund seiner Formgebung ist das Podcast-Studio leicht zu handhaben. Die Stichworte heißen hier „Hohlraum“ statt „Full-Body-Chassis“. Für einen außergewöhnlich sicheren Stand auf glatten Oberflächen sorgen die übergroßen rutschhemmenden Gummifüße, die sich zutreffender als „Gummi-Platten“ bezeichnen lassen. Weitere Sicherheit bei der Bedienung entsteht durch eine Rändelschraube, die den Stecker der Stromzuleitung fest an Ort und Stelle hält. Hier hat sich der Hersteller eine Menge Gedanken gemacht, wie übliche Praxis-Probleme zu umschiffen sind. Um nicht ständig via Touchscreen im Menü nachschauen zu müssen, mit welchen Sounds die FX-Pads belegt sind, liegen zwei beidseitig bedruckte, große Kartonkarten bei, die individuell beschriftet werden können.
Wird das beiliegende Stecker-Netzteil zur Stromversorgung angeschlossen, kann es auch schon losgehen. Vorausgesetzt natürlich, der Nutzer hat zuvor eine passende microSD-Karte eingesteckt. Wird das Rodecaster Pro per mitgeliefertem USB-Kabel direkt an einen Rechner angeschlossen, kann es wider Erwarten nicht als Audio-Interface mit integriertem Mischpult eingesetzt werden. Auch lassen sich die auf der microSD-Karte aufgezeichneten Aufnahmen nicht per USB-Verbindung zum Weiterbearbeiten in eine DAW transferieren. Zumindest habe ich für diese Funktionen weder Hinweise in den Begleit-Materialien noch auf den zugehörigen Online-Seiten von Rode gefunden. Das sind schon gehörige Einschränkungen, wie ich finde.
Nach dem Einstöpseln des Mikrofonkabels ins das Rode Rodecaster Pro kann ich durch das Drücken des nummerierten Kanal-Buttons das zugehörige Menü öffnen. Auf dem Touchscreen erscheint eine Anzeige, in der aus „Mikrophone“, „Setup“ und „Voice“ gewählt werden kann. Hier lassen sich entweder voreingestellte Rode-Mikrofone auswählen, die Vorverstärkung in 1dB-Schritten justieren oder auch die Phantomspeisung für den betreffenden Kanal aktivieren und Voreinstellungen für den Klang und die Intensität der Stimme im jeweiligen Kanal aussuchen.
Recording, Klang & Soundeffekte
Da die Mikrofonvorverstärker als Class-A Transistorschaltungen aufgebaut sind, sind sie potentiell verzerrungsarm. Und siehe da: In der Praxis klingen sie für mich tatsächlich transparent und liefern ein detailreiches Signal. Zur internen Effektsektion des Rodecaster Pro gehören Kompressor, Hochpassfilter, De-Esser, Noisegate und Ducking-Effekt ebenso wie der Aphex Aural Exciter, der Stimmen mehr Brillanz verleiht, und der Aphex Big Bottom-Effekt, der für ein wohliges Wummern in der Stimme sorgt. Auf diese Weise kann der typische Broadcast-Stimmsound mit nahezu jedem beliebigen Mikrofon erreicht werden.
Wie die Testaufnahmen mit einem Audio Technica AT-4033a Großmembran-Kondensatormikrofon zeigen, ist der vom Rodecaster Pro aufgezeichnete Sound auch ohne Verwendung der gebotenen Presets schon satt und laut. Wird der Preset-Anteil „Deep Voice“ hinzugeschaltet, bekommt die aufgezeichnete Stimme nochmals deutlich mehr Body. Der Preset-Anteil „Strong“ wirkt sich auf die digitale Dynamiksektion aus. Wie im Audiobeispiel zu hören, ist damit das Signal einerseits deutlich komprimierter, zugleich aber greift auch das Noisegate früher. Für meinen Geschmack sogar etwas zu früh, so dass das Signal selbst bei relativ gleich bleibender Stimmlautstärke unter Umständen abgehackt klingt. Mit dem Preset-Anteil „Soft“ sieht das schon besser aus. Der Preset-Anteil „High Voice“ sorgt für eine Anhebung der hohen Signalanteile. Dadurch kann insbesondere der Klang von tiefen und dunkel erscheinenden Stimmen ausgeglichener gestaltet werden.
Als letztes Audiobeispiel hört ihr einen Fake-Podcast, den ich für euch auf die Schnelle produziert habe. Darin stammen alle Sounds jenseits der Stimmaufnahmen von den SFX-Pads des Rodecaster Pro. Diese sind eine große Hilfe, verlangen dem Producer aber auch ein gutes Timing ab. Denn leider lässt sich ihre Wiedergabe im Auslieferungszustand des Gerätes nicht stoppen, wenn sie erst einmal abgerufen wurden. Die einzige Möglichkeit, sie nicht unhörbar zu machen besteht dann darin, den Kanalfader der SFX-Pads herunterzufahren. Dann aber sind auch die anderen Soundeffekte nicht mehr hörbar. In der kostenlos downloadbaren Software ist aber eine Funktion enthalten, mit der sich das Verhalten der FX-Pads umprogrammieren lässt. Hier stehen drei verschiedene Modi zur Auswahl. Im „Play“-Modus wird der Sound eines Pads beim Drücken einmal komplett abgespielt. Der „Replay“-Modus ermöglicht dagegen das mehrmalige Abrufen des gespeicherten Sounds, noch während dieser wiedergegeben wird. Und im „Latch“-Modus sorgt ein erneutes Pad-Drücken nach dem Abrufen des FX-Pad-Sounds dafür, dass die Wiedergabe des betreffenden Sounds gestoppt wird. Das Allerbeste aber ist, dass dieses Verhalten für jedes der acht FX-Pads separat wählbar ist.
Die Ducking-Funktion des Rodecaster Pro stellt sicher, dass der Sprecher an Kanal 1 zu jeder Zeit „Chef im Ring“ ist. Allerdings ist der Anteil der Signalstauchung auf den anderen Kanälen nicht ganz so stark wie erwartet. Deshalb bekommt die Stimme des Moderators auf Kanal 1 zwar mehr Gewicht, keine Frage. In hektischen Interview-Situationen wird der Producer jedoch nicht darum herum kommen, sicherheitshalber doch noch die Pegel der verschiedenen Sprecher per Fader herunter zu regeln, wenn es zu viel des Durcheinanders werden sollte. Was im Fake-Podcast auch gut zu hören ist, ist der Umstand, dass es gerade für ungeübte Sprecher schwierig sein kann, eine ausgewogene Signallautstärke zu performen. Leider sind für diesen Fall keine Presets enthalten. Hier könnte eine Mischung aus stark zupackendem Kompressor und sehr relaxt agierendem Noisegate eine große Hilfe sein. Ein solches Preset fehlt jedoch.
Die Bluetooth-Aufnahme von Telefonanrufen klappt ebenfalls gut. Dazu wird das Gerät mit einem Bluetooth-fähigen Smartphone gepairt und schon liegt dessen Audioausgang an Kanal 7 des Rodecaster Pro an. Die Aufnahme von Telefongesprächen ist auch mittels Verbindung von Smartphone und Rodecaster Pro per vierpoligem Klinkenkabel an Kanal 6 möglich. In beiden Fällen entfernt das Podcast-Studio automatisch die Soundausgabe des vom Telefon zurückgegebenen Signals. So wird der Anrufer nicht dadurch aus der Fassung gebracht, dass er zusätzlich zum Sound der übrigen Podcast-Kanäle auch noch eine latenzbehaftete, zeitverzögerte Version seiner eigenen Stimme hört. Das ist sehr praktisch. Wird eine USB-Verbindung hergestellt, lässt sich auch das PC/Mac-Signal (beispielsweise einer DAW oder einer Medienplayer-Software) in Kanal 5 nutzen. Zeitgleich kann diese Verbindung auch dazu genutzt werden, das vom Master-Fader abgehende Ausgangssignal des Rodecaster Pro aufzuzeichnen.
Besonders praktisch während der Aufnahme ist, dass die Solo-Buttons der einzelnen Kanäle nur im ersten Kopfhörerausgang aktiv sind. Das bedeutet, dass der „diensthabende“ Podcast-Engineer für sich auf diese Weise eine Art Monitor-Mix anlegen oder Kanäle separat abhören kann, ohne die übrigen Gesprächsteilnehmer damit zu belästigen.
Und außerdem…
Im Advanced-Settings-Dialog des Rode Rodecaster Pro kann ich die Helligkeit des Touchscreens und der leuchtenden Buttons justieren sowie per Limiter den Ausgabepegel der Kopfhörerausgänge begrenzen wie auch dessen die Gesamtlautstärke erhöhen. Auf die hohe Ausgangsleistung der Kopfhörerverstärker weist sogar ein eigens angebrachtes Warn-Etikett hin. Das Belegen der SFX-Pads ist auf zwei Arten möglich. Zum einen lässt sich eine Audioquelle direkt auf sie aufzeichnen, zum anderen kann die zum Lieferumfang gehörende Software für Drag und Drop genutzt werden. Auch die Hintergrundfarben der Pads lassen sich ändern.
Bei der Bedienung nahezu aller Funktionen ist der integrierte farbige Touch-Screen eine große Hilfe. Er zeigt nicht nur die Menüinhalte, sondern auch die Signalpegel, einen Timecode sowie die verbleibende Aufnahme-Dauer auf der SD-Karte an und ermöglicht es sogar Marker in der Aufnahme zu setzen. Die Beleuchtung der Schaltflächen wie auch deren Oberflächen macht die Bedienung des Rodecaster Pro auch im Halbdunkel übersichtlich und angenehm.