Mit ihren nagelneuen TF-5 im Stereoset möchte die australische Firma Rode den Markt am liebsten genauso aufmischen, wie es schon mit den NT-5 gelungen ist. Die liegen aktuell bei einem Paarpreis von 250 Euro und gehörten bei ihrer Vorstellung zu den Pionieren unter den günstigen, aber dennoch gut klingenden Kleinmembran-Mikrofonen.
Bei den neuen TF-5 ist das etwas anders. Sie kosten knapp das Sechsfache und müssen daher gegen etablierte Konkurrenten wie das Neumann KM184 und andere Vertreter mit klangvollem Namen und Historie antreten. Um hier erfolgreich zu sein, setzt man nicht nur auf präzise Fertigungstechniken in der Fabrik in Sydney, man holte sich auch Recording-Spezialist und Grammy-Gewinner Tony Faulkner in die Entwicklungsabteilung.
Tony Faulkners Metier ist die Aufnahme klassischer Orchester und Chöre, also ein Bereich, der bekanntlich besonders kritische Anforderungen an die verwendeten Mikrofone stellt. Präzision, Realismus und Rauscharmut sind nur einige davon. Rodes Botschaft lautet also: Was hier funktioniert, funktioniert überall. Zudem sollen die TF-5 über einen ungewöhnlich „kompletten“ Klang mit erweitertem Bassbereich verfügen. Ein klassisches Orchester stand zum Test nicht zur Verfügung, dafür jedoch eine akustische Gitarre, ein Drumset sowie die oben genannten Vergleichskandidaten. Was das Stereopaar auszeichnet und ob es seine knappen 1500 Euro Kaufpreis wert ist ist, erfahrt ihr auf den folgenden Zeilen.
Details
Haptik und Verpackung wirken gediegen
Dass unsere beiden Rode TF-5 ein Premiumprodukt sein möchten, verrät bereits die Aufmachung. Es beginnt bei der matt-schwarzen Pappschatulle, die magnetisch schließt und mit einer kleinen Nylonschlaufe geöffnet wird. Hat man das gemacht, liegen die beiden (mit knappen zehn Zentimetern Länge ziemlich kompakten) TF-5 vor einem. Rechts und links finde ich zwei hochwertige Kunststoffhalterungen, jeweils mit eingeschraubten EU-Gewindeverkleinerungen aus Messing. Die Produktbeschreibung sprach noch von einer Stereoschiene, also greife ich nach zwei weiteren Nylonschlaufen, um an die zweite „Etage“ der Verpackung zu gelangen. Und tatsächlich, hier kommt die versprochene Positionierungshilfe sowie zwei Windschütze zum Vorschein. Wie auch die Halterungen ist die Schiene aus Kunststoff gefertigt, macht jedoch einen sehr robusten Eindruck, aufgedruckte Entfernungen sowie Gradangaben für ORTF- und XY-Anordnungen sind ebenso vorhanden.
Während ich mich noch frage, wo denn der obligatorische Papierkram ist, fällt mein Blick auf ein kleines, gebundenes Büchlein, welches mit seinem samtig-schwarzen Einband und den goldenen Rode-Punkten letzte Zweifel darüber ausräumt, wo man diese Mikrofone positioniert wissen möchte. „One of a first edition print of 1000“ vermerkt die erste Seite, auch eine ISBN-Nummer und ein textiles Lesezeichen fehlen nicht. Dass Peter Freedman, Rode-Gründer und -Inhaber, die Lektüre mit dunkelblauem Anzug, goldener Uhr und goldenem Einstecktuch einleitet, hat schon fast etwas Bizarres. Der restliche Inhalt muss als das übliche Marketing-Geschreibsel bezeichnet werden, ein Fortsetzungsroman ist also nicht nötig. Immerhin gibt es am Ende einen detaillierten Überblick über die technischen Daten. Die beiden Mikrofone selbst liegen satt in der Hand und vermitteln gegenüber der großen Zahl günstigerer Fernostware das gute Gefühl gediegener Qualität. Die Kapseln sind vom Messingkorpus abschraubbar, vergoldete Stifte an der XLR-Buchse sollen für zuverlässigen Signalfluss sorgen. Bedienelemente finden sich an den TF-5 nicht.
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Bei den TF-5 handelt es sich um sogenannte Echtkondensator-Mikrofone
Laut Rode hat man die TF-5 komplett neu konstruiert. Im Zentrum der Bemühungen stand dabei das Kapseldesign, welches auf maximale klangliche Klarheit und Linearität getrimmt wurde. Wie bei Schallwandlern der höheren Preisklassen üblich handelt es sich um extern polarisierte Kapseln, die zum Betrieb nötige Spannung wird also nicht von einem permanent polarisierten Elektreten beigesteuert. Im Verstärkerteil sorgt ein JFET-Impedanzwandler für die Stabilisierung des Signals. Entgegen dem aktuellen Trend, neuen Mikrofonen zusätzliche Ausstattungsfeatures wie wählbare EQ-Kurven, Laser oder Ähnliches mitzugeben, besinnen sich die TF-5 ganz offenbar auf den Purismus der Klassiker. Eine Pegelabschwächung gibt es ebenso wenig wie ein Low-Cut-Filter und wer sich in der professionellen Recordingwelt ein bisschen umhört, wird feststellen, dass diese Dinge bei Stäbchenmikros auch nur selten vermisst werden. Also hat man sich auf die inneren Werte konzentriert. Vorbildlich wirkt das Datenblatt, welches nicht nur die Werte, sondern auch die jeweiligen Messbezüge herstellt. Der Frequenzgang reicht von 20 bis 20000 Hertz bei vier dB Abweichung in beide Richtungen. 14 dB Eigenrauschen sind ein guter Wert, die Vergleichsmikros Neumann KM 184 liegen noch ein dB darunter. In puncto Empfindlichkeit überzeugen die TF-5 mit sage und schreibe 35 mV/Pa, das sind 20 mehr als beim Neumann KM 184 und auch beim Schoeps MK4/CMC6. Ein Klirrfaktor von 1 % THD bei einem Kilohertz und niedrigen 120 SPL lassen darauf schließen, dass an lauten Quellen ein Pad notwendig werden könnte. Das Frequenzdiagramm zeigt bei etwa 80 Hertz eine leichte Senke, ab 8500 Hertz steigt die Kurve langsam an und lässt damit eine lebendige Höhenübertragung erwarten.
Chris sagt:
#1 - 27.06.2019 um 12:48 Uhr
Lieber Max,
auch hier haben wir mal wieder so ne Aussage:
"Ein Klirrfaktor von 1 % THD bei einem Kilohertz und niedrigen 120 SPL lassen darauf schließen, dass an lauten Quellen ein Pad notwendig werden könnte."
Wenn die 120dB seitens der Schallquelle überschritten sind, hilft auch kein PAD!
Chris sagt:
#2 - 27.06.2019 um 13:38 Uhr
Ach und noch eins...Korrekt misst man bei einem Klirrfaktor von 0,5%.
Das bedeutet 6dB Abzug. Dann sind wir bei 114dB SPL max Schalldruck. Das schreckt mich jetzt nicht ab, aber ein guter und somit bedenkenloser Wert ist das bei weitem nicht. Mikrofone die so viel Geld kosten sollten mühelos einen Grenzschalldruck von 130dB bei einem Klirr von 0,5% erreichen.
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#2.1 - 27.06.2019 um 14:50 Uhr
Hallo Chris,üblicherweise geben Mikrofonhersteller den Klirrfaktor mit 0,5% THD+N an, das stimmt, viele aber auch mit 1%. Welche Klirr-Kurve von fast 0% an wirkt, ist von Mikrofon zu Mikrofon aber sehr unterschiedlich und nicht pauschal mit 6 dB Abzug errechenbar. Eine Kondensatorkapsel zerrt nach meinem Wissen kaum, es ist die nachfolgende Elektronik. Wird dazwischen ein Pad eingesetzt, kann man das Mikrofon auch mit höheren Schalldruckpegeln problemlos verwenden. Es ist einfach eine Frage der Ausrichtung beim Design des Mikrofons, ob es eher geringpeglige Signal rauscharm verstärken will oder hohe Schalldrücke auch verzerrungsfrei (bzw. -arm) übertragen will. Am Beispiel DPA 4090/4091 ist es gut zu erkennen, die wurden einmal als "normale", einmal als "high SPL"-Mikrofone verkauft, mit nur geringen Änderungen an der Elektronik.Beste Grüße
Nick (Redaktion Recording)
Antwort auf #2 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#2.1.1 - 28.06.2019 um 06:33 Uhr
Hi Nick,
eine sogenannte Klirrkurve spielt überhaupt keine Rolle und hat keinerlei Bezugspunkt. Natürlich weiß ich nicht wie genau gemessen wurde aber sei es dann eben 116dB bei 0,5% bspw. ...dann ist das immer noch viel zu wenig. Zitat aus Sengpielaudio: "Der Grenzschalldruck (max. SPL) sollte für 0,5 % THD (Klirrfaktor) angegeben sein. Ist die Angabe jedoch bei 1 % THD gemeint, dann sind glatt 6 dB abzuziehen, um einen korrekteren Vergleich zu haben". So, und nun zu deiner Aussage bezgl. der DPA Mikrofone. Nick, ehrlich? Das mag bei DPA durchaus so funktionieren wirklich Sinn macht das nicht und darf es auch nicht. Ein gutes Mikrofon, das auch hohe Schalldrücke mühelos und verzerrungsfrei übertragen kann, ist SELBSTVERSTÄNDLICH auch in der Lage geringpeglige Signale rauscharm zu verstärken. Das kann und darf doch kein Argument sein?? Auch die 35mV/PA sind etwas übertrieben. Hier kann man in den meisten Fällen davon ausgehen, daß man am Preamp gleich den PAD aktivieren muss. Und Nick, eine Kapsel übersteuert i.d.R. nie und wo dazwischen sollte man noch eine PAD Schaltung einbauen? Gute Mikrofone in Verbindung mit guten Preamps sollten generell ohne PAD Schaltung auskommen. PAD Schaltungen sorgen IMMER führ mehr rauschen und die Gefahr unzureichender Unterdrückung von Störgeräuschen nimmt zu.Von dem her ist das Design des Rode TF5 schon i.O. Nick, ich will nicht immer nur stenkern, aber ein Test allein an einer Akustik-Gitarre ist nur bedingt Aussagekräftig. Zugegeben, eure aufgenommenen Beispiele des TF5 klingen sehr gut und ich würde es auch einem KM184 aus klanglicher Sicht vorziehen. Ich würde sagen, anhand eurer Beispiele zeigt sich deutlich der Übertragungsbereich des TF5 und die Abbildung der Gitarre ist insgesamt deutlicher zu erkennen als bei den anderen Kandidaten. Die Übertragungsqualität eines Mikrofons spielt es erst in der Distanz zur Schallquelle aus (innerhalb des Hallradius natürlich). Erst dann wird deutlich, wie stabil das Pattern ist und wie gut das Bündelungsmaß. Bei einer Aufnahme einer Akustik Gitarre im Abstand von ca. max 30cm kann man nicht von Tiefenstaffelung oder gar Lokalisierung reden.
LG
Chris
Antwort auf #2.1 von Nick (Redaktion Recording)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenNick (Redaktion Recording) sagt:
#2.1.1.1 - 28.06.2019 um 07:12 Uhr
Hi Chris,ja ich bin auch der Meinung, dass 0,5% angegeben werden sollten, aber einfach für die Vergleichbarkeit (Das schreibe ich auch gerne in Testberichte.). Und natürlich ist auch dann die Aussagekraft echt beschränkt, denn je nach Schaltung klingt der Klirr sehr unterschiedlich, weil die Harmonischen nicht immer gleich sind und die Frage nicht beantwortet wird, wie sich das alles im Spektrum verhält (beispielsweise beim Coles 4038 durchaus interessant). Wir haben demnächst auch einen Testbericht eines Herstellers, der tatsächlich max. 0,1% angibt (weil sich in seinem Fall die Werte zu 0,5% nicht so stark voneinander unterscheiden und es danach wohl recht steil nach oben geht mit dem Klirr). Wie gesagt ist die Elektronik in ihrer Dynamik das begrenzende Element, selbst meine DPA-Druckempfänger in 130V-Technik, sind mit 16 dB(A) und 130 dB SPL (auch für 1%!) angegeben. Und sogar für die unbestreitbar technisch wie klanglich hervorragenden Schoeps Colette (MK4 an CMC6: 131 dB SPL / 0,5% THD, 14 dB(A)) gibt es einschraubbare Pads in 10 und sogar 20 dB. Wer weiß, vielleicht denkt Rode ja auch an diese Option? Der Autor hat übrigens sogar Snare nah mikrofoniert und war (natürlich mit Pad) von den Ergebnissen begeistert. Und klar hätten wir gerne für jeden Mikrofontest einen Chor statt "nur" ein Drumset und eine Akustikgitarre, aber das würde sicher den Rahmen sprengen und entspricht nicht dem Hauptanwendungsfeld der meisten Leser.Ich denke: Du hast Recht, die TF-5 klingen spitze (und das ist wohl das Wichtigste), wenn man diese Eigenschaften wünscht, besonders Hauptmikrofonierungen und Room/Ambience sind sehr interessante Aufgaben dafür, FOK klingt auch hervorragend.
Und ich finde auch: Ja, sie sind auffällig empfindlich abgestimmt (CMC6/MK4: 15 mV/Pa). Und auch wahr ist: Nur mit mittlerer Distanz und axial besprochen lassen sich wichtige Eigenschaften von Mikrofonen nicht ausreichend erkennen.
Auf jeden Fall ist es gut zu wissen, dass einige unsere Leser sich sehr mit der Materie beschäftigen und kritisch hinterfragen, statt nur auf die Sternchenbewertungen, Pro/Contra und das Fazit zu achten.So, jetzt muss ich aber mal weiter arbeiten, werde sonst noch Romanschreiber hier. :-)Beste Grüße
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #2.1.1 von Chris
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris sagt:
#2.1.1.1.1 - 28.06.2019 um 07:58 Uhr
Hi Nick,
Ich stimme dir absolut in allen Punkten zu! Klasse Nick, Danke das du dir hier die Zeit nimmst. Kurz nochmal zurück zu den Mikrofonen. Ich bin überzeugt davon, daß das gute Mikrofone sind, keine Frage. Nun, will Rode mit seinem TF5 in der Oberklasse mitspielen und da tummeln sich bekanntlich einige andere bereits, die sich preislich auch unter dem TF5 positionieren. Bsp: Audio Technica AT4051b und das Telefunken M60Fet. ein Paarpreis von 1000.- wäre für mich absolut i.O. Sicher haben die anderen andere klangliche Eigenschaften, übertragen aber dennoch auf gleichem hohen Niveau. Und allein durch einen Namen wie Tony Faulkner....??
Na ja...Nick, passt..LG
Chris
Antwort auf #2.1.1.1 von Nick (Redaktion Recording)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernengaddabout sagt:
#3 - 26.09.2020 um 17:02 Uhr
135 dB SPL (1kHz @ 1% THD, 600Ω load) sind die Daten auf Rode. Bei der Veröffentlichung damals wurden versehentlich Platzhalter genutzt. Also mit 135 dB ist alles im grünen Bereich.