Praxis
Tastatur und Spielgefühl
Zur Klaviatur habe ich im Grunde in meinem ersten Eindruck schon fast alles gesagt: Sie ist ziemlich klasse. Tatsächlich ist es immer wieder erstaunlich, wie nuancierter das eigene Spiel doch wird, wenn man den exquisiten 2-Gigabyte-Sample-Flügel nicht über eine einfache 5-Oktaven-Synth-Tastatur, sondern über eine„richtige“ Klaviatur, wie die des Roland A-88MKII bedient. Was vielen Keyboardern oft nicht auffällt: Auch die Größe der Tasten macht einen Unterschied. Während viele Synthesizer hier im Bereich von 13,5 bis 14,5 cm operieren, sind es beim PHA-4-Keyboard eben „richtige“ Fullsize-Tasten mit 15,3 cm Tiefe und 2,2 cm in der Breite und das merkt man. Um das Spielgefühl weitergehend an die persönlichen Vorlieben (und Anschlagskraft) anzupassen, lässt sich die Velocity-Kurve direkt am Gerät in sechs Stufen zwischen „Super Light“ und „Heavy“ justieren. Ein bisschen mehr „Filz“, also Bedämpfung, hätte ich persönlich mir beim Endanschlag gewünscht, denn haut man mit einem furiosen Fortissimo in die Tasten, schlagen die Finger gefühlt relativ „hart“ auf. Das ist allerdings auch der Gewohnheit geschuldet, dass ich von meiner „Fatar“-Tastatur einen ziemlich gepolsterten Endanschlag gewohnt bin – Geschmackssache.
Ausstattung und Handhabung
Aber das A-88MKII kann als Controller-Keyboard weitaus mehr, als nur authentisches Spielgefühl zu vermitteln. Dafür verantwortlich ist die Bediensektion auf der linken Seite und die Logik des Controllers. Zunächst einmal gilt es zu wissen, dass das Controller-Keyboard sechzehn Bänke bereithält (jeweils acht im Direktzugriff, die Bänke 9-16 über Shift-Taster) in denen Controller-Mappings für die acht darunterliegenden Trigger-Pads und Dreh-Encoder gespeichert werden können. Hinzu kommt, dass die anschlagsdynamischen Triggerpads sowohl Notennummer-, Program Change- als auch Control-Change-Meldungen senden können. Sie können also als Programmumschalter, als Drum-Trigger-Pad und zum Schalten von Controller-Funktionen genutzt werden. Nicht immer fühlte ich mich hier allerdings hundertprozentig sicher, in welchem Modus ich mich gerade befinde – sprich: Ich musste häufiger visuell kontrollieren, ob nun „Prog Chg, CC oder Note“ aktiv ist und in welcher Bank ich mich denn gerade befinde. Ich denke, man ist hier gut beraten, mit der Editor-Software für jeden Modus eine bestimmte Farbe zu definieren. Ist der Program-Change-Modus aktiviert, dienen sowohl die beiden „Bank“-Taster, die Trigger-Pads sowie zwei Prev-/Next-Taster dem zügigen Navigieren im Soundvorrat externer Klangerzeuger. Ob die Triggerpads allerdings von irgendeinem Musiker jemals zum Einklopfen von Schlagzeugsounds genutzt werden, wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln, denn für kunstvolles Finger-Drumming stehen sie schon arg eng beisammen.
Für die Konfiguration der möglichen MIDI-Kommandos, findet sich auf der Roland-Website eine schlanke, aber mächtige Editor-App (Win/Mac), mit der sich die Kontrollelemente bis ins Detail anpassen lassen. Das Einstellen der Beleuchtungs-Farbe ist hier noch die einfachste Übung. Spannender ist da schon, dass Taster wahlweise temporär oder schaltend (momentary/latch) agieren, Wertebereiche eingegrenzt oder fixiert und die Controller-Nummer frei vergeben werden können. So lassen sich Templates zur Steuerung der kompletten Studiohardware entwickeln. Auch eine Tranportsteuerung für die DAW ist so schnell angelegt. Darüber hinaus, können hier auch die möglichen Split- und Layer-Zonen definiert werden. Die Flexibilität, die man hier hat ist wirklich großartig, denn für jedes der drei Layer lässt sich – neben den Splitpunkten – separat bestimmen, welchen MIDI-Kanal und physikalischen Ausgang (MIDI und/oder USB) es ansprechen soll, und ob, und wenn ja wie weit transponiert werden soll. Auch das Senden von Controller-Meldungen lässt sich auf eine bestimmte Zone begrenzen.
Nur in die Upper1-Zone wirksam ist der integrierte Arpeggiator, der entweder mit eingeklopftem Tempo oder der Clock der DAW folgend läuft. Das tut er wahlweise über 1 – 4 Oktaven, in vier Modi (Up, Down, Up/Down, Random) und mit einstellbarer Quantisierung (metrisch von 1/4 – 1/16, auch Triolen).
Ein kompletter Betriebszustand lässt sich dann in einem von acht Snapshot-Speicherplätzen ablegen und bei Bedarf wieder aufrufen. Überhaupt lässt sich das A-88MKII sehr flexibel und schnell an unterschiedliche Problemstellungen anpassen: Egal ob es darum geht, die Polarität eines angeschlossenen Sustain-Pedals umzukehren, zu transponieren oder zu oktavieren, oder – falls mal alles „hängt“ – den „Panic“ (alle Noten aus) -Taster zu aktivieren. Darüber hinaus beherrscht das Keyboard bereits den MIDI 2.0-Standard, der es u. a. ermöglicht Controller-Informationen mit 32-Bit und Anschlagsdynamik mit 16-Bit zu übertragen (bisher 7-Bit = 128 Werte). Testen konnten wir die erweiterte Wortbreite allerdings noch nicht, da es zum jetzigen Zeitpunkt schlicht noch keine Applikationen gibt, die damit umgehen können.
Betrachtet man die Bauform, ist das Roland-Masterkeyboard dafür konzipiert auf einem Auszug unterhalb des Studiotischs, oder auf einem entsprechenden Ständer Platz zu finden. Das heißt: Alle zusätzlichen Gerätschaften sollen (und müssen) irgendwo abseits des A-88MKII positioniert werden. Das beginnt bei der Maus, geht weiter über externe Soundmodule bis hin zum Laptop. Im Test hätte ich mir aber an einigen Stellen gewünscht, zumindest die Maus auf der rechten Gehäuseseite ablegen zu können. Das klappt allerdings nicht, denn der Platz hier ist zu eng bemessen. Das ist wohlgemerkt kein Kritikpunkt, denn das Roland-Keyboard ist ja so konzipiert, dass es möglichst wenig Platz einnimmt. Ich erwähne es nur, damit man seine persönliche Arbeitssituation damit überdenken kann.