Roland CUBE 10GX Test

Praxis

Jeder Bassist hat seine eigene Philosophie, in welcher Hörsituation es sich am besten üben lässt. Manche mögen das Üben zuhause mit dem Kopfhörer. Ich persönlich mag das überhaupt nicht, da ich etwas mehr Luft zwischen der Schallquelle und dem Gehör bevorzuge. Daher bevorzuge ich das Üben mit einem Amp. Dieser Amp muss gar nicht laut sein, aber es hilft, wenn er passabel klingt. Die Aufgabe eines Practice Amps ist funktionell vorgegeben: Klein, günstig, nicht laut, aber gut klingend, ein zusätzlicher Eingang zum Anschluss externer Quellen für die Wiedergabe von Playbacks, Metronom, etc. Natürlich kann man auch mit 300 Watt Röhrenpower und einer 8×10″-Box üben – Jedem das seine! Hier geht es jedoch um das besagte “Minimalbesteck” und mich interessiert, wie weit man damit tatsächlich als Bassist seinen Übungs- oder auch Unterrichtsalltag bestreiten kann.
“Er sieht ja schon putzig aus”, denke ich bei mir, während ich den Roland CUBE 10GX aus dem Karton pfriemele. Der kleine “Kanister” dürfte so ziemlich überall in der Wohnung Platz finden, schließlich sind seine Dimensionen nicht viel größer als die eines Kofferradios. Ich hoffe lediglich, dass der Sound nicht auch an den eines solchen Radios erinnert und schalte den Zwerg an…
Die Bedienung ist selbsterklärend und während ich mich bei neutraler EQ-Einstellung durch die drei Presets schalte, wird mir auch umgehend klar, dass die werkseitig installierten COSM Amp Models klanglich in erster Linie für Gitarren ausgelegt sind. Der Sound wirkt spitz, höhenlastig und sehr wenig basskonform. Vielleicht kann man dem Sound noch eine Billy Sheehan-artige Note abringen, mit viel Verzerrung und bissigen Hochmitten, aber das war es dann auch. Keine optimale Ausgangslage.

Ich greife also zum iPad und lade erst einmal über den Link der Roland-Website die CUBE KIT App herunter. Das funktioniert problemlos, und auch die App ist ruckzuck installiert und geöffnet. Hier kann man sich nun aus zehn zur Auswahl stehenden Ampmodels jeweils drei in seinen CUBE 10GX laden. Das Prozedere habe ich ja bereits beschrieben. Zwar ist es wirklich kinderleicht und auch schnell zu bewerkstelligen, einen neuen Sound via Gitarrenkabel/-Input auf einen vorgewählten Presetplatz des CUBE zu installieren, aber ich finde es dennoch etwas mühsam, weil man erst die Sounds installieren muss, dann antesten und dann wieder drei weitere Sounds installieren muss, weiter testen und so fort. Dabei sollte man sich dann schon Notizen machen, bevor man schnell wieder vergisst, welchen Sound man auf welchem der drei Presetplätze installiert hat und welche Eigenschaften er hat. Hat man dann schließlich seine Favoriten ausfindig gemacht, kann man diese auf den drei vorhandenen Speicherplätzen installieren und letztlich dann auch direkt miteinander vergleichen. Bei der Verwendung mit dem Bass und neu installierten Sounds werden die gitarrenbasierenden Presetbezeichnungen “Clean, Crunch und Lead” natürlich hinfällig.
Nachdem ich also alle COSM Amp-Models aus der CUBE KIT App der Reihe nach installiert, durchgetestet, ersetzt, durchgetestet, wieder ersetzt habe, komme ich nach ca. 30 Minuten zur Überzeugung, dass meine persönlichen drei Favoriten unter dem Aspekt der Verwendung für den E-Bass folgende COSM Models sind:

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Bass – für Bass optimiertes Preset Black Panel – Fender Twin Reverb Tweed – Fender Tweed Bassman 4×10“-Combo
Der 10GX ist unglaublich klein - aber auch unglaublich wandelbar!
Der 10GX ist unglaublich klein – aber auch unglaublich wandelbar!

Das Bass optimierte Preset wird seitens Roland nicht weiter spezifiziert, man kann also nicht sagen, welcher bzw. ob überhaupt ein Amp als Vorbild Pate gestanden hat. Tatsächlich aber klingt mit diesem Preset der Bass nun wirklich auch nach Bass! Auch die beiden Fender COSM Models klingen für mich tatsächlich brauchbar und überzeugend. Man erkennt bei diesen Models auch noch eine plastische Räumlichkeit im Sound – ganz so, als würde man wirklich vor einem größeren Amp stehen. Bei den beiden Fender-Presets kommt auch ein schöner Röhrensoundcharakter durch, dem man durchaus auch ein überzeugendes Overdrive abringen kann:

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Black Panel – Fender Twin Reverb, Gain aufgedreht in Overdrive

In puncto Lautstärke darf man sich hierbei natürlich keinen falschen Hoffnungen hingeben.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die 10 Watt des Roland CUBE 10GX bei der Verwendung mit einer Gitarre schon ziemlich viel Alarm machen können, für den Bass allerdings ist diese Leistung so ziemlich die unterste gerade noch verwendbare Leistungsgrenze. Ich sehe hier tatsächlich ausschließlich Wohnzimmer-Gebrauchsmöglichkeiten oder moderate Unterrichtslautstärke im realistischen Bereich. Am besten platziert man den Amp dabei in Gesichtshöhe, um in den Genuss der direkten Schallwiedergabe des 8″-Lautsprechers zu kommen. Der klingt nämlich bei moderater Lautstärke ausgesprochen gut. Sobald man allerdings etwas lauter spielen möchte, fängt der Amp relativ schnell an zu verzerren. Dabei macht es interessanterweise keinen Unterschied, ob man den Gain-Regler zudreht und den Volume-Regler auf oder umgekehrt. Es ändert nichts an der Lautstärkeschwelle, ab der die Verzerrung einsetzt.
Bleibt man jedoch im Bereich des vom CUBE 10GX tolerierten Lautstärkebereiches unterhalb der einsetzenden Verzerrungsgrenze, so kann man mit ihm wirklich toll arbeiten! Der Dreiband-EQ arbeitet eher moderat. Viel stärker als jede EQ-Einstellung wirken sich die jeweiligen Presets selbst auf den Sound aus. Hier zwei Beispiele mit Slapstyle:

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Slap – Black Panel – Fender Twin Reverb Slap – Bass (Bass optimiertes Preset)
Das Leichtgewicht ist super stabil verarbeitet und kann am Tragegriff problemlos transportiert werden.
Das Leichtgewicht ist super stabil verarbeitet und kann am Tragegriff problemlos transportiert werden.

Auch der AUX In-Eingang ist praktikabel. Zwar besitzt er keinen eigenen Lautstärkeregler, aber seine Eingangsempfindlichkeit ist optimal auf MP3-Player & Co. ausgelegt, so dass man den Pegel von Playbacks, Metronom, etc. sehr gut mit dem Level eines angeschlossen Basses angleichen kann.
Bis zu diesem Punkt wäre eigentlich alles abgedeckt, was ein Übungsverstärker können muss. Jetzt kommt der Spaßfaktor hinzu, der auch beim Üben nicht fehlen sollte. Daher hat Roland dem CUBE 10GX auch einige seiner bewährten COSM-Effekte spendiert, die allesamt durchaus verwendbar klingen. Angewählt werden sie mittels eines einzigen Drehreglers. An einer Skala kann man ablesen, bei welcher Potistellung welcher Effekt angewählt wird. Innerhalb eines Effektbereiches bestimmt die Potistellung dann ein effektrelevantes Parameter. Beim Chorus ist es die Modulationsrate, beim Delay die Delay-Länge, beim Hall die Nachhallzeit. Alle diese Effekte sind nicht zwingend für den Bass erforderlich, aber sie bieten ein nettes “Add On” und laden zum Experimentieren ein. Warum auch nicht? Sie runden das Gesamtbild des CUBE 10GX ab, und man sollte nicht vergessen, dass der Winzling sowohl für Gitarre, als auch Bass konzipiert wurde.

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Black Panel (Fender Twin) – Delay Black Panel (Fender Twin) – Chorus Black Panel (Fender Twin) – Federhall Black Panel (Fender Twin) – Plattenhall

Zuletzt sei erwähnt, dass man natürlich auch einen Kopfhörer an den CUBE 10GX anschließen kann. Der Lautsprecher wird automatisch abgeschaltet, sobald die Miniklinken-Kopfhörerbuchse belegt wird. Allerdings sehe ich das eher als nette Zusatz-Option, denn wer ausschließlich mit Kopfhörer üben möchte, findet auf dem Markt noch alternative, portabelere Lösungen.

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