Praxis
Okay, die neuen Klaviersounds heißen jetzt also „SuperNATURAL“. Aber was bedeutet das eigentlich? Um mit einem verbreiteten Gerücht aufzuräumen: Das Ganze hat nichts mit der im Roland V-Pianos verwendeten Technologie zu tun, denn diese basiert auf Physical-Modeling, SuperNATURAL hingegen, auf Samples. SuperNATURAL Piano-Sounds sind übrigens auch im großen Roland Home Piano HP307 anzutreffen.
Und auch das Vorgängermodell des NX, das RD700GX, lässt sich per Erweiterungsmodul SuperNATURAL-fähig machen. Im RD700NX ist diese Technik aber nun erstmalig „serienmäßig“ in einem Stagepiano verbaut.
SuperNATURAL bedeutet, dass die Samples dahingehend bearbeitet worden sind, dass es keine (hörbaren) Übergänge zwischen den verschiedenen Velocity-Layern mehr gibt. Die Übergänge von pianissimo zu fortissimo sind nun fließend. Und das Ergebnis ist wirklich beeindruckend. Ich kenne kein Stagepiano, dessen Sound von ganz leise bis ganz laut so fließend variiert wie das RD700NX – und das Ganze auch noch so drastisch!
Besonders gut gefallen mir die Pianissimo-Passagen. Hier klingt das RD700NX sehr warm und weich. Gerade die leisen Töne haben mir bei Roland Pianos im Vergleich zur Konkurrenz immer besonders gut gefallen, und SuperNATURAL setzt dieses Erbe sehr schön fort. Ich muss sagen, ich bin begeistert. Das „NX“ hat das Zeug, mein absolutes Lieblings-Stagepiano zu werden! Vor allem in Verbindung mit der fantastischen Tastatur, die die Anschlagdynamik so präzise umsetzt, macht das Spielen sehr viel Spaß!
Hier sind die drei Grundsounds. Alle anderen Pianos des RD700NX basieren auf diesen drei Samples.
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Ein Upright Klavier wäre noch ganz schön gewesen, aber das gibt es hier leider nicht.
Der etwas mysteriöse Effekt „Sound Focus“ erfüllt verschiedene Zwecke. Man kann ihn als Mitten-Boost, Enhancer für die Höhen oder als Kompressor einsetzen. Er dient dazu, die Durchsetzungsfähigkeit im Mix zu verbessern und ist – abhängig von der Art des gewählten Klanges – unterschiedlich eingestellt. Beim Akustikpiano finde ich den Mitten-Boost sehr schön, gerade bei den leisen Tönen und Klassik. Aber auch für Filmmusik ist der Effekt bestens geeignet. Hier ein extremes Beispiel mit voll aufgedrehtem Sound Focus-Mitten Boost.
Es gibt noch viele andere Parameter, an denen man herumschrauben kann, wie Deckelöffnung, Saitenresonanz, Hammergeräusch und Pedalgeräusche, wobei diese Feinheiten in einer Livesituation sowieso untergehen werden. Ein nettes Spielzeug sind diese Funktionen aber allemal.
Der Hall klingt sehr schön und ich freue mich über das Delay mit Tap-Tempo-Funktion (wir erinnern uns: S1 oder S2 funktionieren auch als Tap-Knopf!)
Auch die E-Pianos des RD700GX tragen den Zusatz „SuperNATURAL“. Wir kennen sie schon vom ARX02 Expansion Board aus dem Fantom G. Sie wurden hier eins zu eins übernommen. Es gibt Rhodes, Wurlitzer und den E-Piano-Sound aus dem alten RD1000 aus den Achtzigern.
Das Rhodes klingt nicht schlecht, dann aber doch nicht so überragend wie die Bezeichnung „SuperNATURAL“ uns hier weismachen möchte. Immerhin sind keine Sprünge zwischen Velocity Layern zu hören und es klingt viel besser als die oft stiefmütterlich behandelten Rhodes-Sounds anderer Digitalpianos.
Auch hier gibt es einige Einstellmöglichkeiten wie Pick-Up Stellung und Glockigkeit, mit deren Hilfe sich verschiedene Rhodes-Modelle und -Zustände simulieren lassen sollen. Aber damit sollte man eher vorsichtig sein, denn je weiter man von der jeweiligen Grundeinstellung abweicht, um so unnatürlicher wird das Ganze. Doch immerhin ist es mir gelungen, durch Veränderung der Pickup Distance meinem Rhodes-Sound-Ideal ein ganzes Stück näher zu kommen – und das ist doch schon mal was!
Ich vermute einmal, dass die SuperNATURAL E-Pianos nicht auf Samples basieren, sondern durch Physical Modeling erzeugt werden. Dies hat den Vorteil, dass es keine Soundsprünge zwischen Velocity Layern gibt. Außerdem unterstützt diese Herangehenseise die verschiedenen Einstellmöglichkeiten. Aber im Vergleich zu einem guten Sample klingt es leider immer etwas künstlich.
Hier mal der Vergleich zum Sample Rhodes von Cfrentzen (auf 500 MB abgespeckte Version, 8 statt 16 Layers, ohne Release Samples, abgespielt von meinem Roland Fantom XR)
Und selbst das Rhodes vom SRX12 Expansion Board aus dem Hause Roland (also das Board, das man bis zum Vorgängermodell RD700GX noch einbauen konnte) gefällt mir irgendwie besser als SuperNATURAL, obwohl es nur 32MB und 4 Velocity Layer hat.
Beim Wurlitzer verhält es sich ähnlich. Es ist nicht schlecht, aber auch nicht perfekt…
Hier kann man sogar die Lautstärke des beim Original unvermeidlichen Rauschens einstellen. Von den anderen Einstellmöglichkeiten lässt man besser die Finger, sonst wird es schnell sehr unnatürlich. Es sei denn, jemand möchte ein spezielles „extra-abgefahrenes“ E-Piano entwerfen. Allerdings gibt es auch bei ausgeschalteter „Rauschsimulation“ zum Teil Nebengeräusche, wie man in diesem Audiobeispiel hören kann.
Und hier dann auch noch einmal der Vergleich zu einem guten Sample. In unserem Fall das Scarbee (auf 500 MB abgespeckt, 8 statt 16 Layers, keine Release Samples, abgespielt vom Fantom XR)
Auch hier würde ich dem hochwertigen Sample klar den Vorzug gegenüber dem SuperNATURAL Model des RD700NX geben.
E-Piano 3 stammt aus den Achtzigern, daran dürfte wohl kein Zweifel bestehen.
Zum Thema Orgel: Sicher ist das RD700NX kein Orgelspezialist, aber ich freue mich über die Möglichkeit, die Fader als Zugriegel benutzen zu können. Über eine externe Lesliesimulation klingt es auch ganz gut. Der interne Rotary Effekt ist natürlich nicht unbedingt State of the Art.
Insgesamt gibt es, wie bereits gesagt, 965 verschiedene Sounds, und da ist natürlich alles Mögliche dabei. Gute Flächen, Pads, Bläser und so weiter gibt es zuhauf, wie von Roland gewohnt. Von daher kann das RD700NX live sicher hier und da schon mal eine Workstation ersetzen.
Zuguterletzt noch ein kleiner Spaziergang durch die angebotenen Drumbeats.