Praxis
Sound
Der analoge SH-2 ist vor allem als Bass-Synthesizer beliebt, was zu einem großen Teil an der Sinusschwingung und dem Suboszillator liegen dürfte. Auch das Plug-in schlägt in diese Kerbe bzw. durch eine entsprechende Anlage direkt in die Magengrube. Klickt man sich durch die voreingestellten Sounds, so folgt ein Membranenkiller auf den nächsten und man tut gut daran, die Abhöre vorher etwas herunter zu regeln. Ganz unabhängig davon, ob der Charakter des Originals exakt getroffen wurde: Der SH-2 Plug-Out ist ein exzellenter Bass-Synth!
Natürlich hat der SH-2 aber auch andere Sounds auf Lager, die sich wegen der übersichtlichen Programmierung schnell zurecht schrauben lassen. Auch klassische Leads, Arpeggio-Sounds und Effekte gehören zum Programm, wobei die Kinnlade hier nicht ganz so tief herunter klappt wie bei den mächtigen Bässen. Im Bassbereich ist die einfache Struktur des Synths eher von Vorteil, während beim Programmieren von Leads doch manchmal der Wunsch nach Features wie z.B. Oszillator-Sync aufkommt.
Obwohl der Synth einfach gestrickt ist, stößt man beim Schrauben auch immer wieder auf unerwartete Sounds, hier zum Beispiel ein Trio aus selbstoszillierendem Filter, LFO und Delay:
Im direkten Vergleich mit einem Originalexemplar muss man dem Plug-in bescheinigen, dass der etwas schmale, nasale Charakter des SH-2 recht gut getroffen wurde. Hier hört ihr einige Vergleichssounds, jeweils vom analogen SH-2 und vom Plug-in. Vielen Dank an den Kollegen Tobias Philippen für die analogen Sounds!
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Deutlich wird dabei allerdings auch, dass trotz Modellierung auf Bauteilebene und dem insgesamt recht authentischen Sound eben dieser kleine Unterschied bestehen bleibt. Bisher hat in meinen Augen noch kein Software-Synthesizer den gleichen erdigen Punch und die gleiche organische Power geliefert wie das analoge Vorbild, und das ist beim SH-2 nicht anders. Das Plug-in klingt für sich genommen ausgezeichnet und es klingt auch ziemlich genau so wie das Original. Aber weiche Knie, spontane Endorphin-Flutwellen und dieses warme, glückliche Kribbeln gibt’s auch heute noch nur beim echten Analogen. Ich finde ja: Das ist auch gut so!
Der SH-2 auf dem SYSTEM-1
Um den SH-2 „herauspluggen“ zu können, muss auf dem SYSTEM-1 mindestens die Systemsoftware 1.11 installiert sein, die man auf Rolands Website herunterladen kann. Das Update der Systemsoftware ist nicht kompliziert, aber man sollte die kurze PDF-Anleitung lesen und den Schritten aufmerksam folgen, damit nichts schief geht.
Wenn das SYSTEM-1 auf den neuesten Stand gebracht und per USB an den Computer angeschlossen ist, klickt man im SH-2 Plug-in einfach auf den Button Plug Out, um den Software-Synthesizer auf das SYSTEM-1 zu übertragen. Falls dort bereits ein anderer Plug-Out Synth installiert ist (z.B. der SH-101), wird man freundlich gefragt, ob man fortfahren möchte, denn im SYSTEM-1 hat leider immer nur ein Plug-Out zur Zeit Platz. Der Vorgang dauert ein paar Sekunden, danach ist der SH-2 auf der Hardware einsatzbereit und kann mit dem Knopf Plug-Out anstelle der internen Klangerzeugung des SYSTEM-1 aktiviert werden. Weiterhin nutzbar bleiben der Arpeggiator, die Scatter-Funktion und die Effekte des SYSTEM-1, sodass man sie auch auf die Sounds des Plug-Out Synths anwenden kann.
Die Beleuchtung der Bedienelemente des SYSTEM-1 weist darauf hin, welche Regler aktiv sind, also vom jeweiligen Plug-Out verwendet werden. So bleiben die Fader der Pitch-Hüllkurve unbeleuchtet, gleiches gilt für die anderen Hardware-Bedienelemente ohne Entsprechung beim SH-2. Damit präsentiert Roland einen durchaus eleganten Lösungsansatz für das Dilemma, dass es nun mal nicht die eine Benutzeroberfläche gibt, die sich auf alle potentiellen Plug-Out Synthesizer gleichermaßen anwenden ließe. Man sieht jedenfalls sofort, woran es sich zu drehen lohnt. Dennoch geht das Konzept nur zum Teil auf. Zum Beispiel bleibt der Regler Noise im Mixer dunkel, denn beim SH-2 wird der Rauschgenerator ja über den Waveform-Schalter von Oszillator 2 aktiviert. Das wurde bei der Implementierung 1:1 umgesetzt. Um auf der mit dem SH-2 bestückten SYSTEM-1 Hardware Rauschen zu bekommen, muss man also allen Ernstes den OSC 2 auf Supersaw stellen und im Mixer aufdrehen, statt den mit „Noise“ beschrifteten Regler – und plötzlich wirkt alles schon nicht mehr ganz so intuitiv. Etwas unglücklich ist auch, dass es für die Umschaltung des VCA Mode (Hold / F.Env / A.Env / Gate) keinen eigenen Taster gibt, stattdessen wird dafür der beim monophonen SH-2 nicht benötigte Mono/Poly/Unison-Knopf zweckentfremdet. Das hat mich anfangs etwas verwirrt. Vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen, dem SYSTEM-1 einen entsprechenden Knopf in der Amp-Sektion zu spendieren, denn es gibt ja viele analoge Synthesizer mit einer solchen Umschaltmöglichkeit beim VCA.
Trotz dieser unvermeidlichen kleinen Schwachstellen will ich aber gar nicht groß meckern – das SYSTEM-1 macht sich als universelle Controller-Oberfläche insgesamt nämlich ziemlich gut. Das Schrauben macht an der Hardware sehr viel mehr Spaß als mit der Maus und führt auch schneller und intuitiver zu Ergebnissen, besonders auf der Bühne. Aber auch im Studio fördert die Kombination aus SH-2 und SYSTEM-1 die Inspiration – man kommt an der Hardware einfach auf andere Ideen als mit der Maus vor dem Bildschirm.