Gut schaut er aus, der Synthesizer zum Spielen: Black is beautiful. Eine Vier-Oktaven-Tastatur umzingelt von einer Menge Potis, Tastern und Fadern im Vintage-Look. Und eine angenehm große Beschriftung auf dem Gehäuse. Klassische analoge Klangerzeugung, digital emuliert, Arpeggiator und Rolands D-Beam Controller sowie ein Filter für externes Audiomaterial sind mit an Bord. Ein Audioeingang und eine USB-Schnittstelle fallen mir beim Blick auf die Rückseite neben Midi und den Outputs ins Auge. Und wo findet man Würfel und Spielkarten? Okay, jetzt aber Spaß beiseite. Rolands Werbetexter möge mir verzeihen…
Gerade mal 5,2 Kilo wiegt der Kleine. Den könnte man sich auf dem Weg zur Bandprobe locker auf den Rücken schnallen. Nicht uninteressant für den einen oder anderen ohne Führerscheinklasse 3.
Die Klangerzeugung
Nach dem ersten Antesten der 32 Werkspresets steht schnell fest: Der SH-201 hält eine kleine Auswahl nachgebildeter Analogsounds im Angebot, die nicht von schlechten Eltern sind: Saftige Bässe, breite Padsounds und kreischende Leads lassen das Herz eines jeden Tastenquälers höher schlagen.
Zur Klangerzeugung stellt unser Testkandidat zwei Oszillatoren bereit, die mit allen gängigen klassischen Wellenformen daherkommen: Sägezahn, Rechteck, Puls, Dreieck, Sinus und Rauschen. Außerdem an Bord sind Feedbackoszillator, Rolands legendäre „Supersaws“ und das Audioeingangs-Signal.
Zur Bestimmung der Tonhöhe gibt es ein Pitch-Poti, das im Bereich von einer Oktave auf- und abwärts arbeitet und mittels „Wide“ Taster auf einen Umfang von sechs Oktaven verändert werden kann. Im Cent-Bereich kann die Tonhöhe mit dem Detune-Regler angepasst werden. Dritter im Bunde ist der PW/Feedback-Regler, der die Pulsweite von Rechteck-Wellen beeinflussen kann und den Supersaws oder dem Feedback-Oszillator ordentlich Leben einhaucht.
Oszillator 2 leistet das Gleiche wie Oszillator 1. Allerdings muss man zwischen beiden Oszillatoren hin- und herschalten. Dafür ist Oszillator 2 eben mal schnell mittels zweier kleiner Taster um eine Quarte oder eine Oktave nach unten gepitcht. Cool. Man sollte vermuten, dass durch nochmaliges Drücken des Buttons die ursprüngliche Tonhöhe wieder hergestellt wird. Dem ist leider nicht so: Zurück geht’s nur mit dem Pitch-Poti. Uncool.
Die Polyphonie ist im Übrigen zehnstimmig. Es gibt pro Speicherplatz die Möglichkeit, einen Lower- und einen Upper-Sound abzulegen, und diese lassen sich bei Bedarf umschalten, splitten oder layern.
Apropos Speicherplätze: Leider sind nur mickrige 32 User-Speicherplätze vorhanden. Da darf die Setlist nicht zu lange sein, sonst wirds knapp. Eher mangelhaft als ausreichend. Setzen.
Kleine graue Pfeile auf dem Frontgehäuse weisen dem Signal den Weg an die frische Luft – doch zunächst ist erst einmal der Mixer dran. Mittels Balance-Regler wird hier das Lautstärkeverhältnis zwischen beiden Oszillatoren bestimmt, oder Ringmodulation und Sync der Oszillatoren justiert. Nützliches Feature: Die Bassanteile im Sound können bei Bedarf mit Low Freq cut/boost abgeschwächt oder angehoben werden.
Dem nächsten Pfeil zufolge geht es jetzt durch die Filtersektion des SH-201. Hier warten schon die üblichen drei Türsteher Tief-, Band- und Hochpass darauf, beherzt mit -12 oder -24db zuzupacken. Cutoff, Resonance und Keyfollow helfen hier dem guten Ton weiter auf die Sprünge. Klingt ordentlich. Das Ganze kann man bei anderen Synthies auch in edler haben, aber hier sprechen wir über ein Gerät der Einsteigerklasse. Die Amp-Sektion beherbergt einen simplen Levelregler fürs Gesamtsignal und einen unscheinbaren Overdrive-Taster, der bei Bedarf brav zerrt. Wie stark es zerrt, lässt sich bei gedrücktem Overdrive-Taster mit dem Level-Poti bestimmen. So eine Portion Dreck kann man öfters mal gebrauchen. Weiter gibts noch eine kleine Effektsektion, die uns die Wahl zwischen Hall und Delay beschert und Effektlänge und –stärke regeln lässt.
Für dich ausgesucht
Das war natürlich noch nicht alles. Die nächsten Abteilungen hauchen dem Sound erst richtig Leben ein. Zwei LFOs, Pitch-, Filter- und Amp-Hüllkurven warten auf ihren Einsatz. Die Hüllkurvensektionen wurden allesamt mit kleinen Fadern ausgestattet, die den Klangverlauf über Attack, Decay, Sustain und Release beeinflussen. Die Pitchhüllkurve moduliert den Klang nur über Attack und Decay. Den Hub der Hüllkurven bestimmt der Depth-Fader, der sowohl auf positive wie auch negative Werte gebracht werden kann.
Die beiden LFOs sind mit den gängigen Wellenformen ausgestattet und können jeweils zwei Modulationsziele ansteuern. Das sind zum einen die Tonhöhe oder Pulsweite von Oszillator 1, das Filter oder das Audiofilter für externe Signale. Zum anderen kann die Tonhöhe oder Pulsweite von Oszillator 2 oder die Amp-Hüllkurve moduliert werden. Das Tempo der LFOs lässt sich an das Patchtempo anpassen oder via Rate-Poti einstellen. Die Delay-Time der Effekt-Sektion hingegen kann nicht mit dem Tempo synchronisiert werden. Da der SH-201 über kein Display verfügt, lässt sich auch das gegenwärtige Patchtempo nicht einsehen. Man kann jedoch „schneller“ oder „langsamer“ drücken. Zusätzlich gibt es noch einen prima Tap-Taster, der die flotte Anpassung an ein Songtempo ermöglicht. Wie schon bei der Bedienung der beiden Oszillatoren muss auch zwischen den beiden LFOs hin- und hergeschaltet werden.
Fast schon obligatorisch sind die Oktav-Wahltaster, die den Sound mal eben bis zu drei Oktaven auf oder abwärts transponieren. Im Solo-Mode wird der Sound monophon betrieben, ganz so, wie sich das für ein anständiges Synth-Solo schickt. Mit Solo + Legato werden bei einer gebundenen (legato) Spielweise die Hüllkurven nicht erneut ausgelöst. Dazu gehört selbstredend auch der Klassiker Portamento. Hier wird der Übergang der Tonhöhe von einer zur anderen Note geschmeidig eingestellt. Wie schnell sich dieser Übergang gestaltet, lässt sich entweder über acht voreingestellte Presets abrufen, oder stufenlos via Tastenkombination von 0 – 127 regeln.
External In
Auf dem Gehäusedeckel rot unterlegt ist die Sektion, die sich mit dem am Anfang schon erwähnten Audioeingang beschäftigt. Dieses nette Feature ermöglicht das Einschleifen eines externen Signals via Stereo-Cinchbuchsen.
Dabei kann die Eingangslautstärke mittels Poti geregelt werden, bevor ein Audiofilter darauf wartet, dem Signal auf den Pelz zu rücken. Auch hier stehen wieder Low-, High- und Bandpassfilter zur Verfügung, sowie zusätzlich ein Notchfilter, das ordentliche Kerben ins Frequenzspektrum knabbert. Cutoff und Resonanz gibts natürlich auch, und eine Absenkung von -12 oder -24 db ist wieder möglich. Der Center-Cancel Taster bewirkt, dass im Stereoklangbild mittig positionierte Signale wie beispielsweise Gesang gefiltert werden. Phasenauslöschungen machen das mehr oder weniger gut möglich, und einem beschwipsten Karaoke-Abend sollte jetzt nichts mehr im Wege stehen…
Übrigens kann das Input-Signal auch als Oszillator-Wellenform verwendet werden. Dadurch durchläuft es sämtliche Filter und Modulationsabteilungen, genau wie die Kollegen Sägezahn & Co. Einen Haken hat die Sache allerdings, denn auch wenn die Tastatur des SH-201 nicht gespielt wird, wird der Audioeingang weiter an den Audioausgang weitergegeben. Diese unschöne Tatsache lässt sich aber austricksen, indem man zusätzlich das Audiofilter bemüht und einfach alles mit dem Tiefpass radikal wegdreht.
Controller, Recorder und Arpeggiator
Neben dem Roland-typischen Pitch-Bend/Modulationshebel, der auf die Tonhöhe (Pitch) und den LFO 2 (Modulation) einwirkt, ist auch ein D-Beam-Controller mit an Bord. Wenn man eine Hand über diesen Infrarot-Sensor bewegt und den Abstand zum Gerät verändert, werden Controllerdaten erzeugt, die auf beliebige Parameter einwirken, wie etwa die Tonhöhe (Pitch-Taster), die Lautstärke (Expression-Taster) oder den Filter-Cutoff (Filter/Assign) des Klangs. Aber auch andere Parameter lassen sich über D-Beam ansteuern:
Einfach Filter/Assign-Taster gedrückt halten und den gewünschten Regler betätigen, schon übernimmt der Beam den gewünschten Parameter. Klasse.
Auch die Empfindlichkeit des D-Beams lässt sich in acht Schritten verändern. Keyboard-Burgen-Bauer sollten also darauf achten, den SH-201 ganz an oberster Stelle zu parken, denn nur so kann auch exzessiv „ge-D-beamt“ werden.
Es gibt die Möglichkeit, eigene kleine Phrasen mit einer Länge von maximal acht Takten aufzunehmen. Das Spiel auf der Tastatur oder Reglerbewegungen werden dabei in Form von Midi-Daten festgehalten. Ein Metronom zählt während der Aufnahme das Tempo vor, quantisieren lässt sich das Material allerdings nicht. Ganze acht (!) solcher Phrasen lassen sich speichern und bei Bedarf wieder aufrufen.
Auch einen Arpeggiator hat der SH-201 mit im Gepäck. 32 vorgefertigte Arpeggio-Styles machen sich bei Bedarf über gehaltene Akkorde her. Dabei wird natürlich das aktuelle Tempo berücksichtigt. Damit der Arpeggiator auch dann weiterspielt, wenn die Tasten losgelassen werden, gibt es die Haltefunktion On+Hold. Man kann auch über den beiliegenden Editor am Rechner eigene Arpeggiator-Patterns kreieren und dort auf viele weitere Parameter einwirken. Dazu gleich mehr.
Tastenkombinationen
Es gibt eine ganze Reihe weiterer Funktionen, die der SH-201 bereithält, die sich aber nicht offensichtlich auf der Bedienoberfläche tummeln. So kann man beispielsweise auf verschiedene Details der Effekt-Sektion zugreifen, indem man Regler A dreht während man Taster B gedrückt hält. Welche Parameter genau editierbar sind und mit welchen Tastenkombinationen man diese Einstellungen erreicht, verrät nur die Parameter-Liste in der Bedienungsanleitung. Man muss also nur den Nippel durch die Lasche ziehen…