Wie eben schon erwähnt, ist einer der natürlichen Lebensräume des Sonic Cell der Computertisch. Hier krallt er sich mit seinen angeklebten Moosgummifüßchen sicher fest und wartet auf seinen Einsatz. Bevor es richtig los gehen kann, muss ich allerdings zunächst noch die mitgelieferte Editier-Software und die Sonar LE Sequenzersoftware auf meinem Mac installieren…ups, schön wär´s gewesen, doch die Firma Cakewalk gewährt mir keinen Einblick in ihre Software, da diese nur Windows-Usern vorbehalten ist. Ich werde also auf mein bewährtes Logic zurückgreifen, um mit dem Testbericht fortfahren zu können.
Die Installation der Roland-Software hingegen funktioniert reibungslos, genauso wie die nahtlose Integration des Sonic Cell in meinen Logic-Sequenzer. Das Gerät lässt sich sowohl als MIDI- als auch als Audio-Instrument öffnen. Letzteres dient der Möglichkeit, den Editor mittels eines Plug-In´s an den Start zu bringen.
Das Display mit einer Größe von 128 x 64 Punkten ist auch ohne einen optionalen Desktop-Stand aus allen Winkeln ausreichend gut ablesbar. Hat man aber erst einmal die sehr übersichtlich und intuitiv bedienbare Editier-Software geöffnet, gerät das Display des Sonic Cell schnell in Vergessenheit. Das ist auch gut so, denn umfangreichere Eingriffe in die Soundstruktur werden am Sonic Cell selbst schnell zur Finger-Akrobatik. Dank des Editors, dessen Design Roland optisch ebenso edel gestaltet hat wie den Sonic Cell selbst, macht es wirklich Laune, an den virtuellen Reglern zu spielen, während der Sequencer im Circle-Modus augenblicklich Auskunft über die jeweilige akustische Veränderung gibt. Anpassungen, die man im Editor vornimmt, werden im Display sichtbar mit verändert – umgekehrt funktioniert das aber leider nicht. Die Regler und Buttons des Editors zeigen sich von Veränderungen an der Hardware unbeeindruckt. Erst das Betätigen des Read-Buttons in der Menü-Leiste des Editors macht die veränderten Settings der Hardware im Editor lesbar – und das dauert…
Die Menü-Führung des Editors ist logisch und übersichtlich aufgebaut. Lediglich im Routing-Menü der Effekte des Perform-Modus bin ich arg ins Schlittern geraten. Was dort in Sachen Routings alles möglich ist, begreift man erst nach intensivem „Try and Error“ bzw. dem Studium des deutschen Handbuchs, das im Vergleich zur englischen Version ein wenig so wirkt, als hätte man es für den deutschen Markt noch schnell im Copy-Shop um die Ecke vervielfältigen müssen. Schade auch, dass sich die Abbildungen im Handbuch nur auf die Arbeit am Gerät (also der Displayanzeige) beschränken. Das hilft bei der Bedienung des Editors leider weniger. Da der Sonic Cell eigentlich für den Betrieb am Rechner bzw. am Editor ausgelegt ist, ärgert das schon. Dazu kommt noch die Tatsache, dass das Display, um komplexere Routings am Gerät vorzunehmen, einfach zu klein ist.
Praxis mit Sounds
Grundsätzlich stehen für den Betrieb des Sonic Cell zwei Modi zur Verfügung:, der einfachtimbrale PATCH-Modus und multitimbrale PERFORM-Modus .
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Der Perform-Modus kommt erst dann zum Einsatz, wenn wir mehrere Instrumentensounds, Parts genannt, für ein Sequenzer-Arrangement benötigen. Im direkten Vergleich fällt auf, dass Sounds gleichen Namens im Patch-Modus immer fetter und runder klingen, als innerhalb eines Arrangements im Perform-Modus. Das irritiert etwas – nicht zuletzt auch deshalb, weil das Gerät für die angestrebte Zielgruppe erst im multitimbralen Perform-Modus richtig Sinn macht. Klar, im Perform-Modus müssen sich die Parts eben die zur Verfügung stehenden Effekte teilen – das nagt am akustischen Erlebnis.
Zum besseren Verständnis hier ein Beispiel: Nehmen wir z.B. an, wir haben uns im Patch-Modus mit einem fetten Bass-Synthsound, einem Streicherpad und einem E-Pianosound angefreundet. Diese möchten wir später im multitimbralen Modus mit anderen Sounds (z.B. Drums) unseres Arrangments kombinieren. Schon haben wir ein Problem. Gelingt es noch, den ein oder anderen Part wie im Patch-Mode authentisch klingen zu lassen, habe ich für die anderen Wunschsounds nicht mehr genügend Effekt-Ressourcen zur Verfügung. Bleibt mir nur noch die Möglichkeit, die betreffenden Sounds im Patch-Modus zu audifizieren und als aufgenommene Audiospur in mein Arrangement einzufügen. Man darf sich nichts vormachen. Richtig gute Sounds brauchen eine Menge Systemressourcen, und das geht auch hier nicht alles auf einmal.
Der Patch-Modus eignet sich am besten für den Live-Einsatz, beispielsweise wenn man zu einem via USB-Stick eingespielten Playback musizieren möchte. Die Patches, wie die Sounds im Hause Roland genannt werden, teilen sich in sieben Blöcke (A – G) á 127 Sounds ein. Darüber hinaus gibt es die obligatorische General MIDI Bank (GM) sowie die User-Bank mit 256 freien Speicherplätzen – genügend Platz also, um modifizierte Patches oder neue Soundideen zu sichern. Die Drumsounds sind separat in einer Rhythm-Soundbank, einer GM-Rhythmbank und einer User-Bank untergebracht.
Um die Patches für den User noch einfacher auffindbar zu machen, hat Roland die Sounds in sogenannten Categories, nach Instrumentengruppen sortiert. Das vereinfacht die Suche nach einem bestimmten Sound enorm. Fehlt mir in meinem Arrangement z.B. noch ein Leadsound werden ich unter der entsprechenden Category fündig.
Der Video-Clip zeigt, wie es geht:
Auf Grund der Fülle an Möglichkeiten einzelne Tones (das sind die Grundbausteine (Romsamples)) mit einander kombinieren und mit Multieffekten versehen zu können, kommen Soundtüftler beim Sonic Cell voll auf ihre Kosten. Als Nebenwirkung daraus, kann die Arbeit an einem Musikprojekt (und nicht zu Letzt meine Arbeit an diesem Testbericht) schon Mal ins stocken geraten. Um nicht komplett in Sound-Tüftelein abzutauchen, möchte ich mich deshalb hier auf das simple „Rompeln“ beschränken – im festen Vertrauen auf die Programmierer der Firma Roland, die wohl das Beste aus ihrer Kiste heraus geholt haben. Bei rund 1000 Sounds möge man mir auch verzeihen, dass ich nicht auf jeden Einzelnen eingehen werde. Die Qualität der Patches ist durchweg gut – nicht zuletzt wenn man bedenkt, welche Vielfalt sich in dem zigarrenkistengrossen Instrument verbirgt. Diese Bewertung ist bitte immer unter der Voraussetzung zu verstehen, dass der Sonic Cell als „All in One“ Instrument genutzt wird. Natürlich können speziell ausgewählte Hardware- oder Softwareinstrument die einzelnen Testdisziplinen besser. Allerdings braucht man, zur Abdeckungen eines adäquaten Soundspektrums dann auch ein gut gefülltes Portemonnaie – selbst wenn der Geschmack nicht allzu exklusiv ist.
Die gewaltige Menge an Sounds des Sonic Cell scheint beim genauen Hinhören allerdings künstlich aufgebläht. Das Rezept: Man nehme z.B. ein Instrumentenwave, würze es im Wavegenerator mit bis zu drei weiteren Waves, ein bisschen mehr Raum hier und ein witziger Multieffekt dort und das ganze mit einem neuen Namen garniert, und fertig ist der neue Sound. Das funktioniert für meinen Geschmack nur bei den Synthisounds richtig gut. So verwundert es nicht, dass wir beinahe drei Bänke voll mit sehr interessanten und fleißig programmierten Synthisounds vorfinden. Alles nach dem Motto: Hauptsache Quantität!
Möchte man in seinem Song z.B. einen Pianosound verwenden, benötigt man normalerweise eigentlich nur zwei, drei gute Preset – Pianoklänge. Die Durchsetzungskraft des Sounds in einem Arrangement erreicht man dann durch geschicktes EQ-ing und Panning. Mit ein wenig Training bin ich auf diese Weise meistens schneller am Ziel, als wenn ich mich im Vorfeld durch unzählige Presets switchen muss, um am Ende fest zu stellen, dass ich sowieso wieder Hand anlegen muss, um den Sound an den Anspruch des jeweiligen Songs anzupassen. Dementsprechend kann ich persönlich gut und gerne auf 42 interne Klavierpresets verzichten. Mal ganz abgesehen davon, dass Roland die richtig amtlichen Pianaosounds ohnehin erst mit dem sehr schön klingenden Expansionboard SRX – 11 „Complete Piano“ liefert. Berappt man die dann fälligen 275 € haben wir allerding die magische Schallmauer von Tausend Euro für das Instrument fast erreicht. Meiner Meinung nach sollten Expansionboards Erweiterungen sein und nicht Verbesserungen interner Klänge.
Hier eine kleine Auswahl der internen Piano-Sounds.
Klanglich fragwürdig sind meines Erachtens besonders all jene Instrumentengruppen, die sich erfahrungsgemäß mit jeder Faser ihres Seins dagegen sträuben, vernünftig gesamplet zu werden– allen voran Solobläser, Solostreicher und Gitarrensounds. Doch das ist natürlich bei Leibe nicht nur ein Problem des hier getesteten Geräts.
Hier drei Beispiele für typische Sax-Sounds.
Die Akustikgitarren des Sonic Cell klingen allesamt irgendwie eher nach irischer Harfe, ohne dieses Instrument diskriminieren zu wollen. Bei den E-Gitarrensounds habe ich schon bei so manchem Alleinunterhalter („Tyros“ lässt grüßen) wesentlich Besseres gehört und im Falle der angebotenen Distortion-Gitarrensounds ist bei mir der Spaß dann echt vorbei. Problematische Sounds lassen sich durch die Preview-Funktion des Gerätes bereits im Vorfeld dingfest machen. Als eine praktische Vorhöreinrichtung gedacht, werden die Sounds einer bestimmten Instrumenten-Category mit immer demselben Preview-Demo abgespielt. Das entlarvt viele Sounds bereits vor dem ersten echten Einsatz als Blender. Fairerweise muss man hier aber sagen, dass das Preview vielen Sounds streckenweise einfach auch nicht gerecht wird.
Besser ist die Strategie, kritische Sounds von vornherein zu meiden und stattdessen zu versuchen, den Saxofonisten oder Gitarristen im Freundeskreis mit einem kühlen Bierchen dazu zu bewegen, über das integrierte Audio-Interface einen netten Track einzuspielen.
Geht es hingegen um Flächen, Synthesizer, E-Piano, Drum oder Malletsounds, sind wir mit dem Sonic Cell ganz weit vorne dabei. Hier spürt man die Gene von Roland und deren Erfahrung im E-Drums und Synthesizer Sektor. Ich finde das Soundangebot in diesem Bereich allesamt sehr gelungen. Das hat Tradition im Hause Roland und funktioniert wirklich prima und absolut unkompliziert.
Hier eine bunte Auswahl. Los geht’s mit E-Piano-Sounds
Oder wie wär’s mit ein paar Strings?!
Sequences
Und einige Solo-Sounds:
Und zum Abschluss der Hör-Session die gute, alte Orgel in all ihren Variationen:
Steigen wir jetzt in die Möglichkeiten der Effektbearbeitung ein, die uns ja auch für die Bearbeitung der Audiofiles zur Verfügung stehen. Die Palette der Effekte mit 78 Multi-, fünf Reverb- und drei Chorus- Effekten sind sehr vielversprechend.
Für die Audioaufnahme über das Interface hat man dann noch einmal Zugriff auf sechs zusätzliche FX Typen – und zum Mastern außerdem noch einen 3 – Band Compressor.
Die Qualität der Effekte ist für ein Gerät dieser Kategorie wirklich gut.
Entscheidet man sich für den Performance – Mode, sind die Gestaltungsmöglichkeiten noch umfangreicher, da man, außer dem Inputeffekt, Reverb und Chorus bzw. Delay, auch noch die Multieffekte des MFX 3 zur Verfügung hat.
Stellt sich das Routing der Effekte im Patch Modus noch recht überschaubar und intuitiv dar, verlangt das Routing im Perform Modus auf Grund der vielseitigen Verknüpfungsmöglichkeiten echte Routine. Hier stößt man auch in dem sonst so übersichtlichen Editor an seine Grenzen, da die Möglichkeiten der Effektverkettungen und Routings das logisch grafische Darstellungsvermögen übersteigt. Schade auch, das die Levels der einzelnen Effekte im Routingfenster nur über die kleinen UP and DOWN Regler zu verstellen sind und nicht durch Doppelklick nummerisch eingegeben werden können. Es ist außerdem nicht leicht, den durch zarte weiße Linien dargestellten Routingverknüpfungen zu folgen, da man sehr schnell die Orientierung verliert. Farbig abgesetzte Linien hätten da schon Abhilfe geschaffen.
Das integrierte Interface verrichtete seinen Dienst während der Testphase einwandfrei und sauber. Einfach den Schalter auf der Rückseite auf das entsprechende Eingangssignal (Mikrofon, Guitar oder Line) einstellen, und schon kann es losgehen. Einzig der unpraktisch kleine Drehregler für das Einpegeln des Signal-Inputs nervt hier ein bisschen, da man den Eingangspegel bei einer Produktion des Öfteren verändern muss. Möchte ich in einer laufenden Produktion z.B. einen Teil eines Gesangs-Takes verbessern oder erneuern, ist es mit diesem Regler nur schwer oder sogar gar nicht möglich, einen bestimmten Pegel wiederherzustellen. Möchte man das Signal nicht einfach „trocken“ aufnehmen und später über den Output mit Effekten versehen, sollte man sich im Vorfeld der Aufnahme etwas Zeit für das Routing der Input-Effekte nehmen.
Ich persönlich würde allerdings grundsätzlich immer zur Nachbearbeitung eines trockenen Files raten, sieht man einmal von einer Vorkomprimierung bei der Aufnahme ab. Hat man sich nämlich bei einer einmal aufgenommenen Audiospur konkret auf einen Effekt festlegt, merkt anschließend aber, dass es doch nicht so klingt, wie man es sich ursprünglich einmal vorgestellt hat, wird eine komplette Neuaufnahme nötig – und das kostet Zeit und Nerven. Also nur etwas für wild entschlossene Produzenten oder auch Gitarristen, die einen spezifischen Gitarren-Effekt nutzen möchten. Ich wage allerdings zu behaupten, dass ein Gitarrist, der sich zum Kauf des Sonic Cell entschließt, bereits ausgefeiltere Amp-Simulationen, wenn nicht gar „echte“ Amps zur Verfügung hat und über die im Sonic Cell vorhandenen nur müde lächeln wird.
Die Playbackfunktion ist so einfach wie praktisch: USB-Stick einführen und die Daten werden im Display angezeigt und können abgespielt werden(gesetzt den Fall, sie sind im geeigneten Format). Sehr praktisch übrigens, wenn der Keyboarder bei der Probe fehlt oder keinen Bock mehr hat, hinter einem Vorhang oder im ungeheizten Nebenraum zu orgeln.
Sollte es gar an der kompletten Band fehlen, bietet Sonic Cell dem Solo-Interpreten die Möglichkeit, vorgefertigte Arrangements im SMF-Format als MIDI-Player abzuspielen. Für solche Zwecke liefert Roland den passenden Playlist-Editor im Software-Paket mit. Dieser macht es möglich, die Reihenfolge der Songs zu ordnen und zu speichern.
Ein nettes Gimmick ist der rote Keyboard-Button in der oberen Menü-Zeile des Editors. Durch Anklicken erscheint eine virtuelle Keyboardtastatur mit einigen Zusatzfunktionen, wie Velocity, Octav und Channelreglern. Leider lassen sich, solange die Tastatur im Bild ist, keine weiteren Befehle am Editor mehr vollziehen.