Bevor wir uns an den eigentlichen Test der Roland TB-03 machen, vorweg eine kleine Geschichtsstunde über das Original, das als Vorlage diente. Die Roland Transistor Bassline TB-303 war einer der größten wirtschaftlichen Flops aus dem Hause Rolands und deshalb seit 1984 „discontinued“!
Als Bass-Begleitinstrument für Gitarristen zum Üben gedacht, zu kompliziert zu bedienen und mit einen Sound gesegnet, der alles andere als authentisch war, verschwand die silberne Kiste schnell in den Ramsch- und Sales-Boxen der traditionellen Musikgeschäfte. Und vielleicht wurde sie gerade dort von den ersten Protagonisten des Chicago und Detroit Acid aufgegriffen. Es folgte eine Erfolgsgeschichte, wie sie nur wenige Synthesizer erfuhren.
Details
Und am achten Tag schuf Gott Techno
Da steht sie nun vor mir. Der heilige Gral des Acid House und Main-Synth vieler weiterer Unterspielarten des Techno: Die Roland TB-03, ein leicht aufgebohrter digitaler Clone der TB-303. Mit ihrem hypnotischen Groove und dem blubbernd-zwitschernden Resonanz-Filtersound hat diese Generationen zum Tanzen gebracht und mich persönlich die wichtigste Lektion in Sachen elektronischer Musik gelehrt: Fette Drums (808 oder 909) und eine Bassline, die den Popo zum Wackeln bringt: Das ist alles, was es für einen fetten Dance-Hit braucht. Der musikalische Rest ist nur Dekor und für den Puristen damit überflüssig. Das ist auch die quasi Definition von Acid House.
Die 303: der Rhythm Wolf der 80er
Anfangs für rund 700 Mark verkauft, später für 200 Mark verramscht, ruft eine gut erhaltene TB-303 heutzutage durchaus Preise von rund EUR 2000,– auf – und das trotz schlechter Ersatzteilversorgung. Das hat natürlich einige andere Hersteller zum Bau sogenannter Klone verleitet, die sich mehr oder minder an das Original hielten. Im Falle von Hardware setzten diese fast immer auf analoge Klangerzeugung.
Verwirrendes Portfolio und eigenartige Nomenklatur
Auch Roland unternahm einen Rekreationsprozess und präsentierte vor nicht allzu langer Zeit die TB-3 im Rahmen der AIRA-Serie, allerdings wie alle aktuellen Roland-Modelle mit digitaler ACB-Synthese. Diese Namenswahl erscheint mir ungünstig, deswegen nochmal: Die ältere TB-3 (ohne Null) gehört zur AIRA-Serie, ist klein, bunt, mit Touchpad, externem Netzteil und absolut nicht am Original orientiert. Die vorliegende TB-03 (mit Null) hingegen gehört zur Boutique-Serie, ist optisch und größentechnisch mit dem Original nahezu identisch, teurer als die TB-3 und mit Möglichkeit zum Batteriebetrieb sowie Lautsprecher ausgestattet. Analog ist keine von beiden.
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Dafür sind beide Maschinen in der Lage, via USB nicht nur Strom aufzunehmen, sondern auch MIDI- und Audio-Daten (2-In/2-Out) zu übertragen – und das sogar an den Roland Performance-Mischer MX-1. Kritikpunkt: Miniklinkenbuchsen und Micro-USB sind äußerst fragil und nur ein einziger gepowerter USB-Anschluss am MX-1 ist viel zu wenig für die ganzen neuen Roland-Kisten. Langfristige Produktentwicklung scheint bei den Japanern nicht allzu angesagt zu sein.
Whats New?
DIN-Sync gibt es nicht mehr, dafür aber MIDI und einen dedizierten Trigger-Ausgang. CV/Gate Out bleibt auch an Board, was die Integration in bestehende Setups betrifft, muss man sich also keine Sorgen machen. Ein paar Regler wurden neu positioniert und ein Display ist auch dazugekommen. Das macht Sinn, zumal es auch versteckte Unterfunktionen gibt (Function + Value-Encoder).
Hinzugekommen sind zwei Effekte, die jeweils in drei Flavours vorliegen. Ein einparametrischer Distortion/ Overdrive und ein zweiparametrischer Delay-Effekt, der Tape- und Digital-Style sowie Reverb kennt. Hören wir uns das mal an:
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Mehr InformationenEbenfalls neu ist das Stift-Poti zur Lautstärke-Regelung auf der Rückseite, wie bei allen Boutique-Modellen. Das ist definitiv unpraktisch, zumal zwischen den restlichen Potis genügend Platz gewesen wäre. Vor allem ist es aber unpraktisch, wenn man das USB-Interface zur Audioübertragung nutzt, da es vor allem im Resonanzfall gern zur Übersteuerung des digitalen Wertebereiches kommt. Das war nicht so clever – eventuell kann da aber auch noch ein Update nachbessern. Besser wäre natürlich ein eingebauter Kompressor gewesen.
Praktisch ist, dass neben dem etwas ungewöhnlichen 303 Write Mode auch ein konventioneller Step-Editor in den Sequenzer Einzug hielt. Für den speziellen Acid-Sound war zwar definitiv auch der umständliche Write Mode zuständig, bei dem zur Noteneingabe Pitch-Values losgelöst von den Timing-Values programmiert werden mussten. Seit ich den „neuen“ Step-Mode ausprobiert habe, habe ich nie wieder zurückgewechselt. Diese Abweichung vom Original ist von meiner Seite aus mehr als zu begrüßen. Und wo wir gerade beim Thema Abweichung sind: Eine Klaviatur steht der TB-03 auch ganz gut.
Alle Noteninformationen werden traditionell in Patterns organisiert, wobei ein Pattern aus bis zu 16 Steps besteht und bis zu 96 Patterns sowie sieben Tracks organisiert werden können. Besonders wichtig für den speziellen Sound sind die möglichen Ergänzungen pro Step mit Accent und natürlich Slide und Tie, wodurch der Ton gebunden wird. Ferner ist auch ein unterbrechungsfreies Spiel beim Umschalten zwischen “write” und “play” Modus möglich.
Hard Facts
Bevor wir uns nun an den Klang machen, hier noch die wichtigsten Randinformationen: Mit 308 x 130 x 52 mm B x T x H und einem Gewicht von rund einem Kilogramm ist die Metallkiste noch durchaus reisefreundlich. Für besondere Reisefreundlichkeit sorgen auch der Aux-In, der Audiosignale simpel, aber effektiv an den Output- und Kopfhörerausgang weiterreicht, sowie der Batteriebetrieb. Als Audiointerface arbeitet die TB-03 allerdings – genau wie die TR-09 – nur mit den Samplerates 44,1 kHz und 96 kHz. Die Latenzwerte sind indes auf einem guten Niveau.