Roland Verselab MV-1 Test

Die Roland Verselab MV-1 ist eine vollständige Hardware-Produktionsumgebung in Form einer schlanken Groovebox, die Fokus auf Gesangsaufnahmen legt. Irgendwo zwischen Loopstation, MPC und Maschine+ verortet und auch mit ein wenig MV-8000 und MV-8800 im Blut; Roland zeigt deren bisher frischsten Hipster-Ansatz für den Zen-Core-Kosmos – mit flinkem und durchdachten Workflow-Konzept speziell für „Trap House“ oder eben den simplen Hit „on the run“.

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Verselab MV-1 richtet sich grundsätzlich zwar an alle Singer/Songwriter*Innen, aber insbesondere Rapper mit einer Vorliebe für transatlantischen Trap Sound dürften mit den Werkssounds vorlieb finden. Da beliebig Zen-Content dazu geschaufelt werden kann und der Workflow einzigartig ist, kann man Verselab dennoch grundsätzlich jedem empfehlen, der Bock auf Beats und Vocals hat. Jedenfalls ist es ein Leichtes, moderne Tracks zu skizzieren, ohne IT studiert zu haben.

Details

Groovebox Deluxe

Die Roland Verselab MV1 ist ein kompaktes Desktop-Studio in Form einer siebenspurigen Groovebox, die zusätzlich 16 einfache Audiospuren im Song-Mode (Vocal-Take) verwalten kann. 
Viele Gummipads, ein kleines Display, Drehregler und dazu Kopfhörer-Ausgang, Line-Out, Line-In sowie SD/USB für den Datenverkehr – der Rest der Hardware ist schnell umrissen. Das Herz der Klangerzeugung bildet die Roland ZEN-Core Engine, die sich mit bis zu 128 Stimmen aus ca. 3.000 Preset-Sounds und 80 Drum-Kits bedient.

Fotostrecke: 2 Bilder Moderne Kombination von MPC-Style-Pads und TR-Step-Sequenzer.

In vielen Dingen ähnelt die Verselab damit der MC-707, ist aber dennoch als eigenständig zu betrachten und einsteigerfreundlich zu bezeichnen. An manchen Stellen empfinde ich sie – dem kleinen Display und den reduzierten Sampling-Möglichkeiten zum Trotz – und gerade wegen ihres „straighten“ Konzepts sogar innovativer. Einen integrierten Mic-Pre gibt es zwar auch beim 707, das eingebaute Mic und die Vocal-Takes sind allerdings Alleinstellungsmerkmale der MV-1. Batteriebetrieb oder Speaker sind indes nicht vorgesehen.

7-Track Zen-Core

Je eine dedizierte Spur für Kick, Snare und HiHat sowie die zusätzliche Kit-Spur bilden Grundlage für fette Drum-Fundaments, können aber auch andere Instrumente – also ohne Instrument/Spur-Zwang – beherbergen. Mit Hilfe weiterer drei Melodie-Spuren – Bass, Inst 1 und Inst 2 – kann noch mehr am Groove geschraubt werden. 
Somit bietet Verselab insgesamt sieben Spuren mit Wahl zwischen Tone-Track oder Drum-Kit-Track, die Instrumente 1 & 2 können sogar zusätzlich als Looper-Track verwendet werden, um Samples/Aufnahmen pitchen und stretchen zu können. Drums auf Tone Tracks lassen sich selbstverständlich tonal spielen und jede Menge Sub-Bass, 808-Bässe und verzerrte Basslines gibt es dazu – die Polow da Don“ Snare darf natürlich nicht fehlen!

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Sequenzer-LEGO

Programmiert wird klassisch im TR-Style per Step-Sequenzer, individuell pro Spur und sogar mit bis zu 128 Steps; live eingespielt werden kann über die anschlagdynamische 4×4 Drumpad-Matrix. Umfangreich quantisieren gehört zum guten Ton, genau wie Swing sowie die unterschiedlichen Rasterungen für das Grid. Jede Sequenzer-Spur kann auch MIDI senden.

Sieben Pattern mit bis zu 128-Steps bilden einen Section. Und aus den Sections wird über die Step-Taster ein Song gebaut!
Sieben Pattern mit bis zu 128-Steps bilden einen Section. Und aus den Sections wird über die Step-Taster ein Song gebaut!

Hinzukommen Spielhilfen in Form von Skalen, Chords und Styles, sprich Phrasen mit Triolen, wiederholte Noten sowie Arpeggio-Muster. Der Sequenzer ist flüssig zu bedienen und über die Pattern hinausgehend mit der Unterstützung der Sections einfach und schnell zum simplen Song geformt. 

16 Takes Vocal-Track

Im Song-Mode steht noch der Vocal-Track zu Verfügung. Seine 16 Takes können beliebig gleichzeitig oder nacheinander genutzt werden, um Dopplungen, Adlips oder verschiede Verses aufzunehmen. Natürlich lassen sich auch interne Synths bouncen sowie Gitarren und Shaker aufnehmen. Und wenn einem gar nichts mehr einfällt, kann man aufs Gehäuse trommeln, denn ein simples Mic wurde eingebaut!

Fotostrecke: 2 Bilder Der Vocal Processor hat mit Enhance, Compress & De-Ess alle Effekte am Start, um der Stimme zu Druck zu verhelfen. Hinzukommen Tune und bis zu drei Harmony-Effekte sowie die Noise-Reduction!

Motions, Effekte und noch viel mehr

Roland setzt auch hier auf die Zen-Core Engine, welche erstklassige Sounds mitbringt. Über ausgewählte Parameter und Makros kann man diese teils besser, teils schlechter anpassen. 
Die verfügbaren Parameter können außerdem den Ctrls 1-3 unter dem Display zugewiesen werden und via Motions automatisiert werden. Einzelne Sounds haben zudem je einen „Multi-FX“ an Bord, der vielfältigste Effekte in Form von Saturation, Amp Simulation, klassische Bodentreter, Filter, Compression, Limiter, Chorus und vieles mehr enthält. 

Die Mixer-Einstellungen der Verslab. Noch mehr Parameter findet man in dem "Parameter Guide".
Die Mixer-Einstellungen der Verslab. Noch mehr Parameter findet man in dem “Parameter Guide”.

Alle Spuren laufen dann in den Mixer mit 3-Band-EQ, Compressor, Filter sowie umfangreichen Reverb und Delay-Sends. Hinzukommen die Mastering-Effekte mit fettem Multiband-Compressor, kräftigem Limiter und detailliertem 5-Band EQ. Stem-Export, fertig. Kurzum, das Ding ist mächtig!

Praxis

Zen-Core Bedienoberfläche für Mundakrobaten

Nahezu alle Sounds des neuen Roland Digital Kosmos sind untereinander austauschbar. Mit der Verselab MV-1 Hardware gibt es ne ordentliche Ladung Trap/Drill Stock-Content dazu – ohne in klebrige Klischees zu verfallen. Die MC 707 ist hingegen „4 the floor“ mäßig abgeschmeckt, wenn ich mich recht entsinne.
Die mitgelieferten Synths klingen jedenfalls alle erschreckend gut und analog, viele der Pads und Chöre ebenfalls knackig-modern. Die restlichen Brot/Butter-Sounds klingen aber teilweise sehr nach 90er-Alleinunterhalter-Keyboard, inflationär viele “Schlager D50 Sachen” sind auch bei, komische Seinfeld-Ebässe und so, aber nun gut.
Die Auswahl an geilen Sub-Bässen und Portamento, Pop Smoke Style, ist gelungen. Auch hochwertige World und Orchester-Sounds gehören zum Lieferumfang und bieten wiederum alles für klassischen „Fifty-Sound“. Besonders ausgefallene Kits, so Ronny J mäßig, gibt es aber auch nicht.
Die Drum-Pads spielen sich gut und die Velocity wird gut erkannt – allerdings viel mir bei einigen Patches auf, dass die Velocity-Verknüfpungen teilweise sehr zittrig waren, man sie also nicht sehr feinfühlig spielen konnte.

Audio Samples
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Roland_VerselabMV1_FloridaCapriSun.wav Roland_VerselabMV1_AnotherGlockenbeat.wav Roland_VerselabMV1_DarkKnights.wav Roland_VerselabMV1_LasSegas.wav

Anders ausgedrückt: Mehr Sounds möchte ich hier über den simplen Kategorie-Browser per Push-Encoder und Shift-Befehl auch gar nicht auswählen wollen – böse Zungen werden behaupten, dass man für Trap ohnehin nicht viele unterschiedliche Instrumente benötigt. Was man aber durchaus für Trap Hats gebrauchen könnte, wäre ne 1/64 Scale für das Sequenzer-Grid, bro!

Preamp und Vocal-Effekte machten eine gute Figur, High-End-Sound darf man aber nicht erwarten. Die Tune und Harmony-Effekte machen Spass, kommen an echtes Autotune aber nicht heran. Für weitere Informationen empfehle ich den Roland VT-4 Test, denn hier gibt es viele klangliche Überschneidungen, wenn auch deutlich weniger elegant zu bedienen.
Bei vielen der letzten Roland Kisten die ich testen durfte, spürte man die gleiche Hintergrundstruktur der Zen-Engine, sodass man sich auch auf unbekannten Geräten grundsätzlich schnell heimisch fühlt, die Unterschiede häufen sich aber in den Details. Die Hardware hier wurde für ihren spezifischen Workflow jedenfalls gut entwickelt und ich bin gespannt, wie manch einer das kreativ missbrauchen wird. Man hat hier jedenfalls viele Möglichkeiten auch ohne sich in das Parameter-Grab komplett einzulassen.

Workflow-Pony

Den nächsten Blick möchte ich auf die folgende „unauffällige Offensichtlichkeit“ lenken; den weißen Workflow-Bereich. Von links nach rechts durchläuft man alle kreativen Stufen, um am Ende einen finalen Mix aus Einzelspuren (WAVs) auf der SD-Karte zu finden.

Der weiße Workflow-Bereich spricht für sich!
Der weiße Workflow-Bereich spricht für sich!

Erst ein paar Sequenzen schrauben, dann zu Sections kredenzen und diese für nen Song aneinanderreihen. Mix und Mastering hier und da – und Stem-Export via WAVs! Das kleine File-Symbol visualisiert das schön. Das musikerfreundliche Konzept gefällt mir äußert gut, ist es doch so praxisnah! Auch schön: Macht ein Tastendruck in gewissen Kontext keinen Sinn, sagt es einem das Display auch!
Hier und da, insbesondere in den Menü-Tiefen, gibt es aber auch durchaus die ein oder ander Workflow-Bremse – bspl. Effekte-Browsen während man das Pad manuell triggert –, wo man sich dann fragt: bin ich zu blöd oder ist das einfach blöd umgesetzt ?!
Leichter Overkill
Demo-Songs und Promo-Videos zeigen, man kann auch ganze Songs mit dem MV-1 realisieren. Eine Liebe für Minimalismus und ein gewisser Hang zum Masochismus sind dazu aber sicherlich unumgänglich, da die vielen Optionen und Funktion unter der Haube an Overkill grenzen – und damit gibt es zu viel zu er-kurbeln! Spätestens das Editing der Aufnahmen macht keinen Spaß mit dem Display! Aber ey, wer halbwegs singen oder rappen kann, sollte nicht allzu viel zum Schneiden haben, oder?

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Ich verstehe das Ganze jedenfalls einfach als mega-cooles Vorproduktions-Tool. Und mit den 16 Takes im Song-Mode kann man sicherlich auch ernsthafte Vor-Produktionen abliefern. Kurz gesagt: Man sollte das Kerlchen nicht unterschätzen! Lediglich die langen Ladezeiten zwischen den Projekten und beim Start-up fordern mein ADS hart heraus. Und ob und wie ich den Song loopen kann, hab ich auch noch nicht herausgefunden …

Einmal Extensions, bitte!

Grundsätzlich kann man auch Sounds vom Workstation-Flaggschiff Fantom importieren oder andere Packs aus der Roland-Cloud herunterladen. Der Plan von Roland Sounds, losgelöst von der Hardware zu handeln, geht immer mehr auf. Hat man sich erst an die Hardware gewöhnt, muss man sich neuer Sounds wegen nicht gleich eine neue Maschine kaufen. Die Zen-Sounds selbst kann man hier am Gerät aber nicht weiter groß verändern, immer nur anpassen, dass muss einem bewusst sein. Aber allein mit den vielen vorhanden Effekten (Multi-FX) kann man auch noch einiges Sounddesign-mäßig erreichen.
Der Roland-Cloud-Preis von 200 Euro pro Jahr im Abo ist bei der aktuellen Fülle und Qualität jedenfalls mehr als gerechtfertigt, denn da es sich in den meisten Fällen nicht nur um einfache Multi-Samples handelt, ist die Authentizität enorm. Eine Plug-and-Play Symbiose mit Zenbeats ist auch angekündigt, das werden wir an entsprechender Stelle noch nachholen, versprochen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Tone Track, Drum Kit & Looper
  • 128-Steps Pattern / Sections
  • Umfangreiche Library, fetter Klang
  • 7-Spur Zen-Core Engine
Contra
  • Zen-Content nur bedingt anpassbar
  • “Klassische Brot&Butter” Sounds altmodisch
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Roland Verselab MV-1 Test
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