Praxis
Der 551 lässt sich so einfach bedienen wie das bei einem EQ nur eben möglich sein kann. Da er im Sinne der Vintage-Vorbilder sehr geradlinig ausgestattet wurde, wirkt auch die kleine 500-Frontplatte nicht überfrachtet, das Modul erlaubt einfachsten Zugriff auf seine Funktionen. Neben der blauen Power-LED (Geschmackssache, zum Glück nicht allzu hell…) bietet der 551 visuell Unterstützung durch die Hintergrundbeleuchtung der beiden Schalter, mit denen sich das Filter und die eigentlichen EQ-Bänder separat aktivieren lassen. Fazit: Wer den 551 einsetzen möchte, kann sich den vorherigen Blick in das – wie immer bei RND sehr ausführliche – Manual eigentlich sparen, und mit der selbsterklärenden Kassette sofort loslegen.
Und das macht Spaß! Alle drei Bänder des 551 packen mit viel Kraft zu, klingen nach deutlich „mehr“ als nach den ±15 dB Gain, die laut Spezifikation möglich sein sollen. Wie ein ausgewachsener Konsolen-Kanal-EQ schafft es der neue RND-Entzerrer, aus einem nach heutigen Maßstab eher limitierten Parametersatz eine sehr ordentliche Flexibilität zu ziehen. Gemäß Spezifikation muss sich solch ein EQ in jedem Kanalzug einsetzen lassen, also auf allen erdenklichen Arten von Signalen sinnvolle und im Idealfall sehr wohlklingende Resultate liefern. Dies trifft auf den 551 zu. Sein musikalisch sinnvoll gewähltes Interface hat sich in der Grundstruktur schon viele Jahrzehnte bewährt und bietet sogar etwas mehr Flexibilität als zumindest einige seiner großen Vorbilder.
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Auch klanglich kann der RND 551 voll und ganz überzeugen. Insgesamt klingt er etwas klarer, sauberer und knackiger als seine Vintage-Urahnen, was erstens mit Blick auf den Schaltungsaufbau nicht verwundert und zweitens kein Kritikpunkt sein soll. Dies ist eben kein Clone eines Uralt-Designs, sondern eine Neuentwicklung auf Basis eines klassischen Gedankens, bei der zusätzliche Erfahrung aus einigen Jahrzehnten eingeflossen ist. Einen ganz wesentlichen Charakterzug hat der 551 jedoch mit den Vorbildern vom Schlage des 1073 gemein: Die EQ-Bearbeitung klingt niemals aufgesetzt, die neue Frequenzkurve verbindet sich hervorragend mit dem Grundklang des Ausgangsmaterials, mit der gleichen – fast paradoxen – Qualität des legendären Klassikers: Schaltet man den EQ auf Bypass, fällt der Sound fast zusammen, in den meisten Fällen klingt das bearbeitete Signal „natürlicher“ und „echter“ als das Ausgangsmaterial. Ein Kunststück, dass nicht viele EQs in dieser Qualität beherrschen. Die Höhen sind stets sehr seidig und extrem offen, während der Bass genau den Punch und das Volumen erzeugt, den man an dieser Stelle erwartet. Und das Mittenband – das merkt man vor allen dann, wenn man bei kräftigem Boost durch die Frequenzen schaltet – bietet genau den „vokalen“ Charakter, durch den sich viele hochwertige Spulenfilter auszeichnen. Auch wenn der sämige Charakter der Ur-Neves hier etwas trockener und nüchtener abgebildet wird, bleibt doch stets klar, dass dieser Apfel nicht weit vom Stamm auf den Boden geplumpst ist.