Praxis
Der 5052 erschließt sich auf den ersten Blick nicht ganz so zugänglich wie seine Vintage-Vorbilder. Diese sind aber was die Ausstattung betrifft aus heutigen Gesichtspunkten geradezu „nackt“. Das kann man vom Shelford-Channel nun wirklich nicht behaupten. Dieser bietet neben seinen Herzstücken, dem eigentlichen Preamp und EQ, eine ganze Palette von fast durchweg sehr komfortabel gelösten Zusatzfunktionen, welche das Gerät zu einem Allround-Alleskönner machen, der bei der täglichen Studioarbeit für praktisch jedes Bedüfrnis, das man an einen Input-Channel stellen kann, eine passende Antwort bereithält. Wenn es eine Sache gibt, über die der 5052 nicht verfügt, dann ist dies ein hochohmiger Instrumenteneingang, Aber alles andere liefert der RND-Channel mit durch und durch professionellem Bedienkomfort.
Der Grundklang des Vorverstärkers lässt sich mit wenig Worten bündig umreißen: cremig, lebendig, mit einer feinen Balance aller Frequenzbereiche und mit gut eingebundenen Transienten. Der Amp hat ein sehr offener Ton, der stets das Eingangssignal im Mittelpunkt des Geschehens belässt und es mit einer smoothen Note anreichert. Hier arbeitet der 5052 in seiner Basis-Einstellung doch in großem Kontrast zu seinen Vintage-Vorbildern, die mit deutlich stärker ausgeprägtem Eigenklang zu Werke gehen, den man auch nicht abschalten kann. Hier bietet der Shelford-Channel mehr: Er klingt grundsätzlich extrem klar und sauber, wobei sich die Charakter-Noten dann mit der Silk-Schaltung wohldosiert auf Wunsch ins Boot holen lassen. Zu den herausragenden Merkmalen des Shelford-Preamps zählt dabei seine Flexibilität, die sich auch in überdurchschnittlich variabel dargebotenen Standard-Features wie dem stufenlos durchstimmbaren Trittschallfilter zeigt.
Für dich ausgesucht
Herzstück der Klangformung ist natürlich die EQ-Sektion, welche mit drei Bändern einen guten Kompromiss zwischen übersichtlichem Layout und Vollparametrik bietet. Im funktionalen Zuschnitt erkennbar an den Vintage-Vorbildern orientiert, bietet der Entzerrer doch etwas mehr Eingriffsmöglichkeiten als die Urtypen aus den 60er-Jahren. Damit erscheint er auch für etwas delikatere Aufgaben als die grobe Einpassung eines Signals in den Mix gut gerüstet. Klar, ein „chirurgisches“ Werkzeug ist der 5052 trotzdem nicht, aber das wird auch niemand von solch einem Gerät erwarten. Traditionell malen Neve-EQs hervorragend mit dem breiten Pinsel. Es gibt kaum ein EQ-Design, das auch bei heftigen Verbiegungen so selbstverständlich und natürlich klingt wie ein Neve, und da macht auch der 5052 keine Ausnahme. Man hat hier stets das Gefühl, dass klanglich mehr passiert, als man aufgrund der Reglerstellung annehmen dürfte. Charakterlich sind die sämig-weichen Filter der Vintage-Neves hier gut getroffen, wobei sich die erweiterten Features (wie etwa die zusätzliche Ansatzfrequenz in den Höhen, da ist der Ur-1073 doch sehr limitiert…) als ausgesprochen hilfreich erweisen.