Roger Sadowsky muss man den Edelbass-Kennern wohl nicht mehr vorstellen. Der gebürtige New Yorker erarbeitete sich schon in den 70er-Jahren einen hervorragenden Ruf als Restaurateur von Gitarren und Bässen und avancierte in seiner Heimatstadt schnell zur erste Adresse in Sachen Gitarren- bzw- Bass-Service. Kein Geringerer als Bass-Superstar Marcus Miller drückte Roger Sadowsky in dieser Zeit seinen 77er-Jazz Bass mit den Worten “Do whatever you can to make this the best bass it can be” in die Hände, weil er das letzte Quäntchen an Sound und Performance aus dem Instrument herauskitzeln wollte. Mr. Sadowsky pflanzte daraufhin einen selbst entwickelten Preamp in Millers Jazz Bass ein, installierte einen solidere Brücke und optimierte die Bundierung und das Setup auf Boutique-Niveau – der legendäre Sadowsky-Sound war geboren! Viele der angesagten Studio-Cracks wollten daraufhin ihr Instrument ebenfalls von Roger Sadowsky veredeln lassen. Daher beschloss er schließlich in den frühen 80er-Jahren, Fender-inspirierte Boutique-Instrumente von Grund auf selbst zu bauen und an seine Kunden zu verkaufen.
Der Erfolg sollte nicht lange auf sich warten lassen. Mittlerweile werden die edlen Bässe rund um den Globus in ausgewählten Musikgeschäften angeboten und sind die bevorzugte Wahl von renommierten Profibassern und ambitionierten (und zahlungskräftigen!) Amateuren. Die exklusiven Topmodelle aus der sogenannten NYC-Serie fertigt Roger Sadowsky nach wie vor mit einem kleinen Team in seinem New Yorker Workshop. Auch unser heutiger Testkandidat, ein außerordentlich schicker NYC Standard Fünfsaiter in Dark Cherry Burst, erblickte hier das Licht der Welt. Vorhang auf für den zweiten Edelbass, welchen ich während meines Aufenthaltes in der exquisiten Edelbass-Abteilung des Musikhauses Thomann vor Ort testen durfte!
Details
Die Korpusform des NYC Standard Modells ist – leicht zu erkennen – an einen weltberühmten Fender-Klassiker angelehnt: den Jazz Bass. Roger Sadowsky hat den typischen, asymmetrischen Korpus jedoch etwas verkleinert, was der Ergonomie und nicht zuletzt dem Gewicht des Instrumentes sehr zugute kommt. Das niedrige Gewicht ist bei den Instrumenten aus der NYC-Serie generell ein wichtiger Faktor. Keine Frage: leichte und ausbalancierte Bässe sind natürlich angenehmer zu tragen und verursachen bei langen Gigs keine oder zumindest weniger Rückenprobleme. Und wenn beste Materialien und resonante Hölzer perfekt verarbeitet werden, kann auch ein sehr leichter Bass einen außerordentlich vollen und ausgeglichenen Ton liefern – so lautet zumindest die Philosophie von Roger Sadowsky!
Der Erle-Korpus meines Testkandidaten fällt demzufolge nicht nur etwas kompakter als sein Fender-Pedant aus, sondern verfügt außerdem (wie alle NYC-Bässe) über Hohlkammern, die das Gewicht abermals reduzieren. Auf der Waage macht sich ein Fünfsaiter aus der NYC-Serie deshalb nur selten mit mehr als 4 kg bemerkbar, mein Exemplar liegt mit seinen sensationellen 3,5 kg sogar noch deutlich darunter! Auf den Erlekorpus wurde eine wunderschön gemaserte Decke aus Wölkchenahorn geleimt und anschließend mit einer hochglänzenden Lackierung namens Dark Cherry Burst versehen. Mir gefällt die Optik des Jazz-Basses aus New York wirklich außerordentlich gut! Die schöne Ahorndecke sorgt für den exklusiven Edelbass-Look, der mit der traditionellen und perfekt ausgeführten Dark Cherry Burst-Lackierung einen leichten Vintage-Touch bekommt und deshalb nicht allzu “Schickimicki”-mäßig wirkt.
Der an vier Punkten verschraubte Hals des Sadowsky NYC-Basses ist komplett traditionell aufgebaut und besteht aus einem Streifen Ahorn, auf den ein optisch vergleichsweise schlichtes Griffbrett aus Madagaskar-Palisander geleimt wurde. Im Griffbrett sitzen 21 mitteldicke Bünde und runde Perlmutt-Inlays zur Lagenorientierung. Die Konstruktion des edlen Sadowsky-Basses ist letztendlich nicht wirklich spektakulär oder besonders aufwändig, wenn man von den Hohlkammern im Korpus einmal absieht. Absolut beeindruckend sind jedoch die Qualität der verwendeten Materialien sowie die perfekte Verarbeitung aller Komponenten. Man kann die Sorgfalt bei der Herstellung geradezu fühlen: keinerlei Unebenheiten stören die geschmeidige Haptik, der Hals sitzt extrem passgenau in der Ausfräsung, und die Lackierung ist so perfekt und makellos, wie es nur geht. Die hohe Qualitätsanmutung setzt sich in Sachen Hardware-Ausstattung erwartungsgemäß nahtlos fort. Die ultraleichten Tuner mit Vintage-Flügeln stammen, genau wie der breite Saitenniederhalter für die vier höheren Saiten, vom renommierten amerikanischen Hardware-Spezialisten Hipshot. Die sogenannten “Ultralights” gehören bei modernen Edelbässen mittlerweile fast zur Standardausstattung, weil die Aluminium-Tuner das Gewicht der Kopfplatte effektiv reduzieren und zudem außerordentlich exakt und leicht laufen.
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Die Brücke meines Testkandidaten stammt von Sadowsky und ist im Grunde eine Weiterentwicklung des traditionellen Fender-Blechwinkels. Die Sadowsky-Version ist deutlich massiger und solider als der Fender-Steg. Die Saitenlage und die Intonation lassen sich hier bequem einjustieren, der Saitenabstand von 19 mm ist allerdings durch Rillen fixiert.
Die richtige “Sadowsky Magic” kommt aber durch die Tonabnehmer und die Elektronik des edlen Jazz-Basses ins Spiel, denn Roger Sadowsky setzt beim Thema Tonübertragung komplett auf eigene Entwicklungen. In meinem Testbass wurden zwei sogenannte humcancelling – also nebengeräuschfreie – J-Bass-Tonabnehmer verbaut, die das Signal an den hauseigenen Onboard-Preamp weiterleiten. Das Cockpit des NYC Standard bietet demzufolge einen Lautstärke-Regler, einen Balance-Regler, die klassische Höhenblende und schließlich ein Doppelpoti zum Anheben (Boost only!) der beiden EQ-Bänder Bässe und Höhen. Der Preamp kann mit einem Zug an der Höhenblende bei Bedarf auch ausgeschaltet werden; die Blende funktioniert im passiven Betrieb weiter. Den Strom bezieht der Preamp von einer 9-Volt-Batterie, die im großen verschraubten Elektronikfach auf der Rückseite untergebracht wurde. Ausgeliefert wird der NYC Standard 5 übrigens in einem stabilen Holzkoffer, welcher den schmucken und kostspieligen Nobel-Jazz Bass beim Transport bestens vor Beschädigungen schützt.
Hannes Huefken sagt:
#1 - 26.04.2016 um 15:34 Uhr
Sehr interessant, dieses Ding. Hab das Gefühl, mit dem Bass könnte ich das letzte Quentchen Geilomatizität aus meinem Sound herausholen.
Die Satin-Serie kostet ja ungefähr die Hälfte! Weiß jemand, ob die sich lohnt, gegenüber zum Beispiel einem Sandberg VM5, den ich schon habe und der nicht ganz so aufgeräumt klingt, aber dafür ordentlich knurrt und nochmal die Hälfte davon kostet?