Die Sampleschmiede Sample Magic hat sich ganz der elektronischen Tanzmusik verschrieben. Auf mittlerweile 19 DVDs bieten die Briten maßgeschneiderte Loops und Sounds für fast alle erdenklichen Spielarten von House, Techno und Elektro an. Um dem Einsteiger den Umgang mit dieser Soundvielfalt zu erleichtern, hat Sample Magic nun auch ein Buch im Angebot, das die Basics einer typischen House-Produktion beschreibt und mit vielen nützlichen Profi-Tricks glänzen kann. Wir haben es für Euch gelesen und herausgefunden, ob das Werk hält, was es verspricht.
Brauchte man noch bis vor einigen Jahren ein richtiges Studio und sündhaft teures Equipment, um einen Dancefloor-Hit zu produzieren, reicht heutzutage schon ein einigermaßen aktueller Rechner. So ist es inzwischen theoretisch für jedermann möglich, zu Hause Tracks zu produzieren, die im Club die Tanzfläche füllen. Trotzdem geht natürlich nichts über ein gewisses Know-How, damit die eigene Produktion mit den Tracks der Profis mithalten kann. Das Buch „The Secrets of House Music Production“ vermittelt dieses Wissen auf eine sehr anschauliche, praxisbezogene Art und Weise.
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Details:
Das 144 Seiten umfassende englischsprachige Buch begleitet die Entstehung eines House-Tracks von der ersten Kickdrum bis zum fertigen Mix. In vielen Beispielen und reich bebilderten Walkthroughs wird praxisnah und detailliert beschrieben, wie die genretypischen Drums und Sounds entstehen. Dabei basieren die Tutorials auf Software, die bei Dance-Produzenten weit verbreitet ist und sich auch auf den Rechnern vieler Hobby-Producer findet. Verwendet werden z.B. Propellerheads Reason, Apple Logic und Ableton Live, sowie einige Plugins von Native Instruments. Die Anleitungen sind jedoch soweit es geht allgemein gehalten, so dass man die Ergebnisse auch mit vergleichbarer Software nachbauen kann, wenn man das im Buch verwendete Programm nicht besitzt.
Drums und Bass Die Basics eines House-Tracks werden in den ersten Kapiteln des Buches behandelt. Wie finde ich die richtige Kick Drum für meinen Track? Wie programmiere ich ein lebendiges Hihat-Pattern? Wie bekomme ich einen Basssound hin, der sich nicht mit der Kick um Frequenzen streitet und trotzdem druckvoll ist? Antworten auf alle diese und weitere Fragen geben die Autoren Marc Adamo und David Felton im ersten Teil des Buches. Dabei haben sie eine sehr praxisorientierte Herangehensweise, vermitteln aber auch immer gerade so viel Theoriewissen aus Tontechnik und Musik, wie man zum Verständnis des jeweiligen Tutorials benötigt. Dank Step-by-Step-Anleitungen und zahlreichen Screenshots kann man die Tutorials leicht nachbauen und selbst mit den Settings experimentieren. Die Grundlagen von analogen Drumsynthesizern, Hüllkurven, Filtern und Step- Sequenzern werden genauso abgedeckt wie der Umgang mit Sample- Libraries und das Layern von Sounds. Auch wichtige Mix-Techniken wie der richtige Umgang mit Sidechain-Kompressor und Sub-Bass-Plugins fehlen nicht.
Dabei hebt das Buch nie in unverständliche theoretische Sphären ab – im Vordergrund steht immer die Tanzbarkeit und Clubtauglichkeit des Tracks. Ganz im Stil einer Dance-Produktion, die häufig zum Großteil schon während des Entstehens gemischt wird, erstrecken sich die Tips und Anleitungen nicht nur auf das Programmieren von effektiven Einzelsounds. Von Anfang an wird bei jedem Element auch viel Wert auf den Bezug zum Gesamtsound des Tracks gelegt. So wird z.B. detailliert beschrieben, wie man schon bei der Soundauswahl dafür sorgt, dass sich Kick Drum, Bass und Snare später nicht in die Quere kommen. So erziehen die Autoren uns Leser zu einer voraus schauenden Arbeitsweise, die der Frustration über einen matschigen Sound und fehlenden Druck im Mixdown von Beginn an vorbeugt. Vocals Das von David Felton verfasste Vocal-Kapitel ist für mich definitiv ein Highlight des Buches. Der Einsatz von Vocal-Samples wird darin genauso berücksichtigt wie das Songwriting und die Aufnahmesession mit einem Sänger / einer Sängerin. Dabei beschränkt sich das Buch nicht nur auf handwerkliche Tips für das Vocal-Arrangement. Vielmehr bietet es auch eine wirklich gut gelungene Anleitung für die Durchführung einer Gesangs-Session, die durchaus universell Gültigkeit hat und auch für Produzenten anderer Genres sehr nützlich sein dürfte. Auch das Editing und Comping von Gesangsspuren und der Umgang mit Pitch-Correction-Werkzeugen wie Auto Tune oder Melodyne werden detailliert behandelt. Mögliche Fehler und Stolperfallen, die die empfindliche Atmosphäre einer Vocal-Session schnell komplett ruinieren können, werden anschaulich beschrieben, damit sie gar nicht erst passieren.
Begleitet wird der Gesangs-Workshop von nützlichen Tips zur Aufnahme- und Mischtechnik. Mit EQs und Kompressoren kann man bei Gesang viel gewinnen. Übertreibt man es aber, oder dreht an den falschen Schrauben, hat man aus einer emotionalen Performance schnell eine leblose, sterile Spur gemacht. Deshalb zeigt der Vocal-Leitfaden auch typische Fehlerquellen und Fallstricke auf. So sind nicht nur House-Produzenten für die ersten Vocal-Sessions gut gerüstet.
Synths und der ganze Rest Wenn das Beat-Grundgerüst und die Vocal-Line stehen, geht es ans Füllmaterial. Viele der klassischen Keyboardsounds, vom House Piano bis hin zu Arpeggios, Gated Pads, Leads und Rhodes-Chords, werden anhand von Step-by-Step-Anleitungen nachgezeichnet. Die typischsten Effektbearbeitungen liefert das Buch dabei gleich dazu. Außerdem vermittelt dieses Kapitel quasi im Vorbeigehen etwas Musiktheorie. Anfänger können so zum Beispiel die loungigen Moll-9-Ibiza-Akkorde nebenbei kennen lernen, ohne dabei durch zuviel Theorie die spontane Herangehensweise zu verlieren. Sehr schön! Dass die theoretischen Ausflüge stark vereinfacht und streng genommen nicht immer ganz korrekt sind – so ist z.B. die im Buch als „Standard Minor Scale“ titulierte Tonleiter in Wahrheit eine dorische Skala – wird niemanden daran hindern, gute Club-Tracks zu produzieren. Deswegen stören die paar Ungenauigkeiten auch nicht weiter.
So sehen sie aus, die knappen und informativen Steps!
Mix und Mastering Der Teil einer Produktion, der Anfängern wahrscheinlich am meisten Kopfzerbrechen bereitet, ist der Mix. Häufig wollen die eigenen Tracks einfach nicht so fett und druckvoll klingen wie die der Profis. „The Secrets of House Music Production“ veranschaulicht den Mix-Prozess und bietet eine sinnvolle Step-by-Step-Anleitung. Dabei versucht das Buch nicht, eine allgemein gültige Formel zu finden, sondern nennt die wichtigsten Punkte, auf die es beim Mischen für den Club ankommt. In einem umfassenden „Effekt-Lexikon“ werden außerdem die meisten Effektprozessoren mit ihren Einstellungen und typischen Anwendungsbereichen vorgestellt.
Vor allem aber räumt das Buch gründlich mit dem Vorurteil auf, dass nur Profis in der Lage wären, einen gut klingenden Mix zu machen. Wer ein bisschen klangliches Vorstellungsvermögen und ein gutes Ohr hat, braucht vor diesem Schritt keine Angst zu haben und erhält mit diesem Buch einen nützlichen Leitfaden. Die Positionierung der einzelnen Spuren im Mix wird genauso detailliert behandelt wie der effektive Einsatz von Dynamikprozessoren, EQs und Effekten. Besonderes Augenmerk legen die Verfasser dabei auch auf einen aufgeräumten Sub-Bass-Bereich, der im Club oft der entscheidende Faktor ist. Auch hier ist das Buch sehr praxisnah und orientiert sich nicht zum hundertsten Mal am Mixdown einer Rockband-Aufnahme, sondern an modernen Club-Tracks.
Auch das Mastering wird nicht ausgelassen, wobei die Autoren hier ausnahmsweise empfehlen, einen Profi zu fragen. Trotzdem beschreiben sie, was beim Mastering passiert und worauf man achten sollte, wenn man es doch selbst macht. Auch hier haben sie eine Menge Tricks auf Lager, von denen auch erfahrenere Producer profitieren.
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Praxis:
Für diesen Testbericht habe ich einige der Walkthroughs und Tutorials des Buches einmal ausprobiert. In diesen kurzen Step-by-Step-Anleitungen demonstrieren die Autoren übliche Techniken und Tricks der Dance-Produktion anhand weit verbreiteter Software. Diese Tutorials können und wollen natürlich kein Patentrezept liefern, allerdings eignen sie sich hervorragend als Ausgangspunkt. So kann man etwa den Kompressor zunächst wie im Buch beschrieben einstellen, um ihn im weiteren Verlauf der Produktion an die spezifischen Bedürfnisse des eigenen Tracks anzupassen.
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Samples
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Snare und Clap – Step 2Snare und Clap – Step 4Snare und Clap – Step 5Snare und Clap – Step 8
Im ersten Walkthrough, den ich ausprobiert habe, geht es um die weit verbreitete Praxis, mehrere Elemente zu einer wirkungsvollen Kombination aus Snare und Clap zu verbinden. Auch die nicht nur im Dance-Bereich beliebte Technik, eine rückwärts abgespielte Hallfahne vor die Snare zu setzen, wird hier beschrieben. In den Soundbeispielen könnt ihr den Fortschritt Schritt für Schritt nachvollziehen. Übrigens kommen in den Soundbeispielen fast ausschließlich Samples von den drei Sample-DVDs „Progressive House“, „Deep Tech House“ und „Minimal Techno“ von Sample Magic zum Einsatz, die mir freundlicherweise mitsamt dem Buch zur Verfügung gestellt wurden.
In einem weiteren Walkthrough widmen sich die Autoren dem Sidechain-Kompressor. Dieser wird von House- und Dance-Produzenten gerne eingesetzt, um etwas Bewegung in den Bass zu bekommen. In der klassischen Anwendung entsteht dabei der Eindruck, dass der Bass bei jedem Bassdrum-Schlag etwas „in die Knie geht“. Im Ergebnis führt das zu einem aufgeräumteren Bassbereich und einem energiereicheren Fundament, weil die Bassdrum nicht gestört wird und der Bass quasi in die verbleibenden Freiräume hinein drückt.
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Comp 1 – OFFComp 1 – ONComp 2 – OFFComp 2 – ON
Das Tutorial empfiehlt zudem, den Kompressor von einer „stillen“ Kickdrum triggern zu lassen – also von einer, die gar nicht selbst Bestandteil des Mixes ist. Dadurch kann der Pump-Effekt auch dann weitergeführt werden, wenn die eigentliche Kickdrum aussetzt. Ich habe das mit zwei verschiedenen Bass-Parts ausprobiert. Zunächst mit einfachen, langen Noten von einem Synth, wobei die Wirkung des Kompressors besonders deutlich wird. Dass der Effekt aber auch bei „bewegteren“ Basslines gut kommt, zeigen die letzten beiden Beispiele, wo ich einen Bassloop durch den gleichen Kompressor schicke. In beiden Fällen habe ich den Effekt etwas übertrieben, um ihn besonders deutlich zu machen. Ihr hört zunächst jeweils die unbearbeitete Version, und dann das Ergebnis mit Sidechain-Kompressor.
Besonders gut gefallen hat mir ein Walkthrough im ohnehin sehr lesenswerten Vocal-Kapitel. Hier entwickelt der oft unterschätzte Drumsampler „Ultrabeat“, der Bestandteil von Apple Logic ist, ungeahnte Fähigkeiten als kreatives Tool für Vocal-Samples. Natürlich muss es nicht unbedingt Logics Ultrabeat sein, denn die Informationen im Buch lassen sich immer hervorragend generalisieren. Wie so oft wird das gesamte nutzbare Spektrum eines Werkzeugs erst dann deutlich, wenn man es zweckentfremdet. Ein einfaches Sprachsample wird mittels des Step-Sequencers von Ultrabeat arrangiert und verfremdet. Dabei kommt man durch die intuitive Step-Arbeitsweise sehr schnell zu kreativen und interessanten Ergebnissen.
Hört euch zunächst das unbearbeitete Sample, das man so wohl kaum für benutzenswert befunden hätte (Original). Wird das Sample nun in den Ultrabeat geladen und auf jeder Sechzehntel-Note getriggert, hört sich das auch noch nicht nach viel an (Step3).
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OriginalStep 3Step 5Step 7
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den Startpunkt des Samples über die Velocity des Steps zu verschieben. Wenn man dann mit den Velocities und den Gate-Zeiten der Steps spielt, ergeben sich schnell Patterns wie im Beispiel Step 5.
Zum Schluss kann man noch für jeden Step weitere Parameter (beispielsweise Filtereinstellungen) variieren. In Verbindung mit etwas Delay, das ich extern hinzugefügt habe, klingt das Ergebnis dann wie Beispiel Step 7!
So lassen sich mit einem Drumsampler, der auch in der Logic-User-Gemeinde nie wirklich die ihm gebührende Anerkennung erfahren hat, in Minutenschnelle kreative Vocal-Parts erzeugen, auf die man sonst wohl kaum gekommen wäre. Und weil das soviel Spaß macht, habe ich noch ein kleines Video erstellt. Darin seht ihr, wie schnell und intuitiv das Ganze vonstatten geht!
Die Workshops und Tutorials beleuchten wirklich alle wichtigen Aspekte der Produktion und Mischung von House-Musik. Man lernt darin auf eine anschauliche Art und Weise die gängigen Techniken kennen, um einen profimäßigen Sound kreieren zu können. Außerdem sind die Walkthroughs aber auch ein Fundus für neue Ideen. Das Konzept der Kombination von Theoriewissen mit Hands-on-Tutorials geht voll auf und sorgt dafür, dass das Buch hochgradig lesenswert und inspirierend ist.
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Fazit:
„The Secrets of House Music Production“ ist ein ausgezeichnetes Buch für jeden, der sich für die Produktion von Clubmusik interessiert. Das Buch ist sehr aktuell, ausgesprochen praxisnah und bietet zahlreiche sehr nützliche Tips für Anfänger und auch Fortgeschrittene. Als besonders angenehm habe ich empfunden, dass das Buch keine reine Werbeplattform für die Sample-Libraries des gleichen Verlags ist. Stattdessen werden Tools verwendet und beschrieben, die in der Praxis weit verbreitet sind. Damit ist das Buch tatsächlich ein sehr nützlicher Leitfaden für die Produktion von aktuellen Club-Hits. Gewürzt wird das Ganze noch mit ein paar Interviews mit erfolgreichen Produzenten, die über ihre Arbeitsweise und ihre Philosophie plaudern. Zwei Daumen hoch!
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
so viel Theorie wie nötig, so wenig wie möglich
sehr praxisnah und ergebnisorientiert
gut funktionierende Walkthroughs und Tutorials
Verwendung von weit verbreiteter Software
Informationen generalisierbar
Contra
Sample Magic – The Secrets Of House Music Production Test
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