Praxis
Spezialist? Allrounder!
Schon nach kurzer Arbeit mit dem Sanken CU-55 ist klar: Trotz besonderer Bauweise ist dieses Mikrofon kein Spezialwerkzeug. Es ist ein geniales Alltagsmikrofon für allerlei Aufgaben. Und gleichzeitig kann es Aufgaben lösen, bei denen sehr viele andere Mikros passen müssen. Zunächst: Das Doppelkapselmikro klingt wirklich sehr neutral, wodurch es sich für verschiedenste Anwendungsfelder anbietet. In den Audiobeispielen mit Sänger Chul-Min wird deutlich, dass das die menschliche Stimme klar mit einschließt. Wenn deutlicher, natürlicher und offener Klang gewünscht ist, gehört das CU-51 zu den am besten geeigneten Mikrofonen. Ich kenne Chul-Mins Stimme mittlerweile sehr, sehr gut und kann feststellen, dass sie nur von wenigen Mikrofonen so echt, so offen und so unverfälscht eingefangen wird, bei kleinen wie großen Abständen. Natürlich sollte man bei naher Mikrofonierung einen Poppschutz verwenden, da die Kapseln einigermaßen frei zugänglich sind.
Eine Niere, die nah am Ideal ist
Als „the new desert island microphone“ wird das CU-51 beworben. Natürlich ist diese Wahl jedem Tontechniker selbst überlassen, aber das Zeug dazu hat das neue Sanken allemal. Und das liegt nicht nur an dem, was das Sanken ausgibt, wenn es direkt frontal besprochen wird. Diesbezüglich sind viele Mikros ordentlich. Wie das Polar-Pattern und der grafische Frequenzgang für die nichtaxialen Schalleintrittsrichtungen zeigen, ist das Mikrofon aber tatsächlich mit einer äußerst stabilen Richtcharakteristik gesegnet. Das ist alles andere als unwichtig: Selbst bei sehr kontrollierten Umgebungen, etwa in einer Vocal-Booth, hat man mit Reflexionen zu tun, und es ist schon erstaunlich, wie viel es ausmacht, wenn diese sehr verfärbungsarm aufgezeichnet werden. Das gilt erst recht für weite Abstände, etwa als Drumroom-Mikrofon, bei Overheads und auch sonst überall dort, wo es viel Bleeding anderer Instrumente gibt. Das größere Ärgernis als eine schlechte Kanaltrennung auf Mikrofonen ist nämlich, wenn das übersprechende Instrument zusätzlich noch dadurch grauenhaft klingt, dass es vom Mikrofon aus einem Winkel aufgezeichnet wird, der Frequenz- und Phasengang mit „Kraut und Rüben“-Eigenschaften aufnimmt. Mikros vom Schlage eines CU-51 lassen einen aber gut schlafen. Wirklich: Die Niere des Sanken sieht nicht nur ganz nett auf dem Papier aus, sie klingt einfach hervorragend, merkliche Phaseneffekte findet man erst jenseits der 135°. Und selbst dort sind sie moderat.
Aber was ist bei schräg von oben oder unten eintreffenden Signalen? Schließlich gibt es einen signifikanten Wegunterschied zwischen den beiden Membranen, der für Phasenunterschiede und somit Kammfiltereffekte in den Höhen sorgen müsste… Ganz im Ernst: Bis zu 45° vertikaler (!) gewinkelter Besprechung sind die Unterschiede marginal, auch darüber bleiben sie absolut natürlich und auf die Höhen beschränkt. Top.
Nahbesprechungseffekt verschwindend gering
Eine bislang verschwiegene Eigenschaft des CU-51 hat es ebenfalls von seinen Verwandten CU-41 und CU-44X geerbt: Der Nahbesprechungseffekt, der bei geringen Abständen für eine Bassanhebung sorgt, ist sehr gering ausgeprägt. Das ist in sehr vielen Situationen wünschenswert, außer vielleicht bei manchen Trommel- und Lautsprecherabnahmen. Toll ist das aber für Hi-Hat und Ride. Und selbst bei enormen Transienten einer Hi-Hat und eintretenden merklichen Verzerrungen klingt das Sanken noch genial. Oh Mist: Ich glaube, ich habe mich verliebt…
Vergleiche
Im Vergleich mit dem Audio-Technica AT5045, ebenfalls ein hervorragendes Nierenmikro aus Japan, wird deutlich, dass das CU-51 ein klein wenig flotter zur Sache geht, was durchaus den kleineren Membranen zuzuordnen ist. Das Sanken CU-41 ist geringfügig sämiger als das CU-51, besonders der noch geringere Nahbesprechungseffekt ist mir sehr positiv in Erinnerung geblieben.
Nachfolgend ein Video, welches die Eigenschaften der Richtwirkungen hervorragend dokumentiert:
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