Praxis
Schön ist, dass das sE Electronics Magneto keine Plastikhupe ist. Sicher sind hochpreisige deutsche, japanische und amerikanische Mikrofongehäuse in höherer Qualität gefertigt, doch zum Motzen bietet das schwarze Testmikrofon keinen Anlass. Anders als beim X1 gibt es zudem keine Schalter, die wackelig sein könnten. Somit sind potenzielle Ärgernisse, die auftreten können, minimiert. Und jeder kennt es ja bei Autos: Je mehr Motörchen, Schalterchen in einem Fahrzeug ihr Werk verrichten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass einmal etwas kaputt geht.
Versorgt man das Magneto mit Phantomspeisung und hört das Signal ab, fällt auf, dass das Rauschen moderat ist und keine nervenden Bestandteile aufweist (die blanke Zahl von 16 dB(A) ist nur ein Messwert, es lohnt sich das genauere Hinhören). Im Betrieb mit Vocals zeigt sich das Kondensermikrofon fehlerfrei, was natürlich ein gutes Zeichen ist. Tiefe Einbrüche im Frequenzgang oder extreme Artefakte durch Phasenprobleme finden sich nicht, wenn auch der Bassbereich etwas mehr Konstanz vertragen könnte: Bei teureren Mikrofonen ist der Grundtonbereich straffer, das Magneto schwimmt dort etwas und wirkt insgesamt etwas zu hell abgestimmt – für ein Mikro dieser Preisklasse schlägt es sich aber ordentlich.
Im Nahbereich hat die Tiefenschwäche sogar gewisse Vorteile: Im Homerecording werden oft geringe Abstände zur Mikrofonierung verwendet. Hier ist mit einer extremen Überbassung nicht zu rechnen – nah besprochen klingt das Magneto nicht belegt: gut! Vor dem Gitarren- und besonders Bassverstärker kann es aber durchaus zu wenig sein, wohingegen man bei Overheadmikrofonierung meist eher froh ist, nicht allzu bollerige Tiefen mit im Signal zu haben.
Die Dynamik des sE-Kondensers ist nicht auffallend problematisch – solange man sich nicht zu sehr dem Grenzbereich nähert. Hochpeglige Signale werden zunehmend matt dargestellt und klingen etwas belegt. Das ist keine untypische Reaktion preiswerter Mikrofone. Vor allem bei Vocals kann es sogar als angenehm empfunden werden, dass starke Transienten etwas abgeflacht werden und die Dynamik gestaucht wird. Obwohl: Man überlässt diese Aufgabe eigentlich lieber einem Kompressor, der auch die entsprechenden Parameter mitbringt, um diesen Vorgang gezielt zu steuern. Trotzdem: Den “S”-Lauten tut die Verbreiterung ganz gut, sicherlich auch, weil im höheren einstelligen Kilohertzbereich die Übertragung etwas schwächer ausfällt. Das zu Vergleichszwecken herangezogene Mojave MA-201FET ist zwar generell bassiger, aber dennoch “kürzer”, “schneller” und “klarer” als das zum Verschmieren neigende Magneto – und selbst das Mojave ist durch seinen FET nicht gerade kristallin und transparent.
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Ein Poppfilter ist bei der Vocalaufnahme keine zwingende Voraussetzung, ich würde sogar dazu raten, es zunächst ohne zu versuchen, vor allem, wenn der Sänger oder die Sängerin über eine gute Mikrofondisziplin verfügen. Das “P” von “put” im Audiobeispiel bei der etwas weiter entfernten Mikrofonierung beispielsweise ist hervorragend: Etwas langsamer und mit mehr Luft artikuliert, erzeugt es mehr Strömungsgeräusche und wirkt breiter. Doch auch mit den anderen P-Lauten kann das Magneto gut umgehen und reagiert erst angenehm spät mit Popps. Durch die eher schwache Basswiedergabe und den recht weichen Mikrofonhalter ist es zu verschmerzen, dass weder Trittschallfilter noch Spinne vorhanden sind.