Praxis
Verarbeitung & Handling
Machen wir uns also auf an den Praxis-Check des sE Electronics Reflexion Filter Pro 10th Anniversary Edition. Auch wenn es vielleicht etwas kleinlich wirkt: Entgegen dem Werbeversprechen, dass die gesamte Konstruktion aus Metall gefertigt sei, sind die Kappen einzelner Feststellschrauben aus Plastik. Und auch die Haupt-Halteklammer zur Stativbefestigung besteht aus einem Plastikblock. Zugutehalten muss man sE Electronics dagegen das Finish der Einzelteile: Alle Metallelemente sind entweder mit schwarzem Schutzlack überzogen (Schirm) oder zumindest aus brüniertem Stahl (Haltemechanismus). Beide Verfahren dienen als Korrosionsschutz und sorgen zudem für einen edlen Auftritt.
Die Handhabung des Filters ist dabei stets einfach. Alle Flügel- und sonstigen Arretierschrauben sind einfach zu bedienen, da ohne Werkzeug festzuziehen und zu lockern. Der Schirm kann vertikal verstellt und stufenlos ohne jegliche Begrenzung in Gänze diagonal gekippt werden. Schirm und Mikrofonschiene lassen sich unabhängig voneinander in der Horizontalen schwenken. Außerdem lässt sich die Höhenausrichtung des Schirms an die jeweilige Mikrofongröße anpassen. Die Variationen sind hier wirklich enorm und lassen kaum Wünsche offen. Die einzige Justiermöglichkeit, die mir im Test fehlt, ist eine vertikale Neigung der Horizontalschiene. Denn bei manchen Mikrofonspinnen lässt sich das Mikrofon ansonsten nicht vollständig aufrecht positionieren (Im Test ein Brauner Phantom AE).
Sound des Reflexion Filters
Nichts ist so wirksam wie ein Hörtest. Daher checke ich den RF Pro 10 AE mit verschiedenen Mikrofonen und Richtcharakteristiken in unterschiedlichen Hörumgebungen. Der Einfluss des Absorbers/Diffusors sollte dabei selbstverständlich nicht im Direktsignal zu hören sein, sondern sich auf frühe Reflexionen, Echos und so weiter auswirken. Hören wir uns einmal die Wirkung des Filters an. Dazu mache ich für Euch zwei Gesangsaufnahmen in der Mitte eines 4 qm großen gekachelten Raums mit deftigen frühen Reflexionen. Zum einen nutze ich ein fein auflösendes Kondensatormikrofon der gehobenen Mittelklasse mit gängiger Nierencharakteristik (Brauner Phantom AE). Das Mikrofon platziere ich dabei im hinteren Viertel der horizontalen Befestigungsschiene. Dadurch soll gewährleistet sein, dass der Schirm hoffentlich die Nierencharakteristik des Mikrofons unterstützt. Und grobe rückwärtige Schalleinflüsse durch das Reflexionsfilter selbst können wir aufgrund der Richtcharakteristik des Mikrofons weitgehend ausschließen. Außerdem führe ich die gleiche Aufnahme noch einmal an genau derselben Stelle ohne den RF-Schirm durch. Der Hörvergleich zeigt, dass das mit dem sE Electronics-Schirm aufgezeichnete Signal durchaus „trockener“ ist, ohne jedoch dramatisch anders zu klingen. Am deutlichsten wird der Unterscheid an lauten Stellen, die entsprechend starke Raumreflexionen mit sich bringen. Außerdem wirkt das Signal auf mich ein wenig komprimierter, der Nahbesprechungseffekt scheint ein wenig deutlicher zum Tragen zu kommen.
Nun geht es ans Eingemachte: In eben jenem Raum mit kräftigen frühen Reflexionen nutze ich die Kugelcharakteristik eines gängigen Low-Budget-Mikrofons (Behringer C-2 Pro) für die Probe auf’s Exempel. Der übrige Testaufbau ist identisch. OK, wer ein Reflexionsfilter einsetzt, wird in der Praxis eher selten auf eine Kugelcharakteristik zurückgreifen. Für Testzwecke dürfte uns das Hörergebnis allerdings gute Infos über die Wirksamkeit des Filters offenbaren. Und tatsächlich ist die Wirkung des Filters hier deutlich zu hören. Das mit der Kugelcharakteristik aufgezeichnete Signal klingt typisch offen und fängt die Reflexionen des gekachelten Raums wunderbar ein. In Verbindung mit dem RF Pro 10 AE ist der Reflexionsanteil dagegen geringer und auf ein angenehmes Maß reduziert, so dass die Sprachverständlichkeit der Vocal-Aufnahme verbessert wird.
Den gleichen Aufbau für Nieren- und Kugelcharakteristik teste ich auch beim Einsatz des Reflexionsfilters in der Mitte eines ordentlich bedämpften Raums. Wer also seine Vocal-Recordings in einem Wohn- oder Schlafzimmer durchführt, kann in diese Audiobeispiele hineinhören, um sich eine erste Meinung über die Wirkung des Filters zu machen. Hier machen die Hörbeispiele für mich deutlich, dass die Wirkung des Filters beim Einsatz einer Nierencharakteristik doch eher marginal ist. Wer über einen einigermaßen bedämpften Raum verfügt, muss deshalb fürs Recording wirklich das Letzte aus seiner Location herausholen wollen, soll sich der Einsatz des mobilen Diffusors/Absorbers für ihn lohnen. Deutlicher wird der Einfluss der Jubiläums-Edition des Reflexion Filter Pro auch hier wieder, sobald ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik zum Einsatz kommt. Durch den Schirm des RF Pro 10 AE entsteht sogar so etwas wie ein künstlicher rückwärtiger Druckstau, der sich in einer Art Nahbesprechungseffekt äußert – wohlgemerkt bei einer Kugelcharakteristik(!). Diesen speziellen Klang muss man daher schon mögen und/oder gezielt wollen. Zumindest sollte klar sein, dass dieser Effekt auftreten kann.