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SE Electronics SE4 Test

Praxis

Ich habe eine Abneigung gegen die SE4. Sie gefallen mir nicht, rein optisch. Mir sind sie zu grobschlächtig und zu plump, das Design, die Oberflächen und die Gravierungen der großkalibrigen Stäbe wirken recht lieblos. Doch mit dem Aussehen von Werkzeug ist es genauso wie mit der Reputation seiner Marke: Wenn es das richtige Ergebnis liefert, dann ist alles gut. So können ja auch die unorthodoxesten Kombinationen von Mikrofonauswahl und Positionierung grandios klingen. Und Schönheit liegt ja auch im Auge des Betrachters. Ihr merkt beim Lesen anhand der einsetzenden Überleitung sicher schon, wohin die Reise geht: Klanglich gibt es wenig an ihnen auszusetzen, sie liefern in der Mittelklasse der 42 getesteten Kleinmembran-Kondenser ein wirklich ordentliches Bild!

SE4 "bei der Maloche" in der SAE Bochum
SE4 “bei der Maloche” in der SAE Bochum

Anders als bei vielen gleichteuren, preiswerten (und sogar teureren!) Mikrofonpärchen gibt es keine Eigenschaft, die schnell heraussticht und stören würde. Ebenfalls auf den ersten Blick nicht vorhanden ist irgendeine Art von Charakter, was für Kleinmembraner eine meist gewünschte Eigenschaft ist (quasi die Eigenschaft, eigenschaftslos zu sein). Das steht zwar im deutlichen Gegensatz zum polterigen Äußeren, doch es macht die SE4 zu guten Allroundern. Dafür spricht noch mehr, nämlich ihre Ausstattung mit Vordämpfung und das sauber arbeitende Hochpassfilter. Zudem kann bei Bedarf der Body mit Kapseln anderer Richtcharakteristiken bestückt werden, wenn höhere Richtwirkung oder die generellen Eigenschaften eines Druckempfängers gefragt sind.
Über den grünen Klee allerdings kann man die Kleinmembraner von SE Electronics auch nicht loben. So zeigen sich deutliche Unterschiede in den absoluten Höhen zu den teureren Mikrofonen, was wohl in erster Linie an der leichten Übermacht des etwas tiefer liegenden Frequenzbandes liegt. Das letzte Stückchen Offenheit fehlt den SE4 ebenfalls, denn sie tendieren zu einer Verdichtung des Signals. Doch glücklicherweise zeigt sich diese nicht sehr frequenzabhängig und springt bei keinem Pegel. Das klingt eher wie ein Kompressor mit einer Ratio von 1,1:1, minimalen Zeitparametern und einem Threshold von -∞. Erkennbar ist das im Beispielfile besonders an den Einschwingvorgängen der Gitarre.

Audio Samples
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SE Electronics SE4 Referenz Schoeps CMC-64

Einen Haken kann man hinter das Rauschverhalten des Sets machen, denn es ist gering, konstant, homogen und bei beiden Mikrofonen identisch. Das Matching des Frequenzgangs bietet ebenfalls kein Anlass zum Stirnrunzeln. Nicht zuletzt dadurch entsteht ein klar gezeichnetes und plastisches Stereobild.

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