Praxis
Betonung der Höhen
Es ist kein Geheimnis, dass günstigere Mikrofone gerne eine Tendenz zeigen, die Höhen ein wenig zu betonen, um im Direktvergleich zu ihren Konkurrenten offener und schlichtweg schöner zu klingen. Das sE Electronics sE5 tut dies ebenfalls, und zwar recht ausgiebig. Das aus der gleichen Preisklasse stammende Rode NT5 ist in dieser Hinsicht zurückhaltender, das teurere Neumann KM 184 wirkt im Vergleich dagegen am natürlichsten und am wenigsten „gehyped“. Im Falle der Akustikgitarre muss ich aber gestehen, dass die Präsenz des Signals, das mit dem sE5 aufgenommen wurde, durchaus bestechend wirkt. Von unangenehmen Anteilen oder harschem Klang kann in diesem Fall nicht die Rede sein. Ansonsten wirkt der Frequenzgang ausgewogen und frei von größeren Färbungen – also genau so, wie man das von einem Kleinmembraner erwartet.
Stärkstes Rauschen unter den Vergleichsmikros
Auch wenn die Daten auf dem Papier in dieser Hinsicht recht gut aussehen, ist beim sE5 das meiste Rauschen unter den Vergleichskandidaten zu hören. Bemerkbar ist dies vor allem im Ausklang des Schlussakkords der Gitarre. In diesem konkreten Fall ist das kein Problem, bei sehr leisen Quellen könnte ein anderes Mikrofon aber eine bessere Wahl sein.
Lowcut: hoch angesetzt, aber sauber arbeitend
Das Lowcut-Filter arbeitet wunderbar, setzt für meinen Geschmack aber fast ein wenig zu hoch an und entfernt nicht nur unerwünschtes Gerumpel im Sub-Bass, sondern macht auch den Klang des Instruments etwas schlanker. In manchen Fällen kann das genau das Richtige sein. Im Zweifelsfall kann man es aber natürlich deaktivieren und beispielsweise ein Filter im Preamp benutzen oder bis zum letztendlichen Mix warten.
Gute räumliche Darstellung des sE5-Stereo-Sets
Aber kommen wir zu Lauterem. Im Falle einer Schlagzeugaufnahme, für die alle Mikrofone in XY-Konfiguration als Overheads eingesetzt wurden, konnte das sE5 vor allem durch eine sehr klare räumliche Darstellung punkten. Das sorgfältige Matching, auf das sE Electronics laut eigener Aussage Wert legt, zahlt sich also aus. Im Direktvergleich wirkt unser Testkandidat vorerst noch attraktiver als die Referenz aus dem Hause Neumann. Nach einer zusätzlichen Anhebung der Höhen beim KM 184 (letzter Track im Player) bemerkt man aber, dass dieses sein Geld durchaus wert ist und die absoluten Höhen schöner aufgezeichnet werden. Im Gegensatz zu den Vergleichen mit der Gitarre handelt es sich hier übrigens um drei separate Takes.