Praxis
Zwei Bassdrums für den Test
Im Einsatz gibt das Sennheiser Evolution e 602-II – wie zu erwarten – keinerlei Rätsel auf. Es lässt sich auch mit schwächlichen Stativen sicher positionieren, passt durch relativ kleine Resonanzfell-Öffnungen und gibt sich optisch unauffällig. Kommen wir also zu den klanglichen Eigenschaften des Testkandidaten. Zwei weitere Mikrofone aus meinem persönlichen Fundus dienen mir im Verlauf des Tests als Referenz: ein EV N/D 868 sowie ein DM 1B des englischen Herstellers Sontronics. Da es heutzutage eine immer beliebter werdende Praxis ist, verschiedene Bassdrum-Mikrofone miteinander zu kombinieren, hört ihr in einigen Soundfiles zusätzlich noch ein Solomon LoFReQ, ein als Mikrofon arbeitender Lautsprecher. Zwei Bassdrums, die sich konstruktiv und von der Größe her stark unterscheiden, dienen mir als Schallquellen. Einmal eine Pearl Masters MBX Birken-Bassdrum mit dünnem, an den Rändern verstärktem Kessel in der Größe 20×16 Zoll sowie eine Wahan Acryl-Bassdrum, 24×13 Zoll groß. Während die Pearl eher einen modernen Pop-Rock-Sound repräsentiert, fungiert die Wahan mit ihrer klassischen Größe und breiter Fellauflage eher als Beispiel für einen traditionelleren Klang. Auch am Floortom habe ich das 602 eingesetzt, hier kam das zur Pearl-Bassdrum passende 14×12-Modell zum Einsatz.
602 punktet mit Druck und Präsenz
Bereits beim Soundcheck wird deutlich, worauf es den Sennheiser-Konstrukteuren beim 602 ankam, nämlich Druck im Bass und Präsenz in den Höhen. Oder anders: Das 602 liefert das, was die meisten Drummer wollen und was sich in den meisten Situationen durchsetzt, ohne großartig bearbeitet werden zu müssen.
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Klangbeispiele mit der 20“-Bassdrum
Die verwendete 20“-Holz-Bassdrum ist auf der Schlagfellseite mit einem klaren Remo Powerstroke 3 ausgestattet und relativ weit herunter gestimmt. Das Resonanzfell ist ein klares, ventiliertes Ambassador, mittig in der Öffnung befinden sich die Mikrofone. In der Trommel liegt ein kleines Daunenkissen, welches das Resonanzfell leicht dämpft. Ziel war also ein kontrolliert-offener, aber druckvoller Ton, wie er für das weite Feld der Backbeat-Musik passen könnte. Für jedes der drei Mikrofone habe ich den gleichen Groove gespielt, ihr hört ihn jeweils einmal in der Gesamt-Mikrofonierung mit dem Solomon Subkick-Verschnitt, einmal ohne das Subkick und einmal das Mikrofon solo.
Fester, wuchtiger Sound
In den Soundfiles hört ihr schnell, dass das Sennheiser die Bässe und Höhen herausstellt, besonders die Übersprechungen von Hi-Hats und Snaredrum im Solo-Modus verdeutlichen die Präsenzanhebung. Im Groovekontext wird daraus ein fester, wuchtiger Rocksound, den man ohne großartige Nachbearbeitung verwerten kann. Im Vergleich zum neutraler ausgelegten Sontronics fällt allerdings auch auf, dass der Sound insgesamt künstlicher daherkommt, es fehlt schlicht die mittige Kesselresonanz. Auch an die Natürlichkeit der Bässe des Electro Voice kommt das Sennheiser nicht ganz heran. Im Verbund mit dem Solomon Subbass-Mikro ergibt sich an der Test-Bassdrum ein großer, solider Rock-Bassdrumsound, der kaum Wünsche offen lässt. Der große Vorteil ist hier, dass es eben kaum EQ-Korrekturen braucht, um die Trommel solide im Mix unterzubringen. Auch dynamisch ist das e 602-II auf Zack, die leichte Membran setzt Luftbewegungen schnell um und sorgt damit für eine lebendige Transientenwiedergabe. Dass diese wiederum nicht wirklich realistisch wirkt, sondern fast ein bisschen „digital“ klingt, dürfte auch auf die Präsenzbetonung der Elektronik zurück zu führen sein.
Klangbeispiele mit der 24“-Bassdrum
Für die Soundfiles mit der großen Bassdrum befinden sich die Mikrofone jeweils mittig etwa fünf Zentimeter vor dem Resonanzfell. Beide Felle sind einlagig und klar, ein kleines, vier Zoll großes Loch im Resonanzfell sorgt für die Sustain-Kontrolle. Die Stimmung der Felle liegt im mittleren Bereich.
Verwendet man das 602 als einziges Mikrofon, ergibt sich ein sehr runder, erstaunlich bassiger Ton, der mir auf Anhieb gut gefällt. Der Vergleich mit dem akustischen Sound der Bassdrum im Raum als auch mit dem neutraleren Sontronics verrät allerdings auch hier, dass das 602 Bässe stark betont und Mitten stark beschneidet. In Kombination mit dem Solomon-Subkick-Verschnitt würde ich die Bässe des 602 per Low Cut beschneiden, hier kommen sich die Frequenzen sonst phasenmäßig in die Quere. Homogener und realistischer klingen hier die Kombis aus Solomon und den beiden Vergleichsmikrofonen. Für den natürlichen, klassischen Bassdrum-Ton wäre das 602 im Studio also nicht meine erste Wahl, obwohl es auch hier niemanden davon abhalten sollte, einen guten Sound zu erreichen. Ich habe euch hier das 602 und zum Vergleich das EV 868 aufgenommen.
So klingt das 602 am Floortom
Am tief gestimmten Floortom kommen die 602-typischen Charakteristika besonders deutlich zum Vorschein, was sich gut im Vergleich mit dem natürlicher abgestimmten EV N/D 868 zeigt. Während das EV die mittleren Kesselresonanzen der Birkentrommel abbildet, fokussiert das 602 in Richtung Attack und Bass. Ein sauberer, moderner Sound ist auch hier wieder die Folge, eventuell störendes Mittenbrummen wird gar nicht erst übertragen. Was für den Einsatz an Bassdrums gilt, kann also auch auf große Toms übertragen werden. Hier könnt ihr euch die Floortom-Soundfiles anhören:
Nikolaus Richter sagt:
#1 - 25.10.2024 um 23:45 Uhr
Das Sennheiser e 602 II mag für manchen ein tolles Mikrofon sein, für mich allerdings nicht . Ich hatte es mir Juni 2021 fürs Recording neu zugelegt. Hatte es 1x getested und war vom Sound nicht so überzeugt. Naja ab in den Mikrofonkoffer, ( veilleicht kann mans ja mal live einsetzen dachte ich. Habs gestern wieder hervorgeholt ums heute am Drumset (BD) einzusetzen. Der Sound war dünn und näselnd...........grausam. Fazit: Das Mikro wurde mir defekt verkauft!!! Ich habs dann aufgemacht ...raus kam der "heiße" Draht war nicht angeschlossen. Nachdem auch eine Reperatur nicht möglich war und Thomann auch keine Kulanz-Garantie ( Kauf Juli 2021) geben konnte oder wollte, habs ich selbst versucht ( ich bin vom Fach und habe schon mehrere Mikros repariert bzw. umgebaut) was gründlich daneben ging ! (naja was will man heutzutage noch an Qualität erwarten) Ich mußte dann auf ein 40 jahre altes ( Sennheiser)MD 421 notgedrungen umsteigen , welches wunderbar funktionierte ! Trotzdem: Die Firma Sennheiser hat sich meines Erachtens zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht . Ich bin bitter enttäuscht, wie kann man denn allen Ernstes einen solchen Schrott produzieren !