Sennheiser HD 490 Pro (Plus) im Praxis-Check
Der Test erfolgte über den Zeitraum mehrerer Tage an den folgenden Kopfhörerverstärkern:
- SPL Phonitor mini
- Universal Audio Apollo X4
- iPad (6. Generation)
Vor der eigentlichen Klangbeurteilung möchte ich anmerken, dass der HD 490 Pro den Qualitätssprung des SPL Kopfhörerverstärkers gegenüber den HP Outs des Apollo Audiointerfaces durchaus darstellt und mit einer „satteren“ und noch (!) hochwertigeren Wiedergabe honoriert. Doch wie eingangs erwähnt spielt der 130-Ohm-Kopfhörer auch am iPad noch sehr souverän.
Zum unmittelbaren Vergleich waren meine offenen Referenzkopfhörer Focal Clear Mg Professional und AKG K812 im Einsatz. Diese beide Modelle werden im vierstelligen Eurobereich angeboten, sind damit deutlich teurer, haben aber die gleich Zielgruppe. Ob die Rechnung „teurer = besser“ aufgeht, erfahrt ihr im übernächsten Abschnitt.
Die klangliche Beurteilung des HD 490 Pro inklusive der dearVR mix SE Software erfolgte anhand vertrauter Produktionen und Produktionselemente sowie Signalgeneratoren in Apple Logic.
Anwendungsbereich
Mit seinen offenen Ohrmuscheln besitzt der HD 490 Pro keine nennenswerte Dämmung. Somit kommt sein Einsatz weder bei Mikrofonaufnahmen noch unter lauten Umgebungsgeräuschen in Frage. Sein Revier sind in erster Linie Regieräume oder sonstige DAW-Arbeitsplätze zum Mischen Mastern, Producing und Editing. Auch zum heimischen Musikkonsum könnte Sennheisers Pro-Kopfhörer aufgrund seiner hochwertigen und analytischen Wiedergabe Freunde finden, aber wie klingt er denn eigentlich im Detail?
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Sennheiser HD 490 Pro (Plus) im Test: So klingt er!
Die Wiedergabeeigenschaften des Sennheiser HD 490 Pro sind beeindruckend und angesichts des in Relation zur Qualität günstigen Preises aus meiner Sicht ein No-Brainer für professionelle Anwender und Audioenthusiasten. Klanglich spielt Sennheisers Neuling mühelos in der Liga meiner deutlich teureren Referenzkopfhörer, doch was sind die Unterschiede und was ist denn nun so toll am am HD 490 Pro?
Dem HD 490 gelingt es, sämtliche Frequenzbereiche und Impulse/Transienten so konturiert und detailliert dazustellen, ohne dass die Wiedergabe überambitioniert oder unnatürlich erscheint. Dabei wirkt der Blick auf einzelne Frequenzbereiche oder Mixbestandteile nicht überzeichnet oder „gefeatured“, sondern wie der ungewohnt klare Blick durch ein frisch geputztes Fenster. Die Frequenzwiedergabe empfinde ich als homogen und „irgendwo zwischen“ dem Focal Clear Mg Professional und dem AKG K812. Gegenüber dem Focal Kopfhörer hat der HD 490 Pro etwas weniger Druck im Bass und definiertere obere Mitten und Höhen, wodurch er sich besser zum Editing und der finalen Mixkontrolle eignet. Doch auch die Beurteilung und Bearbeitung tiefer Frequenzen bis in den Subbass gelingt mit dem Sennheiser Kopfhörer mühelos. Im Vergleich zur AKG-Referenz hat der HD 490 Pro wiederum mehr Präsenz im Bass, subjektiv etwas natürlichere Mitten und weniger Schärfe in den hohen Frequenzen.
Alle bisher geschriebenen Erkenntnisse erfolgten übrigens unter Verwendung der Ohrpolster aus Velours (Producing), die ich zweifellos auch zum professionellen Mischen und Mastern verwenden würde. Die eigentlichen Mix-Ohrpolster klingen im Vergleich noch eine Spur analytischer aber auch etwas kühler mit weniger Präsenz im Bass. Es ist definitiv ein Pluspunkt, diese Auswahlmöglichkeit zu haben, die Velourspolster entsprechen aber eher meinen Hörpräferenzen.
Ein vergleichsweise natürlicher Raumeindruck zählt bekanntermaßen zu den Eigenschaften von Kopfhörern offener Bauart wie dem HD 490 Pro. Der hochauflösende Sennheiser Kopfhörer überzeugt mit einer Luftigkeit, Transparenz und Tiefenstaffelung auf Referenzniveau. Die präzise Lokalisation einzelner Mixbestandteile/Instrumente und Darstellung von Impulsen und Transienten begünstigt kritische Beurteilungen und tontechnische Eingriffe. Was Sennheiser hier abliefert ist sehr überzeugend und katapultiert den HD 490 Pro ganz oben auf meine Einkaufsliste, obwohl ich mit meinen offenen Focal und AKG Kopfhörern bereits auf hohem Niveau ausgestattet bin.
Dear Reality dearVR mix SE
Nicht annähernd so überzeugt bin ich von der Mix Environment Software des „Plus-Angebots“, was natürlich eine höchst subjektive Bewertung ist. Die Verwendung des dearVR mix SE Plug-ins resultiert in für mich nicht nachvollziehbaren oder in irgendeiner Weise verwertbaren Klangverfärbungen. Paradoxerweise bewirkt die modellspezifische Anpassung der HP Compensation-Funktion einen noch unnatürlicheren Wiedergabecharakter. Meine Einschätzung als professioneller Anwender, der in vielen Produktionsabschnitten, auch beim Mischen und Mastern Kopfhörer einsetzt: Der HD 490 Pro kann definitiv ohne ein solches Processing als verlässliches Abhör-Tool eingesetzt werde. Aber ein bisschen Crossfeed schadet bekanntlich nie. Im Betrieb an meinem SPL Phonitor mini profitiert die empfundene Natürlichkeit (Raumeindruck, Ortung) von der Aktivierung der Crossfeed-Funktion, welche das Übersprechen zweier Stereolautsprecher simuliert.
Tragekomfort
„Wow!“ war meine Gedankenblase beim ersten Aufsetzen des neuen Sennheiser Kopfhörers mit den vormontierten Polstern aus Velours. Doch es sind nicht die Polster allein, die dem HD 490 Pro zu einem wirklich exzellenten Tragekomfort verhelfen. Der Sitz des 260 g leichten Kopfhörers ist einfach fantastisch und sollte sich dank der flexibel gelagerten Ohrmuscheln jeglicher Kopfform anpassen. Außerdem ist der Anpressdruck spürbar geringer als alle mir bekannten Kopfhörer der 600-/650-/660-er Serie von Sennheiser und sitzt dennoch sehr sicher auf meinem Kopf. Selbstverständlich wurden während des Tests auch die Mix-Ohrpolster (Textil) verwendet. Deren Komfort gibt ebenfalls keinen Grund zur Beanstandung, aber dennoch gilt „velours is king“ 😉
Weiterhin ist positiv anzumerken, dass unangenehmer Körperschall durch Berührung des Kabel beim HD 490 Pro schlicht und einfach nicht existiert. Laut Hersteller sind die Windungen unterhalb des Steckers zur Ohrmuschel der Grund hierfür.
Alternativen zum Sennheiser HD 490 Pro Plus
Sennheiser HD 660S2 | Steven Slate Audio VSX Essentials Edition |
etwas teurerer Pro-Kopfhörer von Sennheiser mit exzellenter Wiedergabe und etwas hochwertigerem Look und Datenblatt; 300 Ohm Impedanz; bisher keine Bundle-Angebote mit Software | Alternative für Fans von Mix Room Emulationen; geschlossene Bauweise; Wiedergabequalität des Kopfhörers erreicht nicht das Niveau des HD 490 Pro |
Jonathan Graber sagt:
#1 - 27.02.2024 um 09:09 Uhr
Mich würde ein direkter Vergleich zum Neumann-NDH-30 interessieren. Diesen habe ich bereits, aber vielleicht hat Sennheiser mit dem 490 Pro den nochmal getoppt?
Peter Koenemann sagt:
#2 - 27.02.2024 um 10:50 Uhr
Hallo Jonathan, den NDH 30 hatte ich vor knapp 2 Jahren im Test https://www.bonedo.de/artikel/neumann-ndh-30-test/ Für mich ist der günstigere Sennheiser Kopfhörer überzeugender, wobei ich jetzt nicht beide Kopfhörer im Direktvergleich hatte. Meine Hauptkritik am Neumann Kopfhörer war die uneinheitliche Klangsignatur, bedingt durch den lockeren Sitz der Ohrmuscheln mit gerichteten Wandlern. Hierbei erschienen die hohen Frequenzen teilweise etwas matt. Ich kann den Check des 490 Pro nur empfehlen ... teile uns gerne deine Erkenntnisse mit! Viele Grüße, Peter