Praxis
Tragekomfort
Wie auch bei anderen professionellen In-Ears von Sennheiser, kann ich auch den IE 100 Pro einen guten Tragekomfort und hohe Ausfallsicherheit (hier wörtlich gemeint) bescheinigen. Allerdings ist das natürlich immer eine sehr individuelle Geschichte. So ist es denkbar, dass dem einen oder anderen User der auch beispielsweise vom IE 400 und IE 500 bekannte, verstärkte Bügel, der das Kabel von der Treibereinheit nach oben und hinter die Ohrmuschel führt, etwas zu störrisch ist. Auf einer Seite baumelt der Akku auf Halshöhe herunter, auf der anderen die Elektronik- und Steuereinheit. Das empfinde ich aber nicht als störend, sondern freue mich über den direkten Zugriff auf die blind bedienbaren Einheit. Beim Jogging und anderem Sport kann auf Dauer anstrengend sein, dass die Elektronik und der Akku schnell einmal gegen den Hals schlagen. Die Übertragung von Körperschall über das Kabel hält sich sehr in Grenzen, was eine sehr gute Nachricht ist.
Hauptaufgabe mit Bravour erfüllt
Klanglich machen die Hörer sofort deutlich, aus welchem Hause sie stammen – und was ihr wesentlicher Einsatzzweck ist. Sie sind nicht dafür entwickelt, jegliche Musiksignale mit Zuckerguss zu versehen und aufzuwerten, sondern dafür, dass man sich ein genaues Bild davon machen kann, was vor sich geht. Das gelingt hervorragend: Auf eine sehr neutrale Art trocken und präzise lassen sie auch feinste Details erkennen, die Hörer spielen auffallend impulstreu. Sehr gelungen ist die Darstellung des Präsenz- und Schärfebereichs. Diese Frequenzbereiche sind einem durchsetzungsfähigen Klang und einem „aufgeräumten“ Sound zuträglich, können andererseits aber auch schnell nerven, besonders, wenn es um S-Laute, Snares, Hi-Hats, scharfe Cleangitarren und dergleichen geht. Mit den Sennheiser IE 100 Pro lässt es sich schön lange und ausführlich hören, ohne dass das Gehör ermüdet. Schön ist auch, dass die Mitten weniger “dosig” klingen als bei den IE 40 Pro, stattdessen wirken die IE 100 Pro satter.
Für dich ausgesucht
Höhen nicht ganz offen, aber dafür sehr natürlich
Dass die Knöpfe dahingehend optimiert sind, dass sich der Hörer im Audiomaterial gut orientieren kann, um das eigene Timing und Tuning möglichst gut hinzubekommen, ist für den reinen Musikgenuss kein Nachteil. Wer auf natürliche und deutliche, aber nicht zu streng analytische Wiedergabe steht, findet mit den IE 100 möglicherweise einen passenden Compagnon. Das alles bedeutet auch keinesfalls, dass die Randbänder des Frequenzspektrums unterrepräsentiert wären. Die Höhen sind deutlich, aber nie kalt, gläsern oder fisselig. Im Air Band nimmt der Pegel deutlich ab, wodurch die Wiedergabe der Höhen etwas weniger ätherisch und offen wirkt, aber eben auch nicht künstlich, gewollt oder mit schlicht und einfach zu viel Pegel, wie es manche Mehrbandysteme tun.
Gratwanderung gelingt auch bei den Tiefen
Unter dem trockenen, hoch aufgelösten und dadurch sehr griffig wirkenden Tiefmittenbereich schließt sich ein Bass an, dem die gleichen Attribute zugeschrieben werden können. Wie viel Subbass produziert wird, hängt bei derartigen Systemen maßgeblich vom Sitz der In-Ears und dem Abschluss der Ohrpassteile ab – hier sind Silikonteile im Vorteil. Auch ein E-Bass lässt sich noch gut in der Pitch erkennen, doch sind es hier schon eher seine Obertöne, die dabei helfen. Tiefe, obertonarme Signale machen es da schon etwas schwerer, da die Hörer umso indifferenter spielen, je tiefer die Frequenz ist. Dies ist gemeinsam mit dem letzten Stückchen Detaildarstellung und Dynamik einer der wesentlichen Unterschiede zu teureren Breitbandsystemen – wie etwa dem Beyerdynamic Xelento Wireless, welches aber einen knapp vierstelligen (!) Betrag aufruft. Zum Musikhören ist die Tiefenwiedergabe jedoch durchaus passend, weil die IE 100 Pro nicht allzu streng-reserviert, trocken und „spaßgebremst“ spielen.
Ob mit oder ohne…
Ein großes Lob verdient der IE Pro BT Connector, der ausstattungsseitig absolut auf der Höhe der Zeit ist. Dass aptX LL mit an Bord ist, ist für eine musikalische Nutzung hilfreich, wenngleich im professionellen Bereich weiterhin selbstredend auf die bekannte Funktechnik gesetzt wird. Das angesprochene Lob bezieht sich vor allem auf die Klangqualität, denn neben den Codecs sind es ja auch DA-Wandlung und Kopfhörerverstärkung in der Elektronik, die den Unterschied ausmachen. Da aber mittlerweile auch sehr stromsparende Mobilversionen von DACs hervorragende klangliche Leistung bringen und auch genügsame Miniatur-Amps zur Verfügung stehen, sind die Unterschiede zwischen kabelgebundenem und Wireless-Betrieb recht gering. In der Kontur im Bass, den feinsten Details der Höhen, und der Feindynamik machen sich diese am ehesten bemerkbar.