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Sennheiser MD 441 Test

Praxis

Ei, Ei, Ei – die Halterung!

Das Mikrofon polarisiert alleine schon durch seine Bauform. Jenseits der Diskussionsgrundlagen “Geschmack” und “technische Notwendigkeit” zeigen sich allerdings bezogen auf sein Äußeres auch ganz andere Zusammenhänge: Ich habe das Sennheiser MD 441 schon als “langes Elend” beschimpft und zurück in den Mikrofonkoffer gelegt, weil es sich dort, wo ich es einsetzen wollte, schlicht und einfach nicht positionieren ließ. Zwar hat das Ride-Becken nach der Ausrichtung hervorragend geklungen, doch wenn der Trommler durch das lange Mikrofon (plus XLR-Stecker und Kabelschlaufe) in seinem Bewegungsablauf eingeschränkt wird, seine Crashbecken umpositionieren muss oder riskiert, mit dem Stick einen Bugtreffer beim Mikrofon zu landen, dann muss eben ein anderes Gerät her – auch wenn das 441 noch so toll klingt. Wo ich mich gerade über Fußangeln in der Praxis echauffiere: Die Halterung des MD 441 ist ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei. Nein, sie ist nicht einmal das Weiße vom Ei. Und auf keinen Fall das des Columbus! Dass ich hier über Höcksken und Stöcksken zwei Floskeln miteinander verbinden will, soll deutlich machen, dass es mir die Mühe wert ist, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen: Unter der Snare fühlt sich ein 441 wohl, bei “negativen” Ausrichtungen habe ich immer ein wenig Angst, denn so richtig sicher sitzt das Mikrofon nicht in seiner Halterung. Nun gut, dynamische Mikrofone sind recht robust, aber selbst “nur “eine Delle im Korb ist bei einem Werkzeug der 1000-Euro-Klasse äußerst ärgerlich. Die aktuelle Mikrofonklammer MZQ-441 ist etwas stabiler als die ursprüngliche durchsichtige Version, die zwar schnell brach, aber über einen zumindest rudimentären Verriegelungsmechanismus verfügte. Doch auch die neue kann kaputt- oder einfach nur verlorengehen. Ärgerlich, denn in Standardklammern passt das MD 441 nicht (außer mit Gaffa) und das Ersatzteil kostet pfeffrige 46 Taler! Mag sein, dass es als Spezialzubehör kalkulatorisch diesen Preis erlösen muss, aber Servicefreundlichkeit sieht anders aus.

Sennheiser_MD_441_1

Das MD441 ist auch klanglich eine schrille Erscheinung 

Generell ist festzustellen, dass das MD 441 nicht gerade der sanftmütige Feingeist unter den dynamischen Mikrofonen ist. Es gibt eine gewisse Neigung, das Signal leicht schrill wirken zu lassen, besonders natürlich mit zugeschalteter Brillanz. Doch genau das ist es, was das Mikrofon für eher bedeckt klingende Hi-Hats, fahle Snareteppiche und – wie ich finde – besonders Bassamps (ja: Bassamps!) interessant macht. Dort kann man mit dem schnell beißenden Klangcharakter des Mikros hervorragend die Durchsetzungskraft des E-Basses erhöhen. Und alles bewegt sich absolut im Rahmen, das 441 klingt nie dumpf oder langweilig.

Audio Samples
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Bassamp Snare Snare – Schalter auf S Hi-Hat

Die Richtung ist klangfärbend

Bei akustischen Instrumenten wie einer Gitarre wird man erkennen, dass die absoluten Höhen – wenn man Kondensatormikro-Maßstäbe ansetzt – ganz leicht “unecht” klingen können, doch sind sie immerhin ausreichend vorhanden! Der große Vorteil des MD 441 und gleichzeitig seine Daseinsberechtigung ist sein Signal, das unter den Tauchspulenmikros am deutlichsten an Kondensatormikrofone erinnert. Die ebenfalls dynamischen Bändchen sind aufgrund ihrer geringeren bewegten Masse zwar meist noch schneller, aber immer noch nicht robust genug für den rauen Alltagseinsatz. Die Vorteile von Tauchspulenmikrofonen liegen deshalb auf der Hand: Sie sind robust, langlebig, benötigen keine Speisespannung und damit auch keine Batterien, und sind schließlich auch übersteuerungsfester und preiswerter als Kondensatormikros. Letzteres gilt für das MD 441 freilich kaum, schließlich ist es eines der teuersten Tauchspulenmikrofone überhaupt.
Bei der Benutzung eines MD 441 sollte man sich natürlich im Klaren drüber sein, es hier mit einem stark richtenden Mikrofon zu tun zu haben. Das ist in manchen Situationen von Vorteil, doch sind derartige Richtwirkungen mit Vorsicht zu genießen, da sie Positionsveränderungen mit Klangfarbenänderungen bestrafen. Wenn Frau Roche also beim Sprechen allzu agil herumfuchtelte, konnte man direkt eine Veränderung in der Klangfarbe ihrer Stimme erkennen. Für Sprecherinstallationen kann die Superniere allerdings ein Segen sein, denn bei üblichen Winkeln von 30 – 45° an Sprecherpulten sind die aufgezeichneten Reflektionen der Tischplatte (und somit der Kammfiltereffekt) recht gering. Gesungenen wie gesprochenen Stimmen kommt zugute, dass das Mikrofon eine hohe Durchsetzungskraft besitzt. Erstaunlicherweise ist das Signal je nach Stimme zwar etwas “spitz”, wirkt aber dennoch ausgewogen. Trotzdem ist man gut beraten, lieber einen Abstand von mindestens 10 cm zum Korb zu halten, als ihn mit den Lippen zu berühren und dann mit dem M-S-Schalter die Bässe absenken zu müssen. 

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Vocals MD 441 Vocals MD 441 – Schalter auf S

Das Sennheiser MD 441 ist ja so ein langgezogenes Ding

Wer glaubt, dass die Form des Mikrofons eine Affinität zur Klangquelle haben müsste und deshalb so etwas Langes wie das MD 441 nicht unbedingt zur Abnahme einer Bassdrum passt, der liegt nicht unbedingt richtig. Nicht immer lässt sich nämlich bei Mikrofonen vom Äußeren auf den Klang schließen. Das nachfolgende Audiofile nimmt sich dieses Vorurteils an und ich bezweifle, dass ich noch mehr kommentieren muss:

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Bassdrum Schlagfell Bassdrum Resonanzfell Bassdrum Resonanzfell – Schalter auf S Bassdrum Resonanzfell – Brillianzschaltung

Nahbesprechungseffekt und Richtwirkung des Sennheiser MD 441

Deutlich zu hören, dass der Nahbesprechungseffekt auch sehr gute Dienste leisten kann. Zudem liegt der Boost im Frequenzgang so, dass man sich um mangelnden Attack keine Sorgen machen muss. Richtig genial finde ich aber, den Bassbereich mittels auf “S” gestelltem Ring zu dämpfen, um dem 441 den Anschlagssound und ein wenig “Holz” zu überlassen. Trotz harter Richtwirkung klingt es an und in der großen Trommel schön klopfig. Geil für kontrollierte Funk-Bassdrums!
Vor der Membran der Gitarrenamps liefert das Sennheiser ebenfalls einen angenehmen Sound, besonders ausgewogen ist die verzerrte Gitarre über den Vox AC-15. Doch auch beim Picking ist das MD 441 die perfekte Besetzung: Durchsetzungsstark und schnell, aber nicht fundamentlos.  

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Picking Hits Chords

Der Preis ist heiß

Mein Proband ist ein insgesamt ausgewogenes Mikrofon mit einer klaren Höhenausrichtung, das aber deswegen noch lange unter Bassarmut leidet. Seine “Spritzigkeit” tut vielen Signalen gut, sollte aber etwas unter Kontrolle gehalten werden. Anders als das ungleiche Geschwisterchen MD 421 ist das 441 kein allzu starker Klangpräger, was seine Allroundfähigkeiten stark erweitert. Charakterlich präsentiert es sich eher aufgekratzt als schönes Gegenstück zum eher gutmütigen und gemächlichen Shure SM7B. Das Hauptmanko des MD 441 ist jedoch sein Preis, dessen Zustandekommen zwar durchaus nachvollziehbar ist, der deshalb aber auch nicht geringer wird.

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Song
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Profilbild von Rike

Rike sagt:

#1 - 13.02.2012 um 14:53 Uhr

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Hallo,
ich habe aufgrund dieser netten Seite hier ein Sennheiser MD441 N für 250 € bei Ebay (fast ungebraucht) ersteigert. Leider haben meine Probeaufnahmen nicht so geklappt, wie ich es haben wollte. Die Aufnahme war sehr leise und es war auch ein leichtes Pfeifen zu hören. Nun muss ich aber dazu sagen, dass ich mich mit Aufnahmetechnik (Hardware und Software) noch nicht auskenne. Ich habe das Mikrofon an mein neues Mischpult Yamaha MW10c angeschlossen und dieses wiederum an meinen LapTop. Mit audacity habe ich die Probeaufnahme gemacht, die nur leise zu hören war. Dann habe ich das beim Mischpult mitgelieferte Programm Cubase AI4 installiert und darüber versucht Aufnahmen zu machen. Aber auch da waren sie nur leise zu hören. Was kann ich also tun, damit ich mit dem Mikrofon gut aufnehmen kann? Liegt es an dem Mischpult? Vorher hab ich immer ein T-Bone SC450USB benutzt und brauchte daher keine weitere Hardware. Oder brauche ich vllt. eine andere Soundkarte als in meinem LapTop mitgegeben? Ich habe wirklich noch wenig Ahnung, daher wäre ich über ein paar Tipps sehr dankbar!! Liebe Grüße Rike

Profilbild von Kevin

Kevin sagt:

#2 - 05.02.2013 um 06:54 Uhr

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Ja, ohne weitere hardware sieht es schlecht für dich aus.das 441 passt definitiv nicht in die kette deines equipments. selbst für ein dynamisches mikrofon spuckt es nur sehr wenig pegel aus -> ein guter preamp ist hier gefragt..
solche probleme hast du natürlich mit einem kondensator mikrofon, wie du es hast, nicht. das hat von natur aus schon viel pegel und bringtt auch bei weniger gescheitem equipment, schon annehmbare und rauschfreie aufnahme zustande.

Profilbild von Thomas

Thomas sagt:

#3 - 19.06.2014 um 20:59 Uhr

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Das Sennheiser md 441 u ist das beste Mikrofon überhaupt. 1974 wurden diese Mikrofone in den deutschen Studios von Radio Luxemburg installiert, sie wurden auch als Mikrofone für Außenreportagen und Livesendungen genutzt. Die Tonqualität dieser hochwertigen Richtmikrofone ist nicht zu übertreffen. Ich selbst nutze NUR das md 441 u und ich weiß als ehemaliger Radiomoderator von was ich spreche. Privat würde ich niemals ein anderes Mikrofon nutzen. Wer ein wirklich gutes Mikrofon sucht, der sollte sich nur für das Sennheiser md 441 u entscheiden. Alles andere ist minderwertiger Schrott!

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Mathais sagt:

#4 - 30.07.2014 um 17:53 Uhr

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Kleiner Hinweis: Das Mik auf dem ersten Bild ist ein MD421, kein MD441!

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Andreas Deichmann sagt:

#5 - 01.01.2018 um 15:10 Uhr

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Meines Erachtens zu kurz gekommen ist die absolut einmalige Verwendung als Gebläse-Mikro. Durch die Richtcharakteristig und allen weiteren Vorzügen dieses Mikros liegt der Hauptverwendungszweck bei Bläsern in einer Live-Umgebung. Wenn man davon auch noch einen guten Mitschnitt realisieren will, zeigt sich erst, wie gut diese Dinger dort funktionieren.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #5.1 - 01.01.2018 um 18:39 Uhr

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    Hallo Andreas,ja, es stimmt: Ich habe das damals nicht zu Papier gebracht, obwohl das 441 ein hervorragendes Mikro dafür ist – besonders für Blech. Wenn sich das Blech doch zu viel bewegt, sind unter den Klassikern ja vor allem das 421 und das RE20 zu nennen, wie ich finde.Beste Grüße und Danke für Deinen Beitrag
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

    Antwort auf #5 von Andreas Deichmann

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RSaxX sagt:

#6 - 26.08.2023 um 00:36 Uhr

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Falls sich nochjemand daran erinnert -:) Wurden die Picking-Klangbeispiele (für das MD-441 und das MD-421) am Instrument oder an einem Amp abgenommen? Mit welchem Instrument und (ggf.) welchem Amp, mit welchem Abstand/Ausrichtung?

Profilbild von Tommy v. S.

Tommy v. S. sagt:

#7 - 31.07.2024 um 18:42 Uhr

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Also, jedes Tonstudio hat mindestens drei 441 und 421 im Schrank - und dies aus gutem Grund: Beide Mikrofone sind relativ linear, bilden die Schallquelle sehr gut aufgelöst ab und sind leicht handhabbar. Als dynamische Mikrofone brauchen sie keine Phantomspeisung und sind sehr robust..Ein 441 oder 421 verzeiht schon mal einen Crash aus 1,50 m Höhe (weshalb die meisten ja auch diese schön verbäulten Körbe haben). Ein Neumann U87 o.ä. überlebt sowasw nicht... Die größten Nachteile sowohl beim 421 als auch beim 441 sind die Halterungen..Am schlimmsten ist dies beim 421- die Plastikschiene der Halterung bricht sehr schnell, Ersatz ist teuer und dann gehts los mit Gaffa- Tape-ich weiss nicht, wieviel Meter Tape ich schon verbraucht habe, um ein 421 irgendwie an den Boom zu kleben....sieht scheisse aus und ist für den Toningenieur immer super-nervig. Die Halterung des 441 ist etwas besser, aber auch schlecht..bricht auch schnell und ist immer etwas wackelig.. Ich habe schon STUNDEN verbracht, mich darüber zu ärgern, aber Sennheiser hat es seit 50 Jahren nicht geschafft, hier etwas zu verbessern..ansonsten sind dies Super-Mikros für fast jede Gelegenheit...

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