DETAILS
Was macht eigentlich ein Delay? Ganz einfach gesagt “kopiert“ ein Delay das Gitarrensignal und gibt es zeitverzögert ein- oder mehrmals wieder, generiert also im eigentlichen Sinn ein Echo.
Analog oder digital?
Bevor wir ins Detail gehen, wollen wir uns zunächst einmal die Unterschiede zwischen einer digitalen und einer analogen Erzeugung des Delay-Effekts anschauen. Vereinfacht dargestellt funktioniert ein typisches Analog-Delay wie beispielsweise das Maestro Echoplex folgendermaßen: Das Signal wird auf ein Magnetband aufgenommen, das sich an einer Reihe von Wiedergabe-Tonköpfen entlangbewegt. Je nachdem, welchen dieser Tonköpfe man nun aktiviert, hat sich das Signal logischerweise mehr oder weniger stark vom Originalsignal entfernt und damit verzögert. Das ist zugegebenermaßen eine fast schon “archaische” Vorgehensweise – die sich aber in der Praxis durchaus bewähren konnte.
Eine weitere Möglichkeit, einen Delay-Effekt im analogen Bereich zu erzeugen, kam in den 70ern auf (beispielsweise im Boss DM-2) und trägt den schönen Namen Eimerkettenschaltung. Hier wird das Signal wie bei der Eimerkette der Feuerwehr (daher auch der englische Name bucket brigade memory) von einem Teil der Schaltung zum nächsten weitergereicht und so verzögert. Vom Ablauf her also ähnlich wie beim Magnetband mit mehreren Tonköpfen, aber durch die rein elektronische Umsetzung wesentlich weniger anfällig. Bandsalat und Verschleiß sind bei der Eimerkettenversion natürlich kein Thema, aber trotzdem besitzt der Effekt den typisch analogen Charme des „Unperfekten“.
Bei Effektgeräten, die nach dem digitalen Prinzip arbeiten – und dazu gehört auch das Digitaldelay – wird das analoge Signal zunächst in ein digitales Datenformat gewandelt, das sich sehr einfach speichern und nahezu beliebig verändern lässt. Danach werden die modifizierten Daten wieder in ein analoges Signal umgewandelt und ausgegeben – fertig. Das Digitaldelay wurde in den späten 70ern erfunden und ist seit Anfang der 80er Jahre ein fester Bestandteil des Musiker-Fuhrparks. Grund dafür war nicht zuletzt, dass es im Vergleich zu so manchem analogen Gerät zuverlässiger und rauschärmer war und sich kostengünstiger fertigen ließ.
Seit einigen Jahren allerdings erleben analoge Effektgeräte eine ungeheure Renaissance und alte Originale werden zu extrem gefragten Sammlerstücken. Dazu gehören auch die schon fast historischen Bandechos und analogen Delays aus den Anfängen, die wie Schätze gehütet werden und meist nur noch in wohlsortierten Studios auf ihren Einsatz warten. Aber auch die immer zahlreicher auf den Markt drängenden Re-Issues und analogen Neuentwicklungen sind bei Gitarristen sehr beliebt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich das analog verzögerte Signal für viele Gitarristen erheblich organischer mit dem Originalsound mischt als die perfekte digitale Wiederholung.
WICHTIGE PARAMETER
In der Regel lassen sich bei einem typischen Delay-Effektgerät die folgenden Parameter verändern:
Delay – Die Verzögerungszeit wird meist in Millisekunden und/oder in BPM gezählt.
Feedback – Die Wiederholungsrate wird in Prozent (%) angegeben und bestimmt, wie stark das bereits verzögerte Signal erneut in den Delaykreislauf eingespeist wird. Je stärker das FB eingestellt ist, desto mehr Wiederholungen entstehen.
Mix – Der Mix-Regler bestimmt das Verhältnis zwischen Original- und Effekt-Signal. Dies sind die typischen Standard-Regelmöglichkeiten der meisten Delay-Pedale. Gerade bei 19“ Geräten findet man natürlich weitere Parameter, auf die wir hier nicht eingehen können, weil sie den Rahmen unseres Shortcuts sprengen würden.
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DELAY-TYPEN
Schauen wir uns jetzt einmal die am häufigsten verwendeten Delaytypen an.
Stereo-Delay: Geräte dieser Art bieten ein rechtes und linkes Delay, wobei die Parameter für die beiden Kanäle separat eingestellt werden können.
Filter-Delay: Bei diesem meist mono betriebenen Delay-Typ sorgt ein Filter bei den Wiederholungen für eine Bedämpfung im Höhen- oder Bassbereich. Wo genau der jeweilige Einsatzpunkt beginnt, lässt sich in der Regel am Delay einstellen.
Multi Tap Delay: Hier hat man die Möglichkeit, mehr als zwei Delays ins Spiel zu bringen, was zu interessanten rhythmischen Wiederholungen führen kann. “Tap” bedeutet, dass man die Delayzeit mit dem Fuß oder dem Finger rhythmisch eingeben und somit problemlos und intuitiv an das aktuelle Songtempo angleichen kann.
Reverse Delay: Das Reverse Delay dreht die Wiederholung(en) einfach um und erzeugt dadurch einen Rückwärts-Effekt.
Modulation Delay: Modulation Delays werden meist stereo betrieben und fügen den Wiederholungen eine Modulation (wie z.B. einen Chorus-Effekt) hinzu. Das Ganze erinnert dann noch mehr an den Sound alter Band-Echos, da diese prinzipbedingt mitunter ziemlich eiern.
Ping Pong Delay: Der Klassiker. Dieses Delay muss natürlich in Stereo betrieben werden, da der Effekt ansonsten nicht funktioniert. Hier wird ganz einfach jede Wiederholung einmal zur einen, dann zur anderen Seite des Stereobildes geführt, wobei der Direktsound aus der Mitte kommt.
Natürlich gibt es noch weitere eher spezielle Delays wie zum Beispiel das Spatial Delay, welches das Stereobild verbreitert oder das Ducking Delay, das während des Spiels die Lautstärke des Delays verringert und erst bei einer Spielpause wieder “hochkommt”. Aber das sind eher Exoten, die in der Regel für speziellere Aufgaben verwendet werden.
EINSATZGEBIETE
Wie ihr euch sicherlich denken könnt, sind die Einsatzgebiete und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Sound sehr breit gefächert.
Als Gitarrist muss man grundsätzlich entscheiden, ob man das Delay vor oder hinter die Vorstufe schaltet. Und diese Entscheidung hat durchaus Einfluss auf das gelieferte Ergebnis: Weil beispielsweise beim verzerrten Amp die Stärke des Eingangspegels den Zerrgrad des Preamps bestimmt, nimmt die gelieferte „Zerre“ naturgemäß mit jeder Echowiederholung ab. Gitarristen wie Gary Moore nutzten diesen Effekt, um so ihre charismatischen Solo-Sounds zu generieren. In der Regel werden Delays aber in den Effekteinschleifweg des Amps eingebunden, denn da wird der bereits „fertige Sound“ der Vorstufe wiederholt, bevor er in der Endstufe verstärkt wird. Das sorgt für einen ausgeglicheneren Gesamteindruck.
Als Nächstes steht die wichtige Entscheidung an, ob das Delay mono oder stereo betrieben werden soll – eine Maßnahme, die das Einsatzgebiet drastisch erweitern kann! Viele Pop- und Rock-Gitarristen fahren live ein Stereo-Setup, um z.B. den Effekt eines Modulations- oder Stereo-Delays voll ausschöpfen zu können. Wer Lust auf viel Schlepperei, ein aufwendiges Setup und viel Kabelei hat, der kann sein System natürlich auch mit drei Boxen und Amps betreiben. Hierbei kommt das direkte, unverfälschte Gitarrensignal (dry) aus der mittleren, die bearbeiteten Sounds (wet) aus der rechten und linken Box. Mit diesem System hat der Mischer live die Möglichkeit, in das Gitarrensignal einzugreifen und den Sound den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Auf der Bühne kann der Gitarrist davon unabhängig sein eigenes Mischungsverhältnis einstellen.
Im Studio ist es üblich, dass die Gitarre pur, also ohne Delay, aufgenommen und der Effekt anschließend am Pult hinzugefügt wird. Das ist selbstverständlich kein Gesetz, erleichtert das weitere Arbeiten normalerweise aber erheblich.
gentlyman sagt:
#1 - 11.10.2011 um 20:52 Uhr
interessanter einstieg, ein zusatz über punktierte oder triolische delays und deren einsatz wäre noch interessant