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Shure 545SD Test

Was hat den Buchstaben S und die Ziffer 5 im Namen, wird von vielen bekannten Musikern und Studiobetreibern zum Aufnehmen von Gitarre, Schlagzeug und Gesang benutzt, wurde von einer amerikanischen Firma namens Shure in den Sechzigerjahren entwickelt und wird heute noch gebaut? Richtig, das Shure 545SD Unidyne III!

Shure_545SD_Test

Wer das nicht gewusst hat, muss sich nicht schämen, denn zweifellos ist der jüngere Bruder namens SM57 deutlich bekannter.
Aber wie es bei Brüdern wohl oft der Fall ist, standen auch diese beiden zeitlebens in Konkurrenz zueinander. Die Frage lautet aber am Ende: klingt der ältere womöglich besser oder handelt es sich hier mal wieder um die übliche Retro-Verklärung alter Studiohasen, denen ihr Werkzeug gar nicht nicht alt genug sein kann? Wir haben das 545SD im Test einer eingehenden Inspektion unterzogen und – natürlich – mit dem 57er verglichen. Einen kleinen Geschichtsexkurs findet ihr gleich anschließend. 

Details

History: Wie aus dem 545SD Undidyne III das SM57 wurde

Im Jahre 1960 stellte die Firma Shure das Modell 545SD Unidyne III als Teil der Unidyne Mikrofon-Serie vor. Zu jener Reihe gehörte übrigens auch das berühmte Elvis-Mikrofon mit Namen 55S. Anders als dieses, war das 545 mit seiner kompakten Bauform eher auf die Abnahme von Instrumenten ausgelegt, ein besonderes Feature stellte zudem die Umschaltbarkeit der Impedanz dar. Damit konnte es auch direkt an einen Gitarren-Verstärker angeschlossen werden, was es zu einem beliebten Modell unter Harp-Spielern machte. Aber auch als (deutlich teureres) Rundfunkmikrofon 546 wurde Shures Bestseller sehr beliebt. 1965 wurde dann das SM57 vorgestellt, welches über die gleiche Kapsel verfügte wie der Vorgänger. Formal ähneln sich beide Typen stark, trotzdem sind sie leicht zu unterscheiden, denn das neuere SM57 besitzt einen einfarbig schwarz lackierten Zinkguss-Korpus, wo das 545 über ein zweifarbiges Bakelit-/Metallgehäuse verfügt. 

Shure 545SD mit Mikrofonhalter und (optionalem) Windschutz
Shure 545SD mit Mikrofonhalter und (optionalem) Windschutz

Das 545SD besitzt einen On/Off-Schalter

Beim Auspacken des 545SD gibt es keine Überraschungen. Neben dem Mikrofon selbst finde ich eine einfache Kunstledertasche, eine Stativhalterung sowie eine Gewindeverkleinerung, die auch europäischen Nutzern unmittelbares Loslegen mit dem Mikrofon erlaubt. Der Vergleich mit dem SM57 ergibt identische Abmessungen, auch das Gewicht ist mit etwa 270 Gramm praktisch gleich. Zwei Details sorgen allerdings für eine schnelle Identifizierbarkeit beider Mikrofone. Da wäre zunächst der aus zwei unterschiedlichen Materialien bestehende Korpus des 545SD. Der mittlere Teil ist aus schwarzem Kunststoff, der untere aus gebürstetem Metall. So kommt das 545 mit einer deutlichen Retro-Anmutung daher, wo das SM57 einfach unscheinbar wirkt. Wer bis hierhin geglaubt hat, es mit einem lediglich optisch aufgepeppten 57er zu tun zu haben, wird nicht nur durch den magnetischen On/Off-Schalter eines Besseren belehrt. Das 545 besitzt nämlich die Möglichkeit der Impedanzumschaltung. Mithilfe eines kleinen Schlitzschraubendrehers lässt sich die XLR-Buchse abnehmen und umdrehen. So wird aus einem symmetrischen Ausgangssignal mit 250 Ohm ein umsymmetrisches, hochohmiges. Damit lässt sich das Mikrofon an einen Gitarrenverstärker anschließen, eine Möglichkeit, die besonders Bluesharp-Spieler zu schätzen wissen.  

Fotostrecke: 2 Bilder Das “S” in “545SD” steht für den hier gezeigten Schalter (“Switch”).

Der Name der Kapsel: Unidyne III

Technisch liegen die beiden Mikros nah beieinander, was bei identischen Kapseln zumindest zu erwarten war. Unidyne III heisst das Bauteil, es ist als Tauchspulenmembran ausgelegt und „hört“ dank rückwärtiger Öffnungen im Mikrofonkopf nierenförmig gerichtet. 50 bis 15000 Hertz überträgt die Kapsel im 545, das 57er beginnt seine Arbeit im Bassbereich hingegen schon bei 40 Hertz. Auch bei der Empfindlichkeit liegt das 545 mit 1,3 mV/Pa minimal hinter dem legendären Bruder, welcher 1,6 mV/Pa bietet. Das Frequenzdiagramm des 545 zeigt den typischen Präsenz-Boost bei 6000 Hertz, interessant ist allerdings, dass sich die Kurve bei 10000 Hertz erneut zu einem kleinen Hügel aufrafft, den man beim SM57 nicht findet. Ob und in welcher Form sich diese Messkurve klanglich auswirkt, erfahrt ihr im Praxisteil. Insgesamt ist der Testkandidat robust konstruiert und auch an der Detailverarbeitung dieses in Mexiko hergestellten Schallwandlers gibt es nichts auszusetzen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Vom Phänotyp dem Shure SM57 schon sehr ähnlich: Shure 545SD mit Unidyne-III-Kapsel
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Praxis

Minus Honk, plus Frische

Um die klanglichen Eigenschaften des Shure 545SD beurteilen zu können, habe ich es mit dem 57er an verschiedenen Quellen verglichen. Zunächst an einer Yamaha Recording Snaredrum mit nahtlosem Stahlkessel, anschließend an einem 13er sowie einem 18er Yamaha Recording Tom aus Birkenholz. Am Gitarrenamp musste es sich im Clean-, Crunch- und High Gain-Setting bewähren. In der (einfachen) Handhabung gleicht es dem SM57, sieht man davon ab, dass man sich ab und zu versichern muss, ob das Mikrofon eingeschaltet ist, am magnetischen Schieber fehlen nämlich Hinweise darauf, welcher Betriebszustand gerade aktiv ist. Spoiler: “Richtung Korb” bedeutet logischerweise “On”.
Klanglich gibt sich das Testobjekt insgesamt immer eine Spur frischer und neutraler im Sound, ohne den direkten Vergleich würden es die meisten Hörer aber klar als SM57 identifizieren. Fangen wir mit der Snaredrum an.

Shure SM57 vs. Shure 545SD: Die beiden Unidyne-III-Mikros am Drumkit
Shure SM57 vs. Shure 545SD: Die beiden Unidyne-III-Mikros am Drumkit

Mittelhoch gestimmt und mit den Standardfellen Remo Ambassador coated oben und Hazy clear unten ausgerüstet erzeugt die Yamaha Recording Trommel einen klassischen Stahlkessel-Sound mit hellen Obertönen, die das Shure 545SD angenehm integriert einfängt. Der am 57er so geliebte (oder gehasste) „Honk“ im Sound, also die etwas hohl klingende Mittenübertragung, ist beim Vorfahren weniger stark ausgeprägt, die Snaredrum klingt dafür etwas „schneller“ und luftiger.

Audio Samples
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Shure 545SD, Snare solo Shure SM57, Snare solo Shure 545SD, Snare im Kit Shure SM57, Snare im Kit

Besonders an den Toms zeigt sich die konstruktive Ähnlichkeit zum SM57

Fast ebenso gerne wie an Snaredrums wird das SM57 an Toms verwendet, denn es bildet die wichtigen Mitten kompakt ab und verleiht den Trommeln eine gute Durchsetzungskraft ohne im Mix künstlich zu klingen. Um es kurz zu machen: das 545SD geht seiner Arbeit an den Test-Toms auf sehr ähnliche Art und Weise nach. Im Kontext mit den anderen Mikrofonen ist der Unterschied wirklich für die allermeisten Anwendungen zu vernachlässigen, so ähnlich sind sich beide Mikrofone. 

Solo abgehört klingt das 545SD detailreicher in den oberen Mitten und Höhen, was sich auch an den sauberer klingenden Übersprechungen von Snaredrum und Hi-Hats zeigt. Am dicken 18×16 Zoll Floortom zeigen sich dieselben Eigenschaften, hier gefällt mir, solo abgehört, das minimal bedeckter klingende SM57 etwas besser. Im Mix ist der Unterschied aber so gering, dass die Identifikation schwer fällt. Trotzdem oder gerade deswegen ist das 545SD ein wirklich gutes Mikrofon am Drumset. 

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Shure 545SD, Tom solo Shure SM57, Tom solo Shure 545SD, Tom im Kit Shure SM57, Tom im Kit Shure 545SD, Floor-Tom solo Shure SM57, Floor-Tom solo Shure 545SD, Floor-Tom im Kit Shure SM57, Floor-Tom im Kit

Am Amp überzeugt das Shure 545SD mit einer guten Balance aus Druck und Auflösung

Als Schallquelle für die Amp-Abnahme kommt ein Budda Superdrive 80 2×12 zum Einsatz, der Gitarrist Michael Krummheuer spielt darüber eine Patrick Eggle Berlin Plus Gitarre. Wir sind gespannt, wie sich der Urahn des meistverwendeten Gitarren-Amp-Mikrofons schlägt. Die Beurteilung fällt leichter als beim Drumset, weil der jeweilige Charakter der Mikrofone am Amp deutlicher zutage tritt. Dass das Shure 545SD eng verwandt ist mit dem 57er, kann es nicht verleugnen, aber schon im Clean-Betrieb zeigen sich Unterschiede. So liefert das 545SD durch die Höhenanhebung eine etwas räumlichere Abbildung des Gespielten und klingt insgesamt etwas detaillierter als das direktere SM57. Dies gilt auch für das Crunch-Signal, welches etwas glasiger und weniger „rotzig“ daher kommt als beim SM57. 

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Shure 545SD, Gitarre, clean Shure SM57, Gitarre, clean Shure 545SD, Gitarre, crunch Shure SM57, Gitarre, crunch Shure 545SD, Gitarre, High Gain Shure SM57, Gitarre, High Gain

Wie so häufig kann das SM57 im High Gain-Modus mit ordentlich Druck in den Mitten punkten aber auch das 545SD klingt nicht gerade dünn. Es addiert auch hier einen etwas „edleren“ Schimmer in den oberen Registern und lässt den Sound so räumlicher wirken. Von besser oder schlechter kann man sicherlich nicht sprechen, hier entscheidet allein der persönliche Geschmack und die Anwendung darüber, welches der beiden besser passt. 

Das Shure 545SD vor dem Gitarrenamp.
Das Shure 545SD vor dem Gitarrenamp.
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Fazit

Das Shure 545SD Unidyne III hat nicht nur eine deutlich längere Typenbezeichnung als das omnipräsente SM57, es besitzt außerdem einen On/Off-Schalter sowie die Möglichkeit, es direkt an einem Hi-Z-Eingang betreiben zu können. Wer diese beiden Features braucht, bekommt hier ein äußerst solides Arbeitstier mit guter Verarbeitung. Klanglich ist es eine Spur frischer als das SM57, was sich insbesondere bei der Gitarren-Amp-Abnahme bemerkbar macht. Wer also den typischen 57er-Sound mag, sich aber eine Prise mehr Natürlichkeit und Lebendigkeit wünscht, macht mit dem 545SD sicherlich ebenfalls nichts falsch. Nicht zuletzt dürfte der Testkandidat auch für die vielen Sound-Freunde interessant sein, die dem Retro-Charme zugeneigt aber nicht bereit sind, sich möglichen technischen Risiken eines alten Originals auszusetzen. Gehört ihr zu den drei genannten Zielgruppen, heisst es: Anchecken wärmstens empfohlen! 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr vielseitig einsetzbar
  • eine Spur frischer und neutraler als das SM57
  • stabile Konstruktion
  • Möglichkeit der Impedanzumschaltung
Contra
Artikelbild
Shure 545SD Test
Für 149,00€ bei
Shure_545SD_1
Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Shure
  • Bezeichnung: 545SD Unidyne III
  • Wandlerprinzip: dynamisches Tauchspulenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: wählbar: 250 Ohm im Preamp-Betrieb, hochohmig für den Anschluss an eine Hi-Z Buchse
  • Frequenzgang: 50-15000 Hz
  • Finish: Kunststoff schwarz, gebürstete Metalloberfläche
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: L: 15,6 x B: 3,3 Zentimeter
  • Gewicht: 265 Gramm
  • Zubehör: Tasche, A25D Halter, Anleitung, Euro-Stativgewindeverkleinerung
  • Herkunftsland: Mexiko (Testmikrofon von 2013)
  • Preis: € 159,– (Straßenpreis am 1.1.2019)
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Kommentieren
Profilbild von Daniel

Daniel sagt:

#1 - 30.05.2022 um 00:22 Uhr

1

Ich habe eher den Bruder, das 565 SD, im Auge. Wobei beide ja im prinzip baugleich sind. Mir stellt sich aber eine Frage: Wenn ich das Mic auf hohe Impdeanz umstelle, kann ich es dann auch in ein Gitarrenpedal stöpseln und bekomme am Mixer trotzdem noch genug Signal für einen ordentlichen Live-Sound?

Profilbild von Nick Mavridis

Nick Mavridis sagt:

#2 - 30.05.2022 um 08:48 Uhr

0

Hallo Daniel, der erste und der zweite Teil sind richtig: Das 565 und benutzt ebenfalls die Unidyne-III-Kapsel (https://www.bonedo.de/artikel/was-haben-diese-vier-shure-mikros-gemein-die-kapsel/) , der Unterschied ist ungefähr wie SM57/SM58. Und wenn Du die Impedanz umstellst, hast Du Level und Ausgangsimpedanz, um einen Gitarreneffekt ansteuern zu können. Dritter Teil: Du solltest von dort auf wieder Mikrofon-Signaleigenschaften kommen. Das geht mit einer DI-Box. Manche Mixer haben aber auch einen "Instrument-" oder "DI"-In, der dann verwendet werden kann. Die Zusammenhänge gibt es in diesem Artikel nachzulesen: https://www.bonedo.de/artikel/how-to-gitarrenpedale-im-mixdown-benutzen/ Viel Erfolg und Spaß Nick Mavridis (Redaktion Recording) Beste Grüße und viel Erfolg

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