Praxis
Bei 490 Gramm „Lebendgewicht“ muss man den Mikrofonhalter des Shure KSM44 schon richtig ordentlich festschrauben. Hier sollte man auch auf jeden Fall einen stabilen Mikroständer verwenden! Die von Shure mitgeliefert Spinne macht wie das Mikrofon selbst einen sehr robusten Eindruck. Sie ist farblich auf das formschöne KSM44 abgestimmt und das Einfügen des Mikros in diesen Halter ist kinderleicht. Ein Schraubring um den XLR-Anschluss schafft sofort eine sichere Verbindung, ein genaues Ausrichten des Mikros in die gewünschte Position ist mit diesem Halter spielend leicht möglich.
Für eine möglichst neutrale Beurteilung des Shure-Mikrofons in der Praxis
habe ich nur hochwertige Komponenten verwendet, damit die Qualität unserer Übertragungskette und somit die klangliche Beurteilung am Ende nicht leidet. Als Vorverstärker für die Hörversuche war das Shure-Mikro an einen hochwertigen Preamp und einen ebenso hochwertigen Wandler angeschlossen. Der Mikrofonvorverstärker lieferte auch für die Wandlungsarbeit die notwendige Phantomspeisung von 48 Volt.
Der erste akustische Eindruck verzückte meine Ohren. Man konnte förmlich die hochwertigen Komponenten im KSM44 hören. Eine 1”-Doppelmembran speist einen integrierten transformaterlosen Class-A Verstärker über Goldkontakte und liefert das Ausgangssignal über ebenfalls vergoldete Stifte im XLR-Stecker mit einem maximalen “Dampfsignal” von +15 dB an den Wandler. Dabei hat das Kondensatormikro nur ein extrem geringes Eigenrauschen von 7 dB(A) und ist somit auch für dynamische Schallereignisse ein hervorragender Empfänger. So konnte etwa bei sehr leise Pianopassagen auch bei Anhebung des Inputgains kein zusätzliches Rauschen ausgemacht werden.
Die beigefügten Soundbeispiele sind Sologesang und eine kurze Sprachaufnahme. Dabei habe ich bewusst keinen externen Popschutz verwendet, um aufzuzeigen, was das Mikrofon wirklich leistet. Zum Vergleich mit anderen Mikrofonen wurde jeweils ein Take mit dem Shure KSM44 und ein weiterer mit dem Neumann U87 I aufgezeichnet. Als Charakteristik wurde bei beiden Mikros eine Niere gewählt. Es ist feststellbar, dass sich die Schallwandler in ihrer Aufnahmequalität durchaus ähneln. Deutlich sind bei beiden die Atemgeräusche und das sanfte Lispeln des Sängers hörbar. Ich kann klanglich einen leichten Vorteil des Neumanns wahrnehmen.
Die Basswiedergabe ist wie der Hochtonbereich exzellent durchsichtig und sauber. Sollten aber unerwünschte Nahbesprechnungseffekte und störende, dumpfe und unsaubere Frequenzen auftreten, können diese mit dem eingebauten High-Pass-Filter wirkungsvoll ausgefiltert werden. Sänger und Sängerinnen liebten das Mikrofon bei meinen Testaufnahmen. „Man hört, was man macht“ so ein einfach gehaltener Kommentar.
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Ich habe aber vorsichtshalber noch einen zusätzlichen externen Poppschutz vor den Schallwandler installiert. Ein kleiner Chor machte einen Test mit der Kugelcharakteristik. Auch hier nur zufriedene Gesichter beim Abhören des Audiomaterials. Immer besaßen die Klangergebnisse eine hohe Durchsichtigkeit. Dieser Eindruck entsteht bei der Kugel nicht zuletzt durch eine Erhöhung des Frequenzbereichs um die 10 kHz herum. Auch alle akustischen Instrumente wurden extrem gut mit dem KSM44 bedient. Ausnahmslos waren Klarheit, Transparenz und hohe Auflösung das Ergebnis.
Ganz verzückt war ich beim Test mit einer Bassposaune und einem Kontrabass. Eine schier unglaublich durchsichtige Abbildung der Bässe und keine Vernachlässigung der Mitten und Höhen im Klangbild machten da sehr viel Freude beim Abhören. Auch eine Bassdrum bekommt mit dem Mikro wirklich einen riesigen Punch. Offensichtlich macht sich die geringe Membranmasse also bewährt. Das Mikrofon arbeitet nicht linear, sondern formt den Klang vor: Besonders bei der Achtercharakteristik fällt auf, dass es um die 5 kHz herum einen starken Boost gibt. Der vor allem bei der menschlichen Stimme kritische Bereich zwischen 5 und 10 Kilohertz ist, wie bei manch anderen Großmembran-Kondensern mittlerweile üblich, nicht sonderlich stark unterstützt bzw. zusätzlich gefeatured (Stichwort “Pre-EQing”).
Ein abschließender Test mit einer bratzingen und lauten Stromgitarre direkt vor einer Gitarrenbox überzeugte ebenfalls sehr. Hier waren nur ein paar Verbesserungen durch die Positionierung des Mikros vor den Speakern zur Optimierung notwendig. Bei einer so lauten Eingangsquelle wie der elektrische Gitarre musste natürlich sofort das Pad im Eingangskanal des Mischers ran, um den Pegel, den das KSM44 verzerrungsfrei lieferte, sauber weiter verarbeiten zu können.
Tests mit dem KSM44, um Raumanteile einer Gitarre aufzunehmen, liefen ebenfalls sehr zufriedenstellend. Man braucht aber für diese Arbeit wirklich sehr stabile Mikrofonständer, wenn man das Stative und den Galgen voll ausfährt. Mit 490 Gramm gehört das Mikro eben eindeutig in die Schwergewicht-Liga.
Das integrierte Rumpelfilter eliminiert Störgeräusche von Signalanteilen unter 17 Hz äußerst zuverlässig. So wurden bei den Tests mechanische Schwingungen im Boden, produziert durch eine U-Bahn in der Nähe des Aufnahmeraums und durch LKW auf der anliegenden Strasse eliminiert, während man sie gleichzeitig durch den Körper spürte. Ein super Schutz, wenn man in der Großstadt in nicht optimierten Räumen arbeiten muss!