In unserer aktuellen Folge über die Sounds klassischer Amps soll es um einen Hersteller gehen, der als erster Gitarrenverstärker mit höheren Gainreserven entwarf und ebenfalls aus Kalifornien stammt. Auch wenn diesmal nicht Fender Gegenstand unserer Untersuchungen ist, so hat die heute hier vorgestellte Ampschmiede in ihrem Ursprung doch sehr starke Verknüpfungspunkte zu dem uramerikanischen Traditionshersteller: Die Rede ist von Mesa-Boogie.
Entstanden um das Jahr 1969 prägte die Firma um Chefentwickler Randall Smith das Erscheinungsbild der jeweils angesagten Gitarrenszene seit den frühen 70er-Jahren, beginnend mit Carlos Santana über die Rolling Stones bis hin zu Metallica, Dream Theater und Rammstein. Das Produktportfolio ist immens, und auch wenn nicht jeder Amp zum All-Time-Klassiker wurde, so gibt es doch eine große Zahl an typischen Mesa-Sounds, die ich euch hier vorstellen möchte. Mit den zahlreichen Hintergrundinformationen und Tipps gelingt es auch am Modeler, den charakteristischen Ton aufzubereiten und für die nötige Authentizität zu sorgen.
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Tipps für User von Modelern oder Plugins:
Cabinets:
Die frühen Mesa-Amps kamen mit 1×12″ Speakern, meistens aus dem Hause JBL (K-120, D-120) oder Altec Lansing (417-8H), wobei Letztere vornehmlich bei Carlos Santana zu hören sind. Diesen Speakern ist jedoch gemein, dass sie wegen ihrer großen Magnete sehr schwer waren und mittlerweile auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind.
Heute findet man bei Mesa/Boogie diverse Celestion-Speaker wie z. B. den Celestion G10, C90 und natürlich den Vintage 30, wobei vor allem Letzterer von Metal-Heads wie John Petrucci oder Metallica eingesetzt wird.
Der C90 wird extra für Mesa Boogie angefertigt und besitzt Parallelen zum Celestion Lead 80, mit straffen Bässen, angenehmen Höhen und weniger ausgeprägten Hochmitten als der V30.
Auch aus dem Hause Eminence oder Jensen stammen einige Lautsprecher, vor allem, wenn es um die etwas gemäßigteren Sounds geht. Dazu zählen etwa der Eminence Filmore oder der Jensen Blackbird im California Tweed.
Effekte:
Typische Effekt-Assoziationen wie z. B. bei Fender- oder Roland-Amps kommen bei Mesa Boogie nicht direkt auf, da lediglich Reverbs oder beim Trem-O-Verb ein Tremolo verbaut wurden. Nichtsdestotrotz sind alle Mesa Boogie Amps tolle Pedalplattformen, die mit den meisten Pedaleffekten herrlich harmonieren. Nicht umsonst spielt Andy Timmons seinen Lone Star primär im Clean-Channel und setzt sein Pedalboard mit diversen Overdrives davor.
History
Die Firmengeschichte von Mesa/Boogie beginnt mit Mastermind und Firmengründer Randall Smith, der 1946 in Berkeley, Kalifornien geboren wurde. Aufgewachsen in einer sehr musikalischen Familie entwickelte Smith schon früh ein gutes Gehör und auch Gespür für Sounds, auch wenn er nie selbst zur Gitarre griff. Im Umfeld seines Vaters machte er bald die Bekanntschaft prägender Persönlichkeiten wie beispielsweise Ernie, dem Arbeitskollegen seines Vaters, der Plattenspieler reparierte und ihm die Röhrentechnologie näherbrachte. Oder Stan Stillson, der Handwerker und Randalls Pfadfinderleiter war und mit dessen Sohn Dave er alte Radios in Ordnung brachte. Später studierte Smith an der University of California Berkeley, allerdings nichts Technisches, sondern Geisteswissenschaften und englische Literatur. Während seiner Studienzeit lenkte sich Smiths Interesse, wie er selbst schreibt, auf “Autos, Mädchen, Jazz und Blues”, und so wurde er Drummer in einer Band, die durch lokale Clubs tingelte.
Eines Tages brannte der Amp des Keyboarders David Kessner durch und Randall bot an, den Verstärker zu reparieren. David war von Randalls handwerklichem Geschick so begeistert, dass die Idee geboren wurde, einen eigenen Musikladen zu gründen. Dort sollte sich David um den Verkauf und Randall um die Reparaturarbeiten kümmern. Man fand eine geeignete Lokalität für 75 Dollar Miete pro Monat und Smith richtete seine Werkstatt im Hinterzimmer ein, das vormals die Fleischkühlkammer eines alten chinesischen Lebensmittelgeschäfts war. Geboren war der “Prune Music Store”. Der Bedarf nach Equipment-Reparaturen in der San Francisco Bay Area war extrem hoch und so gaben sich schon bald prominente Kunden wie The Greatful Dead, Quicksilver Messenger Service, Jefferson Airplane, Steve Miller, aber auch Carlos Santana die Türklinke in die Hand.
Randall Smith hatte eines Tages im Jahre 1969 oder 1970 den Einfall, sich mit Barry Melton, damals Gitarrist von Country Joe & The Fish, einen Scherz zu erlauben. Er modifizierte dessen kleinen Fender Princeton, ein Amp, der einen einzelnen 10″ Speaker und knapp 12 Watt Leistung zu bieten hat. Smith verbaute hier mehr oder weniger die Amp-Sektion eines 4×10″ Fender Tweed Bassmans (5f6a), wechselte auf größere Trafos und tauschte den Speaker gegen ein 12″ JBL D-120 Speaker, der noch gerade so in das Gehäuse passte. Eines Tages schneite Carlos Santana bei Prune Music vorbei und Randall bat ihn, über den aufgemotzten Princeton zu spielen. Carlos war extrem begeistert und sagte “Shit man, this little thing really boogies!” und geboren war zumindest eine Komponente des Firmennamens. Der Name Mesa geht jedoch auf einen anderen Umstand zurück: Um sich Transformatoren für seine Amps leisten zu können und um sich etwas dazuzuverdienen, erledigte Randall Betonarbeiten für Ferienhäuser und restaurierte Mercedes-Motoren. Hierfür benötigte er jedoch einen etwas offizieller klingenden Gewerbenamen als “Boogie” und entschied sich für den Fantasienamen Mesa Engineering, was keine konkrete Wortbedeutung hat.
Der erste Amp war neben den Princeton-Boogies der Bassamp Bass 450, benannt nach der Mercedes 450 Reihe.Ab 1973 stellte Randall Smith schließlich nur noch Amps her, was zunächst in Eigenregie vonstattenging. Später kam die Unterstützung seiner Frau und von Freunden hinzu, wobei er sich von Anfang an das Ziel setzte, nicht allzu groß zu werden, um die volle Kontrolle über die Qualität seiner Produkte zu behalten.
Damit zählt Mesa/Boogie zu den ersten “Boutique-Amp”-Herstellern, die bis heute eine recht gerade Linie hinsichtlich ihrer Preis- und Produktionspolitik fahren. 2021 verkaufte der mittlerweile 75-jährige Randall Smith nach 50 Jahren Mesa/Boogie an Gibson, bleibt jedoch weiterhin Chefentwickler.
Setting der Audiofiles:
Für die Klangbeispiele wähle ich die jeweiligen Amp-Modelle aus dem Fractal Audio Axe FX III und verwende primär die Faltungen eines 1×12″ C90 Speakers, sowie die Faltungen eines 4×12″ Celestion V30 Mesa Boogie Cabinets. Die Gitarren werden jeweils angegeben.
1. Mark Serie
MkI
Bekannt wurde Mesa/Boogie zunächst durch die Herstellung der Mark-Linie. War die eine Säule des Mesa-Sounds die Modifizierung des Princetons, so bestand die andere aus dem Umstand, dass Randall Smith seine Amps mit einer höheren Gain-Struktur ausstattete, als es damals üblich war. Als ein Kunde den Wunsch äußerte, eine Crown-Endstufe mit etwas mehr Zerre anfahren zu können, kam Smith auf die Idee, statt die Vorstufe mit mehr Leistung anzublasen, sie mit einer zweiten Preamp-Röhre zu kaskadieren und die Verstärkung an drei Stellen regelbar zu machen – ein Gedanke, der letztendlich in den ersten Mesa Boogie Amp floss.
Smiths Idealvorstellung lag klanglich immer noch im Sound der Fender-Amps verwurzelt und so nahm er eine Fender-ähnliche Preamp-Schaltung, addierte jedoch eine Röhre, um den Fender-Grundsound nicht zu verändern und lediglich mehr Gain zu erhalten. Damit war 1971 der erste High-Gain-Amp geboren, der heute auf den Namen MkI hört, beim Erscheinen aber namenlos blieb.
Dieser Amp lieferte 100 Watt oder 60 Watt Leistung, besaß zwei Volume-Regler für zwei getrennte Eingänge, einen Master-Volume und Bass-, Mid- und Treble-Regler für das EQing. Hinzu kamen zwei Push/Pull-Potis für den Gain-Boost und einen Brightswitch. Die beiden Eingänge lieferten nun unterschiedliche Charakteristiken, Input 1 den typischen Boogie-Leadsound und Input 2 basierte auf dem Bassman-Ton.
Die ersten Amps kamen mit JBL- K-120 oder Altec Speakern, hatten 6L6 Röhren und konnten optional mit einem Fünfband-EQ oder auch Reverb bestückt werden.
Von der Mark I Reihe wurden 3000 Stück gefertigt, bevor Randall den Firmensitz nach Petaluma verlagerte, wo Mesa/Boogie auch heute noch ansässig ist.
MkII
Der Mark I stellte in vielerlei Hinsicht einen Paradigmenwechsel in der Amp-Technologie dar, denn einerseits wurde die Zerrung nun nicht mehr über die Lautstärke, sondern über die kaskadierte Vorstufe erzeugt, und andererseits musste man auf den aufkommenden Wunsch reagieren, die beiden Inputs des MkI per Fuß schaltbar zu machen, um einen zweikanaligen Verstärker zu erhalten. Dies resultierte schließlich 1978 im Nachfolge-Amp, dem MkII, der als Topteil oder Combo erhältlich war.
Das Frontpanel ähnelte dem Vorgänger, allerdings wurde einer der beiden vormaligen Eingänge zum Fußschalteranschluss und der andere zum Master-Input.
Ebenfalls neu war hier der separate Mastervolume-Regler für den Lead-Mode sowie ein Lead-Drive-Poti. Und es wurden noch mehr Push/Pull-Potis verbaut als am MkI, denn der MkII verfügte über einen Bright-, Treble Shift- und Gain Boost-Schalter sowie einen separaten Bright-Switch für den Lead-Mode, dazu Pull Lead. Auch wenn der MkII in vielen Belangen eine tolle Weiterentwicklung zum MkI war, hatte er doch einige kleine Geburtsmakel, wozu der nebengeräuschreiche Reverb und ein klackerndes Relay für die Kanalumschaltung gehörten. 1980 erblickte schließlich der MarkIIB das Tageslicht, der einen röhrengepufferten Einschleifweg mit sich brachte, und die neue Simul Class-Schaltung der Endstufe, bei der zwei Röhren als Class AB Pentode und je zwei als Class A Triode laufen.
Nachdem 1982 mit dem SOB, Son of Boogie, ein Reissue des MkI erschien, folgte 1983 die MkIIC Revision, die sicherlich zu den bedeutendsten Mesa-Amps der Mk-Serie zählt. Hier wurden die Reverb- und Footswitch-Probleme der A-Version endgültig eliminiert und ein Pull Bass Shift-Poti eingebaut.
Später erschien der MkIIC+ , der im Gegensatz zu den A- und B-Vorgängermodellen eine zweifach kaskadierte Vorstufe und einen verbesserten Einschleifweg besaß. Wegen seines speziellen Leadsounds ist diese Revision sicherlich der am meisten gesuchte Mesa Amp. Besonderen Ruhm erlangte er in einer ge-moddeten James Hetfiled-Version, die den Metallica-Sound jener Zeit definierte und aufgrund eines Stickers auch “Crunch Berries” genannt wird.
MkIII
Von 1985-1999 war schließlich der MkIII erhältlich, der mit dem Crunch-Mode über einen dritten Kanal verfügte. Dieser lag klanglich zwischen dem Rhythm- und Lead-Channel und wurde über einen Push/Pull-Switch über dem Mittenregler aktiviert. Der MkIII kam wahlweise mit 2x6L6 oder mit 4x6L6 Röhrenbestückung in der Non-Simulclass Version oder 2x6L6 plus 2xEL34 in der Simul-Class Variante.
Auch hier erschienen verschiedene Revisionen, die zwar die gleichen Features, aber leicht unterschiedliche Voicings und Sounds hatten und nach der Farbgebung am Netzstecker Black-, Purple-, Red-, Blue- oder Green-Stripe benannt waren.
MkIV
1990 erschien parallel zum MkIII der MkIV, der ebenfalls drei Kanäle anbot und sich mit dem Crunch Channel eher an die härtere Fraktion richtetet. Dieser Amp hat, von Bass und Mitten abgesehen, eine unabhängige Klangregelung für alle Kanäle und erschien in zwei Revisionen, nämlich A und B. Auch dieser Amp gehört zu den begehrten Sammlerstücken und wurde von anfangs von John Petrucci, The Offspring und auch Metallica auf dem “Black Album” eingesetzt.
MkV
Der MkV ist die aktuellste Ausführung und erschien bereits im Jahre 2009. Hier stehen dem User satte neun Schaltungen zur Auswahl, die auf drei Kanäle verteilt sind. Neu ist auch, dass der grafische Equalizer einzelnen Kanälen zugewiesen oder deaktiviert werden kann. Von diesem Amp sind auch 25- oder 35-Watt-Versionen erhältlich.
JP-2C
Der von John Petrucci mit-designte JP-2C erschien 2016, besitzt ebenfalls drei Kanäle und basiert auf dem MkIIC+. Neu sind hier zum einen der MIDI-Anschluss und der doppelte 5-Band-EQ, der mit einem “Shred”-Setting daherkommt.
Berühmte Mesa Boogie Spieler sind:
- Carlos Santana
- Keith Richards
- Ron Wood
- Metallica
- John Petrucci
- Richard Z Kruspe (Rammstein; Amp: MkIIC+)
- John Sykes (Whitesnake, Blue murder; Amp: MkIII Coliseum)
Setting:
Begibt man sich ans Tweaken seiner Mark-Amp-Modelle, sollte man beachten, dass das über die Potis regelbare Tonestack der Mark-Serie vor den Extra-Gainstages angesiedelt ist und damit quasi “pre-distortion” agiert – anders als z. B. bei High-Gain-Amps wie dem Soldano SLO100 oder dem Peavey 5150. Dadurch haben die Regler zwar starken Einfluss auf den Zerrcharakter, allerdings geringeren auf den Gesamtsound. Aus diesem Grund verfügen die meisten Mark-Amps über ein zweites Tonestack in Form eines grafischen 5-Band-EQs, der für den Gesamtklang wesentlich effektiver arbeitet. Die Verwandtschaft zu den Fender-Vorbildern kann man bei der Mark-Serie auch gut an der Funktionsweise des Bass-Potis erkennen, das bedenkenlos weit zurückgenommen werden kann. Auch beim Presence-Regler gilt es aufzupassen, da hier zu hohe Werte sehr scharf klingen können. Anders als britische Amps werden die Mark-Amps selten in die Endstufenzerrung gefahren, denn der charakteristische Mesa-Sound entsteht in der Vorstufe, wodurch der grafische EQ auch sehr wirksam bleibt.
Was die Auswahl der Speaker bzw. die Auswahl der IRs für User von Modelern betrifft, lohnt es sich, zweigleisig zu fahren: Für den klassischen Sound kann man zu alten JBL oder Celestion 1×12″ bzw. 2×12″ Lead 80 oder C90 greifen. Für den moderneren Rock und Metalsound (Metallica, Dream Theater) empfehlen sich Vintage 30 Modelle.
Hören wir zunächst den Cleansound mit einer Stratocaster und anschließend mit einer Les Paul. Das Cabinet ist ein 1×12″ Celestion C90.
Nun kommen wir zu Rhythm- und Lead-Channel in Verbindung mit eher traditionellen Sounds und einem 1×12″ C90 Cabinet. Dazu bleibe ich bei einer Les Paul mit Humbuckern.
Für die härtere Gangart stehen Modelle von MkIIC und JP-2C bereit. Dazu wechsele ich zu einer Ibanez Artist und einem 4×12″ Celestion V30 Cabinet. Im ersten Beispiel reduziere ich den Bass und die Mitten im Pre-Gain-Tonestack weitestgehend und hole mir den Hauptsound aus dem grafischen EQ. Für ein klassisches Metallica-Setting könnte die Einstellung die typische V- oder “Badewannen”-Optik besitzen.
Für das Beispiel mit John Petruccis Amp bediene ich mich einer von ihm vorgeschlagenen Einstellung für Crunchsounds. Der Bass steht hier auf 0 und alle anderen Regler nahezu mittig. Der EQ liefert erneut das klassische V-Setting:
2. Rectifier
Hatte die Mark Serie ihren Ausgangspunkt in Fender Bassman und Princeton, so wurde der frühe Rectifier stark vom Soldano SL100 beeinflusst, jenem Amp, der den High-Gain-Sound der 90er extrem prägen sollte. So entstand auch kurze Zeit nach dem Erscheinen des Soldano im Jahre 1992 die Rectifier Serie. Die ersten Ausgaben zielten auf die typischen Achtzigerjahre-Gitarrensounds und waren damit eher an die Shredder-Community dieser Zeit adressiert. Diese frühen, sogenannten A,B,C,D,E- Reihen bzw. “Revisions” lieferten mittenbetonte und teilweise höhenreiche und aggressiver klingende Sounds als spätere Ausgaben. Allerdings hatte sich der Zeitgeist von der Planung des Amps bis zum Release in den 90ern stark gewandelt, denn nun war Grunge angesagt und die Klangästhetik war eine vollkommen andere. Mesa Boogie reagierte darauf mit einer Revision des Rectifiers, die sich durch einen eher gescoopten und dunkleren Tonestack sowie eine etwas weniger tighte Zerre auszeichnete. Hier ist sicherlich die Revision G-Ausgabe hervorzuheben, die für viele als exemplarisch für den typischen Rectifier-Sound steht. Der Rectifier generiert mit seinen 150 Watt extrem viel Headroom, steht für einen kräftigen, “beefy” Gitarrensound und war als Single-, Dual- und Triple-Rectifier erhältlich. Zur Namensgebung sei gesagt, dass sich der Begriff “Dual” auf die zwei unterschiedlichen Arten der Gleichrichtung bezieht. Die Dual-Variante bietet nämlich die Wahl zwischen Röhren- oder Diodengleichrichtung, während der Single Rectifier nur die Diodengleichrichtung kennt. Das “Triple” im Triple Rectifier bezieht sich nicht auf die Anzahl der Gleichrichtungen, sondern lediglich auf die Tatsache, dass drei Gleichrichterröhren verbaut wurden.
Die von den meisten Usern favorisierte Diodengleichrichtung produziert einen Sound, der etwas rougher und härter wirkt, wohingegen die Röhrengleichrichtung einen weicheren Ton mit mehr “Sag” liefert. Die aktuellen Dual und Triple Rectifier kommen mit drei Kanälen, die nach aufsteigendem “Härtegrad” Green, Orange und Red heißen. Die einzelnen Kanäle bieten dazu unterschiedliche Voicings, der Green-Kanal die Option zwischen “Clean” und “Pushed”, während man bei Orange und Red zwischen “Raw”, “Vintage” und “Modern” schalten kann.
Am Netzteil befindet sich ein Schalter, der im Prinzip wie eine Variac-Schaltung arbeitet und den Sound auf “Spongy” umschaltet, was für eine höhere Kompression und mehr Weichheit sorgt.
Die Rectifier-Reihe umfasst mehrere Modellvariationen wie Roadking, Trem-O-Verb, Mavrick, Heartbreaker, Rectoverb oder Roadster.
Setting:
Der Rectifier wird sicherlich primär in Hardrock und Metal verortet, kann jedoch auch tolle Low- bis Midgain-Sounds produzieren und bietet dort eine deutlich höhere Flexibilität als z. B. der 5150, der auch auf Basis des SLO100 entwickelt wurde. So hat der Grundsound mit seinen fetten Bässen und viel Gain etwas sehr Mächtiges, weshalb man nicht davor zurückscheuen sollte, den Bassregler weit zurückzunehmen und die Mitten etwas hervorzuheben, wenn man vom Mid-Scoop Nu-Metal-Tone wegkommen will. Auch kann das High End bei zu hohen Treble-Werten etwas “fizzig” und scharf werden, daher heißt es, hier Vorsicht walten zu lassen.
Wie bei der Mark-Serie empfiehlt es sich, das Master-Volume eher niedrig zu halten und die Zerre aus der Preamp-Sektion zu gewinnen, da sonst die Bässe schnell unkontrolliert werden. Gerade beim Einsatz mit Modelern wird es hier schnell “flubby”.
Traditionell wird der Rectifier mit einem 4×12″ Celestion V30 Cabinet gepaart, allerdings werden 1×12″ Combos auch mit Filmore-Speakern ausgeliefert, die etwas weicher und weniger aggressiv in den Hochmitten wirken.
Rectifier sind in der Regel mit 6L6 Röhren bestückt, allerdings können auch EL34 verwendet werden.
Für die Soundbeispiele kommt eine Ibanez Artist mit einem 4×12″ Celestion V30 Cabinet zum Einsatz
Um die tolle Flexibilität des Rectifiers zu zeigen, die gerne unterschätzt wird, hört ihr auch eine Strat im Lowgain-Setting:
Berühmte Player sind:
- Richard Z Kruspe
- Dave Grohl
- Metallica
- John Petrucci
- Jeff Loomis
- Mike Einziger (Incubus, Mesa Boogie Roadster)
3. Lone Star
Der Lone Star ist zwar ein sehr beliebter Mesa Boogie Amp, stand jedoch nie so extrem im Vordergrund wie die Mark- oder die Rectifier-Serie. Sucht man prominente User, fallen neben Andy Timmons nicht unbedingt viele Namen. Nichtsdestotrotz wird dieser Amp aufgrund seiner Flexibilität, seines extrem lebendigen Cleansounds und seiner Eigenschaft als hervorragende Pedalplattform von einer Reiher berühmter Sidemen wie Dominic Miller (Sting), Kirk Douglas (The Roots) oder George Pajon (Black Eyed Peas) eingesetzt.
Beim Lone Star handelt es sich um einen zweikanaligen Amp, der mit seinem Grundsound eher im traditionellen, Vintage Mid- bis Low-Gain-Bereich zuhause ist. Der cleane Kanal basiert lose auf dem Fender Blackface-Sound, der auch in einen sehr schönen Breakup gefahren werden kann. Kanal 2 wiederum beinhaltet den Clean Channel, allerdings können über den Drive-Switch für mehr Gain weitere Röhrenstufen hinzugeschaltet werden. Auch das Anwählen von drei Voicings (Normal, Thick und Thicker) ist hier möglich.
Das Prinzip der flexiblen Gleichrichterschaltung (wie beim Rectifier) ist auch hier anzutreffen und so erlaubt der Lone Star ebenfalls das Umschalten auf Dioden- oder Röhrengleichrichter. Beim Hauptnetzschalter kann zwischen “Tweed” oder regulärem “On” gewählt werden, wobei ersterer ähnlich wie ein Variac wirkt, der die Spannung reduziert, um einen weicheren und leicht komprimierten Sound zu erhalten. Der Amp kommt mit regelbarem Federhall und bietet sogar noch einen Soloswitch zum Boosten der Lautstärke. Traditionell werden beim Lone Star Celestion C90 Speaker verbaut.
Setting:
Für den Lone Star gelten ähnliche Regeln wie für Fender Amps. Die Höhen können leicht angehoben und die Bässe zurückgenommen werden, und mit den Mitten verfährt man nach Gusto. Ein guter Start wäre z.B. ein halbwegs mittiges Setting aller Potis, außer dem Bassregler, der auf 10 Uhr oder 11 Uhr stehen darf.
Auch das Fender’sche “Magic Six Setting” (Bass: 2, Middle: 3, Volume: 6, Treble: 6) funktioniert für beide Kanäle ganz hervorragend. Als Cabinets dienen Celestion C90 oder Lead 80 Speaker.
Für die Soundfiles kommt zunächst eine Stratocaster im cleanen Kanal zum Einsatz.
Nun wandele ich auf Andy Timmons Pfaden und parke einen Boss Blues Driver davor. Die Gitarre ist eine Ibanez AT10 in der Halsposition:
Für den Lead Kanal setze ich eine Les Paul in der Stegposition ein:
Berühmte Player sind:
- Andy Timmons
- Dominic Miller (Sting)
- George Pajon (Black Eyed Peas)
- Kirk Douglas (The Roots / Jimmy Fallon)
- Vernon Reid (Living Colour)
So weit unsere Folge über Mesa Amps. Klar, dass dieses Format nicht den Platz bietet, alle Mesa Boogie Amps ausführlich vorzustellen. Aber zu erwähnen wäre sicherlich noch der voll programmierbare TriAxis Preamp, der früher von John Petrucci und Metallica eingesetzt wurde. Manche Amps im Portfolio sind auch eigene Auslegungen des britischen Marshall Sounds, wie z.B. der Stiletto oder der Triple Crown. Auch die Caliber-, Express- und Transatlantic-Reihe haben eine Erwähnung verdient. Aber ich denke, wenn es um die archetypischen Mesa Boogie-Sounds geht, haben wir in unserem Feature die wichtigsten Stationen der Marke thematisiert.
Und nun viel Vergnügen mit dem Nachbasteln eurer Favoriten!